Neues/Altbekanntes aus dem Bundesjustizministerium

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 17.05.2011

Aus einem offiziellen Papier der Ministerin

Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern

Fragen und Antworten

Stand: 06. Mai 2011

Was plant das Bundesjustizministerium?

Die ministeriumsinternen Überlegungen sind weit fortgeschritten. Auch aus dem parlamentarischen Raum gibt es verschiedene Regelungsvorschläge. Angesichts der großen Bandbreite rechtspolitischer Möglichkeiten und der sehr kontroversen Standpunkte ist es schwierig, ein Modell zu finden, das zur Überzeugung aller für die sehr heterogenen Lebenssituationen jeweils angemessene Lösungen bietet.

Zur Diskussion standen zunächst vor allem zwei Grundmodelle. Die sogenannte Widerspruchslösung geht vom Grundsatz der gemeinsamen Sorge von Anfang an aus. Die Mutter bekäme die Möglichkeit, binnen einer Frist Widerspruch einzulegen. Dann müsste das Familiengericht entscheiden. Die Antragslösung geht demgegenüber zunächst von der Alleinsorge der Mutter aus. Stimmt die Mutter dem gemeinsamen Sorgerecht nicht ausdrücklich zu, könnte der Vater beim Familiengericht eine gerichtliche Entscheidung beantragen.

Nach intensiven Gesprächen mit dem Koalitionspartner hat die Bundesministerin der Justiz, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, nunmehr einen Kompromiss zum Sorgerecht vorgeschlagen. Er stellt eine Mischform zwischen diesen beiden schon seit Längerem diskutierten Grundmodellen dar.

Dem Kompromissvorschlag zufolge hätte die Mutter bei der Geburt des Kindes zunächst das alleinige Sorgerecht. Erklärt der nicht mit der Mutter verheiratete Vater durch Abgabe einer Sorgeerklärung allerdings, dass er mit der Mutter gemeinsam die elterliche Sorge ausüben will, hat die Mutter acht Wochen Zeit, sich eine Meinung über die gemeinsame Sorge zu bilden. Äußert sich die Mutter nicht, entsteht nach acht Wochen kraft Gesetzes die gemeinsame Sorge. Widerspricht die Mutter der gemeinsamen Sorge, hat der Vater noch die Möglichkeit, einen Antrag beim Familiengericht zu stellen. Das Gericht hätte dann zu entscheiden, ob das gemeinsame Sorgerecht dem Kindeswohl widerspricht oder nicht.

Der Kompromissvorschlag der Bundesjustizministerin stärkt die Rechte lediger Väter und berücksichtigt zugleich die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts.

Das auf der ersten Stufe vorgesehene alleinige Sorgerecht der Mutter trägt dem Umstand Rechnung, dass Beziehungen von nicht miteinander verheirateten Eltern sehr vielgestaltig sind. Dadurch wird vermieden, dass Eltern eine gemeinsame Sorge auch dann aufgedrängt wird, wenn von ihr im Kindesinteresse unbedingt abgesehen werden sollte. Dies kommt sowohl bei flüchtigen Beziehungen als auch bei besonders konfliktbehafteten Beziehungen in Betracht.

• Wenn jedoch die Vaterschaft geklärt ist und der Vater durch eine Sorgeerklärung verdeutlicht, dass er Verantwortung für das Kind übernehmen will, erscheint auf der zweiten Stufe die Entstehung der gemeinsamen Sorge sinnvoll, wenn die Mutter innerhalb von acht Wochen keine Bedenken äußert. Dies vermeidet unnötige Gerichtsverfahren und bietet eine unbürokratische Lösung für alle Fälle, in denen letztlich beide Eltern darüber einig sind, dass eine gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.

• Auf der dritten Stufe ist eine Befassung des Familiengerichts hingegen immer dann sinnvoll, wenn die Mutter der gemeinsamen Sorge widerspricht. Stellt der Vater einen entsprechenden Antrag, muss aus dem unabhängigen Blickwinkel des Gerichts beurteilt werden, welche Lösung im Interesse des Kindeswohls liegt.

Obwohl sich die Bundesministerin der Justiz mit ihrem Kompromissvorschlag deutlich auf die Vorstellungen des Koalitionspartners zu bewegt hat, konnte bislang keine Einigung erreicht werden.

 

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5 Kommentare

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Wie sie sich drehen und winden, unsere sonst so übereifrigen GleichstellerInnen.

Wenn und solange mit der verbindlichen Feststellung der rechtlichen Elternschaft Pflichten entstehen, müssen damit auch die korrespondierenden Rechte entstehen. Es gibt überhaupt keine moralische oder juristische Rechtfertigung für den Gesetzgeber, die Entstehung von Rechten und Pflichten aus der Elternschaft an unterschiedliche Tatbestände anzuknüpfen und dann gar noch nach Geschlechtern asymetrisch auszugestalten. Wann kommen diese Leute endlich im 21. Jahrhundert an?

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Unklar bleibt, wie die Vaterschaft eines ledigen Vaters anerkennt oder festgestellt werden soll, wenn der Vater nichts von seiner Vaterschaft weiß. Sofern er davon weiß und auch der Vater ist, kann er sich in die Vaterschaft einklagen und dann auch ins Sorgerecht oder erhält es automatisch, aber die Rechte des Kindes auf einen Vater, sind wieder kein Gradmesser, sondern es wird der Absicht Rechung getragen, ledigen Vätern, die bereits offiziell die Väter sind oder es werden können, auch gegen den Willen der Mutter ins Sorgerecht zu verhelfen.  Wenn aber weder Mutter noch Vater dem Kind einen Vater geben wollen, hat ein Kind einer ledigen Mutter weiterhin nur eine alleinsorgeberechtigte Mutter und eben keinen Vater. Das Recht des Kindes auf beide Eltern wird nicht gestärkt, aber die Position des willigen Vaters gegen die unwillige Mutter. Ergo: Dem ledigen Vater mehr Rechte, der Mutter werden Rechte beschnitten, die Rechte des Kindes sind kein Thema.

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Wenn aber weder Mutter noch Vater dem Kind einen Vater geben wollen, hat ein Kind einer ledigen Mutter weiterhin nur eine alleinsorgeberechtigte Mutter und eben keinen Vater.

 

Was schlagen Sie vor, wie in diesen Fällen der Vater gefunden werden könnte?

Für mich ist Elternschaft im Idealfall Ausdruck gelebter Selbstbestimmung. Um das zu verstehen, genügt ein Blick nach Frankreich. Die Regelungen der Kindschaftsrechtsreform 1998 finde ich überzeugend: Elternschaft durch Anerkennung, für Mutter wie Vater. Damit hat kein Elternteil ein primäres Recht vor dem anderen, denn beide sind gegenüber dem Kind gleichberechtigt, weil sie beide anerkennen müssen. Allerdings befürchte ich, dass in D auch langfristig niemand am Mutterprimat rütteln möchte. Gedacht ist nur, die Rechte daraus zu beschneiden. Es ist ja auch einfacher über die Benachteiligung der Väter zu greinen, als sie in der Ursache zu beheben. ;-)

Das Problem, dessen Lösung Müttern aufgetragen wird: dem Kind einen Vater finden zu dürfen, aber nicht finden zu müssen (jedenfalls nicht, ohne auch noch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Väter zu ignorieren) ergibt sich mE. ja "nur" aus der deutschen Regelung, dass ein Kind bei seiner Geburt immer eine Mutter hat.

Mein Ideal beinhaltet also weder einen Vater noch eine Mutter finden zu müssen, wenn diese nicht gefunden werden wollen. Ein solcher Bewußtseinswandel ist in D aber auch langfristig kaum zu erwarten. Deutschland wird aber das Problem der vaterlosen Kinder nicht lösen und auch nicht lösen wollen, denn die Väterrechte gehen den Kinderrechten vor, während die Rechte der Mütter im Namen des Kindeswohl beschnitten werden und zwar nicht zu knapp. Solange das Ideal, wonach ein Kind Vater und Mutter braucht, doch tatsächlich die leiblichen Eltern meint und ungeachtet einer Überlegung, ob die das so wollen oder nicht, ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nur eine hübsche Tapete.

 

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Update:

 

Gemeinsame Medieninformation der sozialdemokratischen Justizminister/innen und –senatoren/innen der Länder

 

Neuregelung Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern

Jugendamt soll im Streitfall vermitteln

 

Halle/Saale (MJ).Die Justizministerkonferenz hat sich mit der Frage beschäftigt, wie zukünftig das Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern gesetzlich geregelt werden soll. Einigkeit besteht darin, dass das Kindeswohl im Zentrum der gesetzlichen Neuregelung stehen muss. „Eine gemeinsame Sorgeerklärung der nicht miteinander verheirateten Eltern - die jetzt bereits möglich ist - bietet das beste Fundament für eine am Wohl des Kindes orientierte  einvernehmliche Wahrnehmung der elterlichen Sorge“, so die Ressortchefs der Länderjustizministerien. Streit besteht jedoch zwischen CDU und FDP über die Frage, wie die Interessen der Eltern in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden können, wenn sie selber nicht zu einer einvernehmlichen Lösung kommen. Deshalb hat die Justizministerkonferenz den Beschlussvorschlag bewusst offen formuliert.

 

Die SPD-Justizministerinnen und -Justizminister haben einen Alternativvorschlag vorgestellt, der die berechtigten Interessen beider Elternteile wahrt und deshalb in die Diskussion eingebracht werden soll. Thüringens Justizminister Dr. Holger Poppenhäger:„Im Grundsatz befürworten wir das Antragsprinzip, d.h. der Mutter steht nach der Geburt die elterliche Sorge zu und der Vater hat die Möglichkeit, einen Sorgeantrag zu stellen, wenn er die elterliche Sorge ebenfalls ausüben möchte. Wir möchten den Vätern jedoch nicht zumuten, sogleich das Familiengericht anzurufen, sofern sie auch das Sorgerecht für ihre Kinder haben möchten. Deshalb schlagen wir eine Vermittlung zwischen den Eltern durch das Jugendamt vor, bevor eine Sorgerechtsstreitigkeit zu Gericht gelangt.“

 

In der Praxis könnte das so aussehen, dass der Vater den Sorgeantrag, soweit noch nicht bei der Vaterschaftsanerkennung geschehen, beim Jugendamt stellt. Dieses hört hierzu die Mutter an und versucht, zwischen den Eltern zu vermitteln. Wenn die Vermittlung nicht gelingt, d.h. am Ende der Bemühungen des Jugendamts keine gemeinsame Sorgeerklärung steht, informiert das Jugendamt das Familiengericht, welches dann eine am Kindeswohl ausgerichtete Sorgerechtsentscheidung treffen kann.

 

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