Zeitarbeit - Fluch oder Segen?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 14.05.2011

 

Kaum ein Thema polarisiert in einem Maße wie die Zeitarbeit (Leiharbeit, Arbeitnehmerüberlassung). Während die eine Seite von prekären Arbeitsverhältnissen spricht und in der Zeitarbeit vor allem ein Vehikel für die Etablierung von Dumpinglöhnen sieht, preist die andere Seite dieses Beschäftigungsmodell als Jobmotor.Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat jetzt eine Studie mit dem Titel „Zeitarbeit in Deutschland – Treiber für Flexibilität und Wachstum“ vorgelegt. Das Institut kommt hierin u.a. zu dem Ergebnis, daß Zeitarbeit hat den Unternehmen geholfen habe, die Wirtschafts- und Finanzkrise ohne Massenentlassungen zu meistern. Die Zeitarbeit habe die für den nachfolgenden Aufschwung benötigten Personalressourcen schnell bereitgestellt. Die Krise hätte ohne Zeitarbeit wahrscheinlich schwerwiegendere Folgen für die deutsche Wirtschaft gehabt und länger angedauert. Rund 14 Prozent der Zeitarbeitnehmer würden vom Kundenunternehmen übernommen – es gäbe also einen eindeutigen positiven Klebe-Effekt. 76 Prozent der Übernommenen wäre ohne den vorherigen Einsatz als Zeitarbeitnehmer keine Festanstellung angeboten worden. Im übrigen gäbe es deutlich mehr Unternehmen, bei denen der Einsatz von Zeitarbeit gleichzeitig mit einem Zuwachs der Stammbelegschaft einhergeht. Die Verdrängung von Stammbelegschaften sei ein Randphänomen. Im Großteil der Fälle sichere die Zeitarbeit Stammbelegschaften. Kostengründe spielen beim Einsatz von Zeitarbeit angeblich eine untergeordnete Rolle. Im Gewerkschaftslager ist die Studie erwartungsgemäß auf scharfe Kritik gestoßen: DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki (Pressemitteilung des DGB Nr. 078 vom 11.5.2011) sagte: „Die Analyse des IW geht an der Realität vorbei: Der derzeitige Aufschwung beruht nicht auf dem massenhaften Einsatz der Leiharbeit, die inzwischen einen noch nie dagewesenen Boom mit über 900 000 Beschäftigten erlebt.“ Der DGB erneuert stattdessen seinen Appell an die Politik, endlich den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ ab dem ersten Tag gesetzlich im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu verankern. Davon profitierten nicht nur alle Beschäftigten, auch würde die Leiharbeit auf diese Weise auf ein gesundes Maß zurückgedrängt.

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9 Kommentare

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Meine Beobachtung als fest angestellter Mitarbeiter ist eine andere. Diese Leute haben Angst "aufzufallen" und melden seltener Probleme als Festangestellte. Gleiches gilt für Verbesserungsvorschläge. Ein Leiharbeiter identifiziert sich auch nicht mit der Firma wie ein Festangestellter, der sich eher mal "den Arsch aufreisst". Da aber sowas nicht in Zahlen ausgedrückt werden kann, werden solche "weiche" Faktoren nicht durch BWL-Absolventen verstanden.

 

Ich halte Dauerleiharbeit für eine schwere Fehlentwicklung die die Qualität der Produkte / Dienstleistungen beeinträchtigt.

 

Bei 14% von einem "positiven Klebeeffekt" zu sprechen halte ich für skurril. Man stelle sich vor dass ein Richter 14% seiner Fälle von der Berufungsinstanz bestätigt sieht.

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Hallo,

ich möchte mich mal Herrn Norbert Blüm in der Talkshow Maybritt Illner anschließen, in der er die Teilzeitarbeitsbranche teilweise als Zuhälterei bezeichnete. Man muss sich doch auch mal fragen, was das für Menschen sind, die Geld dafür bekommen, dass andere Menschen für sie arbeiten. Bei unreflektierter Betrachtung liegt der (natürlich überspitzt benutzte) Begriff der Zuhälterei nicht fern. Hierbei handelt es sich um eine Branche, in der es meines Erachtens sehr viel Missbrauch gibt. Und bei 14 % von einem positiven Klebeeffekt zu sprechen ist wirklich mehr als grotesk. Die allermeisten werden für ein paar Aufträge entliehen und sitzen dann wieder ohne Lohn zu Hause und müssen warten. Was ist das denn bitte für eine psychische Situation? Man kann sich nichts größeres anschaffen, weil man überhaupt nicht weiß, ob im nächsten Monat die Kohle stimmt ... das kann es nicht sein. Die viel beschworenen sog. amerikanische Verhältnisse rücken immer näher ... traurig.

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stoffels schrieb:
 Das Institut kommt hierin u.a. zu dem Ergebnis, daß Zeitarbeit hat den Unternehmen geholfen habe, die Wirtschafts- und Finanzkrise ohne Massenentlassungen zu meistern. 
Natürlich - denn diese Unternehmen haben ja in den Boomzeiten vor der Krise nicht ihre Stammbelegschaft aufgestockt, sondern auch zentrale und dauerhafte Funktionen ihrer Firma von "Leih", also Mietarbeitern wahrnehmen lassen; bis über 15% der Belegschaft waren und sind Zeitarbeiter. Und deren Arbeitsverhältnis war "aus sachlichem Grund" befristet auf die Dauer ihres Einsatzes beim anmietenden Unternehmen. Die Massenentlassungen fanden in der Folge als "auslaufende" befristete Arbeitsverhältnisse statt, was am Anstieg der Arbeitslosigkeit als solche absolut nichts geändert hat. Nur das Arbeitslosengeld war aufgrund des abgeschöpften Profits der Zeitarbeitsfirmen geringer als es bei entlassenen Stammarbeitern gewesen wäre. 

Die Formulierung "ohne Massenentlassungen" ist vor dem Hintergrund der tatsächlichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Volkseinkommen etwa so euphemistisch wie "Endlösung".

stoffels schrieb:

 Kostengründe spielen beim Einsatz von Zeitarbeit angeblich eine untergeordnete Rolle. 

Sehr seltsam, dass es dann nur in einer Handvoll Unternehmen Betriebsvereinbarungen gibt, die angemieteten Menschen Equal Pay garantieren. Das Unterlaufen des gesetzlichen Equal-Pay-Anspruchs durch Verträge mit nicht tariffähigen Scheingewerkschaften mit zum Teil sittenwidrig niedrigen Stundenlöhnen ist dagegen immer noch verbreitete Praxis. Äußerst seltsam, dass Lohnwucher nur deswegen nicht strafbar sein soll, nur weil sich ein Vertragspartner "Gewerkschaft" nennt.

Einige Kommentare:

 

1. "Das Institut kommt hierin u.a. zu dem Ergebnis, daß Zeitarbeit  den Unternehmen geholfen habe, die Wirtschafts- und Finanzkrise ohne Massenentlassungen zu meistern."

 

Gemeint ist wohl: In der Krise hat man zuerst die Zeitarbeiter nicht mehr nachgefragt und konnte so die Stammbelegschaft schonen. Nach diesem Argument sollten die Unternehmen zu 100% Zeitarbeiter beschäftigen, dann könnten sie auch die Insolvenz (und den Weltuntergang) "ohne Massenentlassungen" meistern... Wenn es immer mehr Leiharbeiter gibt, treffen Krisen eben diese, und nicht die kleiner werdenden Stammbelegschaften. Auch Zeitarbeitsunternehmen müssen dann ggf. entlassen, wenn keine Aufträge da sind und die Leute nicht "verliehen" werden können. Die "Massenentlassungen" finden dann nicht bei den Unternehmen, sondern bei den Zeitarbeitgebern statt!

 

Die Täuschung durch die IWKöln ist schon immens: Wir sind relativ gut durch die Krise gekommen, weil wir (anders als zB die USA)

a) ein konjunkturelles Kurzarbeitergeld haben;

b) weil unsere Unternehmen bei den Lohnstückkosten allen Unkenrufen ("Zu hohe Lohnnebenkosten" etc) zum Trotz international wettbewerbsfähig sind;

c) weil wir innovative Produkte haben;

d) weil es hochverschuldete EU-Mitgliedsstaaten und andere Staaten gibt, die unsere Produkte auf Pump gekauft haben, so dass wir uns durch den Export von den Krisenfolgen rasch freimachen konnten.

 

Daher, Herr Prof. Stoffels: Ein so unhaltbares Argument des IWKöln sollten Sie nicht einfach wiedergeben, ohne es zu kommentieren! Offensichtliche Irreführung muss aufgedeckt werden, sonst macht man sich zum Sprachrohr derjenigen Interessen, die das IWKöln offenbar vertritt.

 

2. "Die Zeitarbeit habe die für den nachfolgenden Aufschwung benötigten Personalressourcen schnell bereitgestellt. Die Krise hätte ohne Zeitarbeit wahrscheinlich schwerwiegendere Folgen für die deutsche Wirtschaft gehabt und länger angedauert."

 

Wieder nur ziemlich dünne Bretter, die das IWKöln hier bohrt: Personal im Aufschwung stellt man durch Neueinstellungen sicher, nicht durch Nachfrage von Zeitarbeitnehmern. So sollte es jedenfalls sein. Unser Arbeitsrecht ist über Möglichkeiten der Befristung etc. auch längst flexibel genug, damit Unternehmen auch unter eher unsicheren Rahmenbedingungen (Wie stabil ist der Aufschwung, wie lange dauert er an?) ohne großes Risiko neu einstellen können!

 

3. "Rund 14 Prozent der Zeitarbeitnehmer würden vom Kundenunternehmen übernommen – es gäbe also einen eindeutigen positiven Klebe-Effekt."

 

Mal abgesehen davon, dass das Wort "Klebeeffekt" die menschenverachtende Anschauung derer, die es benutzen offenbar macht (nota bene: Menschen sind doch keine Insekten, die irgendwo "kleben" bleiben!), und dass sich die Zahl von 14% mit guten Gründen anzweifeln ließe: Was sind schon 14%? Das bedeutet, dass sich für die krasse Mehrheit von 86% überhaupt kein entsprechender Effekt eingestellt hat!

 

4. "76 Prozent der Übernommenen wäre ohne den vorherigen Einsatz als Zeitarbeitnehmer keine Festanstellung angeboten worden."

 

Wieder nur Unfug: Hier müsste mal konkretisiert werden, was bei diesem "Kausalitätsargument" alles ausgeblendet wird. Zudem ist kaum belegbar, ob sich die entsprechenden Personen ohne die mitunter langandauernde Zeitarbeitsbeschäftigung nicht "klassisch" beworden hätten und damit - auch bei anderen Unternehmen, als denen, die sie als Zeitarbeiter nachfragen - erfolgreich gewesen wären. Zeitarbeiter, die übernommen werden (die 14%), sind leistungswillige Zeitgenossen; wer will denn sagen, dass die auf klassischem Bewerbungswege definitiv nichts gefunden hätten?!

 

5. "Die Verdrängung von Stammbelegschaften sei ein Randphänomen. Im Großteil der Fälle sichere die Zeitarbeit Stammbelegschaften."

 

Auch hier wird nicht das ganze Bild geliefert, sondern nur ein gefälliger Ausschnitt der Realität. Denn: Interessant ist doch nur die dynamische Perspektive: Werden künftig wegen der stetig wachsenden Zeitarbeit weniger Arbeitnehmer "klassisch" eingestellt? Wird die Zeitarbeit weiter wachsen? Wenn ja, wird das über kurz oder lang natürlich auf Kosten der Stammbelegschaften gehen. Wie soll das denn anders möglich sein?!

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und weil die Hungerlöhne mit Hilfe der "christlichen" Gewerkschaften tariflich "garantiert" sind, besteht seltsamerweise auch bei einem Sundenlohn von unter 5 Euro pro Stunde kein Grund zur Anklage wegen Lohnwucher - das BAG schützt mit seiner menschenfeindlichen Minderheitenmeinung (siehe Europäische Sozialcharta, aber auch das rechtskräftige Urteil https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=25969&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=) auch heute noch ausbeuterische Löhne und unterstützt damit sozialschmarotzerische Arbeitgeber (die ihren Gewinn dadurch maximieren, dass sie ihren Beschäftigten so wenig zahlen, dass sie ohne staatliche Unterstützung - also auf Kosten der Allgemeinheit -  nicht über das Existenzminimum kommen). Gewinnmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit kann man aber nur als asozial bezeichnen und damit nach Art. 20 verfassungswidrig.

Dass derart auffällige Unternehmen fast ausschließlich aus der Zeitarbeitsbranche kommen, sind sicher nur bedauerliche Einzelfälle...

Immerhin bekommt man mittlerweile einen Eindruck davon, wie die "christlichen" Gewerkschaften zu ihren Mitgliederzahlen kommen: http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/13/0,1872,8219213,00.html - ein Pflichtbeitritt bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags macht's möglich. Hoffentlich bleiben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht ohne Folgen, auch nicht für die "christlichen" Gewerkschaft - dass ausgerechnet in einem einzigen Unternehmen fast 100% freiwillig Gewerkschaftsmitglied werden bei einem ansonsten durchschnittlichen Organisationsgrad von ca. 0,01% kann man wohl kaum gutgläubig hinnehmen. Beihilfe zum Betrug liegt da schon sehr nahe...

Aber natürlich gaaaanz untypisch für die Zeitarbeitsbranche.

Um mal zur (wirtschafts- und sozialpolitischen) Ausgangsfrage zurückzukommen - "Fluch oder Segen?" (solch ein Thread hat zwar in einem juristischen Blog eigentlich nichts zu suchen, aber wenn schon so aufgemacht wird - bitte sehr)

Segen, weil Unternehmen natürlich erkennbare Kapazitätsspitzen mit Zeitarbeit abdecken können sollen. Die Frage ist nur, unter welchen Rahmenbedingungen. In Österreich oder Frankreich, wo es einen echten Equal-Pay-Anspruch gibt: Segen. In Deutschland, wo er tariflich unterlaufen wird:

Fluch. Wenn ein Zeitarbeiter ein Unternehmen weniger kostet als ein Stammarbeitnehmer, kommt es (wie bei jeder Subvention) unweigerlich zu Fehlsteuerungen. Nur wenige Unternehmen (BMW, Audi) handeln weitsichtig und vereinbaren von sich aus Equal Pay. So besteht weiterhin der Anreiz, gute Leiharbeiter langfristig an sich zu binden.

Flexibilität kostet immer mehr Geld als langfristige Planung, sei es bei der Buchung eines Mietautos oder bei der Einräumung eines Kredites.

Man stelle sich folgende Situation vor, wie sie analog in der Zeitarbeitsbranche herrscht: Die Verbraucherberatungen haben eine derartige Macht um durchzusetzen, dass Überziehungen auf dem Girokonto weniger Zinsen kosten als durch Grundschulden abgesicherte Immobilienkredite. Folge: Jeder überzieht sein Konto, um Immobilien zu kaufen und zu vermieten. Weil die Überziehungen nicht besichert werden müssen, gibt es keine Limits in Bezug auf hohe Kaufsumme oder niedrige Rentabilität. Wie lange würde das gutgehen, bis eine gigantische Blase platzt und alle Banken pleite gehen?

Aber im Gegensatz zu Banken sind ja Arbeitnehmer mit ihrer Inlandsnachfrage seltsamerweise nicht "systemrelevant" - daher spielt eine schleichende Verarmung großer Bevölkerungskreise erst dann eine Rolle, wenn es zu spät ist, d.h. der Export in der nächsten Rezession zusammenbricht (z.B. wenn die USA wie seit dieser Woche ihre Verschuldungsgrenze erreicht haben und kein Geld mehr ausgeben dürfen?).

Höchste Zeit, dass Menschen mit echtem wirtschaftspolitischen Sachverstand wieder Gesetze machen - es würde auch schon helfen, wenn die "Liberalen" mal bei den wirtschaftspolitischen Gründervätern der Freiburger Schule in die Nachhilfe gehen und lernen würden, was soziale Marktwirtschaft bedeutet. Da würden sogar Plagiate nicht übelgenommen ...

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Stoffels,

 

Ihre tendenziösen Blogeinträge gehen mir mittlerweile gewaltig auf die Nerven!

 

- Zunächst fällt auf, dass Sie die Argumente des Instituts allesamt brav in indirekter Rede wiedergeben.

 

- Die Gegenargumente der Gewerkschaft (u.a. zum positiven Effekt der Kurzarbeit) werden demgegenüber nicht widergegeben. Es wird nur auf die Quelle verwiesen.

 

- Zudem schreiben Sie, aus den Reihen der Gewerkschaften habe es "erwartungsgemäß" Kritik gegeben. Sie implizieren, dass die Kritik nicht argumentativ begründet, sondern ein bloßer Reflex sei.

 

 

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Aus einem Interview mit Klaus Bepler, Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht

Es war und ist eine gesetzgeberische Fehlleistung, die Öffnung der eigenen Entscheidung „grundsätzlich gleiche Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit“, was nach Lage der Dinge nur heißen kann: die Unterbietung der gesetzlichen Regelung den Tarifvertragsparteien zuzuweisen.

Wie würde nach Ihrer Ansicht eine vernünftige gesetzliche Lösung aussehen?

Ich hätte mir vorstellen können, dass der Gesetzgeber seinen Willen, es soll immer das gelten, was beim Entleiher gilt, zunächst festschreibt und dann sagt, unter bestimmten Bedingungen erlaube ich eine von mir vorgegebene Bandbreite von einzelvertraglichen Abweichungen nach unten. Diese Bandbreite von 5, 10 oder 20 Prozent müsste politisch entschieden werden. Die Fachleute müssen wissen, was da wirtschaftlich sinnvoll ist. Das kann der Staat vergleichbar einem Mindestlohn festlegen. Dafür braucht er keine Tarifvertragsparteien. Sie sind dafür nicht geeignet.

Was könnten das zum Beispiel für Bedingungen sein, unter denen so eine Unterbietung möglich wäre?

Eine Bedingung wäre beispielsweise, dass eine Unterbietung nur dann möglich ist, wenn der Leiharbeitgeber auch die Risiken trägt, um derentwillen eine Absenkung stattfindet. Mit anderen Worten: Wenn der Leiharbeitgeber sich verpflichtet, auch für Zeiten, in denen er eine Verleihung nicht erreichen kann, den bisherigen Lohn weiterzuzahlen, dann hat er ein Risiko, was für ihn durchaus unerfreulich ist. Er bekommt kein Geld rein, aber er muss Geld ausgeben. Wenn das so ist, dann könnte man ihm erlauben, auch unter das vorgeschriebene Lohnniveau zu gehen. Aber jemand, der nur so lange Leiharbeitnehmer beschäftigt, wie er sie verleihen kann, bei dem sehe ich keinen Grund, ihm eine Absenkung zu erlauben.

...

Könnte ein Mindestlohn in der Leiharbeitsbranche die Probleme lösen?

Nach meiner Überzeugung wäre das möglich. Man kann über Mindestlöhne unterschiedlicher Meinung sein, weil sie das Tarifvertragssystem teilweise überflüssig machen. Aber im Bereich der Leiharbeit, wo nur 2,5 Prozent der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert sind, wäre der Mindestlohn eine vernünftige Regelung.

Ein weiterer Beleg dafür, dass die mehrheitlich von Arbeitgebern und ihren Interessenvertretern dominierte "Hartz"-Kommission nicht nur wirtschaftpolitischen, sondern auch juristischen Bockmist vorgeschlagen hat.

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