Zensus 2011: Der Startschuss ist gefallen - Datenschutz gewährleistet?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 09.05.2011

Am heutigen Montag ist der Startschuss zur Volkszählung 2011 gefallen. Das Online-Portal Zensus2011.de startete bereits im August 2010 (der Beck Blog berichtete - Kollege Karger).

In den 80er Jahren sorgte der für das Jahr 1981 geplante und im Jahr 1987 durchgeführte Zensus für Proteststürme.  Das Bundesverfassungsgericht entschied im Jahre 1983 im sog. Volkszählungsurteil, dass die geplante Datenerhebung Rückschlüsse auf die Identität der Befragten zulasse und damit den Datenschutz verletze. In diesem Urteil prägte das BVerfG  das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. Die Volkszählung wurde Anno 1987 mit abgeänderten und datenschutzkonformen Fragebögen durchgeführt. 

Heute bleibt ein Protestturm aus, obwohl  z.B. die rund 17,5 Mio Eigentümer von Wohnimmobilien bezüglich wohnungs- und wohnraumspezifischer Daten befragt werden.

Darüber hinaus sollen bei rund 7,9 Mio zufällig ausgewählten Bundesbürgern persönlich Daten zu ihrer Lebenssituation bis hin zur Religionsangehörigkeit erhoben werden. Die Religionszugehörigkeit wird in anderen europäischen Ländern nicht ermittelt.

Rechtsgrundlage für den Zensus ist dabei die Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen, wodurch die europäischen Mitgliedsstaaten verpflichtet werden ab dem Jahre 2011 im Zehn-Jahres-Abstand Volkszählungen durchzuführen. In Deutschland beruht der Zensus auf dem Zensusvorbereitungsgesetz 2011, dem Zensusgesetz 2011, der Stichprobenverordnung Zensusgesetz 2011und den Zensusausführungsgesetzen auf Landesebene.

Bei der aktuellen Volkszählung blieben Proteste gegen die Maßnahme bisher aus. Eine Verfassungsbeschwerde auf Bundesebene blieb erfolglos  ,  da sie laut BVerfG nicht den Anforderungen einer Verfassungsbeschwerde nicht genügte. Auf Landesebene ist eine Verfassungsbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof Berlin gegen das Gesetz zur Ausführung des Zensus anhängig. Die Bundesregierung hatte im Vorfeld der Volkszählung in eine Werbekampagne investiert um die Bevölkerung über die Notwendigkeit der Maßnahme  zu informieren und die Zustimmung zu sichern.

Danke an Herr Andreas Thürauf für die Hinweise und die Zusammenfassung.

Wie stehen Sie zum Zensus 2011? Sind Sie vom Zensus als Wohnraumeigentümer oder individuell befragter betroffen?

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11 Kommentare

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Nach meiner Meinung handelt es sich beim Zensus um pure Datenschnüffellei und Rasterung der Menschen. Selbst wenn man annähme, der Zensus würde in irgend einer Hinsicht sinnvoll sein, werden jedenfalls weit zu viele und die falschen Fragen gestellt. Zudem stellt die Verpflichtung, daran teilzunehmen, einen unverhältnismäßigen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung dar.

 

Sehr lesenswert ist das kuze Gespräch zwischen Juli Zeh und Gert Wagner in der TAZ: "Streit um Volkszählung - Ab Montag will der Staat Auskunft – zur Arbeitszeit, zur Herkunft, zur Toilette. Ein Gespräch zwischen der Autorin Juli Zeh, die den Zensus verweigert, und dem obersten Volkszähler Gert G. Wagner." Selbst würde ich mir für alle Büger wünschen, dass Juli Zeh befragt würde, denn auf die Klage der streitbaren und intelligenten Juristin wäre ich sehr gespannt.

 

Wie schlecht der Durchschnittsbürger über seine Rechte und die extreme staatliche Datensammelwut informiert wurde, zeigt etwa auch dieser großartige Test der TAZ: "Der gefakte Zensus-Fragebogen - Das dürfen die".

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ich hoffe mal nur das nicht noch mehr befrager ihre antwortbögen auf ner parkbank vergessen....

wer haftet eigentlich für den vllt daraus entstehenden " datendiebstahl " obwohls ja nur ein datenfund ist... und wieviel geld bekommt man beim fundbüro für sowas oder bekomm ich nach einem jahr die bögen zurück als ehrlicher finder, wenns keiner abholt ???   fragen über fragen 

jemand argumentierte " bei facebook wird mehr gefragt " mag sein... aber man muß nicht antworten und nicht der wahrheit folgen.. wers tut... ja gut... gibt halt immer noch sehr viele wahlschafe...

grüße aus dem befragungsland mit den meisten unsinnigen fragen

ps. wo ist das kreuz für satanisten ????   mist.... an uns denkt wieder keiner... pffff

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Der Bericht des potentiellen ehreamtlichen Spitzels ist tatsächlich ungemein aufschlussreich.

 

Interessant ist auch der Hinweis auf das Buch von RAin Verena S. Rottmann "Mikrozensus und Volkszählung 2011: Wieder verfassungswidrig?: Was Sie gegen Zwangsbefragung und für Ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung tun können", welches ich, hätte ich mehr Zeit, lesen würde.

 

Es ist pervers, welche Löhne die Politik seit Rot-Grün mit Schröder und auch inkl. der heutigen Politik um so intensiver in Deutschland etabliert hat. Für einen Euro/h fressen auch die Rundviecher beim Bauern. Man sollte Beamtenstellen, insbesondere in der Bundesagentur gegen für Arbeit,  für diese menschenunwürdigen 1/h Stunde ausschreiben, dafür würden sich wohl noch eher arbeitslose Menschen finden. Denn entspannte Arbeitsbedingungen inkl. langsamer Arbeitsweise, Ineffizienz und Sitztätigkeit ersehnt sich wohl jeder. Was der Staat da ersparen könnte!

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Muss mich schon wundern, was für Fragen da alles in den Erhebungsbögen gestellt werden. Ich frage mich, ob dies tatsächlich zu Recht geschieht. Grundlage ist das Gesetz vom 15.07.09. Bei den beruflichen Fragen wird unter anderem die aktuelle Anschrift des Betriebes, in dem man tätig ist (also nicht nur der Ort, sondern auch die konkrete Straße!) abgefragt. Nur sieht das Gesetz (§ 7) dies überhaupt nicht vor (13. Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde))! Ich glaube, wenn man das Material weiter durcharbeitet, werden weitere Fragen mit einem Fragezeichen zu versehen sein.

  

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Das Spitzelverfahren gehört in jedem Fall umfassend juristisch gewürdigt. Gegen Stasi 2011 kann man sich aber auch bisher dezent wehren: "Widerstand ist (nicht) zwecklos. Die Volkszähler sind unterwegs. Wer ausgewählt wurde, muss sich befragen lassen. Kann man sich dagegen wehren? Eine Gebrauchsanleitung in 5 Schritten.".

 

Im Falle des Spitzelkontaktes ist wohl auch eine schriftliche Beantwortung möglich. Bei der Unklarheit vieler Fragen und den Problemen im Zusammenhang mit dem Fragebogen könnte wohl zunächst jeweils eine eigene Frage zu einem Einzelproblem mit dem Bogen und Verfahren zurück gesandt werden, nach deren Beantwortung die nächste usw., das Ganze dürfte sich dann wohl einige Zeit hinziehen. Schließlich darf man nicht wahrheitswidrig antworten und die Datenschutzproblematik muss ebenfalls vorab detailliert geklärt werden. Ein solches Vorgehen und entsprechende sachliche Rückfragen zum Frageinhalt und Datenschutz vor Beantwortung müssten doch eigentlich zulässig sein, oder?

 

Aber letztlich lenkt auch dieses, zugegeben nicht unwichtige Thema, die Menschen nur von ebenfalls desolaten Themenfeldern wie Finanzsystem, Gesundheitssystem, Sozialsystem, Umwelt, Lobbyismus, Bildung etcetcetc. ab.

 

 

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Ist die Sanktionierung unrichtiger Angaben nicht generell unverhältnismäßig? Zu ihrem Nachweis bedarf es des Wissens um die wirkliche Sachlage seitens der Verwaltung. Die korrekte Auskunft des Befragten ist in diesen Fällen überflüssig und braucht nicht erzwungen zu werden.

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Ich bin eigentlich der Meinung Stasi-Schnüffelei 1989 abgeschafft zu haben, doch nun stellt sich heraus, daß der Fahrstuhlfahrer, der voller Eifer als damaliger MdI-Minister viel von der DDR gelernt hat nur nicht das was gut und sinnvoll war. Nun hats die blinde Regierung aus Preußen gleich mit übernommen weils nie schadet wenn man mal was über einen weiß. Frechheit nur daß man gezwungen ist (im Gegensatz zu Facebock) unter Androhung von Strafe Auskunft zu erteilen. Und dann noch "... bitte ausreichend frankieren...". Scheinbar können wir Deutsche immer nur mit Diktatoren, auch wenn sie sich jetzt von 50% der Bevölkerung wählen lassen. Im Vergleich mit anderen Staaten würden wir uns anonym als Bananenrepublick einstufen lassen können.

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"Die "ehrenamtlichen" Befrager werden danach quasi ausgebeutet."

 

Ich bin ebenfalls als Interviewer unterwegs und bekomme pro Fragebogen 9,50 Euro.

Meiner Meinung nach ist diese Bezahlung durchaus angemessen. Einen Fünf-Personenhaushalt schaffe ich in ca. 20 Minuten.

Wenn ich Glück habe komme ich so auf einen Stundenlohn von 100 Euro. Davon müsste man natürlich noch den Anfahrtsweg + Benzinkosten abziehen!

 

Trotzdem bin ich - als kommende Stundentin - mit dem Lohn ganz zufrieden. Besser als beim Babysitten!

 

Meine Erfahrungen:

http://abipedia.blogspot.com/2011/06/zensus-2011.html

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