Neue Düsseldorfer Tabelle zum 01.01.2011 bringt höhere Selbstbehalte

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 24.11.2010

Bereits hier hatte ich berichtet, dass das OLG Frankfurt/Main seine unterhaltsrechtlichen Leitlinien zum 01.01.2011 ändern will.

Nun verlautet aus Düsseldorf, dass die DT zum 01.01.2011 wie folgt geändert werden soll.

Bedarfssätze der Kinder: unverändert (Ausnahme Bedarf des Volljährigen mit eigenem Hausstand 670 € statt bislang 640)

Notwendiger Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen (§ 1603 II BGB)

  • bei Erwerbstätigkeit 950 € (statt 900)
  • ohne Erwerbstätigkeit 770 € (unverändert, OLG Frankfurt: 800)

Angemessener Selbstbehalt

  • ggegenüber Ehegattten und nichtehelicher Mutter: 1.050 € (statt 1.000)
  • gegenüber volljährigen Kindern: 1.150 (statt 1.100)

Mindestbedarf der nichtehelichen Mutter und des Ehegattten 750 € (unverändert, OLG Frankfurt: 800)

Selbstbehalt gegenüber Eltern und Großeltern 1.500 € (statt 1.400)

Durch die Erhöhung der Selbstbehalte wird die Anzahl der Mangelfälle zunehmen.

 

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14 Kommentare

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Prima.

Dann steigen ja auch endlich wieder die fiktiven Einkünfte der Unterhaltspflichtigen, die immer dann heran gezogen werden, wenn das tatsächliche Einkommen nicht für Mindestunterhalt und Selbstbehalt reicht.

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Richtig erkannt.

Das mit den Selbstbehaltsätzen ist alles nur Augenwischerei.

Habe es seit 20 Jahren am eigenen Leib erlebt das dann fiktive Einkünfte berechnet werden ohne das

man diese Einkünfte erzielen kann.

Da werden die Väter ganz schnell sogar unter Hartz 4 angerechnet und sind nicht mehr überlebensfähig.

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Da die Unterhaltssätze (über die steuerlichen Freibeträge) an die Preisentwicklung gekoppelt sind, sich also im 2-Jahresrhythmus dynamisch nach oben entwickeln, während sie auf nominale, also fixe Einkommen erhoben werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ALLE Väter Mangelfälle sind.

Höhere Unterhaltszahlungen lassen sich dann in der Tat nur noch über "fiktive" Einkünfte generieren.

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Interessant ist in diesem Zusammenhang diese Aufstellung:

Notwendiger Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB): 950/770 € (365 € neuer Regelbetrag nach SGB II, 10% für Zusatzleistungen, 360 € Wohnkosten und beim Erwerbstätigen 180 Erwerbsbonus)

 

Im Selbstbehalt sind danach auch nach Ansicht der "Väter" der DT keinerlei Umngangskosten enthalten.

 

Wenn ein Richter weiterhin der völlig unsinnigen und grundgesetzwidrigen Ansicht sein sollte, die Umgangskosten solle der Pflichtige auch noch alleine aus seinem SB, statt aus seinem auch schon nicht mehr vorhandenen KG-Anteil bestreiten, dann sollte das nicht mehr hingenommen werden.

 

Es gibt überhaupt keinen Grund, dass der Umgangspflichtige die Umgangskosten alleine zu tragen hat.

Das muss endlich auch Eingang in die Rechtsprechung finden.

Dass die Heranziehung des KG zu Unterhaltszwecken sowieso schon grundgesetzwidrig ist, hat ja sogar der BGH erkannt. Nur Eingang in die Rechtsprechung hat diese Erkenntnis noch nicht gefunden.

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Hiermit wird auch eine weitere Absurdität des deutschen Unterhaltsrechts verdeutlicht:

 

Der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen liegt auf HartzIV Niveau bzw. deutlich darunter, wenn man berücksichtigt, dass HartzIV noch jede Menge weitere Vergünstigungen erhalten, wie z.B. bei der GEZ und der Arzt und Rezeptgebühr und sogar den Umgangskosten und der SB in den meisten Fällen sowie nur durch fiktives Einkommen gewahrt bleibt.

Der Mindest KU-Satz für Geringverdiener aber bei etwa dem doppelten des HartzIV Satzes liegt und dieses Geld den Kindern von der Arge gleich wieder abgenommen wird, um es der Mutter oder sogar dem Stiefvater zu geben.

 

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Manche Richter trauen sich mittlerweile, es öffentlich zuzugeben, dass grösstenteils nur noch Mangelfälle verwaltet werden. Die Entwicklung des Unterhaltsrechts und der Düsseldorfer Tabelle haben da ganze Arbeit geleistet. Ich verweise hierzu auf den Aufsatz von Ernst Spangenberg, der von vornherein die gesamte Unterhaltsberechnung in eine "erweiterte Mangelfallperspektive" umgestalten will - siehe FPR 4/2010, S. 145. Einer seiner Kernsätze: "Unterhaltsbemessung ist in der Mehrzahl der Fälle die Verteilung des Mangels. Das rechtfertigt es, die begrenzte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten als Regelfall, die unbegrenzte Leistungsfähigkeit aus Ausnahme zu betrachten."

Laut einer älteren parlamentarischen Anfrage wurde der Punkt irgendwann um 1998 überschritten, ab dem Mangelfälle die Mehrheit stellten. 2001 mit dem unseligen §1612b BGB und seinem Kindergelddiebstahl ging es dann flott weiter, die stetigen Erhöhungen des Regelbetrages halfen auch mit und nach der Kopplung an das dieses Jahr kräftig erhöhte sächliche Existenzminimum ging alles erst recht durch die Decke. Der Weg zurück ist dem deutschen Rechtswesen unmöglich. Dafür vermindert sich nun täglich der Gegenstand der Regelungen, wie man an der Geburtenstatistik sieht. Wohl der einzige Weg und immer beliebtere Weg, um nicht vom Mann zum Mangelfall zu werden.

Selbst Herr Soyka vom OLG-Düsseldorf hatte nach der letzten Erhöhung um 13% gesagt, dass die DT dringend grundsätzlich überabeitet werden müsste, und hatte das für diesen Sommer zugesagt.

Wurde auch nix draus.

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Gerhard Raden schrieb:

Selbst Herr Soyka vom OLG-Düsseldorf hatte nach der letzten Erhöhung um 13% gesagt, dass die DT dringend grundsätzlich überabeitet werden müsste, und hatte das für diesen Sommer zugesagt.

 

Bemerkenswert, dass man sich in Düsseldorf nicht einmal zu den längst vorliegenden Frankfurter Beträgen durchringen konnte. 

Herzlichen Dank für die Vorabinformationen, Herr Burschel!

Wie man in Deutschland Mangelfälle verwaltet, wird aus Beschlüssen, wie z.B. dem des OLG Jena ( 1 UF 19/10 ) deutlich. Dem Mangelvater wird Haushaltskostenersparnis angedichtet, mit der Begründung er habe eine Beziehung zur Next lediglich aus prozessstrategischen Gründen heraus beendet. Also faktisch ist die weg, aber das Gericht ist der Meinung diese Haushaltsgemeinschaft fiktiv fortführen zu können. Zudem war die Mutter mit den vier Kids ca. 340km in die Ferne verzogen, was nun zu einer Umgangsminderung auf einmal im Monat, am Wohnort der Kinder hinausläuft. Hierfür wurden dem Delinquenten 200€ (2x0,30€x340km)belassen. Damit lässt sich eine Menge auf die Beine stellen. Zur allgemeinen Erheiterung wurde eine im Anschluss selbst wieder verworfene Rechnung zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufgestellt. DieFarce hierum endet mit den Worten: "Allerdings kann man den Beklagten nicht ohne weiters auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verweisen, da er das Fahrzeug vor Ort benötigt, um mit den Kindern etwas zu unternehmen." Die 200€ sind tatsächliche Kosten, für Treibstoff und Verschleiß (einem Verschleiß unterliegt in der Regel kein Auto, dass für Umgangskontakte bewegt wird!). Ein direkter Kontakt im Monat ist zudem eine wirklich bindungsfördernde Maßnahme, weshalb in der Regel auch zwei Kontakte im Monat zugestanden werden - und nicht einer - es sei denn, man hat eben nicht die Kohle dafür, dann ist man halt nicht so wichtig!

Dem Vater selbst verbleiben, trotz vollschichtiger Erwerbstätigkeit, 787€. Nun kann er mit einer neuen Frau richtig loslegen, denn zu verlieren hat er nichts mehr.

So und ähnlich läuft es, wenn ein Mann in Deutschland Kinder zeugt - egal welcher Elternteil zerrüttet.

Ich finde: Richter Soyka und Co. ist hier ein richtig großer Wurf gelungen, man könnte wiederholt (Zypries) von einem Exportschlager sprechen: Staatskasse weitgehend sauber (Dank dem mir bisher unbekannten nächsten Kniff mit der fiktiven Partnerin: Voraussetzung annähernd erfüllt), Manipulationsmasse (Kinder) aus dem Prekariat, als Futter für den Staat (frühzeitige Fremdbetreuungsindustrie, Herausnahme usw.) gewonnen. ;)

Herr Burschel: Verhält es sich mit den angehobenen Selbstbehalten wie mit den dynamischen Titeln, oder herrscht hier kein Automatismus und der Zahlesel muss über die Abänderungsklage gehen um seine 50 Flocken eh nicht zu erhalten, weil Fiktionen (...) die Gerichtssääle bevölkern?

MfG

Ralph Steinfeldt (VafK, LK Harburg)

Hallo,

mal wieder eine Meisterleistung unserer Judikative!

 

ich habe mir mal den „Spaß“ gemacht und die Steigerungen SB/KU miteinander verglichen

Da ich die DT 2005 zur Hand hatte, habe ich diese mit den Zahlen der aktuellen DT und der Erhöhung ab 01.01.2011 verglichen.

Das KG habe ich ebenfalls berücksichtigt und nur mit den Zahlbeträgen gerechnet.

In den Altersgruppen 1-3 DT ergeben sich folgende Zahlbeträge

2005: 199/247/291 €

2010: 225/272/338 €

Steigerung: 26 € bzw. 13,07% / 25 € bzw. 10,12 / 47 € bzw. 16,15 %

Der Selbstbehalt

2005: 770/890 €

2010: 770/900 €

Ab 01.01.2011: 770/950 €

Steigerung 2005 – 2010: 0/10 € bzw. 0 / 1,12%

Steigerung 2005 – 2011: 0/60 € bzw. 3,9 / 6,74 %

 

Die Zahlen sprechen für sich.

Der SB für Nichterwerbstätige wurde noch nicht einmal um die 30 € erhöht die einem Studenten bzw. einem nicht im Haushalt wohnendem volljährigen Kind zugestanden werden, kann das irgendjemand sachlich begründen?

Ach ja - das dient ja dem Kindeswohl und wird z.B. bei EU-Rentnern durch die üppigen Rentenerhöhungen kompensiert!

Umgangskosten sollen durch den KG-Anteil finanziert werden. Wie denn, wenn der gar nicht zur Verfügung steht oder nicht ausreicht, weil z.B. der betreuende ET eine größere Entfernung geschaffen hat?

Dem umgangsberechtigten Nichterwerbstätigen stehen dann 770 € theoretisch zur Verfügung. Lebt er mit einem Partner zusammen, werden mind. 90 € Wohnkostenersparnis angerechnet, verbleiben also 680 € zur Bestreitung des Lebensunterhaltes und Durchführung des Umgangs - wie soll das funktionieren?

Für ein Kind in der 3. Altersstufe stehen 426 € + 92 € anteil. KG des betreuenden ET = 518 € zur Verfügung. Dieser Betrag erhöht sich tatsächlich aber auch noch, denn während der Umgangszeiten entsteht beim betreuenden ET eine Haushaltsersparnis.

Absurdistan läßt grüssen!

 

Schönen Tag noch!

Jupp

 

 

 

 

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Die ganze Düsseldorfer Tabelle ist Gesetzeswidrig und gehört abgeschafft.

 

Weder aus dem § 1612a noch aus § 1610 noch aus dem ganzen BGB lässt sich etwas derartiges herleiten.

 

§1612a kennt nur den gesetzlichen "Mindestunterhalt" entsprechend der Zeile 1 der DT und nach §1610 richtet sich

"(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt)."

und nicht nach der Lebenstellung des Pflichtigen, wie es die DT suggeriert.

Zumindest wenn die Kinder nie im Haushalt des Vaters gelebt haben kann man aber nicht von seiner Lebensstellung auf die der Kinder schließen.

Darüber hinaus ist die DT, genauso wie die OLG-Leitlinien ein gesetzesartiges Konstrukt, welches die OLGs, in Anmaßung einer gesetzgeberischen Kompetenz, selbst kreiert haben.

Sie schränken den einzelnen Richter in unzulässiger Weise ein, denn normalerweise, sollte ein Richter nur dem Gesetz und seinem Gewissen verpflichtet sein.

Und da wohl weder die DT noch die Leitlinien als Bestandteil des Gewissens anzusehen sind, sind sie wohl als Gesetz anzusehen.

Und dementsprechend werden sie auch angewendet.

 

Die Gesetzgebung ist laut Verfassung aber die nicht die Aufgabe der Judikative, sondern der Legislative.

 

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Horst schrieb:

Zumindest wenn die Kinder nie im Haushalt des Vaters gelebt haben kann man aber nicht von seiner Lebensstellung auf die der Kinder schließen.

 

Und so war es früher tatsächlich nicht - bei nichtehelichen Kindern. Die bekamen den Regelunterhalt, ohne Steigerung durch höhere Einkommensstufen. Jedoch entdeckte man "Gleichstellungsbedarf" ehelicher mit nichtehelichen Kinden und "Gleichstellung" heisst im Unterhaltsrecht immer "Wechsel auf höheres Unterhaltsniveau" (anderes Beispiel: Die Ausweitung des §1615l BGB auf weltweit höchstes und längstes Niveau). Beim Sorgerecht hat man es da nicht so eilig, da warten wir immer noch auf "Gleichstellung" zwischen ehelich und nichtehelich. 

Wobei es natürlich auch bei ehelichen Kindern nicht nachzuvollziehen ist, wieso eine Gehaltserhöhung des Vaters, den Bedarf der nicht bei ihm lebenden Kinder erhöhen soll.

Und warum es nicht dem Vater selbst überlassen bleibt, sein höheres Einkommen mit seinen Kindern gemeinsam auszugeben.

Zum Beispiel um ihnen auch mal selbst ein Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk zu überreichen, denn nicht alle Mütter sind so ehrlich, den von ihnen beschenkten Kindern zu sagen, dass das Geschenk zumindest auch vom Vater ist, denn auch das Geld für Geschenke hat der Vater vollständig der Mutter zu überlassen.

Im Selbstbehalt für Väter ist auch dafür nichts vorgesehen.

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Die Lösung eines unterhaltspflichtigen Mannes könnte so aussehen:

1. Eine offizielle Vollzeitarbeit mit einem Nettoverdienst von maximal 900,- €.
2. Eine inoffizielle Nebenbeschäftigung mit einem ansehlichen Nebenverdienst.
3. Kein Konto, kein Vermögen, keine pfändbaren Wertsachen besitzen.
4. Geldreserven sind im Ausland sicher zu lagern.
5. Drohbriefe vom Jugendamt nett und freundlich beantworten und auf das eigene Unvermögen hinweisen, dass höhere Einkommen nicht möglich sind.
6. Ausreichende und regelmäßige Bewerbungen auf eine höher bezahlte Arbeitsstelle tätigen, um den Nachweis des “echten” Bemühens zu dokumentieren.
7. Grundsätzlich immer die eigene Bereitschaft einer Unterhaltszahlung erklären, aber durch geschicktes Verschleiern und Tricksen letztlich doch nicht zahlen können.
8. Nicht gegen die Gesetze kämpfen sondern mit den Gesetzen schwimmen.

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