Todesfall Rupp in Neuburg - ab heute neue Hauptverhandlung in Landshut

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 20.10.2010

Dieser Fall wurde schon in mehreren Beiträgen behandelt. Ab heute findet am LG Landshut die neue Hauptverhandlung in der Wiederaufnahme statt. Sicherlich wäre es wünschenswert, wenn der Fall endlich überzeugend aufgeklärt werden könnte, und man will sich in Landshut offenbar auch Mühe geben. Jedoch ist wegen der langen Zeit und den mittlerweile kaum noch zu ermittelnden Sachbeweisen fraglich geworden, ob man noch zu einem klaren Ergebnis wird kommen können.

Die regionale Presse berichtet ausführlich.  Dabei fallen mir einige Angaben besonders auf. Im Donaukurier schreibt Winfried Rein:
"Der Überraschungscoup der Polizei vom 13. Januar 2004 war ein Erfolg".
Damit ist die Durchsuchung auf dem Hof gemeint, in deren Folge "die Ehefrau wie auch die beiden jungen Töchter zugaben, dass der Vater daheim zu Tode gekommen sei. Nach einem Streit sei er die Kellertreppe hinuntergestürzt und habe sich nicht mehr gerührt" .(Quelle) Dies ist allerdings noch kein "Geständnis" einer Straftat.
Die Angabe zur vorsätzlichen Tötung des Bauern durch Erschlagen, anschließendes Zerteilen der Leiche und Verfüttern an die Hunde stammt nach diesem Bericht allein vom später als Haupttäter verurteilten Freund der einen Tochter.
Wenn aber, wie jetzt die Polizei nach diesem Bericht behauptet, die "Geständnisse" gar nicht übereinstimmten, es also überhaupt nur eines gegeben haben soll, wie kam dann das Gericht in der Urteilsbegründung zu folgender Feststellung (am 14.05.2005 von Horst Richter  im donaukurier beschrieben):
"Bewiesen  sei  die  schreckliche Tat  durch  die  vielen  Aussagen nicht  nur  der  Angeklagten,  sondern auch  der  Zeugen.  Alles  zusammengefasst, ergebe  sich  „ein deutliches  und  im  wesentlichen übereinstimmendes  Bild,  so  dass an  der  Wahrheit  nicht  zu  zweifeln ist“,  so  der  Vorsitzende.  Dass die  grausigen  Schilderungen  von den  Angeklagten  ausgedacht worden  seien,  „kann  wohl  niemand ernsthaft  glauben“.(Quelle)
Empört klingt nun der Vorwurf der Ermittler an die wegen Totschlags Verurteilten, sie hätten "Berge von Lügen erzählt". Aber man hat dem/n (widerrufenen) Geständnis/sen offenbar zu gern geglaubt, obwohl einige Warnhinweise für (ein) Falschgeständnis/se sprachen, und hat dann aus der angeblichen "Übereinstimmung" eine Überzeugung gewonnen.
Und der Vorsitzende  Richter, der in der Urteilsbegründung auf die abenteuerliche Leichenbeseitigung durchaus einging (s.o.),  wird heute so zitiert:
"Für uns war es doch völlig irrelevant, wie die Leiche beseitigt worden ist", hält Richter Sitka dagegen. "Strafrechtlich hat sich das ohnehin nicht ausgewirkt, uns hat nur das Geschehen davor interessiert. Und das war soweit schlüssig, damals wenigstens."(Quelle)
In einem Totschlagsprozess ohne Leiche ist die Leichenbeseitigung m.E. aber keineswegs irrelevant.
Der vorsitzende Richter und der Sitzungsvertreter der Staatsanwalt "überredeten" damals in der Hauptverhandlung überdies - sicherlich im guten Glauben - einen Zeugen zu einer Falschaussage, was die Verschrottung des Mercedes betraf, um die von ihnen geglaubte Tatversion "schlüssig" zu machen, ein Kardinalfehler. Hier noch einmal der dazu gehörige Bericht von Horst Richter aus der damaligen Hauptverhandlung:

"Schwierig gestaltete sich gestern die Vernehmung des Mitarbeiters eines Schrotthändlers, in dessen Betrieb im Donaumoos laut Anklage der Mercedes des verschwundenen Bauern nach dem Verbrechen entsorgt worden war. Der 37-Jährige hatte das bei einer polizeilichen Anhörung zunächst bestätigt, wollte von dieser Aussage vor Gericht aber nichts mehr wissen. „Ich bin unter Entzug gestanden und hab irgendwas erzählt“, erklärte der alkoholkranke Mann. Die Angst, seinen Chef zu belasten, war ihm förmlich anzusehen, denn dem Schrotthändler fühlt er sich verbunden: „Er ist der einzige Mensch, der mir geholfen hat“, sagte er und berichtete, wie der Mann ihm nach einem Gefängnisaufenthalt aufgenommen und ihm einen Arbeitsplatz angeboten hatte. Erst als Vorsitzender Georg Sitka und Oberstaatsanwalt Christian Veh mit der Festnahme wegen Falschaussage drohten, räumte der 37-Jährige ein, dass in der fraglichen Nacht tatsächlich ein Mercedes im Schrotthandel seines Chefs beseitigt worden war."

(Quelle)

Niemand ist vor Irrtümern gefeit, auch die Justiz nicht. Aber ich halte die heutigen Reaktionen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und des damaligen Gerichts für unsouverän und unprofessionell.

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20 Kommentare

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[...]Und der Vorsitzende Richter, der in der Urteilsbegründung auf die abenteuerliche Leichenbeseitigung durchaus einging (s.o.), wird heute so zitiert:
"Für uns war es doch völlig irrelevant, wie die Leiche beseitigt worden ist", hält Richter Sitka dagegen. "Strafrechtlich hat sich das ohnehin nicht ausgewirkt, uns hat nur das Geschehen davor interessiert. Und das war soweit schlüssig, damals wenigstens."[...]

Diese Aussage ist meines Erachtens schon ziemlich heftig....besonders wenn man sich überlegt wie die Leichenbeseitigung stattgefunden haben soll und dass es da keine forensischen Spuren gab....da frage ich mich dann in welcher Welt denn der Herr Vorsitzende Richter lebt und ob diese "Welt" nicht dann auch Einfluss auf andere Urteile hat, die der nette Herr so fällt.

bombjack

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Dass ein stellvertretender Leiter einer Staatsanwaltschaft solch einen Spruch raushaut "Außerdem kommt es nicht drauf an, wie jemand umgebracht wurde.“ ist nicht einmal in Bayern mehr tragbar. (http://www.donaukurier.de/nachrichten/aktuellesthema/Fall-Rupp-Staatsanwalt-wartet-ab;art3112,2084180)

Legt man die gleichen Maßstäbe an wie bei Lehrern in dern 1970ern, müsste er wegen verfassungsfeindlicher Umtriebe Berufsverbot bekommen...

http://blog.beck.de/2009/06/17/fehlverurteilung-wegen-totschlags-%E2%80%93-und-was-sagt-die-staatsanwaltschaft Post #6

bzw. http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20070516_2bvr009307.html Rdnr.52

Dies verbietet es, ohne erneute Hauptverhandlung den festgestellten unmittelbaren Tatverlauf in einer Kernfrage der Beweisaufnahme durch einen anderen zu ersetzen oder eine Erschütterung der betreffenden Feststellungen unter Verweis auf denkbare alternative Verläufe für unmaßgeblich zu erklären, wie es das Oberlandesgericht bezüglich der vom Schwurgericht festgestellten Drehung des Opfers getan hat. Dadurch hat das Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen, auf den Prozess der Wahrheitsfindung in einer wesentlichen Frage angemessen einzuwirken.

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@Mein Name (#4),

auch wenn ich Ihre Auffassung teile, dass der Staatsanwalt  die rechtliche Bewertung des BVerfG zu Unrecht nicht berücksichtigt hat, so ist die Bewertung "verfassungsfeindlicher Umtriebe" kaum zutreffend. Nicht alle Entscheidungen des BVerfG betreffen unmittelbar die Grundlagen unseres demokratischen Gemeinwesens. Ich will damit nicht sagen, dass der "Radikalenerlass" gegen Lehrer richtig war oder nicht - aber es handelt sich doch um einen unzulässigen Vergleich. Es sind einfach ein paar völlig andere Schuhe.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

@mein Name:

Nun, die Aussage des Staatsanwalts ist ersichtlich ein kurzer Ausriß aus der Gesamtaussage, die der Herr Journalist leider nicht wiedergibt. Ob das tatsächlich in dieser Pointierung außerhalb eines weiteren Kontextes gesagt wurde, weiß ich nicht.

Die von Ihnen zitierte BVerfG_Entscheidung stellt aber auch auf einen speziellen Umstand ab: "der Beschwerdeführer hat - mit neuen Tatsachen unterlegt - geltend gemacht, dass sich die von der erkennenden Strafkammer des Landgerichts Aachen festgestellte Schussreihenfolge nicht halten lasse. Der erste Schuss könne nicht in den Rücken des Opfers eingedrungen sein. Würde diese Behauptung zutreffen, hätte dies die Konsequenz, dass sich die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Mordes mit der Begründung des Landgerichts Aachen nicht mehr halten ließe, da dieses gerade wegen des Schusses in den Rücken eine Heimtücke angenommen hat".

D.h. dass es auch beim Wiederaufnahmeverfahren sehr wohl darauf ankommt, ob bei dem vermeintlich anderen Tatablauf, sofern er erwiesen wird, ein "milderer" Schuldspruch oder ein milderer Strafausspruch zu erwarten ist (worauf in dem Zeitungsartikel durch den StA auch hingewiesen wird, der Artikel datiert vor dem Abschluss der rechtsmedizinischen Untersuchungen). Insofern ist die von Ihnen als "verfassungsfeindlich" titulierte Aussage aber nicht falsch.

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Das im Ausgangsbeitrag angesprochene "Rätsel", nämlich, ob es mehrere übereinstimmende oder nur ein Falschgeständnis gab, scheint sich aufzuklären. Nunmehr heißt es, das detaillierte "Geständnis" stamme vom Freund der einen Tochter, beide Töchter hätten die Angaben aber "bestätigt". Eine solche Bestätigung, etwa auf die Frage des ermittelnden Polizeibeamten: "War es so?" ist aber keine "Übereinstimmung", die als Verstärkung des Beweises besondere Bedeutung haben dürfte.Eine besondere Beweiskraft hätte es nur, wenn die drei Beschuldigten unabhängig voneinander denselben Vorgang schildern.

Es war keine Leiche vorhanden, es gab keinen einzigen Sachbeweis, keine Tatzeugen, sondern allein die "abenteuerlichen" und später widerrufenen Angaben des Verdächtigen und die "Bestätigungen" der beiden Mädchen. Und darauf wird ein Totschlagsurteil gestützt? Mit voller Überzeugung? Ohne Zweifel?

Der Donaukurier - in diesem Fall eine sehr ausführliche und regelmäßig auch zuverlässige Quelle - berichtet aus der Hauptverhandlung, dass weitere Ermittlungspannen zu Tage getreten sind: Bei der Bergung des Mercedes ist man nicht nur dilettantisch vorgegangen, man hat auch später nur wenige Fotos gemacht; Fond und Kofferraum wurden nicht näher untersucht. Ob der Wagen vorwärts oder rückwärts ins Wasser rutschte, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen. Dass der Wagen an dieser Stelle ins Wasser kam, ist ebenso unwahrscheinlich, wie, dass der Wagen angeschwemmt wurde...(Quelle). Unter diesen Voraussetzungen wird eine neue Verurteilung immer unwahrscheinlicher.

Ich weiß ja nicht, ob Sie schon einmal in einem schlammigen Binnengewässer getaucht haben. Sicht ? Null. Mehr als Tasten kann man da nicht.

Diesem Artikel zufolge hat der Polizeitaucher erst einmal keine Leiche auf dem Fahrersitz ertastet und dann einen Luftsack eingebracht, um das Fahrzeug aus dem Schlamm zu heben.

http://www.donaukurier.de/nachrichten/bayern/Neuburg-Grausig-und-raetsel...

Im Nachhinein ist man meistens schlauer, was alles besser und wie genau gemacht hätte werden können und müssen (und wie viele Fotos man bei der Bergung hätte machen sollen, auch das wurde ja beanstandet...Man glaubt es kaum). Das gilt vor allem für diejenigen, die - ohne jedoch Unternehmensberater zu sein -  keinerlei blassen Schimmer von der Arbeit haben.

Diesem Artikel zufolge konnte man aber trotz der "dilettantischen" (die Nichtfachleute hätten es sicher besser gemacht) Bergungsaktion doch noch einiges feststellen:

http://www.donaukurier.de/nachrichten/bayern/Alle-Schloesser-des-Mercede...

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Zum Zeitpunkt der Bergung war schon klar, dass es sich um den Mercedes von Rupp handelte (man hatte wohl das Kennzeichen unter Wasser ertastet). Kripoleute und Staatsanwaltschaft, die sich in dem Fall auskannten, waren schon anwesend. Die Sache hatte keine Eile - es hätte nix ausgemacht, wenn der Wagen noch ein paar Stunden/Tage im Wasser gelegen hätte. Man konnte also einen Kran besorgen, der es geschafft hätte, den Wagen so hochzuziehen, das er nicht kippte und wertvolle Spuren vernichtet wurden. (Quelle)

Gemäß http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Lokales/Neuburg/Lokalnachrichte... wussten die Verantwortlichen bei Staatsanwaltschaft wohl sehr genau, dass Ihr Verhalten nicht der Beweissicherung diente: "bereits eine Woche, nachdem die Leiche geborgen worden war, festgelegt wurde, dass Spuren nicht weiter verfolgt werden sollen. Das berichtete der leitende Kriminalbeamte. 'Ich habe jeden Schritt nur auf Auftrag der Staatsanwaltschaft gemacht.'"

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Dieses Verhalten - keine Ermittlungen mehr, schließlich haben wir ein rechtskräftiges Urteil - ist tatsächlich skandalös. Aber es ist nach den Äußerungen der Staatsanwaltschaft direkt nach dem Leichenfund, nach dem Motto: "Tot ist tot, verurteilt ist verurteilt", wohl nur konsequent gewesen.

Zu Neunmalklug (siehe #9): Es wurde nicht mal ein Foto des Fußskeletts im Wageninneren gemacht.

Nachdem es ja auch in der aktuellen Zeitschriftenlandschaft Leute gibt, die der Staatsanwaltschaft die Berechtigung zu weiteren Ermittlungen bereits nach Anklageerhebung absprechen (glaube es war vor Kurzem in der NStZ zu lesen), verwundert nicht, dass nach rechtskräftiger Verurteilung die Polizei die Anordnung von Ermittlungen für ein eventuelles Wiederaufnahmeverfahren abwartet, oder?

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@klabauter: Insofern richtet sich meine Kritik nicht gegen die Polizei, sondern die Staatsanwaltschaft, die ja sofort benachrichtigt wurde und vor Ort war und entspr. Anordnungen hätte treffen können, Beweismittel zu sichern.

zum Verhalten der Polizei lohnt sich ein Blick hierhin: http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/21/0,1872,8124885,00.html

es wird seine Gründe haben, warum es in Deutschland immer noch keine Pflicht gibt, Vernehmungen aufzuzeichnen. Dass ein guter Vernehmungsbeamter aus einer labilen Persönlichkeit nach 5 Stunden Dauervernehmung (womöglich noch als Zeuge) ein Geständnis herausbekommt, stell zwar dem Beamten ein gutes Zeugnis über seine manipulativen Fähigkeiten aus, für den Rechtstaat aber ist es ein Skandal.

Betrachtet man noch, wie selten Wiederaufnahmeverfahren zugelassen werden, kann man davon ausgehen, dass in Deutschland Dutzende, wenn nicht gar Hunderte wegen "erpresster" Geständnisse unschuldig im Gefängnis sitzen. Und das beste: Wenn durch glücklichen Zufall doch die wahren Täter gefasst werden (wie im Fall Günther Kaufmann), dann gibt es nicht einmal Haftentschädigung -- schließlich ist der fälschlich Verurteilte durch sein "Geständnis" quasi selbst schuld an seiner Verurteilung...

Es fällt schwer, da nicht an "furchtbare Juristen" zu denken -- Kafka jedenfalls hätte seine Freude daran!

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Sehr detaillierter Bergungsbericht aus der Augsburger Allgemeinen (Quelle)

Zudem berichtet dieselbe Zeitung aus der Hauptverhandlung, dass sich einige der Zeugen nicht mehr erinnern wollen oder können an das, was sie im ersten Prozess gesagt haben. Da stellt sich dann z.T. heraus, dass man damals von ihnen gerne die Weitergabe von Gerüchten gehört hat ("an die Hunde verfüttert"), was jedenfalls jetzt, nach dem dies als Unwahrheit erkannt ist, niemand mehr so gern gesagt haben will. Aber auch das Verhalten des damligen Sitzungsverterters der StA kommt zur sprache, Zitat:

Sie konnte sich nur bruchstückhaft an ihre Aussagen im ersten Prozess erinnern und gab zu, ein wenig Angst gehabt zu haben. „Damals hat der Oberstaatsanwalt Veh mit mir so geschimpft.“ Auf die Frage, wie sie denn auf die Geschichte mit den Hunden gekommen sei, antwortete sie: „Das hat ja damals halb Heinrichsheim umeinandergeplärrt, dass die Hund’ ihn g’fressen haben soll’n.“

(Quelle)

Wird es nun eng für die polizeilichen  Ermittler und Oberstaatsanwalt Veh im Fall Rupp? Ich habe schon im Eingangsbeitrag eine im Donaukurier vom 26.04.2005 berichtete Begebenheit aus der ersten Hauptverhandlung wiedergegeben. Nach dem Bericht hatten  Veh und der Vors. Richter Sitka den Angestellten eines Schrotthändlers zu der Falschaussage genötigt, der Mercedes von Rupp sei dort verschrottet worden.

Nun ergibt sich in der neuen Hauptverhandlung, dass möglicherweise auch der Schrotthändler selbst zu falschen Angaben genötigt wurde bzw. genötigt werden sollte. So berichtet die Augsburger Allgemeine:

"Emotional wurde es im Gerichtssaal bei der Zeugenaussage des Schrotthändlers, der nach dem Verschwinden Rudolf Rupps den Mercedes des Landwirts hätte entsorgt haben sollen. Zumindest ging das Landgericht Ingolstadt 2005 noch davon aus. Er sei bei der Vernehmung mit der Pistole bedroht worden, weil er sich geweigert hatte, das Protokoll zu unterschreiben, so der Zeuge. Außerdem hätte ihm Oberstaatsanwalt Veh einen Handel vorgeschlagen. „Er hat mir angeboten, wenn ich zugebe, dass ich den Mercedes verschrottet habe, dann lässt er Ermittlungen wegen so einer Umweltsache fallen“, so der Zeuge, der 2004 etwa fünf Monate in Untersuchungshaft saß. Doch darauf habe er sich nicht eingelassen."

Gegen den vernehmenden Polizeibeamten ist dies in der Tat ein ungeheurer Verdacht. Aber auch der Vorwurf gegen den OStA Veh selbst ist eklatant: Sollte er tatsächlich so weit gegangen sein, zugunsten einer "stimmigen Geschichte" zur Beseitigung des Mercedes einen Zeugen manipuliert zu haben, indem er ungesetzliche Vorteile versprach? Ganz unglaubhaft erscheint dies nicht, wenn man die Begebenheit aus der Hauptverhandlung berücksichtigt.

Heute auch in der SZ-Printausgabe und online: http://sueddeutsche.de/muenchen/mysterioeser-todesfall-eines-landwirts-ermittler-unter-druck-1.1026135

"Am 11. März 2004 hatte die Polizei das Anwesen des Schrotthändlers durchsucht, vier Tage später wurde er zur Vernehmung vorgeladen. Er sei an diesem Tag pausenlos von 9 bis 16 Uhr vernommen worden, sagt der Zeuge.

Gegen 16 Uhr sei dann Staatsanwalt Christian Veh - damals noch nicht Oberstaatsanwalt - dazugekommen. "Er hat sich ganz nah zu mir hingesetzt und gesagt, er schlägt mir einen Deal vor", sagt Ludwig H. Bei der Hausdurchsuchung habe man ein Umweltdelikt festgestellt: H. habe Schrott, Motoröl und Batterien nicht vorschriftsgemäß gelagert. Man könne aber von der Verfolgung dieser Sache absehen, wenn H. zugebe, dass er den Mercedes des Rudolf R. auf seinem Anwesen verschrottet habe.

Er habe sich diesem Ansinnen entschieden widersetzt, gab Ludwig H. an. Er habe zu dem Staatsanwalt gesagt, er rauche nicht und saufe nicht, und er werde wohl wissen, was auf seinen Hof gekommen sei und was nicht. Veh sei dann wieder gegangen. Eine halbe Stunde später seien zwei weitere Polizeibeamte dazugekommen. Der eine von ihnen - der Zeuge nennt den Namen K. - habe ihm eine Pistole an die Schläfe gehalten und dazu gesagt: ,,Wir können auch anders." Auf seinen Protest hin habe der Beamte gesagt: "Hier geht's um Mord, da dürfen wir alles."

...

Staatsanwalt Ralph Reiter, der beim wiederaufgenommenen Prozess in Landshut die Anklage vertritt, hat nach der Zeugenaussage von Ludwig H. Vorermittlungen aufgenommen. Sie richten sich sowohl gegen den Polizeibeamten, der Ludwig H. mit der Pistole bedroht haben soll, als auch gegen Ludwig H. selbst, falls sich dessen Aussage als falsch herausstellen sollte.

"Ich muss zunächst prüfen, ob es in der einen oder anderen Richtung einen Anfangsverdacht gibt'" sagte Reiter zur SZ. Gegen den Ingolstädter Oberstaatsanwalt Veh werde nicht ermittelt. "Dass man einem Verdächtigen etwas anbietet als Gegenleistung für ein Geständnis, ist nicht unbedingt ein Straftatbestand", sagte Reiter. Veh selbst wollte sich nicht zu dem Vorgang äußern. Er wies darauf hin, dass er selbst in dem Verfahren noch als Zeuge aussagen müsse."

Einem Verdächtigen etwas anbiete? Ist er denn als Verdächtiger vernommen worden oder als Zeuge? Wäre auch mal interessant zu wissen ...

Und warum sind die Bayern eigentlich so stolz auf ihre Justiz und Aufklärungsquoten, wenn Morde derart "aufgeklärt" werden?

 

 

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