Korsakow in Love

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 09.11.2010
Rechtsgebiete: EheschließungFamilienrecht1|2660 Aufrufe

Die Beteiligten hatten am 21.10.2008 geheiratet. Die Trauung fand wegen der Erkrankung des Ehemannes nicht im Standesamt, sondern im Pflegeheim statt. Der Mann leidet u. a. unter dem sog. Korsakow-Syndrom, bei dem sich der Patient nichts merken kann. Er stand deswegen in medizinischer Behandlung.

Das brandenburgische Innenministerium erhob als zuständige Verwaltungsbehörde wegen der Erkrankung des Ehemannes beim Amtsgericht Klage auf Aufhebung der Ehe. Das AG gab der Klage statt, das OLG hob das amtsgerichtliche Urteil auf und wie die Klage ab.

Die Geschäftsfähigkeit im Sinne des § 1304 BGB sei unter Berücksichtigung der in Artikel 6 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Eheschließungsfreiheit als „Ehegeschäftsfähigkeit“ zu beurteilen. Bei der Ehegeschäftsfähigkeit gehe es um ein besonderes „Rechtsgeschäft“, dessen Inhalt wesentlich mehr als sonstige typische Rechtsgeschäfte von in der Gesellschaft fest verankerten Vorstellungen geprägt wird. Es müsse deshalb im Einzelfall geprüft werden, ob sich die Beeinträchtigung der Geistestätigkeit auch auf die Ehe erstreckt und ob der Ehewillige insoweit die notwendige Einsichtsfähigkeit besitze und zur freien Willensentscheidung in der Lage sei, mag diese Einsichtsfähigkeit auch für andere Rechtsgeschäfte fehlen.

Im zu entscheidenden Fall habe die Krankheit des Ehemannes weder seine Einsichtsfähigkeit noch die Freiheit seiner Willensentscheidung in Bezug auf die Eheschließung beeinträchtigt. Bei seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht die Aussagen der den Ehemann behandelnden Ärzte und der Standesbeamtin berücksichtigt. Die Ärzte hätten erklärt, die Gedächtnisleistung des Ehemannes sei nicht vollständig aufgehoben gewesen. Durch die Neueinstellung der Medikamente im Jahr vor der Eheschließung habe sich sein Zustand deutlich verbessert. Der Ehemann habe sie immer erkannt und ihnen auch bestätigt, dass er heiraten wolle. Die Standesbeamtin, die die Eheleute getraut habe, habe einen früheren Eheschließungstermin abgelehnt, weil der Ehemann starke Schmerzmittel nehmen musste und deshalb die Gefahr bestand, dass er aufgrund des Einflusses der Medikamente die Tragweite einer Eheschließung nicht erfassen könnte. Die Standesbeamtin habe sich dann jedoch vor der schließlich stattgefundenen Eheschließung die Atteste der behandelnden Ärzte vorlegen lassen und den Ehemann vor der Trauung dazu befragt, ob er wisse, weshalb sie hier sei. Hierauf habe er derart reagiert, dass sie keine Zweifel gehabt habe, dass er die für die Eheschließung notwendige Geschäftsfähigkeit besitze.

OLG Brandenburg v. 07.07.2010 - 13 UF 55/09

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1 Kommentar

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Man heiratet - und erinnert sich nicht daran.

Erinnert mich an ein Gespräch mit einem Angler:

Ich: Was für Fische kann man hier angeln ?

Angler: Keine !

Ich: Warum angeln sie dann hier ?  

Angler: Damit ich ruh vor meiner Frau habe.

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