18.995 Fälle in einem Urteil - wie geht das?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.01.2011

Über die Zahl stolpert man schon oder: 18.995 Fälle für einen der Mittäter. Das geht wohl nur im BtM-Strafrecht, vgl. BGH, Urteil vom 2.11.2010 - 1 StR 579/09 - - hier.

Scherz beiseite: Eigentlich ist die Entscheidung vor allem wegen neuer Grenzen für "nicht geringe BtM-Mengen" interessant

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allerdings interessant: 

"Von ihrer Gefährlichkeit her sind Benzodiazepine und Zolpidem daher hinter den Opioiden, aber noch deutlich gefährlicher als Cannabis einzustufen." (Rdnr 31)

"Danach ist in Ermangelung gesicherter Erkenntnisse zu einer äußerst gefährlichen oder gar tödlichen Dosis ... die nicht geringe Menge der von den Angeklagten vertriebenen Wirkstoffe anhand der durchschnittlichen Konsumeinheit - hier: Tagesbedarf - und einer an der Gefährlichkeit orientierten Maßzahl zu bestimmen." (Rdnr 32)

"Da das hauptsächliche Gefahrenpotential bei einem Missbrauch von Benzodiazepinen und Zolpidem aber nicht - wie etwa bei der Einnahme von Heroin - in einer unmittelbaren, im ungünstigsten Fall sogar tödlich verlaufenden Gesundheitsschädigung liegt, sondern in der Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung und der damit einhergehenden chronischen Beeinträchtigungen für den menschlichen Organismus bei einem längerfristigen Gebrauch, ist die Maßzahl vornehmlich an der Art und Dauer des Gebrauchs zu orientieren. Dies hat das Landgericht in seiner Entscheidung nicht in ausreichendem Maß berücksichtigt, indem es auf einen Zeitraum von lediglich 15 Tagen abgestellt hat. ... 

Der Senat hält es unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte, insbe-sondere der Gefährlichkeit der hier zu betrachtenden Wirkstoffe in Bezug auf eine Abhängigkeitserkrankung, deshalb für erforderlich, diesen Zeitraum von 36 - 23 - acht Wochen bei der Bestimmung der Maßzahl zugrunde zu legen. Diese ist daher auf 60 (entsprechend einem Zeitraum von acht Wochen oder 60 Tagen) festzusetzen.

Der Senat hält es unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte, insbesondere der Gefährlichkeit der hier zu betrachtenden Wirkstoffe in Bezug auf eine Abhängigkeitserkrankung, deshalb für erforderlich, diesen Zeitraum von acht Wochen bei der Bestimmung der Maßzahl zugrunde zu legen. Diese ist daher auf 60 (entsprechend einem Zeitraum von acht Wochen oder 60 Tagen) festzusetzen." (Rdnr 36)

Wenn 40 (vierzig!!! Im "Estler" stehen 30...) Milligramm Diazepam (also vier Valium 10, Halbwertszeit über 24 Stunden!) noch als "üblicher Tagesbedarf" (Rdnr. 34) angesehen werden, müssten ja analog 0,4 Gramm THC (also 4g "Gras" mit 10% THC-Gehalt bzw. 4 "Tüten") zugelassen werden - was die "nicht geringe Menge" auf 24g THC resp. 240g Marihuana anheben würde (bisher: 7,5g THC).

Schließlich ist Cannabis - vom Sachverständen festgestellt - weniger gefährlich als Diazepam (s.o.)

Da sollte sich dann ja einiges tun in den nächsten Strafprozessen, in denen es nur um Cannabis geht ...

@Herr Krumm: Ihre Verwunderung sollte nicht auf die Mengenzahl als Besonderheit beruhen. Diese ist hier gerade nicht besonders. Die im Prozess geladene Zeugin der Bundesopiumstelle sagte aus, dass es jährlich 1000e Fälle dieser Art gibt, da die entsprechenden Händler und Apother die Erlaubnispflicht nicht aus dem Gesetz entnehmen können. Diese 1000 Fälle werden alle eingestellt oder bei Wiederholung mit einem Ordnungsgeld nach § 32 (1) 5. belegt. Auch bestätigte die Zeugin, dass die Mengen in diesen Fällen meist erheblich größer sind, da diese Regelung hauptsächlich Großhändler und Apotheker trifft, die üblicherweise gewerbsmäßig handeln und meist auch in Banden von mehr als 3 Mitarbeitern. In den hier erwähnten Fall soll es dann plötzlich statt OWi ein Verbrechen sein.

 Aber mehr als nur "interessant" ist das Urteil allemal, da sich der BGH mehrfach selbst widerspricht und auch das BTMG nur teilweise gelesen zu haben scheint.

Die Angeklagten mussten sich vor dem Münchner OLG fortwährend den höhnischen Kommentar anhören:
"Der Normadressat muss schon den ganzen Gesetzestext lesen (und darf nicht aufhören, wenn an einer Stelle steht, dass das Gesetz für seinen Fall nicht zuständig ist)"

Dabei erscheint das Gesetz dem logisch denkenden Menschen als klar, leider nicht so, wie es BGH und OLG sehen.
Bei allen Stoffen handelt es sich um zugelassene Medikamente, die nach Anlage III BTMG als "ausgenommene Zubereitungen" anzusehen sind. Diese hat der Gesetzgeber u.a. zum Schutze der Patienten und derjenigen, die mit Medikamenten umgehen, definiert.

Nach §1 (1) und §2 (1) 3. sind Betäubungsmittel jene Stoffe und Zubereitungen, die in Anlagen I-II aufgeführt sind und "ausgenommene Zubereitungen" jene, die in den Anlagen ausgenommen sind. Ausgenommene Zubereitungen sind nach §2 (1) 3. ganz (oder teilweise) von den BTM-Vorschriften ausgenommen. Ergo können für eine ausgenommene Zubereitung nicht alle BTM-Vorschriften gelten, da sie per def. mindestens zum Teil ausgenommen sind. Somit erwartet der Leser, dass das Gesetz bestimmt, welche Zubereitungen ausgenommen sind und falls sie nicht gänzlich ausgenommen ist, welcher Teil der Vorschrift gelten soll. Die vom OLG und BGH aufgenommene Behauptung, im Ausfuhrfall sind ausgenommene Zubereitungen vollwertige Betäubungsmittel und es gelten alle Vorschriften, widerspricht dieser Definition der § 1 und 2 BTMG.

Für Diazepam, z.B., lautet dann Anlage III:

Diazepam            -                           7-Chlor-1-methyl-5-phenyl-
                                                1,3-dihydro-2H-1,4-benzo-
                                                diazepin-2-on
                                               
- ausgenommen in Zubereitungen, die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen
  I bis III bis zu 1 vom Hundert als Sirup oder Tropflösung, jedoch nicht
  mehr als 250 mg je Packungseinheit, oder je abgeteilte Form bis zu
  10 mg Diazepam enthalten -
...
- die Zubereitungen der in dieser Anlage aufgeführten Stoffe, wenn sie nicht
  ...
  b) besonders ausgenommen sind. Für ausgenommene Zubereitungen - außer
     solchen mit Codein oder Dihydrocodein - gelten jedoch die
     betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und
     Durchfuhr. Nach Buchstabe b der Position Barbital ausgenommene
     Zubereitungen können jedoch ohne Genehmigung nach § 11 des
     Betäubungsmittelgesetzes ein-, aus- oder durchgeführt werden, wenn
     nach den Umständen eine missbräuchliche Verwendung nicht zu
     befürchten ist.

Nach den obigen Ausführungen liegen ausgenommene Zubereitungen bei Tabletten (10mg je abgeteilte Form) vor. Diese sind aber nicht komplett ausgenommen, sondern es gelten die "Vorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr".  Als logisch denkender Leser nehme ich nun an, dass Diazepam von den Vorschriften ausgenommen ist. Es gilt nur der Teil über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, also Dritter Abschnitt § 11. Diazepam ist also vom BTMG augenommen, es ist aber bei Ausfuhr eine Erlaubnis nach § 11 nötig.  Diesen Schluss bekräftigt der nachfolgende Satz, da die laut BGH gefährlicheren Barbiturate, auch ohne diese Genehmigung ausgeführt werden können. Diazepam bleibt aber immer noch eine ausgenommene Zubereitung, womit nur die Herstellung erlaubnispflichting nach §3 und unerlaubt zu bestrafen ist.

Leider ist das Gesetzt bei den Strafvorschriften etwas unkonkret, der Regelungswille läßt sich aber schließen:

§3 Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
1.    Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.    ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

Selbigen Wortlaut findet man 1:1 in den Straftaten des §29 (und folgende):

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1.    Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.   eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,

Wenn der Gesetzgeber hier von "unerlaubt" spricht, bezieht er sich dem Wortlaut nach nur auf die Erlaubnis nach § 3, welche nur für die Herstellung von ausgenommenen Zubereitungen erforderlich ist.
Die Einfuhr und Ausfuhr ohne § 11 Erlaubnis, wenn man es überhaupt auf ausgenommene Zubereitungen anwenden kann, findet sich nur in der Ordnungswidrigkeit §32 (1) 5.  Somit ist das fehlen der § 11 Erlaubnis eine OWi, wie es auch bis zu diesem Verfahren gehandhabt wurde. Sollte die Bezeichnung "unerlaubt" im § 29 die fehlende §11 Erlaubnis mit einschließen, ergibt der Rest keinen Sinn. Weil sonst jeder Fall der Ordnungswidrigkeitdes §32 (1)  gleichzeitig ein Fall des § 29 wäre, also OWi und Straftat.

So lese ich das BTMG für Diazepam Tabletten!

Nun die Auslegung des OLG:
Die Formulierung der Anlage III (b): "Für ausgenommene Zubereitungen... gelten jedoch die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und  Durchfuhr." bedeute nach OLG und BGH, dass "für die Handlungen der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr derartiger Zubereitungen ... die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften auch weiterhin Anwendung finden sollen."
"Für eine ge-nerelle Anwendbarkeit der §§ 29 ff. BtMG in Fällen der vorliegenden Art spricht bereits der - insoweit eindeutige - Wortlaut der in Anlage III zweiter Gedanken-strich lit. b Satz 2 zu § 1 Abs. 1 BtMG enthaltenen Regelung, da dort ohne jegliche Einschränkung auf sämtliche betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften verwiesen wird."
Dieses "ohne jegliche Einschränkung auf sämtliche betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften" kann ich nicht dem Wortlaut entnehmen. Insbesondere steht eher das Gegendteil, dass nur die eine Vorschrift zu beachten ist. Wie ausgeführt, können für eine ausgenommene Zubereitung niemals alle betäubungsrechtlichen Vorschriften gelten (§2 BtMG).

OLG und BGH sprechen hier von einer "Ausnahme von der Ausnahme", also dass ausgenommene Zubereitungen in diesem Ausnahmefall der Ausfuhr wieder volle BTM, nicht mehr ausgenommen, sein sollen.

Folgt man jedoch dieser Lesart des BGH, so wird das BTMG sehr widersprüchlich. Dann müsste man bei Codein lesen:

Gesetzestext:


Codein                      4,5alpha-Epoxy-3-methoxy-
                    (3-Methylmorphin)           17-methylmorphin-7-en-
                                                6alpha-ol
- ausgenommen in Zubereitungen, die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen
  I bis III bis zu 2,5 vom Hundert oder je abgeteilte Form bis zu 100 mg
  Codein, berechnet als Base, enthalten. Für ausgenommene Zubereitungen,
  die für betäubungsmittel- oder alkoholabhängige Personen verschrieben
  werden, gelten jedoch die Vorschriften über das Verschreiben und die
  Abgabe von Betäubungsmitteln. -
 
  bedeutet nach BGH-Lesart: Codein ist eine ausgenommene Zubereitung. Für Handlungen der Abgabe und des Verschreibens an betäubungsmittel- oder alkoholabhängige Personen derartiger Zubereitungen sollen alle betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften auch weiterhin Anwendung finden , da in Anlage III ohne jegliche Einschränkung auf sämtliche betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften verwiesen wird.
 
Folgt man dieser OLG-Lesart, gerät das BTM in weitere Probleme:
Bestimmtheit und Normenklarheit:

"Ausnahme der Ausnahme"
Von den in Anlage III rund 40 für den Patientenschutz und Medikamentenverkehr ausgenommenen Zubereitungen sollen nur Codein und Dihydrocodein wirklich ausgenommen sein. Somit ist die "Ausnahme der Ausnahme" eigentlich der im letzten Spiegelstrich der Anlage III des Gesetzes erst definierte versteckte Regelfall, den man nicht erwarten kann, liest man das BTMG von vorn, wonach nur die Herstellung der ausgenommenen Zubereitungen nach Definition des Gesetzes (BTMG §3) erlaubnispflichtig ist. In diese Falle tappen jetzt nähmlich die Pharmagroßhändler, die bisher nur mit zugelassenen Arzneimitteln handelten, weil sie sonstige BTM eben gar nicht führen, sich also nicht mit dem BTGM beschäftigen müssen, da für ausgenommenen Zubereitungen, die kein BTM sind, auch keine BTM-Verschreibung notwendig ist. Hintergrund der Entstehung: Es sollte eine internationale Richtlinie zur Dokumentation und Kontrolle umgesetzt werden. Da man das AMG und BTMG nicht auf die Schnelle anpassen konnte und wollte blieb nur die Anlage III, da diese regelmäßig geändert werden darf. Der Senat zitiert hier auch aus einem Schreiben zur Gesetzesfindung und spricht von "Verschärfter Kontrolle". Hätte der Senat bei mir studiert, hätte er in den Erstsemestervorlesungen von mir ordentlich Punkte abgezogen bekommen, wenn er Kontrolle, Steuerung, Controlling nicht auseinander halten kann.

"Wahl der Erlaubnis":
Es kann nicht sein, dass ein Normadressat anhand der möglichen missbräuchlichen Verwendung bei Barbituraten entscheiden soll, ob
es volles ein BTM ist oder komplett frei gehandhabt werden darf:
"Nach Buchstabe b der Position Barbital ausgenommene Zubereitungen können jedoch ohne Genehmigung nach § 11 des Betäubungsmittelgesetzes ein-, aus- oder durchgeführt werden, wenn nach den Umständen eine missbräuchliche Verwendung nicht zu befürchten ist. "
Es geht hier um Verbrechen, da muss das Gesetz deutlich sein.

Normenklarheit:
Den fehlinterpretierten Zusatz gibt es in den Anlagen I und II nicht. Anlagen I -II enthalten aber die nichtverscheibungsfähigen BTM. Jedoch gibt es den Zusatz über Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr dort nicht. D.h. für nicht verkehrsfähige und nicht verschreibungsfähige ausgenommene Zubereitungen gilt keine Vorschrift des BTMG. Nur bei den verschreibungsfähigen ausgenommenen Zubereitungen kann ein Verbrechen vorliegen. Das kann der Normadressat nicht so erwarten.

Gleichheitsgrundsatz:
Für ausgenommene Zubereitungen gelten nach gängiger aktueller Rechtssprechung nicht die §§ 31a und 35, da hier nur von Betäubungsmitteln die Rede ist. Abhängige von Heroin und Cannabis können diese §§ für sich in Anspruch nehmen, ein Benzodiazepinabhängiger nicht, obwohl er in §§29-30 die gleiche Strafandrohung hat.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich im  Hinblick auf den § 35 dahingeäußert, dass es keine Ungleichheit ist, wenn nicht im BTMG erwähnte Abhängigkeiten (z.B. Alkohol) nicht zum §35 führen, da diese Stoffe ja auch keine Strafandrohung nach BTMG haben. Dies dürfte mit der BGH Entscheidung zu ausgenommenen Zubereitungen anders sein.

Haben sich die STAe bisher nicht strafbar gemacht, wenn das Gesetz eindeutig bestimmt ist und sie bisher immer alle Verfahren eingestellt haben, obwohl es eindeutig Verbrechen sind?

Weiter Punkte im Urteil:

Verbotsirrtum:
Gegen einen Angeklagten lief 2004 schon ein  Ermittlungsverfahren mit identischem Sachverhalt. Da das OLG eine Bande konstruierte, wurde auch angenommen, dass natürlich alle Angeklagten von dem Verfahren gewusst haben müssen, weshalb alle von der Strafbarkeit wussten. Liebe Juristen! Selbst wenn ich als davon gewusst hätte, dass es eine Ermittlung gab und diese dann nach § 153 eingestellt wurde, gehe ich als Nichtjurist erst einmal davon aus, dass wohl keine Strafbarkeit vorliegt, wenn die STA den Sachverhalt prüfte und die entsprechende Person wie gehabt weitermacht. Zumindest aber nicht, dass das Gleiche bei fortwährender regelmäßiger Kontrolle der Arzneimittellizenz durch die Regierung von Oberbayern, drei ahre später als Verbrechen angeklagt wird, was vorher eingestellt wurde.

Bestimmtheit:
Angeblich ist das Gesetz eindeutig und bestimmt. Zum Zeitpunkt des "Tatbeginn" kommentierte Körner, dass die Ein-, Ausfuhr von ausgenommenen Zubereitungen nicht dem BTM unterliegt und erlaubnisfrei sei. Das AMG erlaubt auch die erlaubnisfreie Ausfuhr dieser Medikamente. Erst nach Beginn dieses Verfahrens wurde der Körner geändert.
Die StA war sich über Jahre nicht sicher, ob die Ausfuhr von "ausgenommenen Zubereitungen" strafbar ist. Die ersten Haftbefehle lauteten auch auf Handeltreiben mit Betäubungsmittel. Erst bei der 6-Monatsprüfung wies das Gericht die STA darauf hin, dass nur die Ausfuhr relevant sein könne. Erst Monate nach den ersten Überwachungen, Verhaftungen usw. holte die STA ein Gutachten ein, ob die Ausfuhr von ausgenommenen Zubereitungen strafbar sein könnte.
Die im Prozess geladene Zeugen der Bundesopiumstelle sagte wie schon geschrieben, dass es 1000e Fälle jährlich gibt, in denen die Mengen höher sind, die aber alle eingestellt werden.

Widerspruch im Urteil des BGH:
Der Senat legt die ngM auf Konsumeinheit (Tagesdosis)  x Maßzahl 60 fest. Sagt aber im Urteil, dass Benzodiazepine weniger gefährlich als Opioide (45-120 KE), Heroin (150 KE), Kokain und Barbiturate und gefährlicher als Cannabis (500 KE) sind. Damit also die Rangfolge der Gefährlichkeit gewahrt bleibt, muss die Maßzahl folglich zwischen 150 - 500 liegen. Sinnvoll ist nach der Gefährlichkeitseinordnung des OLG - Gutachters eine Einordnung bei Ampheamin oder Ecstasy also bei 200-250 KE. Es ist also vollkommen unsinnig, einen Bereich zur Einordnung der Gefährlichkeitsmaßzahl festzulegen und diesen dann doch nicht zu beachten und nur an der therapeutischen Anwendungsdauer auszurichten.

Verweigerung der rechtlichen Argumente zur ngM:
Der Senat hat sich schon bei der Einholung der Gutachten auf die Ermittlung der ngM mittels Ermittlung der ngM für Diazepam anhand des Tagesverbrauches eines typischen Abhängigen und Ableitung aller anderen Stoffe anhand von Wirkstoffäquivalenten festgelegt. Das OLG ist im Verfahren, der Senat in der Revisionsschrift und der Gutachterbefragung auf folgendes hingewiesen worden:
- Diazepam taugt nicht als Leitsubstanz, da es die größte Halbwertzeit und einen abweichenden Metabolitenzerfall aufweist. Weiterhin gibt es für Diazepam keine letale Dosis.
- Die Ermittlung der ngM anhand des Tagesverbrauches eines typischen Abhängigen widerspricht der bisherigen Rechtsprechung zur ngM. Da z.B. ein gefährlicheres BTM mit einer hohen Abhängigkeit und Toleranz einen hohen Tagesverbrauch beim Abhängigen bewirkt, hat es somit trotzdem eine hohe ngM, obwohl es gefährlicher ist.
- Nach gängiger Rechtssprechung darf bei Ermittlung der ngM nur die Konsumeinheit oder gefährliche Dosis eines ungewohnten Konsumenten verwendet werden, um Toleranzen nicht zu belohnen.
- Für Zolpidem und das Benzodiazepin Bromazepam gibt es letale Dosen. Diese hat u.a. der Gutachter S. des BGH veröffentlicht. Man kann also die ngM anhand der gefährlichen (letalen) Dosis bestimmen und dann auf die andern Medikamente umrechnen, wenn man sich davon befreit, unbedingt Diazepam als Leitsubstanz zu wählen. Dadurch erhält man ngM die deutlich höher liegen.
Diese Fakten wurden dem OLG und BGH vorgelegt, fanden aber kein (rechtliches) Gehör. Der Senat besaß sogar die Frechheit, den Betroffenen eine Kopie der Gutachtenanforderung zu schicken, in denen ausschließlich Gutachten zur Ermittlung des "Tagesbedarfes eines typischen Abhängigen" bei den Gutachtern beauftragt wurden, damit man schon vor dem ersten Gutachten weiß, worauf sich der Senat festgelegt hat.

Die Bestimmung der ngM mit therapeutischen Dosen und therapeutischen Reichweiten hielt der BGH bisher verfehlt:
BGH 1 StR 52/07 - Urteil vom 24. April 2007 (LG München I):
"Schließlich ist es verfehlt, die Konsumeinheit bei verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln allein an einer möglichen legalen Anwendung auszurichten (Hügel/Junge/Lander/Winkler aaO Rdn. 4.3.4, 4.3.6 a.E.)."

BTW: Alle hier Angeklagten hatten mit dem problematischen Akt der Ausfuhr nichts zu tun. Es wurden Apotheker in Deutschland beliefert, was über eine Pharmagroßhandelslizenz genehmigt war. Erst Versand ins Ausland durch Apotheker habe den gesamten Versand als Bande strafbar gemacht. Versendende Apotheker, die die Ausfuhr letztendlich durchführten, waren nicht mit angeklagt und sind auch nicht verurteilt wurden, ihre Verfahren wurden eingestellt.
DocMorris führte jahrelang dieselben Medikamente ohne Erlaubnis nach § 11 straf frei für deutsche Patienten ein.


Aber leider kann ich gegen ein Urteil des BGHs nicht vorgehen. Oder kann man einen Richter des BGHs wg. (absichtlichter) Gesetzes- und Rechtsprechungsfehlinterpretation abmahnen lassen? Kann ich gegen BGH-Richter Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen?
Als Betroffener sieht man natürlich alles anders. Falls jemand einen Denkfehler in meiner Gesetzeslesart sieht, lasse ich mich gern aufklären.  Aber logisch erklären konnte/wollte bisher kein Richter und Anwalt die Widersprüche.

 

Aus meiner Sicht sieht es hier wieder nach den Krähen aus, die sich nicht weh tun wollen. Hätte man nämlich die Auslegung des Gesetzes, dass hier wie in tausenden anderen Fällen nur eine OWi vorliegt, angewendet, hätte die Münchner Justiz keinen Verfall anordnet können. Das hätte jetzt Probleme gegeben, nachdem man bereits vor dem ersten Prozess die Vermögensgegenstände der Angeklagten versteigert hatte. Mit dem Urteil des BGH wird die Revision nur soweit zugelassen, dass die Strafen jetzt verringert werden müssen und die Angeklagten doch bitte schön froh sein sollen, dass mit der U-Haft dann wohl das meiste abgesessen ist.

 

@Herr Krumm. ich hoffe, Sie lassen mir wenigstens bei diesem langjährigen Schlamassel die Möglichkeit, mich hier einfach mal zu diesen Urteilen zu äußern und stempeln mich nicht als Troll ab.

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PS:

Ich habe eigentlich nicht vor gehabt mich so zu äußern, aber man schreibt sich in Rage. Insbesondere, wenn der Fall, der einen selbst betrifft und als große Ungerechtigkeit empfunden wird, hier mit "Scherz" in Verbindung gebracht wird.

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