Umgang auch für Raucher

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 07.02.2011
Rechtsgebiete: UmgangsrechtRaucherFamilienrecht6|8743 Aufrufe

Die Mutter wandte sich (unter anderem) deswegen gegen eine Überachtung des Kindes beim Vater, weil dieser rauche.

Dazu das Kammergericht:

Letztlich gilt auch nichts anderes für das weitere Argument der Beschwerde, der Aufenthalt beim Vater berge, weil dieser Raucher sei und seine derzeitige Wohnung nach kaltem Zigarettenrauch rieche, insbesondere für den unter Asthma leidenden L... Gesundheitsgefahren: Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Mutter jedenfalls während der Ehezeit, in der die Kinder ebenfalls dem Passivrauchen ausgesetzt gewesen sein müssen - dass der Vater erst nach der Trennung mit dem Rauchen angefangen haben sollte, ist von der Mutter nicht behauptet worden - hierin keine Gesundheitsgefahr gesehen hat. Weiter stünde dieser Einwand, nähme man ihn ernst, nicht nur einem Umgang mit Übernachtungen entgegen, sondern grundsätzlich auch dem Umgang insgesamt; dies insbesondere während der kalten Jahreszeit, in der der Umgang nur in geschlossenen Räumen stattfinden kann: Insoweit sieht die Mutter jedoch ganz offensichtlich ebenfalls keine Gefahren, da sie einem Umgang ohne Übernachtungen, wie sie in der Beschwerdeschrift vortragen lässt, zustimmt. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, weil der Vater mit dem angegriffenen Beschluss - im Einklang mit seiner diesbezüglichen Erklärung im Termin - verpflichtet wurde, während der Umgangszeiten das Rauchen in geschlossenen Räumen zu unterlassen. Etwa verbleibenden Bedenken der Mutter im Hinblick auf kalten Zigarettenrauch kann unschwer durch kräftiges Lüften begegnet werden.

KG v. 10.01.2011 - 17 UF 225/10

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6 Kommentare

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Vielleicht etwas ungeschickt und widersprüchlich von der Mutter argumentiert.  Aber ist es unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes nicht auch staatlicherseits widersprüchlich, erwachsene Wirtshausgäste und         -personal vor Zigarettenrauch schützen zu wollen, Säuglinge und Kinder aber nicht vor ihren rauchenden Eltern?

 

Die meisten von uns "Älteren" sind zu Zeiten, als Rauchen noch nicht als verpönt war, sondern als schick, jedenfalls aber als normal galt, vermutlich in recht rauchhaltigen Umgebungen aufgewachsen. Mag es Muttis Zigarette, Papas Pfeife oder Opas Zigarre gewesen sein. Bis jetzt haben wir überlebt - wenn unser Potential zum Physiknobelpreisträger vielleicht auch gründlich zusammengeraucht worden ist und wir daher als Juristen unser Dasein fristen müssen...

 

Aber wenn schon staatlicher Gesundheitsschutz, dann bitte auch konsequent. Erwachsene Wirtshausgäste schützen, Kinder aber nicht, ist wenig überzeugend.

 

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Alan Shore schrieb:

Aber wenn schon staatlicher Gesundheitsschutz, dann bitte auch konsequent. Erwachsene Wirtshausgäste schützen, Kinder aber nicht, ist wenig überzeugend.

Ok, aber wie stellen Sie sich das in der Praxis vor?

Soll Leuten mit Kindern das Rauchen zuhause untersagt werden oder Rauchern das Kinderkriegen?

Und wer prüft das nach? Soll das Jugendamt alle paar Wochen rein riechen oder die Polizei oder gar ein Rauchwart?

Und was passiert, wenn Eltern beim Rauchen erwischt werden?

Sollen die Kinder dann ins Heim?

Oder soll das nur für Umgangselternteile gelten und vom Betreuungselternteil geprüft werden?

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Guy Fawkes schrieb:

Und wer prüft das nach? Soll das Jugendamt alle paar Wochen rein riechen oder die Polizei oder gar ein Rauchwart?

Und was passiert, wenn Eltern beim Rauchen erwischt werden?

Sollen die Kinder dann ins Heim?

Oder soll das nur für Umgangselternteile gelten und vom Betreuungselternteil geprüft werden?

Leider nicht so fernliegend: Ich hatte einst mit einer Strafsache gegen Eltern wegen Körperverletzung zum Nachteil ihres Kindes zu tun - weil sie ihrem Kind zuviel Fruchttee zu trinkenen gegeben haben mit den entsprechenden Folgen für die Zähne. Irgendeine Kindergartentante hatte statt einem Gespräch mit den Eltern gleich die Anzeige gegen diese gewählt und niemand hielt es für notwendig, das einzustellen. Zum Ende gab aber einen Freispruch.

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1. Was nicht verboten ist (Rauchen zuhause), sollte nicht zum Ausschluss des Umgangs fuehren.

2. Was auch schon bei Bestehen der Lebensgemeinschaft praktiziert wurde, kann nicht zum Ausschluss des Umgangs fuehren.

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Wenn Rauchen das Kindeswohl so beeinträchtigt, dass deshalb das Umgangsrecht in Gefahr kommt, müsste auch den gemeinsam Erziehenden und allein erziehenden Eltern das Rauchen verboten werden, andernfalls müssen sie von ihrem Kind entfernt werden. Vor allem allein Erziehenden, sind sie doch ständig mit dem Kind zusammen, im Gegensatz zu einem kurzen Wochenende alle 14 Tage bei Umgangselternteilen.

Zur m.E. unzulässigen Ungleichbehandlung von Kindern gegenüber der Gruppe der Arbeitnehmer soweit es um den Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens geht vgl. meine (ablehnende) Anmerkung zur Entscheidung des Berliner Kammergerichts in FamRZ 2011 Seite 1408 f.. Zuden werden dort Gutachten zitiert die belegen, dass die Gefahren des Third-Hand-Smoke entgegen den Argumentationen des Berliner Kammergerichts nicht durch gelegentliches einfaches Lüften in verfassungsrechtlich relevanter Weise beseitigt werden.

MfG

 

Dr. Thomas Ritter

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