Loveparade 2010 - fünf Monate danach: Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen werden konkretisiert

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 22.12.2010

Achtung: Dieser Beitrag stammt aus dem Dezember 2010. Der aktuelle Beitrag von Juli 2015 befindet sich hier: 

http://blog.beck.de/2015/07/24/f-nf-jahre-und-kein-ende-die-strafverfolg...

Mittlerweile ist es fünf Monate her, dass bei der in Duisburg veranstalteten Loveparade 21 Besucher ums Leben kamen, da sie auf dem Weg auf das (bzw. von dem) Veranstaltungsgelände in ein tödliches Gedränge gerieten. Diese 21 Besucher erlitten Quetschungen und erstickten in der unkontrollierbaren Massenturbulenz, viele andere erlitten zum Teil schwere Verletzungen.
Nach fünf Monaten intensiver Ermittlungen werden nach Presseberichten die staatsanwaltlichen Ermittlungen nun nicht mehr gegen unbekannt, sondern gegen bestimmte Beschuldigte geführt, wobei aus der Stadtverwaltung Duisburg und aus der Firma des Veranstalters mehrere Personen verdächtigt werden sollen, zudem stehe auch ein leitender Polizeibeamter unter Tatverdacht (Quelle).
Dies würde weitgehend die hier vor einigen Monaten angestellten Überlegungen bestätigen, nämlich dass bei Planung und Genehmigung gravierende Fahrlässigkeiten begangen wurden, die im zurechenbaren Zusammenhang mit den Todesfällen stehen. Zudem können auch der Polizei Fahrlässigkeiten zur Last gelegt werden, da sie durch Sperren die Situation vor Ort noch verschärft hat.
Die einzelnen Vorwürfe sind in meinem Beitrag vom 23.09. und in dem vom 28.07. und in den dazu gehörigen Kommentaren wesentlich ausführlicher dargelegt, hier nur ganz knapp zusammengefasst:

Die Planung der Veranstaltung sah eine Menge von Besuchern vor, die in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht auf das Gelände gelangen konnten. Es musste daher zum Stau kommen, dessen Bewältigung nur unzureichend geplant war.
Bei der Genehmigung der Veranstaltung wurden zudem Besucherströme nur in einer Richtung beachtet und nicht berücksichtigt, dass nach der Planung Hunderttausende gleichzeitig auf das Gelände kommen und es verlassen sollten - über mehrere Stunden und durch nur einen Ein-/Ausgang - eine Unmöglichkeit. Diese Unmöglichkeit wurde trotz Erkennbarkeit ignoriert, auch von den Strömungsphysikern, die die Stadt mit der Analyse der Entfluchtung des Geländes beauftragt hatte.
An entscheidenden Stellen - nämlich auf hunderten von Metern (Tunnel/Rampe) zwischen dem Einlass und dem eigentlichen Festgelände, gab es außerdem keine Fluchtwege.
Diese Wegführungen (die selbst als Fluchtweg galten)  waren überdies verengt von Bauzäunen, Polizeiwagen und Brezel-Ständen. Sie wichen insofern ab von der Genehmigung. Die Besucher wurden auch nicht durch Lautsprecherdurchsagen gesteuert, obwohl dies bei der Größe der Veranstaltung und der Eingangssituation unbedingt erforderlich war.
An der späteren Stelle der Katastrophe befand sich ein offen stehender Gulli, der mit einem dazu ungeeigneten Bauzaun abgedeckt worden war. Hier starben im Gedränge die meisten Menschen - sie konnten dieser Gefahrenstelle nicht ausweichen.

Wenn man diese Punkte noch einmal zusammenfasst, bedrückt es noch heute, selbst wenn man nicht unmittelbar betroffen ist: Hier sind Menschen gestorben, weil einfachste und gesetzlich klar geregelte Sicherheitsvorschriften nicht beachtet wurden, weil man offenbar unbedingt diese Veranstaltung durchführen wollte. Zu Recht wird nach wie vor auch die politische Verantwortung des Duisburger Oberbürgermeisters eingeklagt. Er hätte sich auch in der Anerkennung gesonnt, die eine gut verlaufene Loveparade 2010 ihm gebracht hätte, entsprechend muss er politisch dafür haften, dass es katastrophal misslungen ist - ganz unabhängig von unmittelbarer strafrechtlicher Verantwortung, die nach den Presseberichten der Staatsanwaltschaft wohl nicht angenommen wird (Quelle). Dass die Stadt Duisburg nach den Ereignissen sich mit Hilfe eines für mehrere Hunderttausend Euro bei einer Anwaltskanzlei bestellten "Rechtsgutachtens" reinwaschen wollte, gehört auch zu den vom OB verantworteten politischen Missgriffen.

Die strafrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit diesem Ereignis sind hier im Blog mit einer Nachhaltigkeit diskutiert worden, die bisher bei keinem der hier verhandelten Themen erreicht wurde. Die drei (update 08.02.2011: vier) von mir eingestellten Beiträge sind  insgesamt bislang 25000 mal (update 08.02.2011: 42500mal) aufgerufen und über 1100 mal (update 08.02.2011: über 1350 mal) kommentiert worden. Damit wurde die Leistungsfähigkeit der Kommentarfunktion in diesem Blog mehrfach auf eine ernsthafte Probe gestellt.  Dabei wird - wie nicht anders zu erwarten bei so einem komplexen Geschehen, die Diskussion nunmehr weitgehend von wenigen "Experten" geführt, die sich in den vergangenen Monaten in alle Einzelheiten des Geschehens und der im Netz verfügbaren Planungsunterlagen eingearbeitet haben. Viele der Kommenatre sind hilfreich und alle zusammen vermitteln ein realistisches Bild von den Abläufen vor und bei dieser Veranstaltung. Als Fazit lässt sich wohl festhalten: Die Katstrophe war kein unglücklicher Zufall oder einfach Pech, sondern sie war bei der mangelhaften Planung, der widerrechtlichen Genehmigung und der mangelhaften Beachtung von Sicherheitsvorkehrungen geradezu erwartbar. Die Loveparade hätte in dieser Größenordnung an diesem Ort und mit diesen Vorkehrungen nicht stattfinden dürfen.
 
Es ist schwierig,  derart  komplexe Fälle strafrechtlich zu ermitteln - es gibt hunderte Zeugen, die befragt werden können/müssen, es gibt hunderte von Video- und Fotodokumenten, die analysiert werden müssen und natürlich hat jeder (potentiell) Beschuldigte  auch das gute Recht, sich zu verteidigen, insbesondere auch das Recht zu schweigen. Daher kann der - soweit berichtet wird - umfangreich ermittelnden Staatsanwaltschaft kein Vorwurf gemacht werden, dass es zu langsam gehe. Wenn und soweit die Ermittlungen am Ende erfolgreich  sind und ein Rechtsfrieden schaffendes Ergebnis haben, sollten diese Ermittlungen auch gründlich sein und dies braucht eben Zeit.

Ich habe hier mehrfach die große Wichtigkeit einer strafrechtlichen Aufarbeitung betont, wenn auch das Strafrecht (bei Weitem) nicht die einzige bedeutsame Perspektive ist, unter der die Loveparade 2010 analysiert werden kann. Das Strafrecht ist, auch wenn dadurch direkt keine emotionalen und finanziellen Schäden behoben werden, das stärkste Signal der Gesellschaft, dass ein solches Ereignis nicht hingenommen wird, und dass man die Sicherheit der Besucher nicht hinter dem "Ruhm", eine solche Veranstaltung durchgeführt zu haben, zurückstehen lassen darf.

Die Diskussion geht sicherlich noch weiter.

 

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537 Kommentare

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Sehr geehrte/r BlaBla,

da ich mich in diesem Bereich zu wenig auskenne, kann ich nichts zur tatsächlichen Praxis der Genehmigung von Großveranstaltungen sagen. Auch die Interpretation der hier relevanten Verordnungen überlasse ich anderen Experten. Aber beim  Straßenverkehr kenne ich mich etwas besser aus, und auch im Allgemeinen zum erlaubten Risiko: Ja, die Gesellschaft akzeptiert das Risiko des (schnellen) Fahrens mit Automobilen. Ein gewisses Risiko wird hingenommen und wird strafrechtlich als "erlaubt" angesehen. Ein Teil der Toten im Straßenverkehr sind auf dieses erlaubte Risiko zurückzuführen (so genannte unvermeidbare Unfälle, Unfälle aufgrund unvorhersehbarere Defekte) - aber bei Weitem nicht alle.

Die Vorschriften (im Straßenverkehr etwa die Regelung der Überholverbote, Reifenprofil, Bremsenfunktion, Höchstgeschwindigkeit etc.) sind eben die Grenze zwischen erlaubtem und verbotenem Risiko. Wenn jemand gegen solche Vorschriften verstößt und dadurch kommt ein Mensch zu Schaden, dann wird derjenige wegen fahrl. Körperverletzung oder Tötung bestraft. Das ist in der Praxis sehr häufig der Fall. Sie haben Recht, es gibt keine absolute Sicherheit im Leben. Aber es gibt Sicherheitsvorschriften, die das Risiko minimieren sollen.

Wenn hier tatsächlich gegen Vorschriften verstoßen wurde bei der Genehmigung - was ich im Moment nicht genau einschätzen kann - , dann wurde das erlaubte Risiko überschritten. Und dann kann (bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen, die ich hier schon mehrfach aufgeführt habe) auch Strafe eintreten.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Es ist mir heute Abend unmöglich aus dem Vielen hier die einschlägigen Passagen zu sammeln und darauf angemessen einzugehen, aber dies ist mir nun doch heute noch ein Anliegen:

 

blabla schrieb:
Hätte es (wieder rein hypothetisch) in 40 m Abstand zur Rampe im Tunnel einen Rettungsweg gegeben, meinetwegen auch einer, der sonstwohin in Sicherheit führt, meinen Sie wirklich, die Leute hätten nach der Sperrung schulterzuckend den Tunnel dadurch verlassen? Ich kann's mir kaum vorstellen. Sie wollten auf's Partygelände, standen vor der Sperre, von hinten kamen weitere, die auf's Gelände wollten, denen vorne wurde es zu eng, sie entdeckten die kleine Treppe, wollten dorthin und voila, da haben Sie die Katastrophe, TROTZ Fluchtweg.(....)Gut, also zurück zu obigem Beispiel: Wäre ein Rettungsweg aus dem Tunnel weg vom Gelände vorhanden gewesen, die Leute wollten zur Party und wären daran vorbei gelaufen. Die, die vor der Rampe standen hätten weggewollt, aber die, die aus dem Tunnel nachschoben eben nicht. Die Situation hätte vermutlich gleich ausgesehen. Spekulation, ich weiß, aber das Gegenteil wäre es auch.

 

"Ich kann's mir kaum vorstellen" schreiben Sie,

 

deshalb mein Rat, sich mal in Ruhe und aufmerksam - und ohne Vorurteil - in die Handyvideodokumentation der Loveparade auf http://www.loveparade2010doku.wordpress.com ,

in die Präsentation auf http://www.bluemoonsun.wordpress.com

und die Rechercheergebnisse auf http://www.studio2010loveparade.wordpress.com/3-rechercheergebnisse/   einzuarbeiten.

Ich lege ihnen das wärmstens nahe, wenn Sie wirklich eine Vorstellung von der Realität des tragischen Geschehens bekommen wollen. Zugegeben, wenn Sie es noch nicht getan haben, wäre es jetzt sehr viel Zeit sich da reinzuknien, aber das stünde dann wirklich an. Jedenfalls angesichts der Not, die sie signalisieren, glaube ich, dass Ihnen das helfen wird. Denn...

Quote:
Ich gebe zu, dies ist Spekulation,

 

Nein, das ist Unwahrheit.

 

Nicht nur das, es ist ein doppeltes Unrecht, das Sie den Loveparadebesuchern mit Ihrer Äußerung antun. Und mit Blick auf den Ton, den sie hier an den Tag legen - inklusive Ihres Pseudos - ist es auch eine Unverschämtheit. Da aber im Zweifelsfall immer für den Angeklagten gilt, gehe ich mal davon aus, dass Sie in Ihrer Not nicht wirklich wissen, was Sie tun.

 

Die Realität, die aus den recherchierten Videos heraus schaut, zeigt  deutlich, dass anders als anfangs von Verantwortlichen und seither immer wieder - wie jetzt auch von Ihnen - unterstellt wird, das Gros der Besucher der Loveparade mit seinem erstaunlich geduldigen Verhalten weitaus Schlimmeres verhindert hat. Dort wo das unsägliche Menschenknäuel mit den meisten Toten entstand, waren die Bedingungen zum Zeitpunkt des Massenstaus - der sich in diesen Minuten über das ganze T (Rampe auf den Tunnel stoßend) erstreckte -  so unmöglich, dass niemand, brav oder kriminell, irgendetwas hätte verhindern können. Hier war man dem ausgeliefert, was die Rahmenbedingungen: Stolperfallen(Gully-Baumstumpf-Bauzaun)/ Massendruck/ große Wellenbewegungen/ Einzelschübe mit einem machten. 

 

Das Knäuel ist ein gutes Stück abseits der Treppe und eben nicht ursächlich durch den Drang zur Treppe hin entstanden. Der Drang dahin hat das Knäuel vergrößert aber nicht ausgelöst. Es ist auch nicht durch Stürze von oben entstanden, sondern durch Verhakungen von unten her, ausgelöst durch die groben Stolperfallen und  durch den Massendruck von seitwärts aus Richtung des Tunnels. Die anfängliche mediale Darstellung ist diesbezüglich einfach falsch. Die Kletteraktionen waren alle ein verzweifeltes Bemühen dem Knäuel zu entkommen oder nicht auch noch drauf zu fallen. Dass sie zum Teil wieder just in das Knäuel hinein abstürzten, macht solche Überlebenskampfaktionen nicht zu Tätern. Was auch immer an Aktionen innerhalb der Masse in Gang kam. um der Situation zu entkommen war eine Folge der menschenunwürdig – also verfassungswidrig – geplanten Situation und nicht ihre Ursache.  

 

Wer sich in diesem Knäuel bewegte, egal wie, hat damit zwangsläufig anderen, unter, neben, oder über sich geschadet. Sei es, dass er in der Panik wahnwitzig glaubte, plakatkletternd entkommen zu können, dann aber wieder just in das Knäuel fiel oder sich nach oben über das Knäuel windend, Richtung Treppe andere überkletternd den Ausweg suchte, oder aus Luftnot nur noch heftig um sich schlug. Was auch immer, das hatte nun wahrlich nichts mit Absicht oder Drang auf 's Gelände zu tun.  Mehr dazu hier:

http://www.studio2010loveparade.wordpress.com/rechercheergebnisse/fazit

http://www.studio2010loveparade.wordpress.com/rechercheergebnisse/neues-fazit

http://www.studio2010loveparade.wordpress.com/rechercheergebnisse/live-recherche/

Quote:
meinen Sie wirklich, die Leute hätten nach der Sperrung schulterzuckend den Tunnel dadurch verlassen?

Ich finde diesen Satz angesichts der tatsächlichen Situation absolut daneben, um es milde zu sagen. Aber er zeigt eben auch, dass Sie sich noch nicht wirklich ehrlich mit der realen Geschehen befasst haben. In der oben beschriebenen Situation hätten und haben die Besucher alles getan, um ihr zu entkommen. Im linken Rampenbereich wurden die Stolperfallen zum tödlichen Verhängnis. In der Mitte beim Kontainer konnten die Leute sich über diesen gegenseitig erfolgreich nach oben helfen, ebenso auf der Ostseite am Laternenmast.

 

Aber Lothar sagt es schon, "Eine Veranstaltung, die man nie aber wirklich nie mit diesem Eingang, geschweige denn Ein / Ausgang hätte planen geschweige denn genehmigen dürfen." 

 

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Dr.Henning Mueller schrieb:
Verschwörungen etc. Ich halte es nach wie vor für nicht zielführend, nahezulegen, irgendwelche Forscher hätten die LoPa-Eingangssitution zielgerichtet für Forschungszwecke so einrichten wollen. Das ist völlig fernliegend und desavouiert die Diskussion und diejenigen, die sie führen.

 

Ja das ist in der Tat fernliegend.

...denn solche Verbrechen sind für unseren bisherigen wissenschaftlichen Kenntnisstand fernliegend, aber nicht für den vor uns liegenden, den in der Regel nicht alle Welt gleichzeitig in den Blick bekommt. Das kann vielmehr dauern.

Bis das so weit ist, kann in der Regel der Missbrauch bestens blühen. Kann man die, die schon etwas wissen, und zu warnen versuchen, locker als Verschwörungsfantasten hinstellen.

Es geht eben nicht um "Verschwörung etc.". Es geht um Versuche, die rücksichtslos durchgeführt werden können, weil sie völliges Neuland sind und offiziell noch nicht erkannt werden können und schon gar nicht als illegal gelten können, da es für solche Verstöße noch keine Gesetze gibt.  

Es geht des Weiteren um neueste Methoden Menschen einzeln und in Gruppen unerkannt zu manipulieren, etwa um solche Sachen durchziehen zu können. Das ist auch ein Forschunsgebiet.

 

Es brauchte ganz am Anfang nur ein paar wenige Schaltstellen, um dieses unsägliche, massive Bauwerk Tunnel-Rampe als Nadelöhr für Ein-und Ausgang einer halben Million unter den Planern salonfähig zu machen. Ab da konnte alles weitere laufen.

 

Gibt es eine andere plausible Erklärung dafür, wie es sein kann, dass so viele gestandene Entscheidungsträger und erklärte Experten ihren gesunden Menschenverstand in die Ecke gestellt haben, um dieses Bauwerk zu akzeptieren, während es in der Nutzung als Nadelöhr zu vermeiden gewesen wäre? Was ist da passiert? 

Dieser "konsensuale" Leichtsinn - oder muss man sagen Wahnsinn -  wäre ja noch zu verstehen und akzeptieren, wenn dann speziell in diesem Bereich wenigstens entsprechend für Sicherheit gesorgt worden wäre, wie wir das hier aufzudröseln versuchen. Dem war aber absolut nicht so. Das genaue Gegenteil war doch der Fall.

 

Ist nicht gerade die Tatsache, dass man trotz Risikobewusstsein im empfindlichsten Bereich mit der Sicherheit am lockersten umging, ein Indiz dafür, dass dieser Bereich sicherheitstechnisch gleichsam bewusst ausgeklinkt, abgegeben war. ... wenn ja, an wen? 

Glaubte man die Sicherheit dort auf völlig neuen technischen Wegen geregelt zu bekommen und das ist dann schief gegangen?

 

Es ist einfach nicht zu begreifen, wie man unisono unter so vielen Beteiligten dieses Bauwerk Tunnel-Rampe als Nadelöhr für Ein und Ausgang akzeptieren konnte. Gab es eine allgemeine geistige Umnachtung?

 

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studio2010loveparade-Blue schrieb:
Es ist einfach nicht zu begreifen, wie man unisono unter so vielen Beteiligten dieses Bauwerk Tunnel-Rampe als Nadelöhr für Ein und Ausgang akzeptieren konnte. Gab es eine allgemeine geistige Umnachtung?

So tragisch wie es im Rückblick und gestern mit Blick auf diese Ruine auch ist:
Dieses Gelände mit seinem durch Ein- und Ausgang führenden Rundkurs schien (so gut wie) allen im Vorfeld daran Beteiligten geeignet, die Spassmarke "Loveparade" aus der Hauptstadt nach Duisburg zu holen und einen weiteren Baustein in der in dieser Region grassierende Metropolenphantasie zu bilden. In Wirklichkeit gibt es diese Metropole nicht. es ist ein Konglomerat von Städten und Gemeinden. Meist ohne Prachtboulevards wie "Unter den Linden" und an der Siegessäule. Das ging in Essen und Dortmung knapp gut. Das wurde in Bochum rechtzeitig abgesagt. Das wollte nieman in Dusiburg (erneut) scheitern lassen. Jetzt brauchen wir nur noch für VIPs und Presse einen eigenen Eingang ohne stundenlangen Fussmarsch, sondern mit Shuttle Service und steht Otto Normalbesucher im Tunnel.

Ohne Verschwörung, ohne Strippenzieher im Hintergrund, ohne geneigtes Interesse der Simulations- oder Panikforschung...
Einfach als:
Sachzwang.

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Herr Prof. Mueller,

da ja offensichtlich gesetzliche Richtlinien so einfach zu unterwandern sind, indem diese Gesetze Abweichungen so gar vorsehen und sich wie im Falle LoPa herausgestellt hat, dass die ersatzweisen Auflagen nicht ausreichten, kann man dann davon ausgehen, dass der Gesetzgeber bzw. das zuständige Ministerium evtl. auch Schadenersatz pflichtig zu machen sein könnte? Lassen sich Gesetze anfechten in Verbindung mit einer strafrechtlichen Untersuchung? Oder wird das einzig mögliche Resultat im Höchstfall eine entsprechende Gesetzesänderung sein, obwohl bekannt ist, dass dieses offizielle Recht der Umgehung (bzw. Abweichung) eines Paragraphen oft genutzt wird. Kann man ein Gesetz/einen Paragraphen fahrlässig oder pflichtschuldrig, nicht genuegend sorgfalts- oder fuersorgepflichtrig, oder.... nennen? Danke!

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Lothar Evers schrieb:

Jetzt brauchen wir nur noch für VIPs und Presse einen eigenen Eingang ohne stundenlangen Fussmarsch, sondern mit Shuttle Service und steht Otto Normalbesucher im Tunnel.

Das ist nichts verwerfliches und auch nichts Loveparade-typisches. In Fußballstadien haben Sie VIP-Tribünen mit gesonderter Zufahrt, am Flughafen und Bahnhof Lounges für Vielfahrer/flieger. Es gibt immer Leute, die mehr bezahlen oder "wichtiger" sind, die vorgezogen werden und nein, ich gehöre nicht dazu. :o)

 

Felix Licht schrieb:

da ja offensichtlich gesetzliche Richtlinien so einfach zu unterwandern sind, indem diese Gesetze Abweichungen so gar vorsehen...

Falsch. Die Richtlinien werden nicht "einfach unterwandert", sondern es wird anhand klarer Annahmen transparent nachgewiesen, dass ein alternativer Entwurf, der formell nicht die Richtlinien erfüllt dieselbe Sicherheit bietet. Jetzt werden Sie antworten, dass es aber zum Unglück kam, daher gleich nochmal vorsorglich: Es herrscht kein kausaler Zusammenhang zwischen reduzierter Fluchtwegebreite und dem Unglück. Das sagt im übrigen auch Prof. Müller.

 

Felix Licht schrieb:

Wir duerfen nicht vergessen, Kluepfel und Schreckenberg sind in aller erster Linie Stauforscher im Bereich Verkehr von Fußgängern und anderweitiger Verkehrsmittel, so Autos und Schiffe. Sie sind hingegegen bis dato anderes lautender Pressemitteilung weder Panik- noch Katastrophenforscher.

Falsch, es gibt keinen "Panikforscher". Das ist ein Produkt der Medien. Dass Schreckenberg sich gerne in den Medien darstellt ist ein ganz gewöhnliches Phänomen. Die meisten Leute verlieren jegliche Hemmung, wenn ihnen eine Kamera ins Gesicht oder ein Mikro unter die Nase gehalten wird. Die Medien nutzen das natürlich gerne aus. Sich selbst hat aber keiner der beiden je als "Panik und Katastrophenforscher" tituliert. Soweit ich es überblicke, hat Klüpfel seit seiner Promotion nie etwas anderes gemacht als Fußgängerdynamik.

 

Felix Licht schrieb:

Daher halte ich es fuer möglich, dass deshalb auch schon RiMEA zum Einsatz kam und alles dran zu setzen, dass genau das auszuschließen ist.

Falsch, RiMEA gibt es schon lange und dient dazu, die Anwendung von Evakuierungssimulationen zu standardisieren. Wenn es Stolperfallen wie den Gullideckel gegeben hat, dann sind das Fehler in der Umsetzung. Eine Genehmigung für einen verkanteten Gullideckel im Laufbereich würden Sie NIE bekommen.

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Blabla schrieb:

Falsch. Die Richtlinien werden nicht "einfach unterwandert", sondern es wird anhand klarer Annahmen transparent nachgewiesen, dass ein alternativer Entwurf, der formell nicht die Richtlinien erfüllt dieselbe Sicherheit bietet.

Vielleicht werden die Opfer der Loveparade wenigstens eines nach sich ziehen:

Diese unsäglichen - von der Versammlungsstättenverordnung in keinster Weise erlaubten - Mauscheleien sind an das Licht der Öffentlichkeit gekommen.

Natürlich hätten es Geschäftsleute gerne, wenn durch ihre bezahlte Dienstleistung Gesetze ersetzt werden können.

Inwiefern sich hierdurch "dieselbe Sicherheit" bieten lässt, ist gerade deutlich geworden.

Vielleicht lassen sich zukünftig viele Tote und Verletzte vermeiden, wenn dem ein Riegel vorgeschoben wird.

Rettungswege lassen sich durch nichts ersetzen.

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Die Leserin schrieb:

Inwiefern sich hierdurch "dieselbe Sicherheit" bieten lässt, ist gerade deutlich geworden.

Ich frage mich auch, warum sich Vertreter eines Forschungszweiges überhaupt auf ein solchen Terrain begeben.

 

Personenstromforschung ist wichtig und sinnvoll.

Auch bei Veranstaltungsorten mit ausreichend Rettungswegen gibt es genügend Einsatzmöglichkeiten, außerdem im öffentlichen Raum.

 

Trotz ausreichender Rettungswege möchte man bei Massenveranstaltungen örtlich und zeitlich punktuelle Überfüllungen möglichst vermeiden. Freilich braucht es, um derlei Punkte im Vorfeld durch Simulation zu erkennen, mehr als reine Entleerungsberechnung.

 

Ich hätte z.B. auch bei ausreichend Rettungswegen Bauchschmerzen, wenn zwei Personenströme aufeinander treffen und dann im rechten Winkel abbiegen müssen, wenn man gleichzeitig von dichten Menschenmengen ausgehen muss. Um zu simulieren, wie sich die Ströme verhalten und wie eine Gefährdung einzuschätzen ist, würden freilich ebenfalls reine Entleerungsberechnungen nicht ausreichen. Aber auch Forschung dieser Art gibt es ja. Da sehe ich sehr sinnvolle Ansatzpunkte für mehr Anwendungen.

 

Statt dessen möchten einige ihr Geld damit verdienen, Unternehmen und Behörden zu ermöglichen, Gesetze zu umgehen.

 

Und sie verlegen sich darauf, allen Ernstes zu behaupten, weniger Sicherheit täte es auch.

Nicht einmal von den Toten der Loveparade lassen sich diese Vertreter von etwas abhalten, das sie als äußerst einträgliches Geschäftsfeld identifiziert haben. Und so beteiligen sie sich einfach an der Vorgehensweise, die Schuld jeweils anderen zuzuschieben, die sich - so meinen sie wohl - ja bereits bei den Duisburger Behörden und anderen für die Loveparade Verantwortlichen bewährt hat.

Nichts anderes praktiziert hier aktuell Blabla.

 

Damit bringen die Betreffenden ihre Branche in Verruf.

 

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Blabla schrieb:
 Wenn es Stolperfallen wie den Gullideckel gegeben hat, dann sind das Fehler in der Umsetzung. Eine Genehmigung für einen verkanteten Gullideckel im Laufbereich würden Sie NIE bekommen.

Ja die hat es gegeben mitsamt drüber geworfenen Bauzaun als Stolperfalle.
Im Niemandsland wo man die Karl Lehr Strasse bereits verlassen hatte und das oben an der Rampe skizzierte "veranstaltungsgelände noch nicht begonnen hatte.

Da war niemand verantwortlich. Da richtetet niemand das Gelände her. Dafür hatte niemand irgendeine Genehigung. Da war keine Baubnahme. Da sollten trotzdem 930.000 Besucher durch. 465.000 auf dem Hinweg. 465.000 auf dem Rückweg. Da bestand Lebensgefahr.

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Felix Licht schrieb:

Herr Prof. Mueller,

da ja offensichtlich gesetzliche Richtlinien so einfach zu unterwandern sind, indem diese Gesetze Abweichungen so gar vorsehen und sich wie im Falle LoPa herausgestellt hat, dass die ersatzweisen Auflagen nicht ausreichten,

Die Gesetze lassen für Veranstaltungen wie die Loveparade keine Abweichungen zu.

Bitte lesen sie noch einmal die Paragraphen, die ich oben eingestellt habe. Darin steht unmissverständlich das Wort IMMER.

Lesen Sie sich auch selbst einmal die Versammlungsstättenverordnung durch. Sie werden keinerlei Ausnahmen für Veranstaltungen wie die Loveparade finden.

Die Gesetze sind ausreichend. Gegen etliche Vorschriften wurde verstoßen.

Was sollen denn - bitte schön - Gesetzesänderungen bringen, wenn gegen die vorhandenen verstoßen wurde?

Und seit wann werden Gesetze geändert, wenn jemand dagegen verstoßen hat? Sehr merkwürdige Herangehensweise.

In Italien wurden diverse Gesetze geändert, damit Berlusconi nicht belangt werden konnte. Wollen wir so etwas hier jetzt auch einführen?

Die Versammlungsstättenverordnung sieht keinerlei ersatzweise Geschichten und Mauscheleien vor, um damit Sicherheitsvorschriften zu umgehen.

Und so sollte es auch bleiben.

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Die Leserin schrieb:

Die Gesetze lassen für Veranstaltungen wie die Loveparade keine Abweichungen zu.

Bitte lesen sie noch einmal die Paragraphen, die ich oben eingestellt habe. Darin steht unmissverständlich das Wort IMMER.

Lesen Sie sich auch selbst einmal die Versammlungsstättenverordnung durch. Sie werden keinerlei Ausnahmen für Veranstaltungen wie die Loveparade finden.

Die Gesetze sind ausreichend. Gegen etliche Vorschriften wurde verstoßen.

Was sollen denn - bitte schön - Gesetzesänderungen bringen, wenn gegen die vorhandenen verstoßen wurde?

Und seit wann werden Gesetze geändert, wenn jemand dagegen verstoßen hat? Sehr merkwürdige Herangehensweise.

In Italien wurden diverse Gesetze geändert, damit Berlusconi nicht belangt werden konnte. Wollen wir so etwas hier jetzt auch einführen?

Die Versammlungsstättenverordnung sieht keinerlei ersatzweise Geschichten und Mauscheleien vor, um damit Sicherheitsvorschriften zu umgehen.

Und so sollte es auch bleiben.

Vielleicht sollte es so bleiben oder werden. Aber so ist es nicht. Der Abteilungsleiter für die Sonderbauverordnung im Bauministerium NRW Jost Rübel (mit dem Dr Jaspers vor seinem ersten Auftritt in Duisburg die Marschrichtung abgeklärt hatte): im August im Innenausschuss des Landtages:

"Beim zweiten Thema „Erteilung von Abweichungen“ ist angesprochen worden, dass

Rettungswegbreiten unterschritten wurden. Auch hierzu eine kleine Ausführung. Es gab vor der Sonderbauverordnung die Versammlungsstättenverordnung, die in 2002 umfangreich geändert wurde. Damals wurde eine Verordnung, die aus fast 120 Paragrafen bestand, auf eine Vorschrift mit 46 Paragrafen reduziert, weil es damals Auffassung der Landesregierung war, die Vorschriften etwas zu entschlacken und etwas schlanker zu machen. Das bedeutet, 46 Paragrafen können ein großes Potpourri von Gebäuden, angefangen von einer kleinen Gaststätte mit 200 Besuchern bis hin zu einem Fußballstadion mit 80.000 Besuchern, nicht so abbilden, dass jeder Gebäudetyp 1:1 in der Verordnung aufgeht. Insofern ist es aus meiner Sicht fast selbstverständlich, dass bei besonderen Gebäudetypen oder bei besonderen Nutzungsarten von den Antragstellern auch Abweichungen mit entsprechenden Begründungen beantragt werden und dass Bauaufsichtsbehörden solche Abweichungen bei großen Sonderbauten häufig erteilen, wie es hier geschehen ist. Das ist kein Einzelfall, sondern kommt bei großen Sonderbauten nach meiner Kenntnis regelmäßig vor. Solche Abweichungen müssen entsprechend begründet werden. Das ist hier auch geschehen. Es gab ein Brandschutzkonzept, was den Bauvorlagen zugrunde gelegen hat. Das habe ich zumindest der Genehmigung entnommen, die in der Presse einzusehen ist. Da ist das Brandschutzkonzept zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden. Auch die Simulationsberechnungen eines Gutachters sind zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden, sodass sich hier die Bauaufsichtsbehörde auch mit entsprechendem Sachverstand Bauvorlagen hat vorlegen lassen. Und meines Wissens ist – zumindest nach Presseinformationen – auch seitens der Bauaufsichtsbehörde ein Gutachter, Prof. Schreckenberg, eingeschaltet worden, der die Simulationsberechnung, die der Betreiber vorgelegt hat, mit seinen Bauvorlagen gegengeprüft hat. (...) Ich möchte aber einen Hinweis zum Verfahren der Genehmigung dieser Abweichung geben. Die Sonderbauverordnung enthält eine pauschale Bemessung für die Rettungswegbreiten. Es ist zunehmend der Fall – nicht nur beim Brandschutz, sondern auch bei anderen bauaufsichtlichen Nachweisen –, dass solche pauschalen Nachweise durch Einzelnachweise, insbesondere entsprechende Ingenieurmethoden, ersetzt werden. Aus Europa kommen in Bezug auf die Standsicherheit etwa Eurocodes. Darin werden abweichend von den technischen Regeln für die Standsicherheit Einzelbemessungen berechnet, die europaweit eingeführt sind. So etwas gibt es auch zunehmend im Brandschutz: Es werden Einzelnachweise mit Ingenieurverfahren erstellt und auch genehmigt. Das ist hier auch geschehen. Von der Firma TraffGo HT ist eine Simulationsberechnung für die Entfluchtung dieses Geländes durchgeführt worden, die Gegenstand des Brandschutzkonzeptes gewesen ist. Das kann ich zumindest der Presse und dem Bescheid entnehmen, der allen vorliegt.   Denn diese Simulationsberechnung war Gegenstand der Baugenehmigung."    
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Blue

Ist es denkbar, dass es zu keiner Katastrophe gekommen wäre, hätte es die Stolperfallen nicht gegeben?

Angenommen Du hast Recht, macht fuer mich nicht nur eine einzige Forschungsfrage Sinn: Wie verfährt man mit einer (zu großen) Besuchergruppe, die auf ein Festgelände will, welches annähernd voll ist unter Voraussetzung, dass nicht alle Besucher auf das Festgelände gelangen sollen? Man untersucht die Lösung, ob ein Stau, erzeugt von drei Seiten, bedingt durch zwei Eingänge, die sich zu einem schmaleren verdichten und einer weiteren, die einen gleichzeitigen Ausgang darstellt, dienlich ist? Wir duerfen nicht vergessen, Kluepfel und Schreckenberg sind in aller erster Linie Stauforscher im Bereich Verkehr von Fußgängern und anderweitiger Verkehrsmittel, so Autos und Schiffe. Sie sind hingegegen bis dato anderes lautender Pressemitteilung weder Panik- noch Katastrophenforscher. Die Verdichtung auf der Rampe durch breit gestellte Zäune mit dem Alibi Autos deuten in der Tat darauf hin und zusätzlich, das sehe ich genauso, die zweifache Wegfuerhung, begruendet durch eine einzige Tatsache: Das V.gelände ist in der Kapazität begrenzt + es kommen zu viele, da freier Eintritt, sodass es unmöglich sein wird die Schleusen dauerhaft zu halten, also macht man diese auf, wie geschehen.

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Felix Licht schrieb:

Blue

Ist es denkbar, dass es zu keiner Katastrophe gekommen wäre, hätte es die Stolperfallen nicht gegeben?

Die lebensgefährlichen Wellenbewegungen wurden nicht alle durch die Stolperfallen ausgelöst. Zu solchen Wellenbewegungen kam es übrigens auch oben auf dem Festivalgelände an Stellen, an denen es zu eng war.

Außerdem gibt es bei den Stolperfallen meines Wissens nach zwar die meisten, aber eben nicht alle Toten.

Wir müssen also davon ausgehen, dass es auch ohne Stolperfallen zu Toten gekommen wäre, eben zu einigen weniger.

 

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Blue

Denn eines ist ganz entscheidend, und dies interessierte vor allem das Land NRW: Wären es mehr Besucher gewesen, die auf das V.gelände gelangen als vertraglich vereinbart, so wäre die AXA von Lopavent nicht schadenersatzpflichtig gewesen, sondern einzig und allein das Land NRW. Daher halte ich es fuer möglich, dass deshalb auch schon RiMEA zum Einsatz kam und alles dran zu setzen, dass genau das auszuschließen ist. Eigentlich denke ich, klar wollten die keine Stolperfallen, wenn man sich allerdings mit den Forschungen mal näher beschäftigt, stößt man auch auf die "Herausforderung" Hindernisse, an der natuerlich genauso kollektiv gearbeitet wird. Man wollte die Menschen freilich nicht stolpern und stuerzen lassen, aber genauso wenig, wie u.a. Schreckenbergs Forschungsergebnisse ergeben haben, dass sich entgegen kommende Fußgänger meistens nicht anrempeln, so geht man davon aus, dass "Hindernisse" meistens keine darstellen. Die Forscher erachten "unser" Ausweichen fuer "natuerlich. Dass es dann doch zu einer Katastrophe kam, mag darin begruendet liegen, dass zu viele einströmten wegen Öffnung der Westschleusen. Versuch gescheitert, Forschung erneut.

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@ Lothar #51

Mag ja sein, dass Du durch dein täglich Brot der vielen Interviews mehr Menschenkenntnis hast als ich, aber vielleicht hat dein Blickwinkel jetzt ja auch ein wenig den 'touch' des Kölners, der aus der altehrwürdigen Weltkulturerbemetropole Köln ein wenig verächtlich oder ungläubig, skeptisch, eifersüchtig (..nicht persönlich gemeint, gesellschaftlich) auf den Newcomer und Gernegroß Ruhrmetropole herabschaut. Ich würde jedenfalls den vielen an der Lopa beteiligten Planern, als die verantwortlich handelnden Menschen, die sie ja nun auch sind, nicht durch die Bank solchen tödlichen Leichtsinn unterstellen. Ich glaube einfach nicht, dass die alle als Verantwortung tragende Individuen so schlecht sind. Aber in der Summe, also beim Zusammenwirken an einem so komplexen großen Ereignis, kann das sehr anders aussehen. Wer sich hier aus welcher Position heraus durchsetzte, mithin die stärkere 'Fraktion' war, das ist allerdings noch offen. Das Ergebnis dieser, die sich durchgesetzt haben, haben wir aber schon mal anschaulich vor Augen.

 

Zitat "Jetzt brauchen wir nur noch für VIPs und Presse einen eigenen Eingang ohne stundenlangen Fussmarsch, sondern mit Shuttle Service und steht Otto Normalbesucher im Tunnel"

Was du damit beschreibst, dürfte schon mal ein deutliches Symptom des, von dieser im Stillen stark gewordenen Fraktion, gepflegten Menschenbildes sein. Damit könntest du nah dran sein. Möglicherweise ist diese ganze Ruhrmetropolenidee vorrangig aus dieser aufstrebenden 'Küche', die weder ausschließlich bei Lopavent, noch bei der Stadt noch beim Land NRW noch beim Bund anzusiedeln ist sondern in einer 'Fraktion', die in all denen vertreten ist. Querbeetvernetzung ist im Informationszeitalter ja eine Leichtigkeit.

 

Wenn ja, also wenn meine Vermutung stimmt, dann wundert das Ergebnis nicht. Aber wir sollten nicht die Illusion haben, dass diese Köche sich von der Katastrophe, die sie ausgelöst haben, in ihrem menschenverachtenden Wahn bremsen lassen. Im Gegenteil wird man sie gekonnt zu noch größerem eigenen Vorteil zu nutzen wissen.  

 

Aber wenn, dann sollten wir dieses Thema vielleicht besser auf Studio Blog weiter diskutieren. Ist zwar letztendlich strafrechtlich sehr wohl auch relevant, weil es darum gehen wird, Gesetze zu schaffen, die solch menschenverachtendes Tun in Schranken halten können, aber hier geht es ja erst mal um vorhandene Gesetze, die, würden sie eingehalten, schon eine Menge bewirken könnten, aber wohl nicht mehr alles und eben speziell nicht diese ganz neuen Probleme.   

In solchen Umbruchzeiten ist der Souverän gefragt. Das praktizieren wir hier ja...

Studio Blog: http://www.studio2010loveparade.wordpress.com

Blue

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Herr Prof. Mueller und/oder Die Leserin, guten Tag,

angenommen es ginge (auch) um das Anprangern bestehender Gestzesluecken, wäre dann das Ministerium f. Bauen und Verkehr in NRW in erster Linie betroffen? Die uebrigens ja auch etliche Forschungsfelder unterhalten.

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Blabla

"Es herrscht kein kausaler Zusammenhang zwischen reduzierter Fluchtwegebreite und dem Unglück. Das sagt im übrigen auch Prof. Müller."

Falsch. Ich sage, es bestand ein kausaler Zusammenhang mit fehlenden RETTUNGSwegen. Und einige andere.

"Falsch, es gibt keinen "Panikforscher". Das ist ein Prdoukt der Medien."

Falsch. Es ist ein Produkt der Stadtvertreter (DMG, Rabe, OB, Sprecher?). Die super Medien schrieben das ab und wissens bis heute nicht besser. Richtig ist, dass Schreckenberg sagte, dass es eigentlich gar keine Panik gäbe, ergo auch keine Panikforscher.

" Sich selbst hat aber keiner der beiden je als "Panik und Katastrophenforscher" tituliert."

Hab ich nirgends behauptet.

"Soweit ich es überblicke, hat Klüpfel seit seiner Promotion nie etwas anderes gemacht als Fußgängerdynamik."

+ Evakuierungs- und Entfluchtungsforschung, aber anyway.

"Falsch, RiMEA gibt es schon lange und dient dazu, die Anwendung von Evakuierungssimulationen zu standardisieren."

Mag sein, aber den Rimea-Verein, dessen (Mit-)Initiatoren Schreckenberg und Kluepfel sind gibt es seit letztem Jahr erst. Wortlaut: "Am 13.04.2010 fand in Köln die Gründungsversammlung des RiMEA e.V. statt." (s. HP)

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Felix Licht schrieb:
Ist es denkbar, dass es zu keiner Katastrophe gekommen wäre, hätte es die Stolperfallen nicht gegeben?  Angenommen Du hast Recht,.....

Davon gehe ich aus.

Zu Beginn meiner Recherche, als ich das erste mal live vor dem Gully stand, war für mich klar, das war' s. Ich habe sämtliche anderen Erwägungen fallen lassen, wollte es eigentlich schon gut sein lassen. Doch klar war dann eben auch, dass die Stolperfallen ohne die Massenansammlung nicht zum tödlichen Verhängnis geworden wären. Deshalb blieb ich bei der  Dokusuche am Ball.

Erst  während der Beobachtung des Verhaltens aller Beteiligten an der Aufarbeitung der katastrophalen Ereignisse, Blogs inklusive, war allmählich alles wieder offen. Wegen der zunehmenden Widersprüche und Unklarheiten musste man neu fragen, was außer den Stolperfallen im weiteren noch dahinter steckt. Wenn sich nun die bloße Entscheidung für das Bauwerk Tunnel-Rampe immer deutlicher neben den Stolperfallen als die noch fehlende zweite Ursache herausschält, nämlich die Entstehung der Masse an just der Stelle wo die Stolperfallen waren, während das Bauwerk in seiner Funktion als Nadelöhr von Ein- und Ausgang für die Realisierung der Lopa nicht zwingend war, dann muss eben  nochmal ganz anders gefragt werden.

die Leserin schrieb:
Die lebensgefährlichen Wellenbewegungen wurden nicht alle durch die Stolperfallen ausgelöst. Zu solchen Wellenbewegungen kam es übrigens auch oben auf dem Festivalgelände an Stellen, an denen es zu eng war.

 

Nirgendwo wird behauptet, dass die Stolperfallen Wellenbeweghungen ausgelöst haben. Sie haben sie vielmehr tödlich unterbrochen, dadurch dass Besucher während der Wellenschiebung, die deutlich auf Videos zu erkennen sind, von unten her blockiert wurden. Solche Stolperfallen zusammen mit unausweichlicher Masse an anderen Stellen, hätten ähnliche Wirkung gehabt. Hier aber ist das Knäuel wegen der absolut unausweichlichen Situation durch die hohen Mauern mehrfach vergrößert worden in einer Zeit wo bei ausreichend Fluchtwegen längst Hilfe hätte da sein können.

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@ Felix Licht # 53,54

Deine Erwägungen wegen Lopavent+Axa+ NRW-Haftung etc. mögen als Konsequenz stimmen, aber sie sind doch alle auch nur die Folge der Entscheidung für den Hexenkessel Tunnel-Rampe. Wer die letztendlich und durchschlagend herbeigeführt hat, wissen wir immer noch nicht. Herr Schaller hat das alles wohl nach außen hin verkündet, vertreten, gefordert etc. Mag sein, dass er wusste, was er tat, aber ich bezweifle das und frage mich eher:

 

Wer hat ihn beraten?

 

Wie Lothar beschreibt, war Schaller über den Fund dieses Bauwerks und die 'geniale' Lösung,  die es scheinbar bot, womöglich genauso blind glücklich wie alle anderen Zuständigen, denen man sie verkaufte. Für die Verantwortlichen in NRW und ihrem unbedingten Willen zur Lopa war wohl erst dieses Angebot der Auslöser der unsäglichen 'geistigen Umnachtung' aller Involvierten bezüglich des großen Risikos dieses Bauwerks. Und dann hatte man da ja diese schlauen Simulationsanalysten zur Hand, die sich zutrauten, fern der Realität am schlauen PC dieser Problematik Herr werden zu können.

 

Ob somit die Konvergenz nur dieser zweier starker - gleichwohl natürlicher - Antriebe  die 'geistige Umnachtung' aller ausgelöst hat, lässt sich nur klären wenn man weiß, wer, warum, wann die Fixierung auf das Bauwerk Tunnel-Rampe ausgelöst hat. Tatsache ist, dass dieses Bauwerk in der Nutzung als Nadelöhr nicht notwendig war, um die Lopa zu realisieren, auch nicht für die VIPs und das Ruhrmetropolenprestige. Das aber legt dann eben nahe, dass ein dritter noch unerkannter Antrieb das Bauwerk wegen eines ebenso noch unerkannten Interesses promoted hat, sich aber jetzt der Verantwortung entzieht und angesichts der verdeckten Vorgehensweise dies auch problemlos kann.

Verständlicherweise bringt das alle andern in Bedrängnis. Ist nicht das gesamte öffentliche Verhalten der Beteiligten, das Hin und Herschieben der Verantwortung etc.  deutliches Symptom eines solchen Szenarios? ...auch wenn niemand das stolzerweise wahrhaben will?

Wahrheit wäre in dem Fall nur mit einer radikalen Ehrlichkeit aller Beteiligten der beiden erst genannten Kräfte möglich.

 

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Vielen Dank Herr Evers, aber ich schätze, dass Die Leserin jetzt auch noch Herrn Rübel Unwissenheit vorwerfen wird...

 

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Blabla schrieb:

Vielen Dank Herr Evers, aber ich schätze, dass Die Leserin jetzt auch noch Herrn Rübel Unwissenheit vorwerfen wird...

Ich komme ja weder aus der Bau- noch aus der Veranstaltungsbranche. Sehe auch die Gefahr dass diese Gutachten nicht unbedingt verstanden und einfach durchgewunken werden.

Die Katastrophe "Loveparade" sollte jedoch dringend dazu genutzt werden, zu transparenten, vor aöllem aber Sicherheit wirklich garantierenden Regelungen zu kommen. z.B auch für ausreichend bemessene Ein- und Ausgänge. Halte diese offensichtlich in der Sonderbauverordnung nicht geregelte Frage, die Herr Rübel gerne in die Sicherheitskonzepte verbannen möchte für genuin baurechtlich. 
Rübel in der gleichen Sitzung:
"Zum Thema Sonderbauverordnung: Es ist richtig, dass die Sonderbauverordnung

keine Regelungen über die Art und Weise enthält, wie man auf ein Veranstaltungsgelände kommt, sondern die Sonderbauverordnung enthält tatsächlich nur eine Vorgabe, wie in Gefahrenfällen, bei Bränden oder ähnlichen Gefahrenfällen, Personen aus einem Gebäude oder von einer Veranstaltungsfläche in geeigneter Weise vom Gelände herunterkommen und sich in Sicherheit bringen können. Die Sonderbauverordnung verlässt sich, was den Zugang angeht, auf das Sicherheitskonzept. Es muss nach den Vorgaben der Sonderbauverordnung zum Zeitpunkt der Genehmigung vorliegen. Das ist eigentlich die Schnittstelle zwischen der Sonderbauverordnung und dem Sicherheitskonzept, was dann auch den Zugangsbereich regeln müsste."
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Da richtetet niemand das Gelände her. -Lothar

 

Das ist so nicht ganz richtig.... es wurden die Seitenstreifen gerodet und irgendwelche Wellblech-Schuppen entfernt... soweit ich mich erinnere...

 

 

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Daphne schrieb:

Da richtetet niemand das Gelände her. -Lothar

 

Das ist so nicht ganz richtig.... es wurden die Seitenstreifen gerodet und irgendwelche Wellblech-Schuppen entfernt... soweit ich mich erinnere...

 

Ich muss das noch mal bei Aurelis recherchieren. War das nicht immer schon die Zufahrt zur Baufirma Stracke? Das ist ja ein richtig gepflaterte Strasse, wie ich gestern beim Gang die Rampe hoch feststellte.

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Lothar Evers schrieb:

Daphne schrieb:

"Da richtetet niemand das Gelände her". -Lothar

Das ist so nicht ganz richtig.... es wurden die Seitenstreifen gerodet und irgendwelche Wellblech-Schuppen entfernt... soweit ich mich erinnere...

Ich muss das noch mal bei Aurelis recherchieren. War das nicht immer schon die Zufahrt zur Baufirma Stracke? Das ist ja ein richtig gepflaterte Strasse, wie ich gestern beim Gang die Rampe hoch feststellte.
.....Kopfsteinpflaster...

Lothar, das mit der Zuständigkeit für die Instandsetzung des Geländes ist doch schon auf Doku geklärt worden. Wegen der auch heute noch ungeklärten Besitzverhältnisse (Aurelis,Krieger,Bahn) hatte Lopavent von Aurelis  während der Vorbereitungszeit für die Lopa alle Rechte erhalten, ...so wie ich das verstanden habe. Und das betrifft das ganze Areal bis zur Karl Lehr-Str.  Da gibt es kein Niemandsland. Letzteres betrifft wohl nur die schlaue Zuständigkeitsaufteilung am Veranstaltungstag.

Es ist durchaus möglich, dass der Gully noch am Veranstaltungstag morgens von einem der arbeitenden Traktoren mit dem Hinterrad eingebrochen wurde.

Die Googlefotos des Gully von 2007 lassen nicht ganz sicher erkennen, ob der dort befindliche Schatten schon von dem Gullyloch war oder nur von den Vorfahrtschild, dessen Schatten exakt über dem Gullyloch gelegen haben konnte. Ich meine das war schon damals das Gullyloch, weil der Schatten sehr dunkel war. Sicher ist das aber anhand des Fotos nicht auszumachen. Es war also entweder ausreichend Zeit den zu reparieren, oder aber das Loch entstand so kurz vorher, dass seine Beseitigung zu einem großen Problem wurde.

Schau mal auf Doku nach, oder in meiner Bluemoonsun Repräsentation. Da ist das Googlefoto auch.

Blue

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studio2010loveparade schrieb:
Lothar, das mit der Zuständigkeit für die Instandsetzung des Geländes ist doch schon auf Doku geklärt worden. Wegen der auch heute noch ungeklärten Besitzverhältnisse (Aurelis,Krieger,Bahn) hatte Lopavent von Aurelis  während der Vorbereitungszeit für die Lopa alle Rechte erhalten, ...so wie ich das verstanden habe. Und das betrifft das ganze Areal bis zur Karl Lehr-Str.  Da gibt es kein Niemandsland. Letzteres betrifft wohl nur die schlaue Zuständigkeitsaufteilung am Veranstaltungstag.

Es ist durchaus möglich, dass der Gully noch am Veranstaltungstag morgens von einem der arbeitenden Traktoren mit dem Hinterrad eingebrochen wurde.


Parallel zur Überlassung des Geländes gab es eine Beschreibung der zu erledigenden Arbeiten.
Die kennen wir nicht. 
Bezog sie sich auch auf das Arreal mit dem Gully. Ist die Instandsetzung/Überprüfung des Gullys / der Kanalisation beschrieben?
Wenn er erst am Morgen beschädigt wurde:
wer hätte das merken, melden reparieren müssen?

Faskt ist nur: der Gully befand sich im Niemandland für dessen Prüfung und Abnahme sich weder Bauamt, noch Ordnungsamt noch Bezirksamt Mitte zuständig fühlte.

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Ergänzend möchte ich an dieser Stelle etwas zum Verhältnis zwischen solchen Vorschriften (förmlichen Gesetzen und Verordnungen) und dem Strafrecht sagen, weil ich glaube, da herrschen einige Missverständnisse: Die Leserin meint, da Ausnahmen nicht ausdrücklich zugelassen seien, seien sie ausdrücklich verboten. BlaBla meint, da Ausnahmen nicht präzisiert seien, seien (jegliche) erlaubt, sofern nur ein Evakuierungsgutachten geliefert werde.  Herr Evers meint, da im Gesetz nichts genaues drinsteht, müsste es wohl neu geregelt werden.

Es ist ein bisschen komplizierter. Erlaubt eine Vorschrift eine bestimmte Vorgehensweise ausdrücklich oder entspricht ein Verhalten dem "Stand der Technik", dann spricht man vom erlaubten Risiko, wenn sich jemand innerhalb dieser Grenzen bewegt, d.h. er kann nicht bestraft werden. Aber ist etwas nicht präzise in Vorschriften geregelt - also zB der Zugang zu einer Veranstaltungsstätte -  oder gibt es (noch) keinen "Stand der Technik" - also zB hinsichtlich einer (wahrscheinlich bisher einzigartigen) ganztägigen  Musik/Tanzveranstaltung mit ständigem Kommen und Gehen von mehreren hunderttausend Menschen auf einem abgezäunten Gelände -  dann wird vom Juristen (d.h. im Endeffekt dem Staatsanwalt oder dem Richter) praktisch ad hoc eine Sorgfaltspflicht entwickelt und präzisiert. Da geht es dann auch um so etwas wie "gesunden Menschenverstand", "allg. obj.  Vorhersehbarkeit von Schadensereignissen" etc. Dann kann es auch auf die Expertise derjenigen ankommen, die hier mit Entscheidungen betraut werden - wer sich besser auskennt oder wer aufgrund seiner besseren Kenntnisse befragt wird, der hat dann ggf. auch eine Verantwortung. Wer sich für seine Expertise bezahlen lässt, der nimmt ggf auch strafrechtlich ein höheres Risiko auf sich.  Wer erkennt, dass ein Evakuierungsgutachten für diese so geplante Veranstaltung im Hinblick auf die Sicherheit wenig(er) aussagt, als zB. für ein Fußballspiel oder Konzert mit festen Anfangs- und Endzeiten, der hat ggf. darauf hinzuweisen und kann nicht einfach nach seiner Routine so vorgehen, als handele es sich um eine x-beliebige Versammlungsstätte. Das gilt immerhin für die Situation wie sie hier geplant war und den Gutachtern bekannt: Ein Flaschenhals, durch den sich dne ganzen Tag hunderttausende Menschen hin und zurück bewegen sollten. Solche Gefahren sind durchaus auch in der Fußgängerdynamikforschung bekannt. Wer möchte, lese zB diesen Artikel, der Herrn Kluepfel und Herrn Schreckenberg bekannt sein dürfte.

Es wird im Ergebnis also nicht so streng und eindeutig sein wie die Leserin sagt (offensichtlicher Gesetzesverstoß, bei dem die Gutachter geholfen haben) aber auch nicht so, wie BlaBla glaubt (wird ständig so gemacht, ist also selbstverständlich in Ordnung). Die richtige Subsumtion verläuft in der Mitte zwischen diesen Positionen. Ja, es gibt Ausnahmen, aber dennoch wird man im Einzelfall prüfen können und müssen, ob diese Ausnahme tatsächlich noch im erlaubten Risiko verlief.

Henning Ernst Müller schrieb:

BlaBla meint, da Ausnahmen nicht präzisiert seien, seien (jegliche) erlaubt, sofern nur ein Evakuierungsgutachten geliefert werde. 

Da zitieren Sie mich völlig aus dem Zusammenhang, doch ich habe die Hoffnung, dass Sie es verstehen: Ausnahmen sind prinzipiell erlaubt, solange anhand von Ingenieurmethoden nachgewiesen wird, dass dasselbe Sicherheitsniveau gewährleistet wird. Ingenieurmethoden bezeichnet dabei alle anerkannten Verfahren, die zum Stand der Technik gehören. Da es z.B. mit dem RiMEA Projekt eine publizierte Richtlinie zur Anwendung von Entfluchtungssimulationen gibt, ist dieses Verfahren abgesichert und kann sich die Behörde, als Nicht-Experte, drauf verlassen.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Herr Evers meint, da im Gesetz nichts genaues drinsteht, müsste es wohl neu geregelt werden.

Auch zu einfach, Herr Evers will eher darauf hinaus, dass sich alle Vorgaben auf Notfälle (z.B. Entfluchtungen) beziehen und der Alltagsablauf bei der Genehmigung unter geht. So meine ich ihn zumindest zu verstehen.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Ein Flaschenhals, durch den sich dne ganzen Tag hunderttausende Menschen hin und zurück bewegen sollten. Solche Gefahren sind durchaus auch in der Fußgängerdynamikforschung bekannt.

Wie gesagt, hier machen Sie es sich zu einfach. Nach gängigen Fundamentaldiagrammen (Hankin & Wright, Predtechenskii and Milinskii) würden Sie über die Rampe auch 147k Personen/h bringen. Herrschten eigentlich schon VOR der Sperrung Zustände mit gefährlichen Dichten auf der Rampe?

 

Henning Ernst Müller schrieb:

aber auch nicht so, wie BlaBla glaubt (wird ständig so gemacht, ist also selbstverständlich in Ordnung).

Ich weiß ehrlich nicht, was ich außer Wiederholung noch machen soll. Rufen Sie einfach mal bei einem größeren Brandschutzbüro an und lassen Sie sich den Begriff "Ingenieurmethoden" erklären.

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Blabla schrieb:
Herrschten eigentlich schon VOR der Sperrung Zustände mit gefährlichen Dichten auf der Rampe? 

Ja heftigst und stundenlang an der Engstell am Rampenkopf fast kontinuierlich sich stets nach unten ausweitend. Deswegen trampelten die Besucher schon früh die Einzäunungne der beiden Rampenböschungen nieder.

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Lothar Evers schrieb:

Blabla schrieb:
Herrschten eigentlich schon VOR der Sperrung Zustände mit gefährlichen Dichten auf der Rampe? 

Ja heftigst und stundenlang an der Engstell am Rampenkopf fast kontinuierlich sich stets nach unten ausweitend. Deswegen trampelten die Besucher schon früh die Einzäunungne der beiden Rampenböschungen nieder.

Ist jetzt reinste Spekulation, aber das war dann vermutlich Rückstau vom Veranstaltungsgelände und die Polizei hat im guten Glauben, den Rampenkopf zu entlasten am unteren Ende gesperrt, wurde dann allerdings davon überrascht, dass sich durch die abströmenden Besucher ein gigantischer Pfropfen oberhalb der Sperre bildete und die Situation letztendlich nicht aufzulösen war.

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Blabla schrieb:

Lothar Evers schrieb:

Blabla schrieb:
Herrschten eigentlich schon VOR der Sperrung Zustände mit gefährlichen Dichten auf der Rampe? 

Ja heftigst und stundenlang an der Engstell am Rampenkopf fast kontinuierlich sich stets nach unten ausweitend. Deswegen trampelten die Besucher schon früh die Einzäunungne der beiden Rampenböschungen nieder.

Ist jetzt reinste Spekulation, aber das war dann vermutlich Rückstau vom Veranstaltungsgelände und die Polizei hat im guten Glauben, den Rampenkopf zu entlasten am unteren Ende gesperrt, wurde dann allerdings davon überrascht, dass sich durch die abströmenden Besucher ein gigantischer Pfropfen oberhalb der Sperre bildete und die Situation letztendlich nicht aufzulösen war.

 

Unglaublich. Wir beschäftigen uns seit Monaten intensiv mit den Vorkommnissen auf der Loveparade.

Eines Tages tanzt jemand daher, der sich Blabla nennt, und stellt wild Behauptungen in den Raum wie z.B.: "Ist jetzt reinste Spekulation."

 

Lieber Blabla,

halten Sie es nicht für angebracht, sich auch nur einen Bruchteil des Wissens anhand von Dokumenten, Kameraaufnahmen und Rechercheergebnissen anzueignen, das wir uns hier mittlerweile erarbeitet haben, bevor Sie etwas aus Lust und Laune heraus als Spekulation bezeichnen?

Lassen Sie sich bitte gesagt sein, dass ein Kern der hiesigen Diskussionsteilnehmer ausschließlich Aussagen akzeptiert, welche belegt sind.

Die haarsträubenden Zustände auf der Rampe VOR der Polizeisperre haben wir detailliert belegt - sowohl in den verschiedenen Beck-Blogs von Herrn Prof. Müller zur Loveparade, empfohlen seien hierzu zusätzlich die Rechercheergebnisse auf loveparade2010doku.

Bevor Sie dergleichen infrage stellen, sollten Sie für Ihre Aussagen ebenfalls Belege erarbeitet haben.

 

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Blabla schrieb:

Ausnahmen sind prinzipiell erlaubt, solange anhand von Ingenieurmethoden nachgewiesen wird, dass dasselbe Sicherheitsniveau gewährleistet wird.

Ich habe sie schon einmal darum gebeten, mir diese Behauptung durch einen entsprechenden Gesetzestext zu belegen und wiederhole diese Bitte hiermit.

 

Bis zu diesem Beleg Ihrerseits gehe ich davon aus, dass sich Ihr Ansinnen jenseits gesetzlicher Vorgaben bewegt.

 

Bitte versuchen Sie nicht weiterhin, mir zu antworten, dies sei gängige Praxis. Sollte sich die gängige Praxis tatsächlich im von Ihnen behaupteten Umfang jenseitig unserer Gesetze bewegen, so wäre es umso dringlicher, dem Einhalt zu gebieten.

 

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Die Leserin schrieb:

Ich habe sie schon einmal darum gebeten, mir diese Behauptung durch einen entsprechenden Gesetzestext zu belegen und wiederhole diese Bitte hiermit.

Siehe Post #65 weiter oben.

 

Die Leserin schrieb:

Vor der Sperrung herrschten haarsträubende, sehr gefährliche Zustände auf der Rampe.

In dem verlinkten, von Ihnen selbst geschriebenen Beitrag, kommen Sie selbst zu dem Schluss, dass der Stau auf der Rampe durch Rückstau vom Gelände herunter entstand. Oder kennen Sie Zahlen, wie viele Leute zu dieser Zeit tatsächlich vom Gelände herunter strömten? Ich kann nicht ganz nachvollziehen, weshalb Sie sich dann in Post #90 so aufregen?

 

Die Leserin schrieb:

Möchten Sie uns damit aufheitern?

Hihi, nööööööö. Eine Diskussion, die nur eine Seite vertritt ist keine Diskussion. Weil das hier der Fall war, habe ich mich eingeklinkt, um als Advocatus Diaboli mal ein paar Gegenpositionen zu vertreten. Sie sagen bei allem, dass es im Genehmigungsprozess hätte auffallen müssen. Ich sehe hierzu allerdings keinen wahren Grund. Stattdessen scheinen Sie mir eher aus der "hinterher ist man immer schlauer"-Position zu diskutieren und unterstellen den Gutachtern, das "Hinterher" schon vorher gekannt zu haben.

 

Prof. Dr. Henning Ernst Müller schrieb:

Das Gegenteil ist allerdings der Fall, wenn dieselbe Profession - im Angesicht eines Ereignisses, dessen Verhinderung sie doch anstreben sollte  - den Eindruck erweckt, als ginge es ihr v.a. darum, ihren eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, nachdem mit ihrer Hilfestellung eine Veranstaltung genehmigt wurde, die sie mit gutem Gewissen nicht hätte befürworten dürfen.

Sie zitieren hier Helbing, der sagt, dass man diese Phänomene mit SIMULATIONEN untersuchen kann. Das bedeutet, dass Sie Laufrichtungen und Geometrieen abbilden und anhand der Simulation analysieren. Ihr Schluß, dass man also nur durch Draufgucken und einfachem Abschätzen die Sache ebenso analysieren kann, erweist sich damit wohl als falsch.

 

[quote= Felix Licht]

Da spricht der eiskalte und berechnende Wissenschaftler, den Menschenleben nicht interessieren.

[quote]

Falsch. Wie schon oben beschrieben, können Sie solch komplexe Szenarien durch einfache Abschätzungen anhand von Flüssen nur bedingt und nur durch Draufgucken gar nicht im Vorfeld analysieren. Es ist ein generelles Problem von ALLEN Ingenieursarbeiten, dass Sie irgendwo einen Strich ziehen müssen, bis zu dem Sie bei der Planung gehen.

Hätte TraffGo nochmal die Alltagssituation analysieren sollen, hätte dies vermutlich nochmal 1 Woche Arbeit gekostet. Eine Woche einen Ingenieur auf eigene Kosten beschäftigen...?

Ein anderes Beispiel: Ein Ingenieurbüro soll die Aufhängung eines Triebwerks an einem Flügel konstruieren. Dann wird dieses Büro die Berechnungen von der Aufhängung am Flügel bis zur Aufhängung der Turbine durchführen. Meinen Sie, das Büro würde auch gleich noch (rein aus Weitsicht) den ganzen Flügel mit berechnen? Es hätte ja sein können, dass sich dort jemand verrechnet hat. Ich glaube kaum.

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Blabla schrieb:

Herrschten eigentlich schon VOR der Sperrung Zustände mit gefährlichen Dichten auf der Rampe?

Vor der Sperrung herrschten haarsträubende, sehr gefährliche Zustände auf der Rampe.

Ich habe die Vorkommnisse auf der Rampe hier:

http://blog.beck.de/2010/09/23/love-parade-unglueck-zwei-monate-nach-den-tragischen-ereignissen-im-internet-weitgehend-aufgeklaert#comment-26606 

ab Beitrag #46 anhand der Aufnahmen mehrerer Sicherheitskameras detailliert ausgewertet.

 

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Henning Ernst Müller schrieb:

Die Leserin meint, da Ausnahmen nicht ausdrücklich zugelassen seien, seien sie ausdrücklich verboten.

 

In den Verordnungen werden Fälle, in denen Ausnahmen möglich sind, genannt.

Ebenso werden andere Fälle genannt, in denen Ausnahmen im Sinne von Erleichterungen ausdrücklich nicht vorgesehen sind. Erschwerungen können hingegen im Sinne des § 3 MBO jederzeit als Ausnahmeregelung vorgegeben werden, wenn dies erforderlich ist.

 

Hier noch einmal ein bereits aufgeführtes Zitat aus der Begründung und Erläuterung zur Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten :

"Grundlage auch für den Bau von Versammlungsstätten ist zunächst die Muster-Bauordnung, deren Bestimmungen durch die MVStättV [Musterversammlungsstättenverordnung] modifiziert und konkretisiert werden. Für Tatbestände, für die die MVStättV keine speziellen - erleichternden oder erschwerenden - Regelungen enthält, sind unverändert die Vorschriften der MBO 2002 und gegebenenfalls anderer Muster-Sonderbauverordnungen anzuwenden." ""

Mit anderen Worten: Nur dann, wenn die Versammlungsstättenverordnung keine Regelungen enthält, werden die Regelungen der Musterbauverordnung herangezogen.

 

Und die Versammlungsstättenverordnung ist in einigen Punkten hinsichtlich der Loveparade in der Tat sehr eindeutig.

 

Beispielsweise steht in jedem einzelnen Satz, den die Verordnung für Rettungswege vorschreibt das Wort MUSS/MÜSSEN oder DARF NICHT/DÜRFEN NICHT.

Rettungswege sind durch NICHTS ersetzbar. Eine theoretische Berechnung von Blabla wird niemandem helfen, der einen Rettungsweg braucht. Das weiß die Versammlungsstättenverordnung und auch deren Kommentierung.

Wer dennoch Ausnahmen schafft, wird sich ggf. hoffentlich auch strafrechtlich verantworten müssen, wenn es zu Todesfällen und Verletzten kommt.

 

Und wenn wir eines ändern sollten, dann ist es solche Ausnahmen-Schafferei  - statt über eine Änderung der Gesetze zu sprechen.

Werden die Ausnahmen auch noch via Telefon-Mauschelei beschlossen, wird dabei als Ergebnis ermauschelt, dass ein Papier, wie es TraffGo vorlegte, diese Ausnahme ermöglichen kann, dann sollten wir gegen derlei Vorgehensweise aktiv werden und uns nicht einreden lassen, an den Gesetzen wäre etwas falsch.

Das sind Nebelkerzen, die geworfen werden, um vom eigentlichen Problem abzulenken, nämlich davon, dass vorhandene Gesetze nicht eingehalten werden.

 

Auch hinsichtlich der Rettungswege ist die Versammlungsstättenverordnung absolut eindeutig.

Zusätzlich wird explizit in der Kommentierung erklärt, Zitat:

"Da sich auch der Veranstaltungscharakter verändert hat und Versammlungsstätten aus wirtschaftlichen Gründen maximal ausgelastet werden, sind Abschläge bei der Ermittlung der Personenzahl nicht gerechtfertigt." ""

Nicht ohne Grund beharrte das Bauordnungsamt in Duisburg bis fast zuletzt auf der Regelung von zwei Personen pro Quadratmetern.

Hinsichtlich der entsprechenden Rettungswege wurde das Bauordnungsamt letztlich durch genau jene Argumente weichgekocht, die uns Blabla hier präsentiert - mit den bekannten Folgen.

 

Wie viele Personen durch Wege welcher Breiten passen, wird eindeutig in der Versammlungsstättenverordnung festgelegt. Dazu heißt es in der Kommentierung, Zitat:

"Durch eine Türöffnung in der Breite des Ausgangsmoduls von 1,20 m können also jeweils zwei Personen gleichzeitig den Raum verlassen; 100 Personen benötigen dafür ca. eine Minute. Für das Verlassen eines Raumes durch ein 0,60 m Modul benötigen also ca. 50 Personen eine Minute. Da durch eine Tür von 0,80 m, 0,90 m oder 1 m Breite jeweils nur eine Person gehen kann, ändert sich diese Räumungszeit dafür nicht. Erst bei einer Verdoppelung auf zwei Module à 0,60 m verdoppelt sich auch die Durchgangskapazität. Daraus ergeben sich die Mindestbreiten der Rettungswege je darauf angewiesener Personen" "

Dies ist die Formel, die nicht nur Aus-, sondern auch Eingängen zugrunde zu legen ist, weil diese Formel gesetzlich festgelegt wurde.

 

Blabla nun stellt sich hin und behauptet, es besser zu wissen als das Gesetz.

Schön und gut. Aber er/sie erdreistet sich obendrein, deshalb permanente Ausnahmen vom Gesetz zu verlangen.

 

Leben wir eigentlich in einer Demokratie oder in einer Blabla-Diktatur?

Sollte Blabla der Ansicht sein, bessere Gesetze auf den Weg bringen zu können, so gibt es in einer Demokratie dafür vorgeschriebene Wege. Und die Gründe dafür sind sehr gute Gründe,

Blabla aber findet dafür offenbar einen anderen Weg adäquat, z.B. ein Telefonat mit einem Menschen, der in einem Ministerium sitzt. Unternehmen, die damit Geld verdienen, sollen via persönlichem Kontakt zu Leuten in Ministerien und/oder Genehmigungsbehörden bestimmen können, welche Sicherheitsvorkehrungen angewandt werden, welche Menschenmassen man meint, durch Ein- und Ausgänge zu bekommen, ob und wie viele Rettungswege gebraucht werden.

Um der Öffentlichkeit diese Vorgehensweise schmackhaft zu machen, wird der Anschein erweckt, die vorhandenen Gesetze seien nicht ausreichend.

Tatsächlich aber geht es nicht darum, die Gesetze zu verschärfen, sondern sie durch die Dienstleistung privater Unternehmen zu ersetzen. Und was das zur Folge haben kann, hat die Loveparade mehr als deutlich gezeigt.

 

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Sehr geehrte/r Herr/Frau BlaBla,

ich habe die Positionen etwas grob vereinfacht, gebe ich gern zu. Aber ich wollte damit nur meinen Punkt verdeutlichen, dass die hier m.E. entscheidende strafrechtliche Frage woanders verläuft: Weder das Gesetz noch eine (angebliche) Ingenieurmethode entscheiden den Fall.

Ich behaupte einmal (und bin gern bereit, dies zurückzunehmen, wenn Sie mir Gegenteiliges aufzeigen):

Es gibt keine standardisierte Ingenieurmethode für den Fall, der hier vorliegt: Veranstaltungsgelände ist eingezäunt, Veranstalter rechnen mit über den Tag verteilt, hundertausenden von Menschen Zu- und Abfluss durch ein und denselben Ein/Ausgang mit einer Maximalbreite an der engsten Stelle auf Rampe/Tunnel. Ich behaupte (zum wiederholten Male) TraffGo und Schreckenberg konnten erkennen, dass das Veranstaltungskonzept hinsichtlich Zu/Ablauf nicht funktionieren konnte. TraffGo und Schreckenberg haben dies aber ignoriert bzw. verschwiegen.

Wie gesagt, hier machen Sie es sich zu einfach. Nach gängigen Fundamentaldiagrammen (Hankin & Wright, Predtechenskii and Milinskii) würden Sie über die Rampe auch 147k Personen/h bringen.

 

Bitte geben Sie mir einen Link zu Ihren "Fundamentaldiagrammen" (aber bitte MIT gegenläufigen Strömen, nicht unrealistisch einseitig), wo  bei der hier gegebenen Wegbreite 147.000 Personen/Stunde durchpassen (also 3,5 - 7mal soviel wie Herr Schreckenberg in seinen Interviews behauptet hat, je nachdem, ob man seine 20.000 für einen oder für beide Tunnels gelten lässt). Geben Sie uns den Link und weisen Sie es nach! Dann bin ich wirklich platt und gebe mich geschlagen. Wenn dies aber nicht der Fall ist und Sie uns dies nicht nachweisen können, dann bitte ich auch um Ihr Eingeständnis, dass es keine Ingenieurmethode für den entspr. Nachweis vergleichbaren Sicherheitsniveaus  für diesen Fall gibt, sondern dass die Sicherheit einfach auf ganz anderen pauschalen Annahmen beruhte, die etwa keinen Falschenhals von mehreren hundert Metern mit Gegenverkehr einberechnete, sondern von einer "normalen" Veranstaltung ausging mit nicht gegenläufigen Strömen. Kann sein, dass diese Annahmen schon Gegenstand des Gutachtenauftrags waren, aber TraffGo hatte die Information (und sie steht ja auch im Gutachten), wie die Veranstaltung ablaufen sollte. Begrenzter Auftrag hin oder her: das war sicherheitsrelevant. Beispiel: Ich gebe mein Auto in die Werkstatt und bitte um Kontrolle der Reifen, der Mechaniker entdeckt, dass die Bremsen nicht funktionieren und sagt mir nichts davon - schließlich hat er die Reifen nach dem Stand der Technik geprüft, von den Bremsen war ja schließlich nicht die Rede. Das ist, das gestehe ich zu, ein auch strafrechtlich kniffliges und nicht einheitlich beantwortetes Problem (was ich hier auch schon mehrfach angesprochen habe). Aber warum denken Sie denn, Sie könnten meine Argumentation allein damit zurückweisen, dass es schließlich noch andere Reifenexperten gibt, die sogar noch eine geringere Profiltiefe zulassen?

Wäre dann nett, wenn Sie uns zusätzlich erklären könnten, warum TraffGo dann nicht diese von Ihnen genannte geniale Ingenieurmethode verwendet hat, sondern offenbar ganz andere strengere Fundamentaldiagramme - ich kann diese im Gutachten allerdings nicht entdecken.

Herrschten eigentlich schon VOR der Sperrung Zustände mit gefährlichen Dichten auf der Rampe?

Selbstverständlich gab es auch schon vor der Sperrung gefährliche Dichten, jedenfalls waren diese absehbar. Der crowd-manager spricht davon, schon ab 14 Uhr sei es gefährlich geworden. Diese Dichten - insbesondere am Rampenkopf vor den Floats - waren ja der Anlass der Sperre auf der Rampe. Dass diese Sperre dann eine wesentliche Bedingung für die Massenturbulenz im unteren Drittel der Rampe war, ist hier schon häufig festgestellt worden, und wird der Polizei auch angelastet. Im Moment geht es darum, ob ein solches Gedränge (irgendwo im Flaschenhals) vorhersehbar war - und zwar schon aufgrund der Planung. Ich bin relativ sicher, dass dies der Fall ist und ich berufe mich dafür auf das TraffGo-Gutachten, dass eine 4-stündige Entleerung in einer Richtung ergab, also ca. 60.000 pro Stunde.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

Es gibt keine standardisierte Ingenieurmethode für den Fall, der hier vorliegt: Veranstaltungsgelände ist eingezäunt, Veranstalter rechnen mit über den Tag verteilt, hundertausenden von Menschen Zu- und Abfluss durch ein und denselben Ein/Ausgang mit einer Maximalbreite an der engsten Stelle auf Rampe/Tunnel. Ich behaupte (zum wiederholten Male) TraffGo konnte erkennen, dass das Veranstaltungskonzept hinsichtlich Zu/Ablauf nicht funktionieren konnte. TraffGO hat dies aber ignoriert bzw. verschwiegen.

Das ist ein happiger Vorwurf... Wenn ich mir den Bericht anschaue, ist die Rampe dort in allen Szenarien leer. Ich denke, dass dies entsprechend der Planungsunterlagen modelliert wurde, also dass der damalige Sachstand so aussah.

Wie breit ist die Rampe dann? In Post #7 von Flusspferd hier im Blog unter diesem Link:

http://blog.beck.de/2010/09/23/love-parade-unglueck-zwei-monate-nach-den-tragischen-ereignissen-im-internet-weitgehend-aufgeklaert

steht etwas von 28 m lichte Breite? Dann kommen Sie schon bei einem völlig unspektakulären Strom von 1,3 P/ms auf einen Durchsatz von gut 130k P/h. Und wie gesagt, entsprechend der Fundamentaldiagramme auf http://www.ped-net.org wurden auch schon Flüsse von 2 P/ms (Hankin & Wright, entspricht dann ~200k P/h) bei Experimenten gemessen. Diese Experimente sind allerdings nur für Fluß in einer Richtung gemacht worden. Auf der anderen Seite scheint es die Information von TraffGo gewesen zu sein, dass es keinen Gegenstrom gibt? Das war vielleicht auch mal Planungsstand?

Wenn Sie mit den Flüssen unter Gegenstrom nach Helbing rechnen (max 2,67 P/ms), sehen Sie, dass Sie mit den 147k Personen locker klar kommen. Der maximale Durchsatz wäre demnach bei etwa 200k P/h.

Direkt nach diesen Rechnungen von Flusspferd schreiben Sie:

"Ich gehe zudem davon aus, dass weder irgendein TraffGo-Mitarbeiter noch (zugegebenerweise) Herr Prof. Schreckenberg vor der LoPa das Gelände angeschaut haben"

Herr Klüpfel hat diese Vermutung inzwischen im Xtranews-Interview widerlegt und ich sehe keinen Grund darin, diese Aussage anzuzweifeln.

 

Also nochmal als Fazit:

Wenn TraffGo das Gelände begutachtet hat und in ihrer Analyse die Geometrie so modelliert hat, wie es gemäß der Planungsunterlagen vorgesehen war (und ich frage mich, mit welcher Begründung man dies in Zweifel ziehen sollte), dann wäre auch mit einer schnellen Abschätzung gemäß o.g. Werte der Fluß über die Rampe plausibel gewesen.

Dass vermutlich jedes Simulationsprogramm den wahren Ist-Zustand als katastrophal beschrieben hätte denke ich allerdings auch. Die praktische Umsetzung war ein Witz, hatte aber vermutlich nicht viel mit dem geplanten Szenario zu tun.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Ich gebe mein Auto in die Werkstatt und bitte um Kontrolle der Reifen, der Mechaniker entdeckt, dass die Bremsen nicht funktionieren und sagt mir nichts davon - schließlich hat er die Reifen nach dem Stand der Technik geprüft, von den Bremsen war ja schließlich nicht die Rede.

Und wenn der Mechaniker gar nicht detailliert auf die Bremse geschaut hat? Sie erwarten also, dass der Mechaniker eine Prüfung des gesamten Autos vornimmt, obwohl Sie ihm Ihr Auto nur zur Kontrolle der Reifen gegeben haben? Ich nehme an, Sie würden alle Winkelzüge der juristischen Trickkiste hervorholen, wenn er Ihnen bei der Abholung die Stunden in Rechnung stellt. :o)

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Wäre dann nett, wenn Sie uns zusätzlich erklären könnten, warum TraffGO dann nicht diese geniale Ingenieurmethode verwendet hat, sondern offenbar ganz andere Fundamentaldiagramme - ich kann diese im Gutachten allerdings nicht entdecken.

Könnten Sie diese Frage etwas genauer formulieren? Kann zwar nicht die die Köpfe der TraffGo-Leute schauen, aber eine plausible Erklärung gibt es vermutlich schon.

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[quote=Blabla] Diese Experimente sind allerdings nur für Fluß in einer Richtung gemacht worden. Auf der anderen Seite scheint es die Information von TraffGo gewesen zu sein, dass es keinen Gegenstrom gibt? Das war vielleicht auch mal Planungsstand?rtrichtungen am Duisburger Hbf: Düsseldorf uned Essen Oberhausen.

Jeder Beteiligte erst recht die genannten Experten wussten, dass da wo Feld F entfluchtet wurde. Auf der grossen Rampe zwar "ausgang 18 Meter" stand. Dieser Ausgang aber gleichzeitig der einzige Eingang zum Gelände war. Auch die Zahl der pro Stunde dort den Flüchtenden entgegen kommenden war prognostiziert.
dass daraus zu simulierende Diagramm hätte wahrscheinlich binnen kurzem den Infarkt antizipiert, der dann auch eintrat.

Ingenieurmethode hin oder her: die Duisburger Wissenschaftler mit all ihrer Mekka und Kirchentagserfahrung haben nicht über den Tellerrand der Aufträge geschaut, für die sie bezahlt wurden. Oder  -noch schlimmer- haben geschaut und ihre Erkenntnisse beschwiegen.

Gerade weil Herr Dr Klüpfel das Gelände öfter begangen hat, konnte er den Infarkt antizipieren. Er hätte seine Methode nur vom legitimatorischen Auftrag weg und dem Gesamtkonzept zuwenden müssen.

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Lothar Evers schrieb:

Gerade weil Herr Dr Klüpfel das Gelände öfter begangen hat, konnte er den Infarkt antizipieren. Er hätte seine Methode nur vom legitimatorischen Auftrag weg und dem Gesamtkonzept zuwenden müssen.

Hier wird immer wieder gefordert, dass mehr getan werden muss als beauftragt wurde. Mir ist bisher kein Unternehmen bekannt, das so selbstlos handelt... Und hätte TraffGo das getan, hätten sie die Ergebnisse vermutlich nicht rechtzeitig abliefern können. Und ich glaube Sie können sich vorstellen, was dann bzgl. Regressansprüchen usw. los gewesen wäre...

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Blabla schrieb:

Lothar Evers schrieb:

Gerade weil Herr Dr Klüpfel das Gelände öfter begangen hat, konnte er den Infarkt antizipieren. Er hätte seine Methode nur vom legitimatorischen Auftrag weg und dem Gesamtkonzept zuwenden müssen.

Hier wird immer wieder gefordert, dass mehr getan werden muss als beauftragt wurde. Mir ist bisher kein Unternehmen bekannt, das so selbstlos handelt... Und hätte TraffGo das getan, hätten sie die Ergebnisse vermutlich nicht rechtzeitig abliefern können. Und ich glaube Sie können sich vorstellen, was dann bzgl. Regressansprüchen usw. los gewesen wäre...

Ich sehe Ihr Verständnis für die Zwänge gutachtender Ingenieure. Verstehen Sie uns bitte auch, wenn wir uns mit dieser eng begrenzten Rolle des Wissenschaftlers nicht zufrieden geben wollen.

Das fängt schon bei der Vertragsgestltung an:
(Selbstverständlich?) oder (interessiert?) haben die beiden Vertragspartner über Auftrag, die dabei verwendeten Unterlagen und die Ergabnisse Stillschweigen vereinbart.

Was wir über die Entfluchtungsanalys wissen, entnehmen wir einer miserablen (einfarbigen) Kopie, die die Stadt Duisburg und Frau Dr Jasper als Anlage zu deren Schlussbericht genommen haben. Sonst wüssten wir absolut gar nichts. Was bedeutet, dass öffentlicht niemand die Beauftragung, methode und Ergebnisse dieser Wissenschaftler beurteilen oder politisch bewerten könnte.

Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, dass man bevor Lopavent Geld zur Finanzierung dieser traffgo Analyse in die Hand nimmt und anschliessend wäre eine nicht Entfluchtbarkeit das Ergebniss.
Aber angenommen:
unter dieser Vertragskonstruktion könnte die Analyse bei Lopavent in der Versenkung verschwinden.

Vergleicht man das Brandschutzkonzept von Ökotec Fire & Risk
mit der
Entfluchtungsanalyse von traffgo,
so fällt auf, dass Herr Dr Jaspers bei Okotec ungefähr fast drei Seiten als "Burteilungsgrundlagen" listet (Seite 9ff.).
bei Traffgo werden lediglich fünf Dokumente aufgeführt. 

"Die Aufteilungen des Grundrisses in Zellen erfolgt anhand der vom Auftraggeber gelieferten Pläne. Die für die Ersellung des Modells verwendeten Unterlagen und Pläne sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst."
(Hervorhebungen von mir).
Von diesen 5 Dokumenten ist bisher nur eins zugänglich:
das Veranstaltungskonzept Sicherheit vom 28.6.2010.

Erstaunlich ist, dass das Veranstaltungskonzept zur Loveparade vom 16. Juli 2010 nicht geliefert (oder etwa nur nicht verwendet?) wurde.
Es enthält detailierte Angaben zu Besucherströmen Eingangssituation etc.

Interessant auch, dass Brandschutzgutachter und Entfluchtungsgutachter mit zwei unterschiedlichen Sicherheitskonzepten vom 12.7 (Brandschutz) und 28.6. (Entfluchtung) arbeiten.

Wie hektisch gearbeitet wurde, zeigt nicht nur das oben erwähnte Beispiel des Textbausteinns "Pilger".
Auch zwei Pictogramme wurden in der Entfluchtungsanalyse vertauscht:
Abbildung 38 (Seite 53) stellt nicht die "Situation nach 120 Minuten"
sondern
die Situation nach 180 Minuten dar.
Umgekehrt verhält es sich bei Abbildung 38 Seite 54.

Es spricht auch nicht für sorgfältiges Aktenstudium des Bauamtes, dass die offensichtlich niemand auffiel.

 

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Lothar Evers schrieb:

Ich sehe Ihr Verständnis für die Zwänge gutachtender Ingenieure. Verstehen Sie uns bitte auch, wenn wir uns mit dieser eng begrenzten Rolle des Wissenschaftlers nicht zufrieden geben wollen.

Es ist ein generelles Dilemma, dass man im Vorhinein nicht mit endlosen Resourcen etwas dimensionieren kann. Irgendwann müssen Sie sagen "bis hierhin reicht mein Geld" oder "bis hierhin erscheint es mir sinnvoll". Das ist das ganz gewöhnliche Ingenieursdilemma. Aus dem Nachhinein ist sowas immer schnell zu verurteilen. Hier machen es sich die meisten zu leicht.

 

Lothar Evers schrieb:

Das fängt schon bei der Vertragsgestltung an: (Selbstverständlich?) oder (interessiert?) haben die beiden Vertragspartner über Auftrag, die dabei verwendeten Unterlagen und die Ergabnisse Stillschweigen vereinbart.

Definitiv selbstverständlich. Das ist bei solchen Arbeiten ganz normal und üblich.

 

Lothar Evers schrieb:

Was bedeutet, dass öffentlicht niemand die Beauftragung, methode und Ergebnisse dieser Wissenschaftler beurteilen oder politisch bewerten könnte.

Was die Methode angeht ist dies falsch. Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen von TraffGo, in denen sie ihr Modell beschreiben (sie Handbuch von deren Homepage sowie die umfangreiche Literaturliste). Richtig ist, dass es bzgl. der Annahmen die TraffGo vorlagen wenige Informationen gibt, was aber in meinen Augen nicht dazu führen darf, dass hier spekulativ vom schlimmsten ausgegangen wird.

 

Lothar Evers schrieb:

Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, dass man bevor Lopavent Geld zur Finanzierung dieser traffgo Analyse in die Hand nimmt und anschliessend wäre eine nicht Entfluchtbarkeit das Ergebniss.

Damit unterstellen Sie indirekt ein Gefälligkeitsgutachten. Wieder nur wilde Spekulation.

 

Lothar Evers schrieb:

Vergleicht man das Brandschutzkonzept von Ökotec Fire & Risk mit der Entfluchtungsanalyse von traffgo,
so fällt auf, dass Herr Dr Jaspers bei Okotec ungefähr fast drei Seiten als "Burteilungsgrundlagen" listet (Seite 9ff.). bei Traffgo werden lediglich fünf Dokumente aufgeführt. 

Das liegt ganz einfach dran, dass Sie für die jeweilige Aufgabe unterschiedlich viele Informationen benötigen.

 

Lothar Evers schrieb:

Erstaunlich ist, dass das Veranstaltungskonzept zur Loveparade vom 16. Juli 2010 nicht geliefert (oder etwa nur nicht verwendet?) wurde. Es enthält detailierte Angaben zu Besucherströmen Eingangssituation etc.

Da kann man natürlich wieder nur spekulieren, aber zunächst würde ich sagen, dass die detaillierten Angaben zu den Besucherströmen bei der Eingangssituation nichts mit der Entfluchtung des Gesamtgeländes zu tun haben. Wann hat TraffGo ihre Ergebnisse das erste Mal präsentiert? War das nicht irgendwo um diese Zeit? dann war die Arbeit vermutlich schon gelaufen, d.h. das Konzept lag NACH der Analyse vor?

 

Lothar Evers schrieb:

Interessant auch, dass Brandschutzgutachter und Entfluchtungsgutachter mit zwei unterschiedlichen Sicherheitskonzepten vom 12.7 (Brandschutz) und 28.6. (Entfluchtung) arbeiten.

D.h. die Informationen wurden zu unterschiedlichen Zeiten verteilt? Das hängt evtl. mit der Beauftragung zusammen? Auf der Homepage von TraffGo steht, dass sie "Anfang Juli" beauftragt wurden? Dann ist es doch logisch, dass die dann zur Verfügung stehenden Daten als Grundlage genommen werden?

 

Lothar Evers schrieb:

Wie hektisch gearbeitet wurde, zeigt nicht nur das oben erwähnte Beispiel des Textbausteinns "Pilger".
Auch zwei Pictogramme wurden in der Entfluchtungsanalyse vertauscht:

Das sind eindeutige Flüchtigkeitsfehler, ganz klar, aber daraus abzuleiten, dass alles hingeschludert wurde... Das ist mal wieder höchst spekulativ. Dass die Gutachter unter einem wahnsinnigen Zeitdruck standen ist wohl klar, doch da diese Fehler in einem ganz allgemeingültigen Kapitel auftauchen ist es in meinen Augen nicht schwerwiegend. Wer arbeitet nicht mit Textbausteinen?

Den Fehler bei der Reihenfolge der Screenshots würde ich auch eher als Flüchtigkeit, denn als Vorsatz mit Betrugsabsicht bezeichnen. Dass hier die Reihenfolge vertauscht wurde ist angesichts der Staugrößen ersichtlich.

 

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Blabla schrieb:

Lothar Evers schrieb:

Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, dass man bevor Lopavent Geld zur Finanzierung dieser traffgo Analyse in die Hand nimmt und anschliessend wäre eine nicht Entfluchtbarkeit das Ergebniss.

Damit unterstellen Sie indirekt ein Gefälligkeitsgutachten. Wieder nur wilde Spekulation.


Das unterstelle ich nicht! Es ist doch nicht illegitim einen Gutachter nicht mit völlig offenen Ergebnissen zu alimentieren. Das funktioniert doch bei Rechtsgurachten genau so.

Blabla schrieb:

Lothar Evers schrieb:

Erstaunlich ist, dass das Veranstaltungskonzept zur Loveparade vom 16. Juli 2010 nicht geliefert (oder etwa nur nicht verwendet?) wurde. Es enthält detailierte Angaben zu Besucherströmen Eingangssituation etc.

Da kann man natürlich wieder nur spekulieren, aber zunächst würde ich sagen, dass die detaillierten Angaben zu den Besucherströmen bei der Eingangssituation nichts mit der Entfluchtung des Gesamtgeländes zu tun haben. Wann hat TraffGo ihre Ergebnisse das erste Mal präsentiert? War das nicht irgendwo um diese Zeit? dann war die Arbeit vermutlich schon gelaufen, d.h. das Konzept lag NACH der Analyse vor?


Chapeau!
In der Tat liefert traffgo am 13 und das erwähnte Vernstaltungskonzept datiert drei Tage später.
Eigentümlich nur, dass Ökotec angibt erst am 12.7 beauftragt worden zu sein (Seite 5) und traffgo eigentlich einen integrierten Teil des Brandschutzkonzeptes erstellt, und von Dr Jaspers empfohlen wurde.

Allerdings lag schon länger ein Entwurf der Veranstaltungsbeschreibung vor. Habe deshalb bei traffgo nachgefragt, ob man von Lopavent eine Veranstaltungsbeschreibung bekam und nicht verwendete, oder Lopavent die Weitergabe überflüssig fand.

Eine Veranstaltung zu per Simulation entfluchten, über deren Ein- und Ausgangskonzept man nicht informiert ist, scheint mir allerdings kaum möglich.

Blabla schrieb:

Lothar Evers schrieb:

Interessant auch, dass Brandschutzgutachter und Entfluchtungsgutachter mit zwei unterschiedlichen Sicherheitskonzepten vom 12.7 (Brandschutz) und 28.6. (Entfluchtung) arbeiten.

D.h. die Informationen wurden zu unterschiedlichen Zeiten verteilt? Das hängt evtl. mit der Beauftragung zusammen? Auf der Homepage von TraffGo steht, dass sie "Anfang Juli" beauftragt wurden? Dann ist es doch logisch, dass die dann zur Verfügung stehenden Daten als Grundlage genommen werden?

Was da mit den Daten stimmt oder nicht stimmt, lassen wir mal besser offen. Es war ein integrierter Auftrag.
Jedenfalls lagen traffgo kontinuierlich Entwürfe des Brandschutzkonzeptes vor. Man durfte also z.B davon ausgehen, dass eine ELA Anlage installiert war. In dem verwendeten Sicherheitskonzept vom 28. 6. ist eine ELA nicht erwähnt. Ökotec schreibt seitenweise darüber. Sollte man extra für diesen Zweck ein eigenen Konzept mit ELA verfasst haben, dass aber dem Bauamt entweder nicht bekannt gemacht wurde? Zum Bescheid genommen hat man jedenfalls das ältere Konzept vom 28.6. 2010. Die reale ELA wurde bis heute auch nicht gefunden, obwohl das Bauamt sie bei Lopavent zweimal angefordert hatte. 
Lust auf mehr?:
http://docunews.org/loveparade/analyse/wo-waren-die-lautsprecher/

Blabla schrieb:

Lothar Evers schrieb:

Wie hektisch gearbeitet wurde, zeigt nicht nur das oben erwähnte Beispiel des Textbausteinns "Pilger".
Auch zwei Pictogramme wurden in der Entfluchtungsanalyse vertauscht:

Das sind eindeutige Flüchtigkeitsfehler, ganz klar, aber daraus abzuleiten, dass alles hingeschludert wurde... Das ist mal wieder höchst spekulativ. Dass die Gutachter unter einem wahnsinnigen Zeitdruck standen ist wohl klar, doch da diese Fehler in einem ganz allgemeingültigen Kapitel auftauchen ist es in meinen Augen nicht schwerwiegend. Wer arbeitet nicht mit Textbausteinen?

Den Fehler bei der Reihenfolge der Screenshots würde ich auch eher als Flüchtigkeit, denn als Vorsatz mit Betrugsabsicht bezeichnen. Dass hier die Reihenfolge vertauscht wurde ist angesichts der Staugrößen ersichtlich.

Sehe ich auch so!
Spricht aber nicht gerade für sorgfältiges Studium oder Erörterung, wenn Frau Dr Jasper noch im Ausgust ein fehlerhaftes Exemplar online stellt.

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Sehr geehrter Blabla,

 

nachdem es 21 auf grausame Weise getötete Menschen, hunderte Verletzter und womöglich tausende von Traumatisierten gegeben hat, tauchen Sie hier eines Tages auf und posten:

 

Blabla schrieb:

Wenn Sie mit den Flüssen unter Gegenstrom nach Helbing rechnen (max 2,67 P/ms), sehen Sie, dass Sie mit den 147k Personen locker klar kommen. Der maximale Durchsatz wäre demnach bei etwa 200k P/h.

 

Möchten Sie uns damit aufheitern?

 

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BlaBla: Das ist ein happiger Vorwurf... Wenn ich mir den Bericht anschaue, ist die Rampe dort in allen Szenarien leer. Ich denke, dass dies entsprechend der Planungsunterlagen modelliert wurde, also dass der damalige Sachstand so aussah.

Natürlich ist es ein happiger Vorwurf, wir reden hier immerhin über ein happiges Ereignis mit vielen Toten. Die hier aufgestellte These geht so (xte-Wiederholung): Im Gutachten wird bei der Entleerung davon ausgegangen, dass 60.000 Personen pro Stunde das Gelände verlassen können. Nach meiner Logik bezieht sich das auf die engste Stelle zwischen der oberen Ecke  der Rampe bis hin zu den Vereinzelungsanlagen (Ausgang des Geländes), ich rede nicht über die Rampe allein - Sie sind mir wieder ausgewichen! Ebenfalls im Gutachten heißt es, dass geplant ist, während mehrerer Stunden jeweils mehr als hunderttausend Personen gegenläufig durch denselben Weg zu schleusen. Dass dies "schwierig" ist, lässt sich aus diesen Informationen erkennen. Wo dann ein Pfropf genau entstehen wird, hängt natürlich von vielen verschiedenen Faktoren ab. Dass er irgendwo enstehen wird, scheint mir klar zu sein. Aus den screenshots der Entleerung lässt sich erkennen, dass u.a. am oberen Kopf der Rampe beim Rausgehen (also ohne die Floats) ein Stau entsteht. Auf der spiegelbildlich entgegengesetzten Stelle kam es tatsächlich zum Stau der Hineingehenden, wie wir wissen.

TraffGo meint nun: Wir sind eben nur beauftragt gewesen, die eine Richtung zu beurteilen, was darüber hinaus geht, interessiert uns nicht, selbst wenn wir die Fakten in unser Gutachten kopiert haben. OK, ich sage, solche Experten für Fußgängerdynamik haben zumindest ein großes moralisches Problem, denn sie wurden in einem Teilbereich für die Sicherheitsbeurteilung bezahlt und konnten erkennen, dass ein anderer Teilbereich ihrer Expertise problematisch sein würde. Auch strafrechtlich könnte dies unter bestimmten Konditionen relevant sein. Die StA hat diese Konditionen (bisher) nicht angenommen. Aber die StA verfügt vielleicht über entlastende Informationen, die wir nicht kennen (zB den genauen Gutachtenauftrag).

Und wenn der Mechaniker gar nicht detailliert auf die Bremse geschaut hat? Sie erwarten also, dass der Mechaniker eine Prüfung des gesamten Autos vornimmt, obwohl Sie ihm Ihr Auto nur zur Kontrolle der Reifen gegeben haben? Ich nehme an, Sie würden alle Winkelzüge der juristischen Trickkiste hervorholen, wenn er Ihnen bei der Abholung die Stunden in Rechnung stellt. :o)

 

Wir reden hier nicht über die Zahlung der Rechnung (=Zivilrecht), sondern über strafrechtliche Verantwortungsbereiche. Es geht nicht darum, was ich vom Mechaniker erwarte, sondern darum, was er positiv erkennt - so war mein Beispiel gebildet. Ich weiß, dass Viele wie Sie glauben: wofür ich nicht bezahlt werde, das braucht mich nicht kümmern, selbst wenn ich es erkenne. Es ist ein ähnliches Argument wie die Stadt Duisburg und die Polizei es vorbringen: Da sind wir nicht zuständig, also auch nicht verantwortlich. Ein Fehlglaube. Ein zynischer dazu. Weiß der Mechaniker, dass er Ihnen ein Fahrzeug mit defekten Bremsen zurückgibt, dann ist das durchaus strafrechtlich relevant.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Im Gutachten wird bei der Entleerung davon ausgegangen, dass 60.000 Personen pro Stunde das Gelände verlassen können. Nach meiner Logik bezieht sich das auf die engste Stelle zwischen der oberen Ecke  der Rampe bis hin zu den Vereinzelungsanlagen (Ausgang des Geländes), ich rede nicht über die Rampe allein - Sie sind mir wieder ausgewichen!

Falsch: Sie sagen es im Endeffekt selber: Man bezieht sich bei solchen einfachen Abschätzungen anhand von Flußzahlen auf die "engste Stelle". Etwas anderes bleibt Ihnen gar nicht übrig, weil die Flußzahlen nichts anderes erlauben. Sie sagen nur, wie viele Leute pro Sekunde durch einen bestimmten Querschnitt passen und berechnen damit den maximal möglichen Fluß am Flaschenhals.

 

Das ist auch gleichzeitig der große Nachteil der Handrechenverfahren, die auf Flußrechnungen basieren (worauf im übrigen auch die Verordnungen basieren!): Sie berücksichtigen dabei nur maximal mögliche Flüsse an Querschnitten und nicht den Verlauf der Zeit, also wie lange es zunächst braucht, bis die Leute die Engstelle überhaupt erreicht haben (in diesem Fall also im schlechtesten Fall erstmal über das gesamte Gelände gelaufen sind).

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Dass dies "schwierig" ist, lässt sich aus diesen Informationen erkennen. Wo dann ein Pfropf genau entstehen wird, hängt natürlich von vielen verschiedenen Faktoren ab.

Sie stellen es so dar, als hätte man dies einfach hingenommen, doch es gab diverse Maßnahmen (Sperre, Pusher) um diesem Problem, wessen man sich bewußt war, zu begegnen. Es mangelte dann eben an der Umsetzung.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Aus den screenshots der Entleerung lässt sich erkennen, dass u.a. am oberen Kopf der Rampe beim Rausgehen (also ohne die Floats) ein Stau entsteht. Auf der spiegelbildlich entgegengesetzten Stelle kam es tatsächlich zum Stau der Hineingehenden, wie wir wissen.

Bei der Entleerung wird angenommen, dass sich 250k Leute quasi gleichzeitig auf den Weg zum Ausgang begeben, was in meinen Augen nichts mit der Zu/Abstromtabelle gemein hat. Da Sie in solchen Simulationen außerdem noch ganz andere Effekte als reine Flüsse berücksichtigen (basierend auf individuellem Verhalten) kommt es zu vielen Phänomenen, die Flußrechnungen nicht vorhersagen. Behinderungen der Leute untereinander, nicht ideale Ausnutzung der vorhandenen Flächen...

Leider sind diese Zusammenhänge nicht linear, so dass Sie die Abschätzung nach Flüssen mit einem einfachen Zuschlag "hinbiegen" können. TraffGo konnte also nicht aus der einen Situation (reine Entleerung, im MITTEL 60k P/h) den Zu/Abstrom (Tabelle mit max. Peak von 145k P/h) bewerten. Sowas ginge nur, indem man es modelliert und analysiert. Deshalb kann man es wenn dann nur über eine einfache Abschätzung anhand von Flußzahlen prüfen, was wie oben beschrieben plausibel scheint.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

TraffGo meint nun: Wir sind eben nur beauftragt gewesen, die eine Richtung zu beurteilen, was darüber hinaus geht, interessiert uns nicht, selbst wenn wir die Fakten in unser Gutachten kopiert haben.

Das ist Ihre, auf keinerlei Beweis basierende Behauptung. Der Staatsanwaltschaft, die vermutlich alle Hintergründe kennt, ist da mehr Glauben zu schenken.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

denn sie wurden in einem Teilbereich für die Sicherheitsbeurteilung bezahlt und konnten erkennen, dass ein anderer Teilbereich ihrer Expertise problematisch sein würde.

Wie oben beschrieben ist dies nicht beweisbar.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Es geht nicht darum, was ich vom Mechaniker erwarte, sondern darum, was er positiv erkennt - so war mein Beispiel gebildet. [...] Weiß der Mechaniker, dass er Ihnen ein Fahrzeug mit defekten Bremsen zurückgibt, dann ist das durchaus strafrechtlich relevant.

Und ich habe es durch den fett gedruckten Ausdruck "erkennt" versucht deutlich zu machen. Sie erwarten also, dass der Mechaniker das gesamte Auto überprüft, obwohl er nur seine Leere ins Reifenprofil drücken soll? Bitte nennen Sie mir solch altruistisch handelnde Unternehmen!

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Blabla #75 schrieb:
Ausnahmen sind prinzipiell erlaubt, solange anhand von Ingenieurmethoden nachgewiesen wird, dass dasselbe Sicherheitsniveau gewährleistet wird. Ingenieurmethoden bezeichnet dabei alle anerkannten Verfahren, die zum Stand der Technik gehören. Da es z.B. mit dem RiMEA Projekt eine publizierte Richtlinie zur Anwendung von Entfluchtungssimulationen gibt, ist dieses Verfahren abgesichert und kann sich die Behörde, als Nicht-Experte, drauf verlassen.

 

Das hat Duisburg dann wohl auch locker und verhängnisvoll gemacht.

 

Und Ihre Zunft? Sie müssen doch zugeben, dass solche Verfahren den Simulationsanalytikern dadurch keinen Freibrief geben, in mathematischen Wolken zu schweben, abgehoben von der Alltagsrealität des analysierten Ereignisses und irgendwelche in etwa passende Gutachten ausstellen zu können, ohne eine menschenwürdige Umsetzung dieser abgehobenen, 'hehren' Rechnereien  im Kontext des realen Geschehens zu berücksichtigen, auch wenn das über den Tellerrand des Auftrags hinaus geht? 

...wie Dr. Müller recht aufschlussreich schreibt:

Quote:
....dann wird vom Juristen (d.h. im Endeffekt dem Staatsanwalt oder dem Richter) praktisch ad hoc eine Sorgfaltspflicht entwickelt und präzisiert. Da geht es dann auch um so etwas wie "gesunden Menschenverstand", "allg. obj.  Vorhersehbarkeit von Schadensereignissen" etc. Dann kann es auch auf die Expertise derjenigen ankommen, die hier mit Entscheidungen betraut werden - wer sich besser auskennt oder wer aufgrund seiner besseren Kenntnisse befragt wird, der hat dann ggf. auch eine Verantwortung.

 

....aber natürlich hatten auch alle anderen Planer einen Tellerrand, vor dem sie bevorzugt den Blick senkten. Wenn solche komplexen Projekte nicht  mehr tödlich ausgehen sollen, wird es Zeit sich von dieser eigennützigen Scheuklappenpraxis zu verabschieden. ..... mal abgesehen davon, dass gegenseitige unternehmerische Aufmerksamkeit auf Dauer erfolgreicher und berfreiender ist, als die 'Hochachtung' vor dem eigenen Tellerrand. Traffgo etc. wären nicht die Ersten, der das praktizieren.

 

 

@ Dr. Mueller

.....also ein sogenannter Präzedenzfall zur gesetzlichen und mithin strafrechtlichen Erfassung neuer Situationen...? Dafür liefert die Lopa nun ja einiges.

 

# 24 Blabla schrieb:
Die großen Fehler sehe ich deshalb in der Organisation des Ablaufs und der mangelnden Planung des Zu/Abflusses.

In dem verliesähnlchen Hexenkessel Tunnel-Rampe, angesetzt als Nadelöhr/Flaschenhals für Ein- und Abgang von einer halben Million Besucher, innerhalb von konzentrierten 3-5 Stunden musste jede "Organisation des Ablaufs und der Planung des Zu/Abflusses" der Massen genau da, wo das Unglück passiert ist,  scheitern. Irgendwann - logischerweise zur Hauptstoßzeit - und irgendwo in dem Bereich am unteren Ende der Rampe, durch irgendeinen Fehler im Ablauf - schließlich hat man es mit lebendigen Menschen zu tun - wäre die gefährliche Dichte der Masse entstanden.

 

Sie ist leider da entstanden, wo auch die Stolperfallen waren, weil die leider auch auf der Seite der einzigen Fluchtmöglichkeit, der Treppe, waren.

 

Schauen Sie sich mal die Videos von den großen Staus im Straßenbereich an, wie erstaunlich brav die Leute dort  - bis auf Einzelne - in Massen warten und keine bemerkenswerte Unruhe oder Panik ensteht. Dagegen liegt doch auf der Hand, dass sie aus diesem verliesartigen Hexenkessel am Fuß der Rampe bei Rundumsperre wie gestochen irgendwo nach oben streben, wo 'zufällig' das Veranstaltunsggelände ist. Glücklicherweise taten sie es, das wird etlichen das Leben gerettet und unten Platz geschafft haben.

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Having understood some of the main factors causing
crowd disasters, it is interesting to ask how pedestrian facilities
can be designed in a way that maximizes the efficiency
of pedestrian flows and the level of safety. One
of the major goals during mass events must be to avoid
extreme densities. These often result from the onset of
congestion at bottlenecks, which is a consequence of the
breakdown of free flow and causes an increasing degree of
compression. When a certain critical density is increased
(which depends on the size distribution of people), this potentially
implies high pressures in the crowd, particularly
if people are impatient due to long delays or panic.

(...)

Obviously, the emerging pedestrian flows decisively
depend on the geometry of the boundaries. They can be
simulated on a computer already in the planning phase of
pedestrian facilities. Their configuration and shape can be
systematically varied, e. g. by means of evolutionary algorithms
[28,100] and evaluated on the basis of particular
mathematical performance measures [7].

(...)

During the optimization procedure, some or all of the
following can be varied:
1. the location and form of planned buildings,
2. the arrangement of walkways, entrances, exits, staircases,
elevators, escalators, and corridors,
3. the shape of rooms, corridors, entrances, and exits,
4. the function and time schedule. (Recreation rooms or
restaurants are often continuously frequented, rooms
for conferences or special events are mainly visited and
left at peak periods, exhibition rooms or rooms for
festivities require additional space for people standing
around, and some areas are claimed by queues or
through traffic.)

Aus dem schon oben verlinkten Artikel, der sich insb. mit crowd disasters befasst (Helbing/Johansson: Pedestrian Crowd and evacuation dynamics) . Es sind insb. solche Artikel, die sich mit der Prävention von solchen traurigen Ereignissen befassen, weshalb ich einen gewissen Respekt vor der Wissenschaft "Fußgängerstromdynamik" bzw. "Verkehrsstromphysik"  habe, und weshalb ich auch die hier von einigen vorgebrachten Pauschalvorbehalte gegen diese Wissenschaftler nicht für stichhaltig halte. Das Gegenteil ist allerdings der Fall, wenn dieselbe Profession - im Angesicht eines Ereignisses, dessen Verhinderung sie doch anstreben sollte  - den Eindruck erweckt, als ginge es ihr v.a. darum, ihren eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, nachdem mit ihrer Hilfestellung eine Veranstaltung genehmigt wurde, die sie mit gutem Gewissen nicht hätte befürworten dürfen.

 

 

 

Blue

Du schreibst: "Es ist durchaus möglich, dass der Gully noch am Veranstaltungstag morgens von einem der arbeitenden Traktoren mit dem Hinterrad eingebrochen wurde."

Sehr interessant! Dieser Schaden kann dem Ordnungsamt nämlich unmöglich unbekannt gewesen sein, angenommen er hätte schon länger bestanden. Das halte ich fuer völlig ausgeschlossen, schließlich zählte dieser Bereich zu öffentlichem Straßenland und war zugänglich.

 

Blabla

Zum Planungssachstand Rampe: Ich denke auch Traffgo ging von einer leeren Rampe aus, auf der es keinen Gegenverkehr gibt. Anders hätte sie es ja auch nicht "darstellen" können. Geplant wurde so, dass die Westrampe der Ausgang ist. Die Frage ist: wusste traffgo das? Durch die Richtungsschilder, die zum Bhf weisen ist belegt, dass es nicht kurzfristig geändert wurde, sondern langfristig geplant. Ein anderer aber wird das 100 %ig gewusst haben, da er bis zum Schluss involviert war, vielleicht auch von Beginn an (Auswahl Wegstrecke z.B.) : Schreckenberg!

Sie schreiben: "Ist jetzt reinste Spekulation, aber das war dann vermutlich Rückstau vom Veranstaltungsgelände und die Polizei hat im guten Glauben, den Rampenkopf zu entlasten am unteren Ende gesperrt, wurde dann allerdings davon überrascht, dass sich durch die abströmenden Besucher ein gigantischer Pfropfen oberhalb der Sperre bildete und die Situation letztendlich nicht aufzulösen war."

Auch, aber nicht nur. Es handelte sich gleichfalls um einen Vorstau zum Partygelände. Sie spekulieren hier: Die Polizei hat nicht zunächst unten gesperrt, sondern erst oben, dann aber evtl. wegen neuer Abgeher, die den Druck erhöhten, weiter unten. Was so paradox ist, aber vielleicht nachvollziehbar.

"Hier wird immer wieder gefordert, dass mehr getan werden muss als beauftragt wurde. Mir ist bisher kein Unternehmen bekannt, das so selbstlos handelt... Und hätte TraffGo das getan, hätten sie die Ergebnisse vermutlich nicht rechtzeitig abliefern können. Und ich glaube Sie können sich vorstellen, was dann bzgl. Regressansprüchen usw. los gewesen wäre..."

Da spricht der eiskalte und berechnende Wissenschaftler, den Menschenleben nicht interessieren. Es ging bei dieser "Betrachtung" aus Technokratenaugen um die Frage "leben oder sterben?"! Aber eines erklärt die Offenlegung "Ihrer" Realität: es wird klar, warum es zu so vielen tödlichen Unfällen kommt, in denen Ingenieure ihre Finger im Spiel hatten. Diese Fahrlässigkeitsaspkete + Sorgfalts-, Fuersorge-, Pflichtschuldrigkeitsfragen kommen nicht nur zu kurz, sondern werden offensichtlich sogar missachtet. blabla, Menschenrechte, Menschenwuerde - Ihnen bekannt?

 

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Felix Licht schrieb:
Du schreibst: "Es ist durchaus möglich, dass der Gully noch am Veranstaltungstag morgens von einem der arbeitenden Traktoren mit dem Hinterrad eingebrochen wurde." Sehr interessant! Dieser Schaden kann dem Ordnungsamt nämlich unmöglich unbekannt gewesen sein, angenommen er hätte schon länger bestanden. Das halte ich fuer völlig ausgeschlossen, schließlich zählte dieser Bereich zu öffentlichem Straßenland und war zugänglich.

Nein, nein... wir hatten doch schon hier oder auf Doku festgehalten, dass dieser Gullybereich nicht zum öffentlichen Straßenland gehört. Doch er liegt in besagtem vermeintllichen Niemandsland, das, wie wir auch schon diskutiert haben, wahrscheinlich weder Aurelis noch Krieger sondern der Bahn/DB Netz AG gehört. Aber ich meine, Lopavent hatte die Genehmigung für das Ganze - egal ob drei oder vier Eigentümer - und konnte den Bereich folglich nicht einfach ausklammern.

 

Der Zeitpunkt der Verkantung des Gullydeckels ist unklar.

Wenn man davon ausgeht, dass - wie Daphne aufgezeigt hat - Lopavent den recht üppigen Wildwuchs auf den Seitenstreifen relativ früh entfernt hat, dann kann man auch davon ausgehen, dass Arbeiter dieses Loch bemerkt hätten. Mithin war der Deckel zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich noch -möglicherweise morsch, uralt -  in Ordnung. Und wenn so ein Traktor den mit seinem breiten Hinterrad im Wegfahren mal eben eindrückt, wird der das eventuell kaum bemerken. Und wenn das dann just am Morgen des 24. Juli passierte, hätte also kein Traktorfahrer das gemeldet und zu dem Zeitpunkt wurde das Gelände wohl auch nicht mehr bis in jeden Winkel besichtigt. Allerdings war die untere Rampe der  risikoreichste Winkel.

 

Wenn es tatsächlcih so war, was wir aber nicht belegen können, dann wären theoretisch, die Polizisten und Ordner am Zuge gewesen, die man auf Videos relativ früh am Tag in der Nähe des Gullys sehen kann, dieses Hindernis ordentlich und eben nicht mit wackeligem Bauzaun zu beseitigen. Aber die sind wohl auch wieder keine Experten in Sachen Fußgängerströme, sodass sie die Gefahr nicht einschätzen konnten. Aber sie hätten mit Nachdruck das Hindernis melden können/müssen. Die Zeit hätte gereicht, bis ca 15.00 Uhr noch handfest abzusichern.

Aber, wie gesagt, der Bereich ist kein öffentliches Straßenland.

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studio2010loveparade schrieb:

 

Felix Licht schrieb:
Du schreibst: "Es ist durchaus möglich, dass der Gully noch am Veranstaltungstag morgens von einem der arbeitenden Traktoren mit dem Hinterrad eingebrochen wurde." Sehr interessant! Dieser Schaden kann dem Ordnungsamt nämlich unmöglich unbekannt gewesen sein, angenommen er hätte schon länger bestanden. Das halte ich fuer völlig ausgeschlossen, schließlich zählte dieser Bereich zu öffentlichem Straßenland und war zugänglich.

Nein, nein... wir hatten doch schon hier oder auf Doku festgehalten, dass dieser Gullybereich nicht zum öffentlichen Straßenland gehört. Doch er liegt in besagtem vermeintllichen Niemandsland, das, wie wir auch schon diskutiert haben, wahrscheinlich weder Aurelis noch Krieger sondern der Bahn/DB Netz AG gehört. Aber ich meine, Lopavent hatte die Genehmigung für das Ganze .- egal ob drei oder vier Eigentümer - und konnte den Bereich folglich nicht einfach ausklammern.

Der Gullydeckel ist auf dem aurelis/Krieger Gelände. Bahn/DB Netz spielt erst auf den Gleisen und das Veranstaltungsgelände bestand nur aus dem öffentlichen Teil und dem privaten Teil.

Mit Verlassen des Bürgersteiges auf der Karl Leer Strasse und Betreten der Rampe, befindet man sich auf dem Privatgrundstück. Das Bauamt fühlt sich allerdings jenseits des oder mitten im oberen Teil des Grundstückes zuständig.

Hier ist der Plan vom 21.5. 2010 (mindestens in Bezug auf Feld "F" noch mal varieert worden. 
Auf dem Plan, der bei traffgo (Seite16) (schlecht) abgebildet ist, beginnt Feld F schon auf dem Grünstreifen. Der hierfür verwendete Plan dürfte die erwähnte Fassung (Seite 14 traffgo) des "Plans Entfluchtung" vom 28.6. 2010 sein. Die allerdings bisher weder von traffgo, noch von Lopavent, noch von der Stadt Duisburg veröffentlicht wird.

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