BGH: So wird die Einlassung des Angeklagten wiedergegeben!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.11.2010

Die Wiedergabe der Einlassung eines Angeklagten kann vor allem bei umfangreicheren Vorwürfen schwierig sein. Schildert man sie "in einem Rutsch" läuft man Gefahr, die spätere Beweiswürdigung nicht komplett verstehen zu können. Teil man sie aber auf, so kann ein falscher Eindruck hinsichtlich der Einlassung enstehen. Mit letzerem Fall hat sich gerade der BGH (in einer Wirtschaftsstrafsache) auseinandergesetzt, vgl. BGH, Urteil vom 30.9.2010 - 4 StR 150/10:


".....Zudem wird die Urteilsbegründung den Anforderungen an eine zusammenhängende Wiedergabe der Einlassung der Angeklagten und deren Würdigung unter Berücksichtigung aller Umstände nicht gerecht. Im Rahmen der erforderlichen Beweiswürdigung muss das Landgericht von der Einlassung des Angeklagten ausgehen und diese so vollständig und genau wiedergeben, wie es erforderlich ist, damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise zu Recht die Einlassung als unwiderlegbar seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (BGH, Urteil vom 4. Juli 1991 – 4 StR 233/91, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 7). Es bedarf somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, um diese einer umfassenden Würdigung unterziehen zu können (BGH, Urteile vom 17. Mai 1990 – 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4 und vom 10. August 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10; BGH, Be-schluss vom 24. August 1990 – 3 StR 311/90). Das Landgericht teilt die Einlassungen der Angeklagten jedoch lediglich bruchstückhaft und verstreut über verschiedene Abschnitte der Urteilsbegründung mit...... Zwar ist die Mitteilung der Einlassung des Angeklagten kein Selbstzweck, sondern dient vielmehr dazu, dem Revisionsgericht die Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung auf Rechtsfehler zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 1. April 1992 – 2 StR 614/91, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 8). Hier fehlt es aber nicht nur an einer zusammenhängenden Wiedergabe der Einlassungen der Angeklagten, sondern es werden nicht einmal deren wesentliche Grundzüge mitgeteilt...."

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2 Kommentare

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interessant, wie wenig die "Anonymisierung" des BGH fruchtet, wenn es darum geht herauszufinden, welches LG sich diese schallende Ohrfeige eingefangen hat (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=2803620f0b1eeb3f30bceb4742e9bc2e&nr=53850&pos=0&anz=1):

Prof. Dr. F. + Projekt "In2math" + google -> http://pi.informatik.uni-siegen.de/stt/24_1/Abschlussworkshop/in2math.pdf

=> Uni Koblenz, Ausgründung der Firma in ... ?

=> LG Koblenz?

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Wundert mich auch etwas. Das Ausgangsgericht wird doch bei den veröffentlichten BGH-Entscheidungen normalerweise gar nicht anonymisiert und der Sachverhalt weist so viele Details auf, dass nun wirklich jeder problemlos feststellen kann, wer die Beteiligten waren. Zudem ist ja auch bekannt, welcher Strafsenat für welche LG-Bezirke und/oder Deliktsbereiche zuständig ist.

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