Missbrauch von Bonuspunkten rechtfertigt nicht ohne weiteres eine Kündigung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 07.01.2011

Nach einer Entscheidung des Hessischen LAG (Urteil vom 4.8.2010 - 2 Sa 422/10, Pressemitteilung Nr. 11/10 vom 30.12.2010) berechtigt der Missbrauch von Bonuspunkten durch einen Mitarbeiter nicht immer ohne Abmahnung zum Ausspruch einer Kündigung. Hintergrund des Rechtsstreits war das Verhalten eines seit ca. 2 Jahren in einem Tankstellenbetrieb beschäftigten Mitarbeiters. Der Betrieb nahm an einem Punkteprogramm teil, das es Kunden ermöglichte, für ihren Benzineinkauf Punkte auf ihrer Kundenkarte zu sammeln. Der Mitarbeiter verbuchte während einer Schicht in drei Fällen Umsätze von Kunden, die getankt und nicht an dem Programm teilgenommen hatten, in Höhe insgesamt ca. € 230,00 auf die Kundenkarte eines seiner Kollegen. Nachdem der Arbeitgeber hiervon Kenntnis erlangt hatte, sprach er eine fristlose Kündigung aus. Der Mitarbeiter erhob daraufhin Kündigungsschutzklage und vertrat die Ansicht, er habe aus Unkenntnis allenfalls einen Fehler gemacht. Das LAG gab dem Kläger im Ergebnis recht. Zwar stufte das Berufungsgericht es als schwerwiegendes Fehlverhalten ein, Tankbeträge fremder Kunden auf der Kundenkarte eines Kollegen zu verbuchen. Zielsetzung von Kundenbindungssystemen sei es, ohne dass es hierbei auf deren nähere Ausgestaltung ankomme, Kunden an das Unternehmen zu binden. Würden Mitarbeiter hingegen die von Kunden nicht in Anspruch genommenen Punkte für eigene Zwecke sammeln, werde die Absicht des Arbeitgebers unterlaufen. Dies habe der Mitarbeiter auch erkennen können und deshalb die Buchungen auf Karten seines Kollegen unterlassen müssen. Allerdings hielt die Berufungskammer eine vorherige Abmahnung für erforderlich. Denn zum einen habe der Arbeitgeber nicht konkret dargelegt, wie und wann er den Kläger auf die Konsequenzen eines missbräuchlichen Verhaltens im Umgang mit der Kundenkarte hingewiesen habe. Außerdem könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine Abmahnung nicht erfolgversprechend und deshalb entbehrlich gewesen sei. Unter den gegebenen Umständen sei eine Abmahnung notwendig gewesen, um dem Mitarbeiter die Gelegenheit zu geben, sein Verhalten an dem Verbot auszurichten.

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