Vom Bachelor zum Master (ohne Nebentätigkeit)

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 10.02.2011

Hatten wir zwar schon einmal, aber hier nochmal das OLG Brandenburg zu dem Thema:

Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Unterhaltspflicht des Antragsgegners nach § 1610 Abs. 2 BGB für den Master-Studiengang fortdauert. Der von S… im Oktober 2009 aufgenommene sogenannte konsekutive Master-Studiengang Technische Informatik bildet mit dem im September 2009 erfolgreich abgeschlossenen Bachelor-Studiengang Medieninformatik unterhaltsrechtlich eine einheitliche Ausbildung. Der gemäß § 1610 Abs. 2 BGB zu fordernde fachliche und zeitliche Zusammenhang ist gegeben.

Interessant in diesem Zusammenhang auch das Folgende:

Da während der Zeit einer Ausbildung keine Erwerbsobliegenheit besteht, stammt gleichwohl erzieltes Einkommen eines Studenten aus überobligationsmäßiger Tätigkeit. Folglich kann eine tatsächlich ausgeübte Nebentätigkeit jederzeit reduziert oder vollständig aufgegeben werden .

Soweit der Student neben seiner Ausbildung einer Erwerbstätigkeit nachgeht, bleibt das dadurch erzielte Einkommen allerdings nicht schon deshalb vollständig unberücksichtigt, weil es als überobligationsmäßig zu qualifizieren ist. Die Anrechnung solcher Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit bestimmt sich auch beim Volljährigenunterhalt im Einzelfall nach dem entsprechend heranzuziehenden Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB. Soweit der Student nicht die vollen oder keine Unterhaltsleistungen erhält, bleiben seine Einkünfte anrechnungsfrei (§ 1577 Abs. 2 Satz 1 BGB). Darüber hinaus kommt eine Anrechnung insoweit in Betracht (§ 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB), als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

OLG Brandenburg v. 18.01.2011 - 10 UF 161/10

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14 Kommentare

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Bachelor und Master bilden nicht nur "unterhaltsrechtlich eine einheitliche Ausbildung", sondern auch de facto. Dieser Modulationsblödsinn spiegelt den verschulten Auszubildenden (Studenten gibt es ja in diesen Ba-Ma-Studiengängen nun nicht mehr) vor, sie könnten mit einem Bachelor beruflich tätig werden. Doch in der Realität interessieren sich Arbeitsgeber nicht für diesen sog. Titel, da er unakademisch ist und keine hinreichende Befähigung nachweist. Wenn aber der Master, obgleich er an den gleichen Modulationsmängeln leidet wie schon der Bachelor, einzig ansatzweise relevanter Abschluss ist, ist eine Finanzierung bis zu diesem nur denklogisch und diskreditiert auch die geistigen Leistungen sog. Bildungspolitiker in diesem Zusammenhang, die diesen Wahnsinn auf den Weg brachten und trotz aller Mängel und Proteste nicht korrigieren. Wir hatten international immer überragenden Erfolg mit den Abschlüssen Diplom, Staatsexamen, Magister. Das Bachelor-Master-System hingegen wünscht man nicht einmal Entwicklungsländern!

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@2 Diese Worte sind wahrlich eine intellektuelle Glanzleistung ;-), die auch zugleich noch herausragend belegen, dass Bachelor und Master keine Studiengänge, sondern schnöde Berufsausbildungen sind.

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So läuft das:

Ein unterhaltspflichtiger Student muss zunächst darlegen, wieso er sich nicht in der Lage sieht, Unterhalt zu leisten, indem er z.B. einen Nebenjob annimmt.

Wenn er jedoch selber kassieren will, ist er grundsätzlich frei davon, eigene Möglichkeiten zu nutzen.

@Untermann :
Weil es vermutlich um unterschiedliche Dinge geht:

- Unterhalt für studierende Kinder bis zum Abschluss der Ausbildung ist durch Eltern geschuldet, weil die leistungsfähigen Eltern sich entschlossen haben, Kinder in die Welt zu setzen.

 

- Unterhalt für Kinder eines Studierenden, der sich entschlossen hat, zu so einem frühen Zeitpunkt Kinder in die Welt zu setzen, so dass er zwar keine abgeschlossene Ausbildung hat, aber sich in zumutbarer Weise um Unterhaltsleistungen bemühen kann.
 

Ich weiß nicht, weshalb für den privaten Entschluss, Kinder in die Welt zu setzen (oder für mangelnde Verhütung) der Staat oder wer auch immer außer den Erzeugern aufkommen sollte? Oder weshalb der Entschluss, seinen Job hinzuwerfen und ein Studium aufzunehmen, von der Pflicht zur Unterhaltszahlung entbinden sollte. Das Argument, mit Studium könne man ja hinterher viel mehr verdienen, um Unterhalt dann dauerhaft und vielleicht sogar über die Regelsätze hinaus zu zahlen, dürfte wohl nicht bei jedem Studenten und jedem Studienfach gleichermaßen überzeugen.

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Grds. wäre es Aufgabe des Staates, jedem Studenten, unabhängig vom EK seiner Eltern, das Studium zu finanzieren, somit auch elternunabhängiges Bafög. Derzeit ist zumindest klar, die Erstausbildung zahlen die Eltern, somit auch das Studium. Praxiserfahrung und Erhebungen zeigen auch, Studenten die finanziell abgesichert sind und nicht parallel arbeiten müssen, erzielen bessere Leistungen. Doch von klugen Reformen im Bildungssystem in dieser Richtung ist diese Regierung so weit entfernt, wie wir vom Urknall.

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@Knut: und warum sollte die Förderung des Verfolgens des individuellen Glücks - sei es Bildungsstreben oder die Möglichkeit, einen Beruf mit hohem sozialen/finanziellen Status zu erlangen -  "Aufgabe des Staates" sein? Weshalb nur ein Studium? Warum ist es nicht Aufgabe des Staates, Arbeitgeber von den Kosten der Lehrlingsausbildung komplett freizuhalten? Wollen Sie wirklich, dass Ihre Maxime zum allgemeinen Gesetz (und nicht nur zum Studentenbegünstigungsgesetz) werde?

Wenn man damit argumentiert: besser ausgebildet - besserer Verdienst - besseres Steueraufkommen:

Sollte dann auch der Besuch von Meisterschulen für Handwerksberufe "Aufgabe des Staates" und somit kostenfrei sein? Und jeder Fortbildungskurs z.B. zum Fachanwalt für Familienrecht nicht nur steuerlich als Betriebsausgabe absetzbar, sondern staatlich direkt finanziert?

Und meinen Sie auch: kostenfreies Studium unabhängig vom eigenen Vermögen oder Einkommen des Studenten ? (Und solche gibt es tatsächlich. Es soll ja vor ein paar Jahren nach einem Datenabgleich eine Welle an Strafverfahren gegen BaFöG-Bezieher gegeben haben, die das eine oder andere Sparbuch oder Aktiendepot, sei es selbst erspart oder geerbt, nicht angegeben hatten?)


 

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Das Land hat nur eine relevante Ressource, seine Bildung. Das modulhafte oberflächliche Bolognasystem und die Finanzierungsschwierigkeiten der jungen Menschen tragen dazu bei, dass wir hier zunehmend in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Es ist kein Geheimnis, dass der weit überragende Anteil unter den Studierenden Akademikerkinder sind, Tendenz zunehmend. Eine solche Bildungs-un-politik, wie derzeit zu verfolgen, verdient ihren Namen nicht im Ansatz.

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Kant schrieb:

Das modulhafte oberflächliche Bolognasystem und die Finanzierungsschwierigkeiten der jungen Menschen tragen dazu bei, dass wir hier zunehmend in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.

 

Vor allem wurden die falschen Fächer in das oberflächliche Bolognasystem überführt, nicht die Ingenieure und Naturwissenschaftler hätte man flächendeckend umstellen müssen, sondern ein ganz besonders gegen Reformen immunes und rückständiges Fach: Juristen :-) Bachelor of Law her, Staatsexamen abschaffen. Übrigens wurde der Begriff "Jura" für Rechtswissenschaft an der Universität Bologna geprägt...

Herr Moser, diese Anfrage kann man als schlimm beurteilen, aber sie ist einfach nur konsequent weitergedacht. Es ist nun mal so, dass Beziehungen durch und durch verrechtlicht worden sind und in ein Zwangskorsett aus allerlei staatlich durchgesetzten "Ansprüchen" transformiert werden. Die Frage ist schon lange nicht mehr, "wie kann mein Kind erfolgreich werden?", sondern "was steht mir zu und wie setze ich es durch?".

 

Wenn wie im obigen Beispiel die Erwirtschaftung von Unterhalt in den Hintergrund rutscht und stattdessen die Geltendmachung möglichst weitreichender Ansprüche das Feld beherrscht, passen sich die Menschen entsprechend daran an, sowohl die zu Pflichtigen erklärten wie die Berechtigten.

@11 Jura ist nun denkbar ungeeigent für eine Modularisierung, wie sie einige Unis schon eingeführt haben, etwa die HU-Berlin. Vor späteren Verantwortungsträgern an den Schlüsselstellen unserer Gesellschaft, die derart studiert haben/ ausgebildet wurden, möchten Sie nicht eines Tages stehen und auf diese angewiesen sein.

 

Gerade bei Naturwissenschaftlern macht die Modularisierung mitunter noch am ehseten Sinn, wenn man darin überhaupt einen Sinn sucht, de facto ist dieser aber auch dann nicht zu finden. Denn der Grund dafür, vernetztes Wissen und Denken zu Gusten isolierten modulhaften Lernens und Denkens aufzugeben, kann allenfalls darin liegen, bessere Kontrolle über Menschen auszuüben und schnöde Selbstausbeutung zu prekären Bedingungen zu forcieren, keinesfalls jedoch im umfassenden eigenständigen Erkenntnisgewinn.

 

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Kant schrieb:

Gerade bei Naturwissenschaftlern macht die Modularisierung mitunter noch am ehseten Sinn

 

...und bei Jura nicht, nein, auf gar keinen Fall, und Juristen sind die "Verantwortungsträger an den Schlüsselstellen".

Sie sind Jurist und kein Naturwissenschaftler, stimmts?

Um zu den Finanzierungsgrundlagen zurückzukehren, es wird Zeit das Sytem grundlegend zu reformieren. Das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen, wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung, Verantwortungsbewusstsein zu forcieren und menschenwürdige Existenz zu gewährleisten.

 

Man lese den aktuellen Spiegel-Kommentar von Jakob Augstein "Im Zweifel links -Fairness ist Zufall", daraus:

 

"Der Sozialstaat ist verdreht worden, es ist Zeit, ihn vom Kopf auf die Füße zu stellen. Zeit für das Grundeinkommen. 800 Euro für jeden. Und es möge niemand mit dem Leistungsethos einer vergangenen Epoche kommen. Oder mit dem Einwand, das Grundeinkommen sei unfair gegenüber jenen, die schwer für ihr Geld arbeiten. Leistung und Fairness sind nun gerade nicht mehr die prägenden Prinzipien unseres Systems.

Es besteht zwischen Verdienst und Leistung keine Verbindung, und Fairness ist in diesem System Zufall. Der moderne Kapitalismus hat diese Werte über Bord gespült.

Das Grundeinkommen aber gibt den Menschen ihre Würde zurück."

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