Diskriminierungsfreie Sozialplangestaltung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 07.06.2011

Die Gestaltung von Sozialplänen ist sicher nicht einfacher geworden, seitdem das AGG die Diskriminierung wegen der in § 1 AGG genannten Merkmale untersagt. Bereits mehrfach hatte sich das BAG mit Fragen der Benachteiligung wegen des Alters auseinanderzusetzen (u.a. Staffelung der Abfindungshöhe nach Lebensalter und Betriebszugehörigkeit, Kappungsgrenzen, verminderte Leistungen an rentennahe Jahrgänge).

Sozialplan: Keine Abfindungen für Bezieher von Erwerbsminderungsrente

In einem am 07.06.2011 vom Ersten Senat des BAG entschiedenen Fall hatte der Kläger rund 220.000 Euro gefordert. Nach seiner Auffassung verstößt der im Sozialplan vorgesehene Ausschluss von Beziehern einer Erwerbsminderungsrente gegen das Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung. Die beklagte Arbeitgeberin hatte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat in einem Sozialplan vereinbart, dass Arbeitnehmer von Leistungen ausgeschlossen sind, die wegen des Bezugs einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt sind und bei denen damit zu rechnen ist, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann. Davon ist nach dem Sozialplan auszugehen, wenn eine den Rentenbezug begleitende Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Jahren oder eine Bewilligung von voller Erwerbsminderungsrente für mehr als drei Jahre vorliegt.

Der zum 31.07.2008 betriebsbedingt gekündigte Kläger war seit Dezember 2001 infolge eines Wegeunfalls ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 01.04.2003 bezog er eine zunächst bis zum 30.06.2007 befristete Erwerbsminderungsrente. Diese wurde ohne Unterbrechung bis zum 30.06.2009 verlängert. Seitdem bezieht der Kläger eine unbefristete Rente.

BAG bestätigt Klageabweisung durch das LAG Düsseldorf

In erster Instanz hatte der Kläger noch einen Teilerfolg erzielt und rund 133.000 Euro erstritten (im Übrigen war die Klage wegen Versäumung einer tariflichen Ausschlussfrist abgewiesen worden). Das LAG Düsseldorf hat seine Klage dann vollständig abgewiesen (Urteil vom 21.12.2009 - 16 Sa 577/09). Die Revision des Klägers bleib beim BAG erfolglos: Durch den Sozialplan würden erwerbsgeminderte Arbeitnehmer nicht unmittelbar wegen ihrer Behinderung benachteiligt. Diese befänden sich nicht in einer vergleichbaren Lage mit den vom Sozialplan begünstigten Arbeitnehmern. Anders als diese erlitten die von Sozialplanleistungen ausgeschlossenen Erwerbsgeminderten typischerweise durch den Arbeitsplatzverlust keine weiteren wirtschaftlichen Nachteile. In Bezug auf diese Personengruppe könnten die Betriebsparteien typisierend davon ausgehen, dass sie auch zukünftig nicht in der Lage sein wird, durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft Arbeitsentgelt zu erzielen (Urt. vom 07.06.2011 - 1 AZR 34/10).

 

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