Kein Platz in der kleinsten Hütte

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 14.01.2011
Rechtsgebiete: UmgangsrechtALG IIWohnungsgrößeFamilienrecht4|5162 Aufrufe

Er bezieht ALG II und lebte bislang in einer 46 qm großen Einzimmerwohnung. Alle 2 Wochen und die Hälfte der Schulferien nimmt er in der Wohnung das Umgangsrecht mit seiner 11-jährigen Tochter wahr.

Die Wohnung sei für diese Umgangstermine zu klein, meinte er, und beantragte bei dem Jobcenter Dortmund die Zusicherung für die Übernahme der Kosten einer 64 qm großen Zweizimmerwohnung. Nicht nötig, meinte das Jobcenter.

Auf Antrag des Vaters verpflichtete das Sozialgericht Dortmund das Jobcenter im Wege einer einstweiligen Anordnung, die begehrte Zusicherung zu erteilen.

Zur Begründung führte das Gericht an, der Umzug in die größere Wohnung sei erforderlich und die Aufwendungen für die neue Unterkunft mit einer Kaltmiete von 259,89 Euro seien angemessen. Es handele sich bei dem Antragsteller und seiner Tochter um eine temporäre Bedarfsgemeinschaft, für die eine Wohnung von 40qm zu klein sei. Dies gelte umso mehr, als es sich um einen Vater und eine elfjährige Tochter handele, die ein zumindest kleines eigenes Zimmer benötige. Die Kaltmiete der neuen Wohnung liege nur geringfügig über dem in Dortmund für eine Person angemessenen Mietzins (246,28 Euro). Der Mehrbetrag von 13,61 Euro entspreche rechnerisch einer zusätzlichen Fläche von 2,6 qm und sei angemessen, um eine dem Kindeswohl Rechnung tragende Ausgestaltung des Umgangsrechts zu gewährleisten.

Die Eilbedürftigkeit zum Erlass der einstweiligen Anordnung begründet das Sozialgericht damit, dass die Zusicherung der Kostenübernahme auf ein konkretes Wohnungsangebot begrenzt sei und dieses nicht für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens aufrecht erhalten werde. Die streitgegenständliche größere Wohnung sei nur bis zum 31.12.2010 reserviert und könne ab dem 01.01.2011 gemietet werden.

SG Dortmund v. 28.12.2010 - S 22 AS 5857/10 ER - (Pressemitteilung)

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4 Kommentare

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Spannend wird es, wenn die beim Sozialgericht durchgesetzte Argumentation des Klägers auch im Unterhaltsrecht durchgesetzt wird. Die Miete im Selbstbehalt entspricht dem ALG 2 - Satz für eine Person. Jede unumgängliche Erhöhung des Wohnbedarfs kann auch den Selbstbehalt beeinflussen. Da jeder nichtbetreuende Elternteil zum Umgang verpflichtet ist und dies auch der pauschale Normalfall ist, wäre sogar einer ebenso pauschalen Anhebung in der Düsseldorfer Tabelle das Wort zu reden. Findet kein Umgang statt, kann im Einzelfall immer noch anders entschieden werden.

Eric Untermann schrieb:

Findet kein Umgang statt, kann im Einzelfall immer noch anders entschieden werden.

Wobei das allerdings wieder ein finanzieller Anreiz wäre, den Umgang zu vereiteln.

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Ein in z.B. Hamburg oder München lebender Pflichtiger reibt sich hier, angesichts der verhandelten Wohnungsgrößen und Mietzinsen, verwundert die Augen. Warmmieten unterhalb 10€/m² sind, wenn, nur in sogenannten sozialen Brennpunkten zu finden. - Ein wahrlich "angemessenes" Umfeld, für Pflichtige und deren Kinder, die regelmäßig ca. 23% des Jahres miteinander verbringen.

Bei regelmäßig angenommenen 360€ Warmmiete, bleiben den Pflichtigen, auch und gerade wenn diese vollschichtig Erwerbstätig sind, maximale 40m².

Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn z.B. das Hanseatische OLG unter Punkt 25.1, seiner Unterhaltsrechtlichen Leitlinien ergänzt:

„Der Selbstbehalt kann im Einzelfall angemessen abgesenkt oder erhöht werden. Letzteres kommt insbesondere in Betracht, wenn die Warmmiete den in dem jeweiligen Selbstbehalt enthaltenen Betrag erheblich überschreitet und dies nicht vermeidbar ist.“

Dann ist, familienrechtlicher Praxis entsprechend, durchaus noch „Platz in der kleinsten Hütte“.

MfG

Ralph Steinfeldt (VafK, LK Harburg)

Ich selbst habe eine 45qm 1,5 Zimmer Wohnung in Hamburg, für die mir, bei einem Selbstbehalt von 900,-€ ein fiktiver Wohnwert von 600,-€ angedichtet wurde.

Und ich habe 4 Kinder, mit denen ich hier die Umgangswochenden verbringen darf.

Und das ist kein Einzelfall, sondern gängige Rechtssprechung.

Entsprechend den Unterhaltsleitlinien.

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