Das Ehefähigkeitszeugnis

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 21.04.2011

Das Ehefähigkeitszeugnis bescheinigt nicht, dass jemand in der Lage ist, seinen ehelichen Pflichten in hinreichendem Maße nachzukommen.

Vielmehr muss ein Ausländer, der in Deutschland heiraten will, gemäß § 1309 I BGB ein sog. Ehefähigkeitszeugnis vorlegen, in dem bescheinigt wird, dass der Eheschließung nach dem Recht seines Heimatstaates keine Hindernisse entgegenstehen.

Dies gelang einer Türkin und einem Türken im Bezirk des AG Kleve nicht.

Das vorgelegte Zeugnis des türkischen Generalkonsulats genügte dem AG nicht, denn Aussteller muss nach § 1309 I BGB die innere Behörde des Heimatstaates sein, nicht eine Auslandsvertretung.

Der Bräutigam hat dann noch eine Bescheinigung seines Heimatstandesamtes vom 06.10.2009 vorgelegt, wonach er unverheiratet sei.

Auch das überzeugte das AG nicht, denn es existierte vom (gleichen Standesamt und vom gleichen Beamten unterschrieben) noch ein Auszug aus dem Personenstandsregister vom 31.10.2008, in dem attestiert wird, dass der Antragsteller seit 11.05.2007 verheiratet ist.

Auch die eidesstattlichen Versicherungen seiner Onkel Mustafa H, Ibrahim H, Hasan H und Mehmet H  sowie seiner Cousins Serkan H und H konnten das AG nicht umstimmen.

AG Kleve v. 11.04.2011 - 8 III 3/10

PS: Die meisten Länder stellen keine Ehefähigkeitszeugnisse aus. In diesem Fall ist bei dem Präsidenten des OLG Befreiung von der Beibringung zu beantragen. Entsprechnede Vordrucke halten die Standesämter bereit.

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9 Kommentare

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Durch Zufall habe ich diesen Blog-Beitrag entdeckt und auf Grund eigener Erfahrungen mit großem Interesse gelesen. Stammt der Satz am Anfang von den hier beteiligten Behörden ? -  Dazu hätte ich noch eine passende Zitierung des Standesamt Mitte von Berlin:
"... und fragen Sie insbesondere, ob ein Ehefähigkeitszeugnis notwendig ist. Denken Sie nicht, dass es sich dabei um eine gesundheitliche Untersuchung handelt."  - Als ich erstmals im Ausland von diesem deutschen Zeugnis hörte, dachte ich an das alte Kirchenrecht (Impotenz).

Offensichtlich wird das Standesamt und das Amtsgericht Kleve seiner eigentlichen Aufgabe nicht gerecht, wenn es hier nach § 1309 Abs.1 BGB ein Zeugnis der inneren Behörde des Heimatstaates verlangt. Politische Interessen sind hier wohl maßgeblich und zur rechtlichen Richtigstellung möchte ich hier einen PDF-Internetbeitrag von Fritz Peter Standesamt-Saarland zitieren:

"Es gibt nur eine Ausnahme von der Zuständigkeit der inneren Behörde eines Heimatstaates und diese betrifft das CIEC-Übereinkommen Nr.20 vom 5. September 1980 über die Ausstellung mehrsprachiger Ehefähigkeitszeugnisse, nachdem bei den Staaten Italien, Niederlande, Portugal, Spanien und Türkei auch Konsulate zuständig sind."

Auch mir liegt eine Entscheidung eines besonders kompetenten Amtsgerichts für Deutsche im Ausland vor, die entgegen der Fachliteratur im Schrank eine Auslandsehe für nichtig erklärte (Bergmann/Ferid). Die staatlichen Interessen bei der erstmaligen Einführung dieses deutschen Ehefähigkeitszeugnisses in das BGB als Anhang 8a., durch eine Verordnung vom 31. Mai 1934 (RGBl. I S.472.), waren eindeutig auf die Verhinderung von ungewünschten Ehen ausgerichtet, heute soll dieses Zeugnis soweit es geht die kurzfristige Eheschließung verhindern und für eine zwingende Reise in das Heimatland sorgen.

Das "Ehefähigkeitszeugnis" dürfte neben anderen Gesetzen wohl die peinlichste Hinterlassenschaft der rassistischen NS-Gesetzgebung sein, insbesondere wenn zur Durchsetzung nach NS-Methode Rechtsbegriffe "umgedacht" werden (§ 1306 BGB; seit DA 1966), entsprechen den Worten von Carl Schmitt im Jahr 1934: "Wir denken die Rechtsbegriffe um."(DR 1934, Hrsg. Dr. Hans Frank, S.225, 229). -   Wenn heute der Standesbeamte sogar über die deutsche Auslandsvertretung deren Vertrauensleute oder Detektive losschicken kann, um die Ledigkeit des Ausländers am Heimatort festzustellen, zwecks Austellung eines Ehefähigkeitszeugnisses oder bei der Anmeldung einer Heirat in Deutschland, und für ein benötigtes Visum der Ausländer erst Deutsch lernen muss, dann macht dies auch in rechtlicher Hinsicht einen nur noch sprachlos!

Anm. zu PS: Nur Schweiz, Österreich und Luxemburg dürften tatsächlich ein Ehefähigkeitszeugnis im Sinne des dt. Gesetzes ausstellen, da ohne zwischenstaatliche Übereinkommen kaum möglich.

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Liebe/r Frau/Herr Gast,

ein paar Anmerkungen zu Ihrem Kommentar:

1. Richtig ist, dass die Türkei dem CIEC-Abkommen beigetreten ist. Gemäß Art. 8 benennt jeder Vertragsstaat die Behörde, die für die Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen zuständig ist. Mir ist nicht bekannt, ob die Türkei insoweit auch ihre Auslandsvertretungen benannt hat. 

2. Das Erfordernis des Ehefähigkeitszeugnisses nach§ 1309 BGB lässt das Recht ausländischer oder deutscher Verlobter, in Deutschland eine Ehe einzugehen, unberührt. Es handelt sich nicht um eine materielle Eheschließungsvoraussetzung und ist daher auch nicht mehr unter den Eheverboten aufgeführt. Das Ehefähigkeitszeugnis stellt ein gesetzliches Beweismittel dar und soll dem Standesbeamten die Arbeit erleichtern.

3. Ehefähigkeitszeugnisse werden ausgestellt von Bulgarien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Kenia, Kuba, Liechtenstein, Luxemburg, Mosambik, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien, Tansania, Tschechische Republik, Türkei und Ungarn (MK/Müller-Gindullis § 1309 RN 10)

Sehr geehrter Herr Burschel,
zunächst vielen Dank dafür, dass ich überhaupt eine Antwort von Ihnen auf meinen wohl in diesem Forum etwas "ungewöhnlichen"
Kommentar eines Nicht-Juristen erhalten habe. Aber ich gebe zu bedenken, dass ich mich sehr umfangreich in dieser Sache auch mit einschlägigen Originalunterlagen schon vor dem "Internet-Zeitalter" versehen bzw. informiert habe, um meine (gesetzliche) Rechtsansicht an entsprechender Stelle vor etwa 16 Jahren selber vertreten und auch durchsetzen zu können. Meine Auseinandersetzung hat höchste Bundesbehörden involviert und eine entsprechende Gegenreaktionen hat Niederschlag bzw. später Korrektur auch in der Fachliteratur gefunden ( StAZ 1994, 391; zitiert im Bergmann/Ferid 1996).

Zu 1.)  Ihrer Anmerkungen kann ich nur feststellen, dass in Ihrem geschilderten Fall vor dem AG Kleve der Standesbeamte das vorgelegte Zeugnis des türkischen Konsulats, entgegen einer Änderung seiner Dienstanweisung nicht " als Zeugnis der inneren Behörde" gelten lassen möchte und somit auch das CIEC-Übereinkommen ignoriert, wenn er weiterhin am § 1309 BGB festhält (vgl. hierzu § 166 DA der 13. DA-ÄndVwV vom 2.Juni 1998 zum PStG und auch Seite 68 der "Handakte Heft 1: Eheschließung und Familienbuch" vom Oktober 2000 für das Standesamt vom Verlag für Standesamtwesen).

Nach BGBl. 1999 II, S.486 (488) stellt auch die türkische Auslandsvertretung seit dem 1. Juni 1989 ein Zeugnis nach dem CIEC-Übereinkommen aus. Eine sehr ausführliche wissenschaftliche Studie über das EU-Zivilstandswesen von Freyhold, Vial & Partner Consultants ("Final Report for the European Commission, DG JLS") bestätigt auch diese Praxis in einer Staatenliste (S.588).
http://ec.europa.eu/civiljustice/publications/docs/study_ms_legislation_country_reports_en.pdf

Auf der vorletzten Seite 657 "Summary of Recommendations" dieses Berichts, wird unter Punkt 14. die Abschaffung des Ehefähigkeitszeugnisses empfohlen, da derartige Erfordernisse eine ungerechtfertigte Diskriminierung sind ("..., such requirements being unjustified discrimination.").

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Hallo Anno48,

nochmals: Das Ehefähigkeitszeugnis ist ein bloßes Beweismittel.

 

Hat der Standesbeamte trotz Vorlage des Zeugnisses Zweifel an der Ehefähigkeit, kann er die Eheschließung verweigern.

Umgekehrt: Ist er trotz Fehlens von der Ehefähigkeit überzeugt, kann er trauen.

 

Zugegeben: Unter der Prämisse, dass die Türkei ihre Auslandsvertretungen entsprechend ermächtigt hat, ist die Begründung des AG zumindest "schief"

Sehr geehrter Herr Barschel,
Ihr Kommentar - "nochmals: Das Ehefähigkeitszeugnis ist ein bloßes Beweismittel" - kann nicht überzeugen, zumal er mit der für den Standesbeamten maßgeblichen Rechtsliteratur und den entsprechenden Dienstanweisungen nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Laut DA von 1938 (entsprechend DA 1952 und 1958) § 414:
"Weder das Ehefähigkeitszeugnis, noch die Befreiung von der Beibringung des Zeugnisses erbringen den vollen Beweis der Ehefähigkeit des Verlobten."
Auf Anregung des Bundesrates wurde die DA 1968 neu gestaltet und nun heißt es im § 159 DA "Prüfung der Ehefähigkeit im Hinblick auf das Verbot der Doppelehe":
"Die Angabe eines Verlobten, daß er noch nicht verheiratet war, kann urkundlich nicht nachgewiesen werden."

Die Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnis aber beruht und reduziert sich letztlich in der Praxis auf ungesicherte Ledigkeitsaussagen. - Ohne Frankreich kann hier auch nicht von einem europäischen Zeugnis gesprochen werden und warum es außerhalb der EU international als unbekannt anzusehen ist, wird nach Einführung des Ehefähigkeitszeugnisses 1934 auch aus dem für Standesbeamte maßgeblichen PStG-Kommentar von "Stölzel" vom Jahr 1939 auf Seite 347 deutlich:

"9. Ehefähigkeitszeugnis zur Heirat Deutscher im Ausland wird im PStG. ebensowenig erwähnt wie im aPStG. Es gehört auch streng genommen nicht zur standesamtlichen Tätigkeit, da es weder die Heirat vor einem deutschen Standesbeamten noch die deutsche Beurkundung eines Standesfalls angeht."

Somit widerspricht der § 1309 BGB (-als wohl einzigartiges Ausländergesetz im BGB!-) auch internationalen Grundsätzen, wenn er von ausländischen (inneren) Zivilstands-Behörden die Beteiligung an einer Auslandseheschließung einfordert, was "streng genommen" auch nicht deren Aufgabe sein kann (Zivilstandsgesetz=Territorialgesetz). - Die in dem obigen EU-Bericht von Freyhold, Vial & Partner erwähnte "unjustified discriminatin" dürfte schon darin bestehen, dass der § 1309 Abs.1 BGB nur von etwa 10 Prozent der Ausländer erfüllt werden kann und die Ausnahmeregelung im Abs.2 deshalb somit den Regelfall darstellt. Wenn 90 Prozent der Ausländer von Anfang an von einem Ausländergesetz ausgenommen werden, nach entsprechender Länderliste bzw. dt. Zeugnis-Anerkennung, stellt sich deshalb auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung.

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Liebe/r Herr/Frau Anno 48,

 

Ausgangspunkt der Überlegungen ist Art. 13 EGBGB

(1) Die Voraussetzungen der Eheschließung unterliegen für jeden Verlobten dem Recht des Staates, dem er angehört.

Das bedeutet, der Standesbeamte muss ausländische Ehehindernisse (bis zur Grenze des ordre public) berücksichtigen. So gibt es z.B. immer noch Länder, in der die Ehemündigkeit erst mit 21 eintritt.

Wie soll der deutsche Standesbeamte, prüfen, ob dem Ausländer nach seinem Heimatrecht eine Ehe möglich ist???

Hier soll das Ehefähigkeitszeugnis ihm Erleichterung schaffen. Es ist ein bloßes Beweismittel, nicht eine materielle Eheschließungsvoraussetzung (vgl alle einschlägigen Kommentare und z.B. OLG Hamm NJW 1974, 1626)

Sehr geehrter Herr Burschel,
vielen Dank für Ihre Antwort und verzeihen Sie bitte, dass ich Ihren Namen versehentlich falsch geschrieben habe, aber einer meiner früheren Chefs hatte mit dieser bekannten Person Geschäfte abgewickelt und auch seine Insel-Ferienanlage für den Urlaub zur Verfügung gestellt, von wo der Flug nach Zürich mit dem bekannten Ende angetreten wurde. - Mein privates Rechtsinteresse entstand während meines über 9-jährigen Aufenthalts in Südostasien und zwar einige Jahre nach der dortigen Heirat meiner Ehefrau.

Natürlich ist mir der Art. 13 EGBGB bekannt, aber auch das hier zugehörige Haager Eheschließungsabkommen vom 12. Juni 1902. Leider in Sachen Ehefähigkeitszeugnis bzw. Art. 13 EGBGB äußerst erfolgslos, denn neben Deutschland sind 1925 nur folgende Länder beigetreten: Luxemburg, Niederlande, Schweden, Schweiz und Ungarn. Und 1939 kamen Danzig, Polen und Italien hinzu. Heute glaube ich gelesen zu haben, dass vielleicht mit Italien dises Übereinkommen noch gilt. Mit anderen Worten, die deutsche Idee den Art.13 EGBGB international durchsetzen zu können, zwecks Verhinderung sogenannter "hinkenden" Eheschließungen, muss als gescheitert angesehen werden. Das gleiche gilt für das Ehefähigkeitszeugnis.

Für die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen oder Ehehindernisse braucht der dt. Standesbeamte kein Ehefähigkeitszeugnis, hierfür hat er seit den 30ger Jahren die inzwischen äußerst umfangreichen Bände von Bergmann/Ferid "Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht". Bei der Akteneinsicht in der Senatsverwaltung für Inneres (Abt. Staatsangehörigkeit; in Sachen Nachbeurkundung) konnte ich auch den Bergmann/ Ferid entdecken, aber man ist ihm auf Grund anderer Interessen nicht gefolgt. 

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