Bundesweite Bemühungen um besser bezahlte Arbeit nicht zumutbar

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 28.10.2010

Er ist seinen beiden Kindern zum Barunterhalt verpflichtet. Er arbeitet in Eisenhüttenstadt in seinem erlernten Beruf als Heizungs- und Lüftungsbauer und verdient (unter Hinzurechnung einer Steuererstattung) 1.226,46 € netto im Monat.

Damit liegt rechnerisch ein Mangelfall vor, denn von den verbleibenden 326,48 € (1.226,48 - 900) kann er den Mindestunterhalt für seine Kinder nicht zahlen.

Die Mutter vertrat daher in dem Verfahren die Auffassung, er solle sich eine besser bezahlte Stelle suchen. Er müsse sich deutschlandweit bewerben, da er über den regelmäßigen Umgang hinaus keinen Kontakt zu seinen Kindern suche.

Dem widersprach das OLG Brandenburg: Höheres Arbeitseinkommen müsse sich der Antragsgegner nicht zurechnen lassen. Er gehe einer vollschichtigen Berufstätigkeit nach, die er bereits während der Ehe ausgeübt habe. Sein Einkommen bewege sich in einem seiner Ausbildung entsprechenden, durchschnittlichen Rahmen (bezogen auf die neuen Bundesländer).

Unter Bezug auf BVerfG FamRZ 2006, 469 und BVerfG FamRZ 2010, 793 führt der Senat weiter aus:

Der Antragsgegner ist zur Erzielung höheren Einkommens auch nicht gehalten, sich um eine auswärtige oder gar im Ausland belegene Arbeitsstelle zu bemühen. Denn dies ist ihm schon im Hinblick auf den Umgang mit seinen Kindern nicht zumutbar. Er muss sich nicht darauf verweisen lassen, nur wenige Male im Jahr und dafür über einen längeren Zeitraum mit seinen Kindern zusammen sein zu können. Im Übrigen ist zu bedenken, dass bei einem auswärtigen Wohnsitz des Antragsgegners eine längere Anreise erforderlich wäre, die neben höherem Zeitaufwand auch höhere Kosten verursachen und damit die Leistungsfähigkeit wiederum beeinträchtigen könnte.

OLG Brandenburg v. 23.09.2010 - 10 UF 30/10

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6 Kommentare

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Jetzt kommt sogar das OLG-Brandenburg, dass bisher besonders für seine Exzesse bei der Herbeidichtung von fiktiven Einkünften berüchtigt war, nicht mehr an den Realitäten vorbei.

 

Dabei dürfte ganz besonders das Urteil - 1 BvR 2236/09 -des BVerfG von Bedeutung gewesen sein, in dem eins der übelsten Urteile der Brandenburger einkassiert wird.

 

Schließlich tun Schläge an den eigenen Schädel immer besonders weh.

 

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Zum wiederholten Mal, Herr Raden: Mäßigen Sie sich in Ihrer Ausdrucksweise.

IÜ.: BverfG 1BvR 2236/09 betrifft eine Entscheidung des 13. Zivilsenats des OLG Brandenburg, hier vorgestellt ist eine Entscheidung des 10. Senats.

Herr Burschel, ich werde mich bemühen.

 

Schließlich möchte ich ihren Blog, den ich sehr schätze, nicht schädigen.

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@Burschel

 

Welcher Senat von dem Beschluß des BVerfG betroffen war, spielt in meinen Augen keine Rolle. Die "Watschen" aus Karlsruhe war in der Formulierung schon recht deutlich und ließ keinen Zweifel daran, daß das OLG eigentlich alles falsch gemacht hat. Insbesondere dürfte es verfehlt gewesen sein, die Berufung in einem solchen Fall nach § 522 Abs. 2 ZPO per Beschluß abzubügeln. Das spricht sich auch drei Dienstzimmer weiter herum. Schließlich fällt so etwas auf das ganze OLG zurück.

 

Es war ja auch nicht das erste mal, daß ein Familiensenat des OLG Brandenburg sich aus Karlsruhe belehren lassen mußte (vgl. nur BVerfG, 1 BvR 1868/08; 1 BvR 2236/06; 1 BvR 2236/09). Das ist in dieser kurzfristigen Häufung schon recht einmalig. Man gewinnt langsam den Eindruck: die können es einfach nicht. Dies gilt zumal deshalb, als eine Verfassungsbeschwerde nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn der Beschwerdeführer die Fachgerichte schon in den Instanzverfahren auf die grundrechtliche Problematik hingewiesen hat.

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"Die Mutter vertrat daher in dem Verfahren die Auffassung ..". War es denn tatsächlich so? War die Mutter nicht anwaltlich vertreten?

Man(n) muss sich schon wundern zu welchen Auswüchsen es im Familienrecht kommt. Eine einfache Rechnung von irgend einem Amt oder irgend einer Person hätte genügt und der Unterhalt wäre ohne weitere Komplikationen festgelegt gewesen.

Stattdessen werden die Parteien in zwei Instanzen in eine sonnenklare Sache bemüht. Wer verdient denn daran?

Die wahrlich wichtigste Frage bleibt aber: Beginnt der "besondere Schutz der Familie" durch die "staatliche Ordnung" nicht bereits durch die Prüfung eines möglichen Schikaneverbots nach §226, BGB? So weit ich informiert bin, gehört diese Prüfung zu den Amtspflichten eines jeden Richters.

Hätten die Richter die Rechtsmissbräuchlichkeit der Anträge der anwaltlichen Vertretung der Mutter rechtzeitig geprüft, wäre der grundgesetzlich garantierte Schutz der Familie gewahrt gewesen. So aber haben wir ein nachhaltig zerstrittenes Elternpaar, die vermutlich kaum noch miteinander reden können oder wollen. Ist das wirklich "zum Wohle der Kinder" oder eher "zum Wohle der Anwälte"?

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