Bürosatire ist kein Kündigungsgrund

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 03.04.2011

Die künstlerische Ader ihrer Arbeitnehmer macht Arbeitgebern nicht immer Freude; so in einem vom Arbeitsgericht Herford (Urteil vom 18.2.2011, Az. 2 Ca 1394/10) entschiedenen Fall: Der klagende Arbeitnehmer war seit über 12 Jahren bei einem Küchenmöbelhersteller als Sachbearbeiter beschäftigt. In seiner Freizeit betätigte sich der Kläger als Schriftsteller. Im November 2010 kam das von ihm verfasste Buch „Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht“ heraus. Dabei handelt es sich um eine Bürosatire, deren Lektüre den Arbeitgeber auf die Palme brachte und zur außerordentlichen Kündigung veranlasste. Das Arbeitsgericht Herford stellte nun die Unwirksamkeit dieser Kündigung fest. Eine hierfür notwendige Vertragspflichtverletzung sei nicht erkennbar. Insbesondere habe der Arbeitnehmer durch die Buchveröffentlichung keine Persönlichkeitsrechte verletzt – weder die der Kollegen noch die der Geschäftsleitung. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes komme nur dann infrage, wenn der Betroffene erkennbar zum Gegenstand einer medialen Darstellung gemacht werde. Dabei sei zu beachten, dass die durch Art 5 Abs. 3 GG geschützte Kunstfreiheit das Recht zur Verwendung von Vorbildern aus der Lebenswirklichkeit positiv mit einschließe. Das Arbeitsgericht betont den hohen Stellenwert der Kunstfreiheit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes spreche eine Vermutung für die Fiktionalität des Romans. Etwas anderes gelte nur, wenn der Autor einen Faktizitätsanspruch selbst erhebt. Das könne zum Beispiel dann der Fall sein, wenn er dem Leser gegenüber einen Wahrheitsanspruch an seinen Schilderung erhebe. Gerade dies ist nach den Feststellungen des Gerichtes hier jedoch nicht der Fall. Der Kläger weise in seinem Roman ausdrücklich darauf hin, dass die darin vorkommenden Personen und Handlungen frei erfunden sind. Es sprächen keine Anhaltspunkte dafür, dass reale Personen oder Betriebsabläufe wiedergegeben werden. Es handele sich um einen Roman und nicht um ein Tagebuch. Schließlich sei die Kündigung auch nicht unter dem Aspekt der Störung des Betriebsfriedens oder gar als Druckkündigung zulässig.

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2 Kommentare

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Bevor ein bekannter Hersteller in Herford in Verdacht gerät: es war die Firma "Bauformat" in Löhne.

http://www.nw-news.de/lokale_news/loehne/loehne/4250240_Betriebsrat_fliegt_wegen_Spottroman.html

Gaaanz zufällig war der Gekündigte Gewerkschaftsmitglied und ist erst kürzlich in den Betriebsrat gewählt worden...

@Mein Name:

 

Aus dem Urteil gaaanz zufällig:

"Der Betriebsrat erteilte seine Zustimmung mit Schreiben vom 09.11.2010 (Bl. 26 d. A.) zur beabsichtigten Kündigung des Klägers"

Das berüchtigte "Zustimmungsersetzungsverfahren" (ein schönes Wort und dazu die schönen Aufsätze von Diller in der NZA : Der Wahnsinn hat Methode) war noch nicht einmal nötig.

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