Übersicht: Deutsche Verfahren beim EuGH

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 24.01.2011
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtEuGHDiskriminierungAGGBefristung171|33424 Aufrufe

Derzeit sind eine Reihe von Verfahren mit arbeitsrechtlichen Streitgegenständen beim EuGH anhängig.

Mehrfach geht es um Diskriminierung und die Auslegung der dem AGG zugrunde liegenden Richtlinien 2000/78/EG und 2000/43/EG:

  • BAG vom 20.05.2010 - 8 AZR 287/08 (A), BeckRS 2010, 71091, beim EuGH C-415/10: Auskunftsanspruch des abgelehnten Stellenbewerbers gegenüber dem Arbeitgeber hinsichtlich der Qualifikationen der übrigen Bewerberinnen und Bewerber
  • BAG vom 20.05.2010 - 6 AZR 148/09 (A), AP BAT § 27 Nr. 9, und 6 AZR 319/09 (A), AP BAT § 27 Nr. 10, beim EuGH C-298/10 und C-297/10: Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer durch an das Lebensalter anknüpfende Entgeltstaffeln
  • BAG vom 16.10.2008 - 7 AZR 253/07 (A), BeckRS 2009, 54528, bzw. BAG vom 17.06.2009 - 7 AZR 112/08 (A), BeckRS 2009, 73734, beim EuGH C-109/09 und C-447/09: Altersgrenze für Flugbegleiter bzw. für Piloten
  • ArbG Siegburg vom 27.01.2010 - 2 Ca 2144/09, BeckRS 2010, 66327, beim EuGH C-86/10: Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG

Mehrere Verfahren betreffen das Recht der befristeten Arbeitsverhältnisse:

  • BAG vom 27.10.2010 - 7 AZR 485/09 (A): Befristung aus Haushaltsgründen
  • BAG vom 17.11.2010 - 7 AZR 443/09 (A), NZA 2011, 34; LAG Köln vom 13.04.2010 - 7 Sa 1150/09 und 7 Sa 1224/09, BeckRS 2010, 69707, beim EuGH C-312/10 und C-313/10: Kettenbefristung zur wiederholten Vertretung im öffentlichen Dienst

Zudem ist ein Verfahren zur Urlaubsabgeltung nach Krankheit anhängig, das vom EuGH eine Konkretisierung der aus dem "Schultz-Hoff"-Urteil resultierenden Konsequenzen erbittet (LAG Hamm vom 15.04.2010 - 16 Sa 1176/09, BeckRS 2010, 68282, beim EuGH C-214/10).

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171 Kommentare

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Hallo Mitstreiter,

 

folgende Mitteilung des Hessischen Ministerium des Innern und Sport wurde am 16.11.2011 erlassen:

(Rundschreiben)

"Vereinbarkeit der Staffelung der Grundvergütung nach dem Lebensalter nach § 27 Abschnitt A Abs. 1 BAT mit dem AGG;
Meine Rundschreiben vom 10. Oktober 2008, 11. März 2009 und 8. Juni 2010 - I 43 - P 2011 A - 002;
Urteil des EuGH vom 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10;
Urteil des BAG vom 10. November 2011 - 6 AZR 481/09
Der EuGH hat mit o.g. Urteil vom 8. September 2011 entschieden, dass die nach dem Lebensalter gestaffelte Grundvergütung des BAT eine unmittelbare, nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters darstellt.
Mit o.g. Urteil vom 10. November 2011 hat das BAG nunmehr auf der Basis der EuGH-Entscheidung in dem zwischenzeitlich ausgesetzten Rechtstreit die Revision des Landes zurückgewiesen. Damit hat das BAG dem Kläger im Ergebnis die Grundvergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe zugesprochen. Das BAG hält offensichtlich als Rechtsfolge der Altersdiskriminierung eine Anpassung der Grundvergütung „nach oben“ für gerechtfertigt. Zunächst bleiben das Vorliegen und die Prüfung der Entscheidungsgründe abzuwarten. Danach werde ich mitteilen, wie zu verfahren ist.
Im Hinblick auf die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist stehen Tarifbeschäftigte, die in der Vergangenheit entsprechende Ansprüche geltend gemacht haben, zum Stichtag 31. Dezember 2011 vor der Entscheidung, das Land zu verklagen, um eine Hemmung der Verjährung zu erreichen (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
Zur Vermeidung einer Vielzahl unnötiger Prozesse wird im Einvernehmen mit dem HMdF im Einzelfall auf die Einrede der Verjährung verzichtet, sofern in wirksamer Form Ansprüche wegen angenommener Diskriminierung des Vergütungssystems des BAT geltend gemacht worden sind und (soweit) diese Ansprüche noch nicht nach der einschlägigen tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen sind. Der Verzicht auf die Einrede der Verjährung bezieht sich damit nur auf mögliche Ansprüche im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009, dem Datum der Geltungsdauer des BAT.
Soweit die einschlägige tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht oder nicht rechtzeitig gewahrt wurde, bleibt es beim Verfall möglicher Ansprüche.
Sollte die Verjährung bereits eingetreten sein (z.B. für im Jahr 2007 liegende Zeiträume), wird auf die Einrede der Verjährung nicht verzichtet.
Ich bitte, sich in den betroffenen Fällen vorsorglich auf entsprechende Nachzahlungen für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2009 einzustellen. Ferner stelle ich anheim, die Beschäftigten über den Verzicht auf die Einrede der Verjährung in dem vorgenannten Umfang entsprechend zu informieren.
Ich bitte um kurzfristige Unterrichtung des nachgeordneten Bereichs.
Im Auftrag
"

 

 

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Hallo zusammen,

 

ich kenne einige Fälle in Hessen, die Dez. 08 und Jan 09 ihre Ansprüche auf Einstufung in die höchste Lebensalterstufe geltend gemacht haben und dies damals auch vom Arbeitgeber bestätigt bekommen hatten.

Auch hier stellt sich den Angestellten die Frage, ob die Überleitung neu durchgeführt werden muß, da sich ja die Ausgangsgrundlage geändert hat.

Tatsache ist aber:

Das Gericht hat nicht nur die Europarechtswidrigkeit der Einstufung von Beschäftigten nach ihrem Lebensalter festgestellt, sondern auch die Rechtmäßigkeit der Überleitung in die neuen Flächentarifverträge des Öffentlichen Dienstes auf der Basis eines Vergleichsentgelts, das sich unter anderem an der BAT-Grundvergütung orientiert.

Von daher fällt mir nichts ein, was einer Neudurchführung der  Überleitung entgegensteht (natürlich nur für die Angestellten, die damals ihren Anspruch aus BAT geltend gemacht werden.

Gruß
Flesch

 

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Hallo Flesch,

 

Gast schrieb:

Tatsache ist aber:

Das Gericht hat nicht nur die Europarechtswidrigkeit der Einstufung von Beschäftigten nach ihrem Lebensalter festgestellt, sondern auch die Rechtmäßigkeit der Überleitung in die neuen Flächentarifverträge des Öffentlichen Dienstes auf der Basis eines Vergleichsentgelts, das sich unter anderem an der BAT-Grundvergütung orientiert.

Von daher fällt mir nichts ein, was einer Neudurchführung der  Überleitung entgegensteht (natürlich nur für die Angestellten, die damals ihren Anspruch aus BAT geltend gemacht werden.

Gruß
Flesch

 

WOHER nimmst Du denn diese Erkenntnis (ich möchte endlich mal den BAG-Urteilstext zu Gesicht bekommen!! ;-)) ??

Das würde ja der Vorabentscheidung des EuGH betreffs der bereits 2006 in den TV-L übergeleiteten Beschäftigten (wie z.B. ich) widersprechen. Der EuGH hat doch hier ziemlich klar entschieden, dass diese Überleitung korrekt war (siehe oben, Fall Hennigs - C 297/10) , auch wenn Diskriminierungen fortbestehen.

Herr Prof. Rolfs, kann denn das BAG nach dieser Vorabenscheidung so urteilen???

Also falls der BAG wirklich so entschieden hat, dann müsste man tatsächlich und unverzüglich die damalige Überleitung an sich bzw. die Neuberechnung des Vergleichsentgeltes, das ja auf der damaligen BAT-Vergütungsgruppe basierte, einklagen - siehe mein Kommentar #19 weiter oben.

Auch mein Arbeitgeber hat mir seinerzeit die fristgemäße Geltendmachung der Vergütung in höchster Lebensaltersstufe bestätigt und mitgeteilt, dass "die weitere Bearbeitung ruht, bis zur Entscheidung des beim BAG anhängigen diesbezüglichen Verfahrens." Dieser Zeitpunkt wäre nun also gekommen, aber wir kennen leider den konkreten Inhalt (noch) nicht!!

Bin wirklich sehr gespannt auf Deine Antwort, Flesch.

Stefan

 

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Hallo Stefan,

 

finde auf die schnelle nicht, wo ich diese Grundlagen zu meiner Erkenntnis her habe (sitze am falschen Rechner). Ich bin übrigens kein Anwalt und muß mir meine Erkenntnisse mühsam erarbeiten:-)

Generell habe ich es so verstanden, dass die von Lebensalterstufen abhängige Vergütung im BAT diskriminierend war, was ja nun unstreitig ist.

Des weiteren, dass die Diskriminierung im TV- (öd/L/H) zwar durch die Überleitung aufgrund des im Monat vor der Überleitung vorhandenen Besitzstandes fortbesteht, es jedoch nicht zu vermeiden war, einheitliche Überleitungsregeln zu schaffen und kollektiv gesehen, dieses Vorgehen damit gerechtfertigt ist. Das heißt aber meiner Meinung nach nur, dass grundsätzlich die Überleitung (auch wenn die Diskriminierung fortgesetzt wird) nötig und zu akzeptieren ist. Für diejenigen, die nun rückwirkend in die höchste Lebensaltersstufe nach BAT kommen, weil sie ihren Anspruch seinerzeit geltend gemacht haben, muß doch zwangsläufig neu übergeleitet werden, da sich rückwirkend die Überleitungsgrundlage geändert hat.

Ute Flesch 

Sehr geehrter Herr Prof. Rolfs,

als zum 01.07.2009 umgestellter A14-Bundesbeamter bin ich bereits auf der Suche nach einem Anwalt

Leider kenne ich die Vorgaben dieses Forums nicht. Darf man das hier fragen?!: Übernehmen Sie auch die anwaltschaftliche Vertretung im Beamtenbesoldungsbereich?

Danke.

Mit freundlichen Grüßen

Gast

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@ alle:

Dass es das Urteil des BAG in Sachen Mai ./. Land Berlin vom 10.11.2011 (6 AZR 148/09) tatsächlich gibt, dürfte ja nach dem Kommentar von Heiko (#51) inzwischen feststehen, auch wenn ich noch immer auf eine Antwort des BAG auf meine Anfrage warte.

@ Stefan (#53) und Ute Flesch (#52 und 54):

Folgendes kann - je nach Bundesland und ggf. sogar Dienststelle - passiert sein: Die Überleitung in den TVöD/TV-L erfolgte zu einem bestimmten Zeitpunkt (z.B. Januar 2008). Der individuelle Besitzstand wird auf der Basis des letzten Monats unter dem BAT (hier also Dezember 2007) festgeschrieben. Wenn der Arbeitnehmer in Bezug auf den Monat Dezember 2007 rechtzeitig Klage erhoben und damit nach den Urteilen von EuGH und BAG nun Erfolg hat, erhöht sich rückwirkend sein Vergleichsentgelt im Dezember 2007. Dementsprechend ist der Besitzstand und damit auch das Entgelt ab Januar 2008 neu festzusetzen.

@ Gast 2011 (#55)

Rechtsberatung und Prozessvertretung im Einzelfall kann und darf ich nicht übernehmen. Bitte wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens.

@Prof. Dr. Christian Rolfs (#56):

 

So hatte ich es auch verstanden. Allerdings weiß ich nicht, wieso der Arbeitnehmer in Bezug auf den letzten Monat im BAT Klage erhoben haben muß. Wenn er damals seine Ansprüche schriftlich dem Arbeitgeber gegenüber geltend gemacht hat und dieser (in unseren Fällen in Hessen, eine bestimmte Dieststelle) die rückwirkende Eingruppierung in die höchste Altersstufe anzuerkennen signalisiert hat, sind doch dann neue Verhältnisse gegeben. Aus meiner Sicht impliziert dies doch auch die neu durchzuführende Überleitung. Gemäß den Überleitungsvorschriften im TVü-H steht nirgends ein Abweichen von den generellen Regeln zu lesen. Die Regel lautet nun mal, dass der Besitzstand gewahrt werden muß und wenn dieser nachträglich ein höherer ist, muß der betroffene AN auch neu übergeleitet werden. Zumindest wollten wir dies (zum Zweck der Fristwahrung) zum Jahresende einklagen. In Hessen galt der BAT bis 31.12.2009. Ab 01.01.2010 TV-H.

Es ist übrigens nicht einfach, einen Anwalt zu finden, der nicht gem. Honorarvereinbarung die Vertretung übernehmen möchte (Angeblich zu viel Arbeit eine Klage gegen das Land Hessen vorzubereiten). Nötigenfalls würden wir ohne Anwalt Klage einreichen.

 

Hallo Mitstreiter,

zu #51:

das Land Hessen versucht sicher nur Zeit zu schinden in der Hoffnung, dass es nur auf den Kosten sitzen bleibt, die nun für die Nachzahlungen bezügl. BAT-Zeit bevorstehen, die wohl auch das Land Hessen nicht mehr bestreitet.

Zitat aus #51:

..Zur Vermeidung einer Vielzahl unnötiger Prozesse wird im Einvernehmen mit dem HMdF im Einzelfall auf die Einrede der Verjährung verzichtet, sofern in wirksamer Form Ansprüche wegen angenommener Diskriminierung des Vergütungssystems des BAT geltend gemacht worden sind...

Die Gewerkschaften waren ja angeblich im Gespräch mit dem Land Hessen um zu erreichen, dass das Land kollegtiv auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Wie in obigem Absatz aus der  Mitteilung des Hessischen Ministerium des Innern und Sport vom 16.11.2011 zu lesen ist, möchte das Land nur im Einzelfall auf die Einrede der Verjährung verzichten (gegenüber den hartnäckigen Arbeitnehmern). 

Wir hatten auch im Oktober 2011 den Anspruch auf Einstufung in die höchste Lebensalterstufe gem. BAT sowie eine neu durchzuführende Überleitung aufgrund des dann höheren Besitzstandes wiederholt. Außerdem hatten wir um schriftliche Mitteilung gebeten, dass das Land Hessen auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Darauf kam -trotz Fristsetzung- keine Antwort. 

Das sind alles Spielchen, um Zeit zu schinden. Weitere Arbeitnehmer unserer Dienststelle haben nur die Mitteilung überflogen, freuen sich, dass eine Nachzahlung in Aussicht gestellt wird  und  machen sich keine Gedanken über die weitergehenden Ansprüche, nämlich Wiederholung der Überleitung und damit auch künftig ein höheres Entgelt zu erreichen.

Das Land Hessen wird dann sicher die Nachzahlung bis 31.12.2009 für Anfang des neuen Jahres (2012) in Aussicht stellen und schwups, merken in 2012 viele Arbeitnehmer, dass Verjährung eingetreten ist und die weitergehenden Ansprüche damit den Bach runter sind.

Sollte uns gegenüber das Land Hessen nicht die nächsten Tage den Verzicht auf die Einrede der Verjährung schriftlich bestätigen, müssen wir Klage einreichen, allein schon, um den Anspruch auf die Wiederholung der Überleitung zu sichern.

  

 

Hallo zusammen,

ich werfe hier mal noch zwei Fakten ein, und zwar sind das Protokollnotizen aus dem TVÜ-H bzw. TVÜ-Berlin, die es unwahrscheinlich erscheinen lassen dass die Überleitung neu durchgeführt wird:

aus TVÜ-H:

Protokollerklärung zu § 3 Absatz 2 Satz 1:
1Durch Absatz 2 Satz 1 wird sichergestellt, dass die Überleitung wie beim TVÜ-L, TVÜ-VKA und TVÜ-Bund entsprechend der nach dem BAT maßgebli-chen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt. 2Der Schutz die-ses bestehenden, auf den bisherigen individuellen Lebensaltersstufen basie-renden Besitzstands wird durch die Anknüpfung der Überleitungsregelungen an das nach Maßgabe von § 5 festgelegte Vergleichsentgelt geregelt. 3Die Ta-rifvertragsparteien sind sich - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Urteil des LAG Köln, Urteil vom 6. Februar 2009 - 8 Sa 1016/08 - darüber einig, kol-lektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht getroffen zu haben.

aus TVÜ für Berlin:

Protokollerklärung zu § 3:
1Die Überleitung für Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des
BAT/BAT-O erfolgt entsprechend der nach dem BAT/BAT-O maßgeblichen
Lebensaltersstufe unabhängig von der Wirksamkeit
dieses Vergütungssystems. 2Die Überleitungsregelungen regeln
nicht die Rechtsfolgen für die Zeit bis zum 31. Oktober 2010.
3Durch Satz 1 wird sichergestellt, dass die Überleitung entsprechend
der nach dem BAT/BAT-O maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im
Einzelfall erreicht war, erfolgt. 4Der Schutz dieses bestehenden, auf
den bisherigen individuellen Lebensaltersstufen basierenden Besitzstands
wird durch die Anknüpfung der Überleitungsregelungen
an das nach Maßgabe von § 5 festgelegte Vergleichsentgelt geregelt.
5Die Tarifvertragsparteien sind sich – unter ausdrücklicher
Bezugnahme auf das laufende Revisionsverfahren vor dem BAG
- 6 AZR 148/09 – darüber einig, kollektiv eine verbindliche Regelung
für das Überleitungs- und Übergangsrecht getroffen zu haben.

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Zu:
Protokollerklärung zu § 3 Absatz 2 Satz 1: 
 

Durch Absatz 2 Satz 1 wird sichergestellt, dass die Überleitung wie beim TVÜ-L, TVÜ-VKA und TVÜ-Bund entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt.

Nun gibt es aber Arbeitnehmer, die rückwirkend eine neue Lebensalterstufe erhalten.

Der Schutz dieses bestehenden, auf den bisherigen individuellen Lebensaltersstufen basierenden Besitzstands wird durch die Anknüpfung der Überleitungsregelungen an das nach Maßgabe von § 5 festgelegte Vergleichsentgelt geregelt.

Zum Schutz dieses dann neuen Besitzstands muß auch das Vergleichsentgelt neu geregelt werden.

 
Die Tarifvertragsparteien sind sich - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Urteil des LAG Köln, Urteil vom 6. Februar  2009  -  8  Sa  1016/08  -  darüber  einig,  kollektiv  eine  verbindliche  Regelung  für  das  Überleitungs- und Übergangsrecht getroffen zu haben. 

 NN N
nämlich die verbindliche Regelung, dass der Besitzstand Dezember 2009 die Grundlage für das Vergleichsentgelt ist. Und dieser Besitzstand ändert sich nun bei einigen Arbeitnehmer rückwirkend.
 

So verstehe ich es.

Nn 

#63:

bezüglich Klage vor dem LAG Köln 8 Sa 1016/08

 

Auszug gefunden in folgender Seite:

http://www.gew.de/Binaries/Binary52567/09_08_19_Infoblatt_K%C3%B6ln%20TV...
 

"....................
Die Beklagte wendet ein, dass die Entscheidung aus Berlin-Brandenburg nicht heranzuziehen sei, da der dortige Rechtsstreit nicht vergleichbar sei.

Zudem sei zu bedenken, selbst wenn der BAT wegen Verstoßes gegen das AGG unwirksam sei und damit auch seine Lebensaltersstufen, wäre dies für den vorliegenden Fall irrelevant, da die Vergütung der Klägerin sich nicht nach den Lebensaltersstufen des BAT, sondern nach den Entgeltgruppen des TVöD richtet. Ein etwaiger aus dem BAT abgeleiteter Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung könne sich auf die Entlohnung der in ein neues Entgeltsystem

übergeleiteten Arbeitnehmer nicht weiter auswirken."

Also hat die Klägerin zu TVöD-Zeiten Ansprüche gestellt, nämlich "in Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 des TVöD eingestuft zu werden" und nicht, wie die Arbeitnehmer hier, die eine neue Überleitung möchten, schon zu BAT-Zeiten.  

 

 

Sehr geehrte Frau Flesch,

sehr geehrter Herr Prof. Rolfs,

vielen Dank für die sehr interessanten Erkenntnisse (#54, #56, #57 u.a.m.).
Hier ist ja plötzlich richtig Leben in der Bude ;-)

@Frau Flesch, zu Ihrem letzten Beitrag #66:

Sie zitieren doch jetzt aus dem Urteil des LAG Köln, dessen Revision
ausgesetzt wurde mit Verweis auf die Entscheidung des BAG für das Berliner
Verfahren (6 AZR 148/09), die wie bekannt am 10.11.2011 fiel und über
dessen konkreten Inhalt wir alle noch rätseln?

Ich bin aber gerade nach den letzten Beiträgen hier bzw. dem BAG-Urteil (soweit möglich) durchaus der Meinung, dass es
egal sein sollte, ob man die Neuberechnung des Vergleichsentgeltes zu Zeiten
geltend machte, als man noch nach BAT bezahlt wurde oder (wie bei meinen
Kollegen und mir, 2006 in TV-L übergeleitet) erst nach der erfolgten Überleitung in den TV-L.

Entscheidend sollte doch sein, dass das BAG jetzt die Berechnung des 
Vergleichsentgeltes generell in Frage gestellt hat und wenn man das
fristgemäß geltend (haben wir gemacht, allerdings eben nach Inkrafttreten
des TV-L) und das auch vom Arbeitgeber schriftlich bestätigt bekommen hat, das ganze
Überleitungsverfahren noch mal neu aufgerollt werden muss.

Das heißt für uns (TV-L) vermutlich wieder warten, bis das LAG Köln nach dem BAG-Urteil nun abschließend
entschieden hat? Von Fristen will ich jetzt gar nicht reden...

Stefan
 

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ganz kurz noch für heute:

 

Es muß doch generell wie folgt unterschieden werden:

Im Fall Mai hat der Kläger zu BAT-Zeiten auf Einstufung in die höchste Lebensalterstufe geklagt. Die Diskriminierung durch Einstufung aufgrund Lebensalters wurde als rechtswidrig anerkannt und muß behoben werden.

Soweit ich mich erinnere, war Herr Mai zu TV-L Zeiten nicht mehr bei der Beklagten angestellt, sodass eine Überleitung des neu erworbenen Anspruchs nicht verhandelt werden musste.

Im Fall Hennigs hat die Klägerin zu TVöD Zeiten beklagt, dass die Anspruchsgrundlage aufgrund Einstufung gem. Lebensalter rechtswidrig sei. Sie hatte den Anspruch aber nicht schon zu BAT-Zeiten geltend gemacht und hier nur die fortgesetzte Auswirkung der Diskriminierung aufgrund der Lebensalterstufenregelung des BAT im TVöD angeklagt.

Da den Ländern Übergangsvorschriften zugestanden werden müssten, um eben die zu BAT-Zeiten bestandenen Diskriminierungen auszumerzen, sind aus BAT-Zeiten resultierende Ungerechtigkeiten ganz einfach nicht zu vermeiden. Da das neue System keine rechtswidrigen Einstufungen mehr vorsieht und vorher bestandene mit den Jahren in einem neuen System nach und nach verschwinden würden, wurde das neue System und auch die Regeln der (zwar ungerechten aber nicht zu vermeidenden) Überleitung als legitim anerkannt.

Bei den Mitstreitern hier geht es doch aber darum, dass sie (wie der Kläger Mai, aber anders als die Klägerin Hennigs) zu BAT-Zeiten ihren Anspruch auf Neueinstufung in die höchste Lebensalterstufe geltend gemacht haben UND nun als logische Konsequenz auch eine neue Überleitung verlangen und zwar nach den Überleitungsregeln, die für alle gelten.
Die Überleitungsregeln an sich wurden auch als nichtrechtswidrig anerkannt.

 

@Frau Flesch:

In Ihrem Beitrag #54 klingt ja genau das von mir Geschilderte an:

Die Eingruppierung in die höchste Lebensaltersstufe wurde von uns fristgemäß (aber nach erfolgter Überleitung) geltend gemacht. Die Überleitung an sich wurde vom BAG bzw. schon vorher vom EuGH nicht beanstandet, wohl aber generell die Vergütung unterhalb der höchsten Lebensaltersstufe im BAT. Demnach muss diese (auch nachträglich) gewährt werden. Es steht doch nirgends, das man zum Zeitpunkt der Geltendmachung immer noch nach BAT vergütet werden musste. Damit muss aber das Vergleichsentgelt neu berechnet und mit diesem (nachträglich) neu übergeleitet werden.

Stefan 

 

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Dies war die Mitteilung aus dem Bundesinnenministerium nach dem Urteil des Eugh am 8. September:

"Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs macht deutlich, dass die Tarifreform im öffentlichen Dienst richtig war”, erklärt die für das Dienstrecht zuständige Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Cornelia Rogall-Grothe. “Mit der Entscheidung sind Kosten in Milliardenhöhe von den öffentlichen Haushalten in Deutschland abgewendet worden.”

Hier verstand man das Urteil also so, dass die, die bereits übergeleitet waren, und erst anschließend ihren Anspruch geltend gemacht haben, das Vergleichsentgelt nicht rückwirkend  neu berechnet bekommen (Fall Hennings). Anders wird dagegen die Sachlage in Hessen und Berlin angesehen, die Ihre Ansprüche geltend gemacht haben, als der BAT noch galt. Das ist/war scheinbar der entscheidende Unterscheid, der am Ende ziemlich drastische Unterschiede ausmachen könnte.

http://www.test.de/themen/steuern-recht/meldung/Urteil-zum-Tarifvertrag-BAT-Mehr-Geld-fuer-junge-Mitarbeiter-4279007-4279009/

[Update 22.11.2011] Wichtig für Betroffene: Am Jahresende 2011 verjähren Forderungen für 2008. Wer – wie seinerzeit von Gewerkschaften und Arbeitsrechtlern empfohlen – bereits 2008 Ansprüche auf Nachzahlung angemeldet hat, sollte sofort einen so genannten „Verzicht auf die Einrede der Verjährung“ anfordern. So gehts: Schreiben Sie an die für Sie zuständige Personalstelle. Verweisen Sie auf Ihre Anmeldung von Nachzahlungsansprüchen, möglichst mit Datum und Aktenzeichen. Bitten Sie darum, Ihnen gegenüber wegen der Nachzahlung von Gehalt bis rechtzeitig vor Jahresende auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Kündigen Sie an, ansonsten noch in diesem Jahr beim Arbeitsgericht Klage auf Nachzahlung der Differenz zwischen ihrem Grundgehalt und dem für ältere Mitarbeiter in der gleichen Gehaltsgruppe zu erheben. Anspruch haben Sie für den Zeitraum angefangen von sechs Monaten vor der Anmeldung Ihrer Ansprüche bis zum Inkrafttreten eines neuen, diskriminierungsfreien Tarifvertrags wie dem TV-L in Berlin im Januar 2011 und dem TV-H im Januar 2010 in Hessen. Für die Erhebung einer Klage am Arbeitsgericht müssen sie keinen Anwalt beauftragen. Sie können selbst eine Klageschrift einreichen oder ihre Klage zu Protokoll der Geschäftsstelle geben.

 

Dieses Schreiben bin ich gerade am erstellen - wer es vielleicht benötigen kann, kann sich bei mir per Mail melden.

 

Gruß

K.Lenz

@Ute Flesch, @Karsten Lenz:

So schwer es auch fällt, es zu akzepieren, aber Sie haben wohl recht, und der EuGH hat ja klar geurteilt.

Wer seine Ansprüche erst nach der Überleitung (diese wurde vom EuGH voll und ganz legitimiert) angemeldet hat, geht leer aus. 

Man könnte nun noch die letzte Entscheidung des LAG Köln betreffs Hennigs, C 297/10, abwarten. Es wird aber nichts anderes rauskommen.

Ich wusste schon damals, warum ich diesen Gehaltssenkungs-Tarifvertrag TV-L nicht wollte... aber wir wurden ja nicht gefragt.

Deshalb wünsche ich nun allen (möglichst vielen) Betroffenen in Berlin und Hessen, dass sie ihre Ansprüche einklagen und auch Erfolg haben mögen, nachdem man die im ÖD Beschäftigten in den letzten 10 Jahren doch abgezockt hat, wo es nur ging.

Macht es besser!

Stefan

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Ein Aspekt scheint mir bisher überhaupt noch nicht hinreichend betrachtet worden zu sein:

Zumindest in Hessen wurde der alte BAT bereits 2004 gekündigt. Damit hatte er seine Eigenschaft als Tarifvertrag verloren. Unter Eingriff in wesentliche Regelbereiche des ehemaligen BAT (Entfall Urlaubsgeld, Kürzung Weihnachtsgeld, höhere Wochenarbeitszeit) hat das Land Hessen eine eigene, einseitig verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung für Arbeitsverträge geschaffen ("42h/Woche-Vertrag").

Während für zwischen den Tarifparteien ausgehandelte Tarifverträge durchaus strittig ist, ob sie einer Inhaltskontrolle nach 305ff BGB [Allgemeine Geschäftsbedingungen] unterliegen oder gleichsam der im Werkvertragsrecht bekannten Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) bei unveränderter Vereinbarung einem "Vertrauensschutz" unterliegen, ist für die "42h/Woche-Verträge" - ebenso mit der Rechtsprechung im Werkvertragsrecht bei der VOB/B - durch den erfolgten Eingriff in den Kernregelungsbereich der Arbeitsvertrag in jedem Punkt der Inhaltskontrolle unterworfen.

Sowohl der BAT, als auch der TV-H enthalten Regelungen, welche bei einer Inhaltskontrolle nach 305ff BGB unwirksam sind. Insbesondere die Ausschlußregelung nach §70 BAT verstößt gegen 309 (2) BGB, da sie "Ansprüche" (ohne weitere Einschränkung, also alle Ansprüche) "aus dem Arbeitsverhältnis" (nicht etwa aus dem Arbeitsvertrag = nur die vertraglichen Ansprüche) nach Ablauf von 6 Monaten ausschließt. Diese sehr weitreichende Formulierung würde also auch Haftungsansprüche, so sie aus dem Arbeitsverhältnis entstehen, nach 6 Monaten ausschließen und zwar auch dann, wenn die Ansprüche aus vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln ausgelöst wurden. Genau das ist aber in AGB verboten.

Eine geltungserhaltende Reduktion oder eine Uminterpretation zum vielleicht gemeinten Regelungsinhalt gibt es bei einer Prüfung auf Unzulässigkeit von AGB nicht, eine Regelung, welche auch nur durch weite Auslegung zu einem unzulässigen Ergebnis in einem hypothetischen Fall führen könnte - egal ob ein solcher tatsächlich vorliegt - führt zur Unwirksamkeit der Regelung als ganzes und wird durch die gesetzliche Regelung ersetzt. Erst vor kurzem wurde dies durch das OLG Oldenburg für Gewährleistungsausschlüsse in Kaufverträgen auch zwischen Verbrauchern bestätigt.

Gesetzlich gibt es aber keine Ausschlußfristen, sondern nur die bekannte Verjährung.

 

Da die Ausschlussregelung somit zumindest bei den "42h/Woche-Verträgen" unwirksam ist, können auch jetzt noch bis zum 31.12.2011 Forderungen für 2008 und bis zum 31.12.2012 Forderungen für 2009 erhoben werden. Dieser Anspruch geht auch nicht unter, falls durch die Überleitung der §70 TV-H wirksam werden sollte. Denn dann würde die Überleitung einer Verzichtserklärung bedürfen, welche im TV-Ü-H nicht enthalten ist.

 

Damit ist auch für die Personengruppe, welche einem "42h/Woche-Vertrag" unterlag aber keinen fristgemäßen Widerspruch eingelegt hat, das Vergleichsentgelt im Dezember 2009 höher.

Für 2010ff ergibt sich dann - sofern der TV-H nicht der Inhaltskontrolle der AGB unterliegt - ein Nachzahlungsanspruch für 6 Monate rückwirkend ab eingereichtem Widerspruch, da der Anspruch für das Vergleichsentgelt entsprechend höher ist.

 

Dabei fallen gravierende Fehler im TV-Ü-H auf:

In der Überleitungsregelung wird zunächst darauf verwiesen, dass sich das Vergelichsentgelt nach der im Dezember 2009 bestehenden Vergütung bemisst. Im zweiten Satzt heist es dann, dass für Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BAT das Vergleichsentgelt aus der Grundvergütung nach den Lebsaltersstufen des BAT + ... bemesse. Diese beiden Sätze stehen in Widerspruch zueinander, auch das Land Hessen hofft darauf, das aufgrund der Entscheidung des EuGH zur Rechtmäßigkeit dieser Überleitungsregel das Vergleichsentgelt nicht zu erhöhen wäre.

Dies ist jedoch für diejenigen mit "42h/Woche-Vertrag" nicht der Fall. Diese unterlagen gerade nicht dem BAT, dessen zeitlicher Geltungbereich bereits abgelaufen war, sondern einem Arbeitsvertrag, welcher den bereits nicht mehr geltenden Bundesangestelltentarifvertrag als Allgemeine Geschäftbedingung verwendete. Damit gilt die Überleitungsregel Satz 2 schlicht nicht, überzuleitendes Vergleichsentgelt ist exakt das, was im Dezember 2009 als Bruttoarbeitsentgelt zustand.

 

Dieser text dient nur als Diskussionsgrundlage und stellt meine persönliche Auffassung dar. Sie dient nicht der Rechtsberatung, für den Einzelfall ist ggf. ein Anwalt zu konsultieren.

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@alle:

laut Mitteilung der dbb-Tarifunion und dem Personalrat der Uni Frankfurt hat das Land Hessen auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Zitat:

"Dies bedeutet: von den Beschäftigten des Landes Hessen braucht derzeit kein/e Beschäftigte/r, die/der für 2008/09 Ansprüche auf die höchste Lebensaltersstufe geltend gemacht hatte, etwas zu unternehmen"

http://www.personalrat.uni-frankfurt.de/downloads/2011-11-17_Lebensaltersstufen1.pdf

und

http://www.dbb.de/teaserdetail/artikel/lebensaltersstufen-im-bat-land-he...

Warum in der Mitteilung des Innenministeriums vom 16.11.11 die Rede von : "im Einzelfall" ist kann ich nicht einschätzen.

 

Gruss

 

Wolfgang

 

 

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Dass es nun ausgerechnet Berlin und das Land Hessen trifft, die Ihre (Landes-)Angestellten jahrelang am miesesten behandelt haben, finde ich schon bemerkenswert.

Manchmal gibt es doch noch ein bisschen Gerechtigkeit auf dieser Welt ;-)

Stefan

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@ Stefan:

 

Es trifft diese Länder genau weil sie ihre Angestellten so behandelt haben....das ist kein Zufall.

 

Alles hängt mit dem Austritt aus der Tarifunion zusammen. Ob es sich für die Länder netto trotzdem gerechnet hat, vermag ich aber nicht zu sagen.

 

Schöne Grüße

 

André

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@Andre (#73):

 

Ist schon klar. Bemerkenswert ist ja weniger die Tatsache, dass das Urteil so klar zugunsten des Klägers ausfiel (das war fast vorauszusehen), sondern nun auch noch durch die Folgeansprüche aufgrund des neuen Vergleichsentgeltes die Betroffenen bis zum Rentenbeginn(!!) von der Eingruppierung in die individuelle Endstufe im neuen TV profitieren dürften.

Wenn da genügend viele Leute klagen, wird es wirklich richtig teuer für Berlin und Hessen.

Tja abgerechnet wird halt immer am Schluss ;-)

Stefan

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Stefan schrieb:

@Andre (#73):

 

Ist schon klar. Bemerkenswert ist ja weniger die Tatsache, dass das Urteil so klar zugunsten des Klägers ausfiel (das war fast vorauszusehen), sondern nun auch noch durch die Folgeansprüche aufgrund des neuen Vergleichsentgeltes die Betroffenen bis zum Rentenbeginn(!!) von der Eingruppierung in die individuelle Endstufe im neuen TV profitieren dürften.

Wenn da genügend viele Leute klagen, wird es wirklich richtig teuer für Berlin und Hessen.

Tja abgerechnet wird halt immer am Schluss ;-)

Stefan

 

Wo steht denn, dass nun ein neues Vergleichsentgelt errechnet werden muss? Steht das Urteil vom BAG dazu nicht noch aus? Ich lese immer nur von nachzuzahlenden Ansprüchen bis zum letzten BAT-Monat, und dass die Überleitung doch scheinbar rechtens sei. Oder hängt das noch davon ab, ob man zu BAT-Zeiten seine Ansprüche geltend gemacht hat bzw. geklagt hat? Vielen Dank.

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Mark schrieb:

Stefan schrieb:

@Andre (#73):

 

Ist schon klar. Bemerkenswert ist ja weniger die Tatsache, dass das Urteil so klar zugunsten des Klägers ausfiel (das war fast vorauszusehen), sondern nun auch noch durch die Folgeansprüche aufgrund des neuen Vergleichsentgeltes die Betroffenen bis zum Rentenbeginn(!!) von der Eingruppierung in die individuelle Endstufe im neuen TV profitieren dürften.

Wenn da genügend viele Leute klagen, wird es wirklich richtig teuer für Berlin und Hessen.

Tja abgerechnet wird halt immer am Schluss ;-)

Stefan

 

Wo steht denn, dass nun ein neues Vergleichsentgelt errechnet werden muss? Steht das Urteil vom BAG dazu nicht noch aus? Ich lese immer nur von nachzuzahlenden Ansprüchen bis zum letzten BAT-Monat, und dass die Überleitung doch scheinbar rechtens sei. Oder hängt das noch davon ab, ob man zu BAT-Zeiten seine Ansprüche geltend gemacht hat bzw. geklagt hat? Vielen Dank.

 

Wenn man dies tiefer interpretiert, bedeutet dies doch eindeutig, dass die reinen Regelungen zur Überleitung, also WIE übergeleitet wurde, für legitim erklärt wurde.

Genau das ist ja auch für alle, die rückwirkend Ihre Ansprüche geltend gemacht haben, als der BAT noch galt, gleichbedeutend damit, dass deren Vergleichsentgelt doch nun rückwirkend auch ein anderes werden wird und damit die Überleitung ebenfalls angepasst werden muss. Nochmals, das gilt ausschließlich nur für diejenigen, die auch damals die Ansprüche geltend gemacht haben.

Man sollte sich vielleicht zum besserem Verständnis vorstellen, als wäre dieses Urteil bereits 2009 gefällt worden, also noch während dem BAT, so wirds vielleicht für einige klarer, dass dann im Dezember 2009 für Hessen ein ganz anderes Vergleichsentgelt zwecks Hochstufung in die Endgrundvergütung existiert hätte und man dann in eine ganz andere Zwischenstufe für 2 Jahre gerutscht wäre, als dies jetzt der Fall ist.

Klar soweit?! ;-)

Hallo Karsten,

ja, das erscheint logisch. Nur leider haben die Länder Hessen und Berlin so etwas wohl schon geahnt und haben in den TVÜ geschrieben, dass das Vergleichentgelt unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Lebensaltersstufen im BAT als Grundlage für die Überleitung dienen soll - siehe mein Post #60.

Nun ist die Frage, ob diese Formulierung so wirksam ist. Was ist denn eigentlich mit den Leuten, die zum Zeitpunkt der Überleitung kein Gewerkschaftsmitlied waren? Der Tarifvertrag ist ja eigentlich nur für Gewerkschaftsmitglieder bindend, die anderen werden nur immer "netterweise" auch danach bezahlt (soweit ich das als Laie verstehe).

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@Stefan #75

Daran habe ich auch noch gar nicht gedacht, dass sogar rückwirkend die gesetzlichen Rentenasprüche nun angespasst werden. Auch nicht so verkehrt, will ich mal behaupten.

@Karsten (#79)

 

Ja, ist klar soweit. ;-)

Nach meinem Verständnis müsste das Vergleichsentgelt auch angepasst werden, da die Grundlage zur Überleitung ja nicht rechtens war.

Der EuGH hat aber ja entschieden, die Überleitung sei rechtens. Jetzt ist die Frage, wie der Begriff "Überleitung" zu betrachten ist. Entweder der Vorgang ansich, also unabhängig von der zu Grunde liegenden BAT-Altersstufe oder inkl. eben dieser. Sollte ersteres der Fall sein, wird auch bei allen Betroffenen die Überleitung neu berechnet werden müssen.

Soll das Urteil vom BAG nicht noch im Dezember dieses Jahres gefällt werden?

0

 

Aktuelle Tarifverträge sind wirksam

In Bund, Ländern und Gemeinden gilt der BAT inzwischen nicht mehr und der EuGH stellte ausdrücklich klar: Die aktuellen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst und die Überleitungsregelungen sind nicht rechtswidrig.

Nachzahlungsansprüche haben Arbeiter und Angestellte in Betrieben mit neuen Tarifverträgen deshalb nur, wenn sie ihre Forderungen schriftlich angemeldet haben, als der alte Tarifvertrag noch galt. 

Das ist, wie bereits schon mal hier verlinkt, der Auszug aus folgender Seite: http://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/newsDetails?newsID=1321946891.05&topic=Tarifrecht&topicView=Tarifrecht

Für mich ist das eindeutig!

@Karsten: mit "bis Rentenbeginn" war die gesamte verbleibende Beschäftigungsdauer bis zur Rente gemeint

@Mark: siehe oben, Karsten hat es gut erklärt. Die Neuberechnung des Vergleichsentgeltes sollte der (nachträglichen) Änderung der Vergütung im BAT folgen. Dieser (nachträglich geänderte) Besitzstand muss gewahrt werden und somit wird nach den geltenden Überleitungsregeln ganz normal, aber nachträglich neu übergeleitet, es sei denn, das BAG-Urteil führt dazu was Anderes aus, das glaube ich aber nicht. 

Stefan

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Die Überleitung des TV-Ü-H enthält tatsächlich ein massives Problem, wie ich oben schon schrieb.

Im ersten Satz heist es, dass sich das Vergleichsentgelt nach dem im Dezember 2009 zustehenden Entgelt bemisst.

Der zweite Satz erklärt dann aber, dass das Vergleichsentgelt für Beschäftigte im Geltungsbereich des BAT nach Lebsalterstufen erfolgt.

Auf den zweiten Satz beruft sich das Land Hessen und wird kein höheres Vergleichsentgelt bestimmen und Nachzahlungen leisten, da der EuGH ja trotz des Widerspruches der beiden Sätze die Regelung für Wirksam erklärt hat.

 

Allerdings: 2/3 der Angestellten des Landes Hessen waren gar keine Beschäftigten im Geltungsbereich des BAT!

Wer bis 2004 einen Arbeitsvertrag mit dem Land Hessen hatte, für den galt trotz der Kündigung des BAT dieser bis zum Abschluss eines neuen Tarifvertrags weiter, er fällt also unter Satz 2.

Anderes bei all denjenigen, die nach 2004 einen Arbeitsvertrag beim Land Hessen neu begründet oder durch Um- und Höhergruppierung geändert haben. Hier wurde der berühmte "42 Stunden/Woche" Vertrag geschlossen, der eben gerade vom BAT abwich also nicht dessen Geltungsbereich betraf.

Für diese im Dezember 2009 in Hessen ohne Tarifvertrag Beschäftigten gilt Satz 2 der Überleitung also bereits rein formal nicht. Da aber klar ist, dass ihnen (unabhängig von einem späteren Untergang des Anspruches) im Dezember 2009 ein höherer Betrag zustand, war auch das Vergleichsentgelt nach Satz 1 höher. Ergo ist zumindest diese (große) Gruppe der Beschäftigten mit höherem Vergleichsentgelt überzuleiten.

Mangels Entscheidung in dieser Angelegenheit - BAG und EuGH hatten über einen Angestellten zu entscheiden, der meines Wissens nicht 42-Stundler war - wird hier aber erneut Klage über alle Instanzen erforderlich sein, um die Ansprüche durchzusetzen.

Für das Land Hessen ergibt sich so eine massive Rechtsunsicherheit, da hier noch einmal deutlich mehr als bisher angenommen an Forderungen entsteht. Zusammen mit der bereits angesprochenen Unwirksamkeit des §70 BAT, wenn er statt in Tarifverträgen in "normalen" AGB verwendet wird, dürfte sich alleine die Nachzahlungssumme auf deutlich über 100 Mio. € belaufen. Für die Zukunft bestehen die Mehrforderungen entsprechend, da die individuelle Endstufe bei höhergruppierungen dann nach und nach abgeschmolzen wird, ist irgendwan das Thema auch da durch.

 

Nebenbei: Für die Verjährung ist das Entstehen des Anspruches, nicht der Anspruchursache entscheidend. Das auf Basis Dezember 2009 berechnete Vergleichsentgelt ist kein eigenständiger Anspruch, sondern lediglich die Anspruchsursache für den Vergütungsanspruch Januar 2010 und folgend.

Selbst wenn jemand erst 2014 klagen würde, könnte er sich noch auf die falsche Ermittlung der Anspruchursache stützen, auch wenn die mehr als vier Jahre zurück liegt. Die aus der Ursache entstehenden Ansprüche, nämlich die ermittelten Arbeisentgelte, sind dann allerdings nur die letzten 6 Monate neu zu berechnen.

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@Gast:

Ich verstehe Ihre Argumentation bezüglich Satz 2 der Überleitung nicht. Wenn dass das Vergleichsentgelt für Beschäftigte im Geltungsbereich des BAT nach Lebsalterstufen berechnet wird muss sich die Berechnung doch ändern wenn die Lebensaltersstufen rückwirkend angepasst werden. In meiner "neuen" Dezember 2009 Abrechnung steht doch, nach Umsetzung des BAG Urteils, dann eine andere Lebensaltersstufe als bisher.

 

Gruss

 

Wolfgang

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Nicht meine Argumentation, sondern die des Landes Hessen.

Der EuGH hat halt die Regelung des Überleitungsvertrages für wirksam erklärt - eben auch, dass das Vergleichsentgelt nach den bisherigen Lebensalterstufen berechnet werden darf, da es sachlich gerechtfertigt sei, eine Überleitung zu schaffen und dabei sehr wohl für eine beschränkte Zeit eine Ungleichbehandlung hinzunehmen sei. Der TV-Ü-H regelt eben nicht immer, sondern nur grundsätzlich eine Besitzstandwahrung. Weicht die speziellere Regelung - vom EuGH trotz AGG-widrigkeit als begründet zulässig erklärt - ab, so gilt leider diese.

Deshalb liefern Satz 1 und 2 ja unterschiedliche Ergebnisse, eigentlich hätte nur einer der beiden Sätze da stehen dürfen. Satz 2 hat aber nach dem Subsidiaritätsprinzip Vorrang, da er spezieler als Satz 1 ist.

Damit verfogt das Land Hessen eine im Hinblick auf das Urteil des EuGH zur Rechtmäßigkeit der Ungleichbehandlung durch den TV-Ü-H eine durchaus erfolgsversprechende Strategie - ob das aber wirklich so interpretiert werden kann, kommt noch auf den genauen Urteilstext des BAG an.

 

Eben deshalb ist die Frage ganz entscheidend, ob Satz 2 als spezielle Regelung für Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BAT überhaupt auf einen zutrifft. Formal trifft das halt nur 1/3 der Beschäftigten, die, da länger dabei, eh häufig schon in der Endstufe waren.

Wenn Satz 2 schlicht formal unzutreffend ist, da man vorher ja nicht im BAT war, so bliebe nur noch Satz 1, man hätte also tatsächlich nach TV-Ü-H den nachträglich anerkannten Besitzstand gewahrt. Da alle Detailregelungen sich auf "Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BAT" oder "aus dem Geltungsbereich des MTA" beziehen (man wollte eben nicht Angestellte und Arbeiter schreiben, hat aber vergessen, dass es auch Beschäftigte ohne Tarifvertrag gibt), ist die einzige Regelung, die die Vergleichsentgeltberechnung betrifft, dass es dem Entgelt für den Monat Dezember 09 entspricht.

 

Persönlich hätte ich, wenn sich das Land auf einen Vergleich einließe, übrigens keine Probleme damit, wenn mein Vertrag rückwirkend in den Geltungsbereich des BAT gesetzt würde - wenn man mir die 3,5h mehr die Woche einem Lebensarbeitszeitkonto gut schriebe und das fehlende Urlaubs- und den fehlenden Teil des Weihnachtsgedes nachzahlen würde.

Fürs Land wäre das minimal ausgabewirksam, und selbst betriebswirtschaftlich sinnvoll. Wir haben keine Klimaanlage im Büro, im Sommer gibts Tage, da könnte man gleich zu hause bleiben, da schaft man eh nix. Wenn man Guthaben auf einem Lebensarbeitszeitkonto abrufen könnte, würde man an den Tagen zu hause bleiben oder nur am kühlen Morgen kurz das wichtigste erledigen...

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Sorry, aber ich verstehe irgendwie nur Bahnhof gerade ;-) Kann man das vielleicht alles mal anhand von Praxisbeispielen darlegen?

Vllt. sollte man jetzt wirklich das Urteil (Text!) des BAG abwarten.

Aber Dein(e) Hinweis(e) sind schon angebracht. - Interessante Frage für das Gericht: Wann ist jemand ein BAT-Beschäftigter? ;-)

Neee, das ist schon ein Trauerspiel.

Fragt man sich, was sich Hessen noch alles einfallen lässt, um sich vor dem erwarteten Aderlass zu drücken.

Ist ja auch viel billiger, sich einige hochdotierte Juristen (= Berater) zu leisten, als vielen Beschäftigten die schwer umkämpfte Kohle hinterher zu werfen...

Stefan

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Jein. Die Frage der Überleitung kann man in Hessen noch bis 31.12.2013 klären, da der Anspruch aufs höhere Vergleichsentgelt ja erst mit Ablauf Januar 2010 entstand (gesetzliche Verjährung), da brauts schon das Urteil.

 

Die Frage, ob die 42-h-Verträge in Abweichung zum BAT schon jetzt eine Rolle spielen, muss aber bis zum 31.12 diesen Jahres geklärt sein. Dann wäre §70 "Pseudo-BAT" als einseitiger AGB einer Inhaltskontrolle unterworfen und wie dargestellt, voraussichtlich unwirksam. Das hat zwei ganz konkrete Folgen:

 

a) Verdi hat erst Oktober 2008 informiert, dort sind die meisten Widersprüche eingelegt worden. Gilt §70, gibts Nachzahlung bis April 2008 rückwirkend. Gilt §70 Satz 1 nicht, so gibts die Nachzahlung für Januar-März 2008 ebenfalls (bei mir rd. 1200€ brutto zzgl. 5 Prozentpunkte über Basiszins per anno, also nochmal fast 300€).

 

b) Diejenigen, die keinen Widerspruch eingelegt haben, können dies immer noch für 2008 rückwirkend tun, sofern §70 Satz 1 wegen Verstoß gegen 309 (7) BGB unwirksam ist und sie einen 42h-Vertrag hatten. Denn dann sind die Ansprüche nicht ausgeschlossen.

 

a) könnte noch von der von Hessen angekündigten Verzichtserklärung auf Verjährung gedeckt sein (kommt auf den Wortlaut an), b) muss bis 31.12. diesen Jahres Klage erheben (hier fragten ja schon welche nach Möglichkeiten, doch ans Geld zu kommen auch ohne Widerspruch), weil Hessen dort davon ausgeht, dass der Anspruch bereits ausgeschlossen ist und auch einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung nicht aussprechen will (Erlass des Innenministeriums). Ohne Klage (oder zumindest ein entsprechendes Schreiben mit Friststezung) wird die Verjährung nicht gehemmt, man verliert den Anspruch für 2008!

 

0

Hallo Mitstreiter,

 

ich habe gestern beim LAG Berlin-Brandenburg (20.Kammer) angerufen, dort bekam ich die Infomation dass die Akte vom BAG noch nicht zurück ist.

Nach einem Anruf beim BAG wurde mir bestätigt, dass das Urteil (6 AZR 148/09 im Fall Mai) so gesprochen wurde und zur Urteilsbegründung wurde ich gebeten in 2-3 Wochen noch einmal anzurufen.

 

So weit so gut.

Allen hier einen schönen 1.Advent.

 

Mit freundlichen Grüßen, Heiko.

 

0

@Gast: das würde ja bedeuten dass nur aufgrund der Verzögerung durch die Revision beim BAG die fehlerhafte Übe rleitung in den TV-H rechtmäßig wäre. Hätte man die LAG Urteile zeitnah umgesetzt waren wir ja schon 2010 korrekt übergeleitet worden.
Gruss Wolfgang
U

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Nein, das wären wir nicht, da zum Zeitpunkt der Überleitung den Tarifparteien schon bekannt war, dass die Zahlung des Entgelts nach Lebensalters unwirksam ist.

Trotzdem hat sich verdi auf den entsprechenden Passus, nach dem die Lebensaltersstufen für die Überleitung anzuwenden sind, eingelassen. Dieser Passus ist für die Überleitungsregelung vom EuGH akzeptiert worden. Das ist nun mal so, egal wie man dazu steht. Der TV-Ü-H sieht nun mal keine Besitzstandswahrung für diese Fälle vor.

Man kann hier auch den EuGH verstehen. Bis 2006 war eine lebensaltersabhängige Vergütung ja zulässig. Dass dann eine Umstellung erfolgen musste, war eigentlich (außer einigen Gutsherren in Hessen) allen klar. Solange unzulässig entgegen dem AGG vergütet wurde, gab es einen Anspruch, mehr zu bekommen. Das wird vom EuGH aber nicht als "Besitzstand" gesehen, sondern als (Ausnahme)Anspruch in Folge der Ungleichbehandlung im Vergütungssystem. Die Korrektur dieses Vergütungssystems hingegen und die dabei temporär auftretende Ungleichbehandlung hat der EuGH als begründet und damit zulässig beurteilt.

Man kann da vielleicht ein anderes Beispiel heranziehen:

Wird jemand in einem Bewerbungsverfahren diskriminiert, kann er fordern, dass er so behandelt wird, als hätte diese Diskrimminierung nicht stattgefunden. Er bekommt dann eine Entschädigung bemessen am Arbeitsentgelt. Er arbeitet aber nicht - es ist also kein Arbeitsentgelt, nur weil es die Höhe hat. Das bekommt er natürlich nicht bis zum Eintritt des Rentenalters fortgezahlt, sonder i.d.R. nur für wenige Monate. Es wird nicht zum Besitzstand.

Auch bei der AGG-widrigkeit handelt es sich letztlich nicht um ein Arbeitsentgelt, sondern eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung (bin mal gespannt, wie das steuerlich, Kranken- und Rentenversicherungstechnisch aussieht). Es ist der Nachteil auszugleichen, der aufgrund der Diskriminierung besteht. Das Arbeitsentgelt war ja nach dem "BAT" richtig ermittelt. Es war nur diskriminierend - und diese Diskriminierung muss entschädigt werden. Entschädigung wird aber nicht "Besitzstand".

Insofern muss ich meine Ausführungen oben korrigieren - eine Überleitung mit höherem Vergelichsentgelt wird es wohl nicht geben und kaum durchkommen.

Formal ist "zustehendes Entgelt" im Dezember 2009 das des "BAT" mit Anwendung der Lebensaltersstufen. Die Differenz zur höhsten Lebensaltersstufe ist Entschädigung, nicht Entgelt. Für 2008/2009 kommts aufs gleiche raus. Für die Überleitung sind es aber verschiedene Dinge.

Die Missverständnisse - denen auch ich zunächt unterlegen bin - entstehen wirklich daraus, dass der Urteilstext noch nicht vorliegt. "Arbeitgeber muss Nachzahlen" sagt halt nichts über die Anspruchgrundlage - wirklich Arbeitsentgelt oder Entschädigung?

Außer für 2008 und 2009 wird es also wohl nichts geben. Nur mit der Unwirksamkeit der Ausschlußfrist wird man noch operrieren können, wenn es keine vertraglichen, sondern Entschädigungsansprüche sind, dann gilt die Ausschlußfrist auch im echten BAT voraussichtlich nicht (wobei sogar die Frage berechtigt ist, ob es sich um einen Schadensersatz handelt, da das AGG ein Schutzgesetz ist).

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zu #93

das wird ja immer interessanter:-)

Also bis gestern hatte ich es auch noch so verstanden, dass die Arbeitnehmer, die Anspruch auf Vergütung aus der höchsten Lebensalterstufe geltend gemacht haben, diesen "Anspruch" anerkannt bekommen. Auch aus den Ausführungen der EUGH-Entscheidung ergibt sich für mich nicht, dass es sich um eine nachträgliche "Entschädigung" handelt:

Es wird also jetzt bezüglich neu durchzuführender Überleitung die Urteilsbegründung BAG entscheidend sein. Wenn die Höherstufung als "Entschädigung" deklariert wurde, hat das Land Hessen gute Chancen, eine jeweils neue Überleitung abzulehnen.Wenn aber darin steht,dass das "Entgelt" BAT  dahingehend zu erhöhen ist, dass es der LAS 43 entspricht,muß auch eine Überleitung so wiederholt werden, als ob der Arbeitnehmer im Dezember 2009 das höhere Entgelt erhalten hätte und damit eine neue, geänderte Überleitungsgrundlage?

Wobei die EUGH-Entscheidung bezüglich Fall Hennigs aber dennoch eine andere Grundlage hatte, als einige der Mitstreiter hier. Sie hatte eben Ihren Anspruch erst zu TVöd geltend gemacht und nicht schon zu BAT-Zeiten.Eventuell könnte dieser Unterschied bezüglich Überleitung doch eine Rolle spielen.

 

 

Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung:

AGG

§ 15 Entschädigung und Schadensersatz

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen

...

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

 

(Unterstreichung hinzugefügt)

 

Also:

A) Es ist ein Schadensersatz, keine Vergütungsanpassung

Also keine Überleitung, denn nach der Entscheidung des EuGH ist die Benachteiligung bei der Überleitung nicht verboten, ab 1.1.2010 bestand in Hessen keine verbotene Benachteiligung beim Arbeitsentgelt mehr

B) Zwei Monate ab Kenntnis der Benachteiligung

Hier besteht ein Problem: Wir alle haben ja von Anfang an gewusst, das Jüngere weniger als Ältere bekommen. Wir wussten bloß nicht, dass das unzulässig war. Das Gesetz spricht aber nicht von Kenntnis der Unzulässigkeit der Benachteiligung, sondern von Kenntnis der Benachteiligung - die kennen wir, seitdem uns der Teufel geritten hat, in den öffentlichen Dienst zu gehen :-(

Da können wir froh sein, dass zwischen den Tarifparteien etwas anderes (6 Monate) vereinbart war.

 

Ich ziehe alle meine vorherigen Aussagen, dass man vielleicht doch was machen könne, zurück. Da die AGB (BAT+42h/Wo) uns als Arbeitnehmer gegenüber der gesetzlichen Regelung begünstigen, sind sie natürlich wirksam.

 

Fazit:

- Schadensersatz für 6 Monate rückwirkend ab Widerspruch

- Schadensersatz ist nicht überleitungsfähig

Wer nicht rechtzeitig Widerspruch eingereicht hat, hat Pech gehabt.

Bei Widerspruch bis 30. Juni 2010 ist genau der Dezember 09 noch drin, dann gibts dafür noch Schadensersatz, alle späteren Widersprüche sind für die Mülltonne.

 

Man sollte allerdings langsam mal mit Widersprüchen wegen zu geringer Zahl an Urlaubstagen (altersdiskriminierend!) beginnen...

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Wolfgang

@ Gast: Im Urteil des LAG Hessen ( ) steht bei den Entscheidungsgründen: "Das beklagte Land schuldet dem Kläger Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT nach der Lebensaltersstufe „nach vollendetem 45. Lebensjahr“ für den Gesamtzeitraum des letzten befristeten Arbeitsverhältnisses" .

 Unter dem Begriff: "schuldet Vergütung gemäß Vergütungsgruppe....." verstehe ich nicht dass es sich um einen Schadensersatz handelt.

Deshalb sollte man wohl wirklich besser auf das Urteil des BAG incl. Urteilsbegründung warten eh man sich in weiteren Spekulationen verliert.

 

Schönes Wochenende

 

Wolfgang

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Das Problem besteht darin, dass es einen essentiell wichtigen Unterschied macht, ob auch das BAG noch Vergütung zuspricht oder - wie es im Gesetz steht - Schadensersatz. Bei Vergütung gilt das, was ich vorher aufgeführt habe, es gäbe Möglichkeiten, die Ausschlussfrist jetzt noch bei 42Stundlern auszuheben, müsste aber bis Jahresende geltend gemacht werden (für 2008).

Anders bei Schadensersatz, hier ist der Anspruch unter gegangen.

Bis Weihnachten sinds noch vier Wochen, abwarten ist da leider nicht mehr möglich. Eine Klagevorbereitung - oder besser, ein Schreiben, mit dem auch die Beschäftigten erfolgreich eine Aussetzung der Verjährung beim Land bewirken, die nicht fristgemäß Widerspruch eingereicht haben, ist daher zwingend in den nächsten Tagen erforderlich, egal wie problematisch es ist, ohne den Text zu spekulieren. Man muss jetzt wirklich alle Optionen austaxieren und einen Antrag auf Verzicht auf die Einrede der Verjährung fordern, wobei - wegen der Gefahr versäumter Fristen - eben viele Hilfsanträge enthalten sein müssen.

Ideal - auch für das Land, um eine Klageflut abzuwenden - wäre ein Verzicht auf Einrede der Verjährung gegenüber allen Beschäftigten, nicht nur jenen mit Widerspruch aus 2008. Wenn man jetzt - als Betroffener ohne oder mit zu spätem Widerspruch - die Urteilsbegründung abwartet, hat man schon verloren.

So sehr ich selbst auch Spekulationen ablehne - in der jetzigen Situation kommt man nicht drum herum ;-(

Einige Ansatzpunkte habe ich ja schon geliefert, vor allem zur rückwirkenden Anwendung ohne zeitigen Widerspruch. Da wird einem die Urteilsbegründung eh nicht helfen, denn das war ja nicht Gegenstand des Verfahrens...

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Wäre das Urteil BAG zur Sache Mai gegen Land Berlin C-298/10 aber schon im Dezember 2009 ergangen, hätte das Entgelt aus der höchsten LAS bei der dann im Januar 2010 (Hessen) erfolgten Überleitung als Grundlage dienen müssen.

 

Die Tatsache, dass das Urteil erst so spät gesprochen wurde, kann keinesfalls als Begründung dafür gelten, die (durch das soviel-Zeit-lassen) erforderliche Wiederholung der Überleitung unter Zugrundelegung des höheren Entgelts zu verweigern.

 

Die Frage nach der Art der Überleitung wäre in Dezember 09 dann gar nicht gestellt worden, wenn die betroffenen Arbeitnehmer bereits im Dezember 09 das nichtdiskriminierende Entgelt erhalten hätten.  Sie hätten dann für den Zeitraum vorher (6 Monate vor Geltendmachung bis aktuell) die Nachzahlung nach der höchsten Altersstufe bekommen und eine Überleitung mit diesem höheren Entgelt wäre selbstverständlich gewesen, da der Besitzstand ja schließlich gewahrt bleiben muss.
 

 

O.K., ich bin das Landesarbeitsgerichtsurteil noch mal durchgegangen. Der Anspruch wird scheinbar aus der Unwirksamkeit nach §7 AGG hergeleitet, nicht als Entschädigungsanspruch. Da habe ich mich doch wieder von ein paar anderen Kommentaren irreführen lassen. Gilt doch wieder das andere von mir geschriebene... Bin ja lernfähig.

Hochinteressant sind die Ausführungen zum "Vertrauensschutz". Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, sagt das Gericht nichts anderes, als dass das Land die Rechtswidrigkeit kannte - aufgrund der EU-Richtline, der Einwendungen im Gesetzgebungsverfahren usw.

Das Land Hessen ist ja auch im Bundesrat vertreten (wie jedes Bundesland) und selber am Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Der Bundesrat beschloss am 07.07.2006, keinen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses zu stellen, womit das AGG verabschiedet werden konnte.

Liest man sich die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts durch, die sich mit dem vom Land behaupteten "Vertrauensschutz" befassen, so kannn man die Erwiederung des Gerichts gegenüber den Ausführungen des Landes eigentlich in einen Satz fassen: "Du hast das doch genau gewusst!".

 

Das Landesarbeitsgericht - und auch das BAG und der EuGH mussten sich in diesem Zusammenhang jedoch mit einer Frage, die für "Spätwidersprecher" interessant sind, nicht befassen:

Lassen die Ausführungen des LAG die Feststellung zu, dass dem Land Hessen wohlmöglich sogar Arglist oder zumindest Organisationsverschulden zur Last gelegt werden kann? Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ist ein Ausschluss von Ansprüchen unzulässig, was auch bei grundsätzlicher Geltung TVH §37 oder BAT §70 zu einem tatsächlichen - und nicht nur wie vorher von mir angeführt hypothetisch möglichen - Verstoß gegen 309 (7) BGB führt.

 

3

Ich versuche, das Ganze immer wieder auf das Wesentliche zu reduzieren.

 

1.

Im Fall Mai hat der Kläger zu BAT-Zeiten auf Einstufung in die höchste Lebensalterstufe geklagt. Die Diskriminierung durch Einstufung aufgrund Lebensalters wurde als rechtswidrig anerkannt und muß behoben werden. Da Herr Mai zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung nicht mehr beim Land als Arbeitgeber angestellt war, kann bei ihm ein Schadenersatz gezahlt werden; die weiter beim Land angestellten dahingegen können eine Schaffung neuer, diskriminierungsfreier Verhältnisse verlangen.

 2.

Frau Hennigs hat erst reagiert, als die Überleitung schon rum war, also zu TVöD Zeiten.

Hier hat das EUGH entschieden,  dass  die fortgesetzte Auswirkung der Diskriminierung aufgrund der Lebensalterstufenregelung des BAT im TVöD hinzunehmen ist, da  den Ländern Übergangsvorschriften zugestanden werden müssten, um eben die zu BAT-Zeiten bestandenen Diskriminierungen auszumerzen.  Da das neue System keine rechtswidrigen Einstufungen mehr vorsieht und vorher bestandene mit den Jahren in einem neuen System nach und nach verschwinden würden, wurde das neue System und auch die Regeln der (zwar ungerechten aber nicht zu vermeidenden) Überleitung als legitim anerkannt.

Für mich heißt das weiterhin, dass die in der Überleitung fortbestehende Ungerechtigt leider grundsätzlich zum kollektiven Nutzen nicht vermeidbar war. Die Überleitungsregeln GENERELL wurden legitimiert. 

Und folglich genau die Regeln, nämlich auf Grundlage des letzten Besitzstands überzuleiten, gelten auch für diejenigen Arbeitnehmer, die ZU BAT-ZEITEN den Anspruch auf Beseitigung der Diskriminierung geltend gemacht hatten. Sie haben nun mal rückwirkend eine  neuen, überleitungswirksamen Besitzstand geschaffen. Der zeitliche Faktor, nämlich die Tatsache, dass die Gerichte sich für jede Entscheidung so viel Zeit genommen haben, darf hier nicht den Ausschlag geben und dem Beklagten Land schon wieder einen Vorteil schaffen, der bei schnellerer Urteilsfindung gar nicht erst entstanden wäre.

Siehe auch #59 udn#62

 

Es gibt hier ja mittlerweile viele Ansätze, die möglich zu sein scheinen. Für die Arbeitnehmerseite glücklicherweise auch, was die meisten hier ja hoffnungsvoll stimmen dürfte.

Das Urteil bezüglich der BAT-Altersstufen wurde nun ja schon entschieden, auch wenn das Urteil noch nicht öffentlich vorliegt. Gab es da eigentlich eine Ankündigung vom BAT? Für mich kam es sehr überraschend, dass das BAG so schnell nach dem Urteil des EuGH aus dem September entschieden hat. Erst im Nachhinein habe ich über das Urteil erfahren, ursprünglich hatte ich mit einer Entscheidung Mitte/Ende 2012 gerechnet.

Das Urteil bzgl. der Überleitung in den TVöD steht noch aus. Gibt es diesbezüglich Informationen, wann das BAG eine Entscheidung trifft? Ich habe gehört, das soll noch diesen Dezember geschehen, aber auf der Seite des BAG finde ich dazu nichts.

Und eine weitere Frage: Damals haben viele Arbeitnehmer ja ihren Anspruch auf Bezahlung nach höchster BAT-Altersstufe geltend gemacht. Sollte man sicherheitshalber auch seine Ansprüche auf eine neue Überleitung geltend machen, oder schließt das die Geltendmachung von 2008 mit ein?

Vielen Dank soweit.

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