Erneute Vorlage zum Befristungsrecht

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 19.11.2010

Der 7. Senat des BAG überdenkt offenbar seine Rechtsprechung zum Befristungsrecht, jedenfalls soweit es um die Vereinbarkeit mit der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG geht. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten der EU, Maßnahmen zu ergreifen, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu vermeiden. Bereits vor wenigen Wochen hat der Senat (Beschluss vom 27.10.2010 - 7 AZR 485/09 (A), hierzu Beck-Blog vom 28.10.2010) dem EuGH die Frage vorgelegt, ob es unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes mit der Rahmenvereinbarung vereinbar ist, für den öffentlichen Dienst zusätzlich einen Grund zur Befristung von Arbeitsverträgen vorzusehen, der in der Privatwirtschaft nicht zur Verfügung steht, und damit ebenfalls die Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverträge zu erleichtern. Nunmehr möchte der Siebte Senat des BAG vom EuGH wissen, ob er unter Berücksichtigung des europäischen Unionsrechts uneingeschränkt an seiner Rechtsprechung zur wiederholten Befristung von Arbeitsverhältnissen in Fällen eines ständigen Vertretungsbedarfs festhalten kann (BAG Beschluss vom 17.11.2010 - 7 AZR 443/09 (A)). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Hintergrund ist, dass das BAG in der Vergangenheit durch seine großzügige Rechtsprechung zur mittelbaren und virtuellen Vertretung (ohne Not) die Befristungsmöglichkeiten sehr weit ausgedehnt hatte. Das hat dem BAG im Schrifttum scharfe Kritik eingetragen. Auch hier überlässt der Senat die Klärung nun dem EuGH. Anlassfall ist - wie so oft - ein Fall aus dem Justizbereich. Die Klägerin war bei dem beklagten Land aufgrund von 13 befristeten Arbeitsverträgen von Juli 1996 bis Dezember 2007 als Justizangestellte beschäftigt. Als Sachgrund war stets die Vertretung von Justizangestellten angeführt worden. Das Vorabentscheidungsersuchen des Siebten Senats stellt konkret folgende Frage: ob es mit der Rahmenvereinbarung vereinbar ist, die wiederholte Befristung eines Arbeitsvertrags auch dann auf den im nationalen Recht vorgesehenen Sachgrund der Vertretung zu stützen, wenn bei dem Arbeitgeber ein ständiger Vertretungsbedarf besteht, der auch durch unbefristete Einstellungen befriedigt werden könnte. 

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