Festlegung des berechtigten Interesses

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 29.06.2011

§ 573 Abs. 4 BGB verbietet zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen. Dies besagt zunächst, dass im Mietvertrag auch nicht individuell z.B. festgelegt werden kann, der nicht verwandte Ortspfarrer gehöre zu den begünstigten Personen nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB . 

§ 573 Abs. 1 BGB eröffnet aber ein weites Feld. Hier bestehen heute schon verschiedene Fallgruppen (Überbelegung, Verfolgung öffentlicher Interessen, Genossenschaftsbedarf etc.), so dass es möglich sein muss, den weiten Begriff übereinstimmend zu konkretisieren.

Folgender Fall. Im Mietvertrag ist (individuell) vereinbart, dass der Vermieter ordentlich kündigen kann, wenn Herr A. mitteilt, dass er in die Wohnung einziehen will.

Vor Abschluss hat V dem M wahrheitsgemäß erklärt, dass Herr A. sein langjähriger Schulfreund sei. Die Eltern von Herrn A seien Sozialhilfeempfänger gewesen. Da sein Vater den jungen A in sein Herz geschlossen habe, habe er ihn schon in seiner Jugend unterstützt. Sowohl die Schulausbildung als auch das Studium des Bibliothekarwesens habe der Vater des V finanziert. In seinem Testament habe er dem V auferlegt, sich um A zu kümmern und ihn wirtschaftlich beizustehen. Wenn er in seiner Eigentumswohnung, die V erbe, wohnen wolle, solle V das möglich machen. 

Liegt hier nicht ein vernünftiges und nachvollziehbares Intersse jedenfalls dann vor, wenn die Parteien übereinstimmend der Meinung sind, dass V dem A in jeder Lebenssituation helfen muss, also im Zweifel auch kündigen darf? 

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1 Kommentar

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Weil Wohnraum kein Gut wie jedes andere ist, hat der Gesetzgeber wohl aus guten Gründen die Fälle, in denen eine ordentliche Kündigung möglich ist, stark eingeschränkt.
Auch eine Mieterhöhung ist ein "vernünftiges und nachvollziehbares Interesse" des Vermieters (ebenso wie das eines Mieters, trotz Eigenbedarfs nicht ausziehen zu müssen), aber eben keines, das zur Kündigung berechtigt.
Gerade weil der Gesetzgeber - offensichtlich von der Realität beeinflusst - annimmt, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Mietvertrags der Vermieter in der deutlich stärkeren Position ist und dies auch ausnutzt, indem er alle möglichen individuellen Bedingungen festschreiben kann, hat er die Schutzklausel des 573 (4) geschaffen.
Wenn V sicher ist, dass M eine ordentliche Kündigung unter Berufung auf die individuelle Klausel akzeptiert, wo ist das Problem? Vor Gericht hätte er m.E. geringe Aussichten. Wäre ich Anwalt des V, würde ich zu einem Aufhebungsvertrag raten oder zur Aufnahme des A in den eigenen Haushalt - 573 (2) 2.

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