Wiedermal: Scheidung-Online

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 13.07.2011

 

Er hat einen sogenannten „Online-Anwalt“ mit seiner Vertretung im Scheidungsverfahren beauftragt.

 

Der kommt zum Termin nicht persönlich, sondern schickt einen örtlichen Kollegen in Untervollmacht. Der Mandant guckt etwas verdattert als er des ortsansässigen Anwalts angesichtig wird und fragt, ob er nicht gleich einen ortsansässigen Anwalt hätte beauftragen sollen und ob die Scheidung bei 2 ihn vertretenden Anwälten nun teurer werde.

 

Im Versorgungsausgleich ist eine betriebliche Altersversorgung der Ehefrau auszugleichen. Diese verlangt externe Teilung (§ 14 II Nr. 2 VersAusglG) und ich frage, ob es bei der Begründung eines Anrechts in der Versorgungsausgleichskasse (§ 15 V 2 VersAusglG) bleiben soll (ich hatte eine Probeberechnung bereits übersandt) oder ob er vielleicht seinen eigenen „Riestervertrag“ ausbauen will. Auch bestehe die Möglichkeit per Vereinbarung die betriebliche AV der Frau und seine Riester-Rente zu verrechnen.

 

Der Scheidungskandidat schaut mich ungläubig an. Ja, die Probeberechnung habe ihm sein Online-Anwalt übersandt, aber ohne Kommentar und ohne Erläuterung.

 

Abschließend kommen wir zur Festsetzung der Verfahrenswerte und ich frage nach dem Nettoeinkommen. 

„1.200 €“,  bekomme ich als Antwort. Verfahrenskostenhilfe war und ist nicht beantragt und war - wie mir der Scheidungskandidat mitteilt - auch nie Gegenstand des E-Mail-Verkehrs zwischen ihm und seinem Online-Anwalt....

 

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7 Kommentare

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Das ist sicher nicht schön, nur kommt so etwas nicht nur bei online-Anwälten vor.

 

Jedenfalls wüsste ich nicht, warum ein ortsansässiger Anwalt, der von einem "offline.-Anwalt" beauftragt wurde, grundsätzlich besser sein sollte.

 

Eine Garantie, dass der Anwalt etwas taugt oder sich engagiert, hat man weder bei online-, noch bei offline-Anwälten zumal diese ja grundsätzlich völlig unabhängig von ihrem Erfolg oder auch nur Engagement zu bezahlen sind.

 

Aber das ist bei Richtern, online oder offline, ja auch so.

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Sicher gibt es bei "offline"-Anwälten auch keine Garantie für Qualität. Allerdings stehen sie - weil sie selber zum Termin marschieren - wesentlich stärker im Feuer, wenn der Richter, wie dies hier geschehen ist, seiner richterlichen Fürsorgepflicht nachkommt und nachfragt, warum es denn keine Aufklärung hinsichtlich des Versorgungsausgleichs gegeben hat und warum VKH nicht beantragt wurde.
Und dann kann sich der "offline"-Anwalt nicht hinter einem "Terminskollegen" verstecken, auf den das das Versehen abgeschoben wird.

Übrigens ist ja auch der terminswahrnehmende Kollege gehalten, sich so gut vorzubereiten, dass er auch in dieser Situation dem Mandanten beispringen kann. Er muss also den Komplex "Versorgungsasugleich" wirklich kapiert haben und nicht nur reflexartig abnicken.Ein Formular für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sollte man sowieso immer dabei haben, damit der Mandant es im Termin noch schnell ausfüllen und man VKH-Antrag stellen kann. Die dazu gehörigen Belege kann man ja meist nachreichen.

Gerhard Kaßing schrieb:

Die dazu gehörigen Belege kann man ja meist nachreichen.

Einspruch.

Der VKH-Antrag muss bis zum Ende der Instanz entscheidungsreif sein, d.h. es müssen in der letzten mündlichen Verhandlung sämtliche Belege vorliegen.

Radio Eriwan antwortet: Im Prinzip ja - es müssen die Belege zum VKH-Antrag der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt sein. Aber wenn man sie nicht beifügt, die VKH nicht gewährt wird und man dann Beschwerde einlegt, dann hält es zumindest das OLG Oldenburg für ausreichend, wenn man die Belege in der Beschwerdeinstanz nachreicht: Mit Beschluss vom 21.12.2010, Az.: 13 WF 158/10 hat es entschieden, dass Angaben des Antragstellers im Verfahrenskostenhilfe- oder Prozesskostenhilfeverfahren zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, die erst im Beschwerdeverfahren erfolgen, grundsätzlich auch dann zu berücksichtigen sind, wenn dem Antragsteller die Angaben auch schon in der Vorinstanz möglich gewesen wären. Denn nach § 76 II FamFG iVm §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 ZPO kann jede Beschwerde auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Und um solche handelt es sich bei nachträglich vorgelegten Unterlagen. Reparatur des Mandanten-Versäumnisses ist also möglich.

Und deshalb sollte man als Anwalt trotz eventuellen Säumnisses auch in letzter Sekunder noch VKH-Antrag stellen und den Mandanten schnell die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausfüllen lassen. Meist ist nämlich der erstinstanzliche Richter kulant und gibt 14 Tage Frist für die Vorlage der Belege - weil er weiss, dass er evtl. vom OLG aufgehoben wird, wenn er die VKH einfach deswegen versagt.

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kassing schrieb:

 

Und deshalb sollte man als Anwalt trotz eventuellen Säumnisses auch in letzter Sekunder noch VKH-Antrag stellen und den Mandanten schnell die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausfüllen lassen. 

 

und mein nicht zur Kulanz neigender Bezirksrevisor sagt dann immer, VKH könne nur ab Antragstellung bewilligt werden. Und zum Zeitpunkt der Antragstellung seien schon alle Anwaltsgebühren verdient gewesen.

Böser Mensch!

Da muss ich mal kurz meinen Senf dazugeben:

Zum Thema Sorgfalt in Scheidungssachen zunächst Folgendes:
 

Diese Woche erhielt ich vom AG Schöneberg in einer Scheidungssache folgende Nachricht: "In der Sache .... muss ich Ihnen leider mitteilen, dass während meines Urlaubs die Akte zum obigen Aktenzeichen verschwunden ist. Ich bitte Sie nunmehr um Übersendung einer neuen Klageschrift nebst Abschriften..... Ich bitte das Versehen zu entschuldigen."

Aber sicher, ich mach das und lass mir auch den Missmut der Mandantin gefallen.

Nun zur Sache:

Wir Anwälte beziehen, wie bekannt ist, kein monatliches Gehalt, ergo sind Anwälte gehalten, das monatliche Einkommen auf dem freien Markt zu sichern.
Nun kann sich der Anwalt aussuchen, ob es dies lediglich im Umkreis einer Kleinstadt/Großstadt oder bundesweit tut.
Viele Kanzleien, auch die meine, haben sich zu bundesweiten Offerte ihre Dienste entschieden und fahren nicht ganz schlecht damit.
Die Beratung der Mandanten leidet darunter nach hiesiger Erfahrung nicht.
Im Gegenteil, ich erhalte immer mehr Zustrom von Mandanten, die mit dem bisherigen Anwalt vor Ort unzufrieden waren.
Ganz zu schweigen von den vielen Deutschen, die im Ausland leben und eine Scheidung begehren.
Die Zahlen sprechen für sich.

So, jetzt reichts.

Grüße

 

RA Christian Kah

Ganz ehrlich: ich weiß nicht, wie ich diese Scheidung zahlen soll... und bin froh über jeden eingesparten Cent. Schön, daß ihr Euch das Alles leisten könnt!

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