Können Rechtspfleger besser rechnen als Richter?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 19.10.2010

Der Bundesrat hat einen alten Gesetzentwurf vom 28.06.07 (PKHBegrenzG, BT-Drs 16/1994) erneut in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht (BR-Drs 37/10).

Der Entwurf sieht massive Einschnitte bei der PKH-/VKH-Bewilligung vor. Im Einzelnen:

  • Kürzung der Freibeträge nach § 115 I 3 ZPO
  • Wegfall der Ratentabelle, zukünftig sollen 2/3 des verbliebenen Einkommens als Rate gezahlt werden müssen
  • Wegfall der Begrenzung auf 48 Monatsraten
  • Ab einem verbleibenden Einkommen von 450 € ist ein Nachweis beizubringen, dass ein Kredit für die Verfahrenskosten nicht aufgenommen werden kann
  • Bei Antragstellung muss formularmäßig dazu eingewilligt werden, dass das Gericht Auskünfte zu Einkommen und Vermögen einholen kann
  • Übertragung der Bedürftigkeitsprüfung auf den Rechtspfleger
  • verschärfter Einsatz des durch das Verfahren erlangten für die Verfahrenskosten (z.B. Unterhaltsrückstände)
  • umfassendes Beschwerderecht der Staatskasse
  • Gebühr für die Bewilligung 50 €

Siehe umfassend Büte FamFR 2010, 436

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6 Kommentare

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Vielleicht sind Rechtspfleger einfach strenger? Dass die Rechenkünste von Juristen in der Regel beschränkt sind, ist ja bereits sprichwörtlich.

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Judex non calculat? Ich wollts ja nicht sagen. :)

Aber vielleicht resultiert das ja, wie Referendar schon vermutete, aus der Annahme, dass der persönlich anwesende Richter sich eher von verheulten Rehaugen beeindrucken lässt, als der Rechtspfleger, der nicht in diese Augen schaut.

Wie kommen die nur auf diese Annahme?

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[X] PKH in der bisherigen Form

[_] Mehr Klassenjustiz

Effektiver Rechtsschutz auch für wirtschaftlich Schwache gehört zu den Grundpflichten des Staates. Die Starken brauchen die Gesetze nicht, sie vermögen es, sich anders durchzusetzen. Die Schwachen brauchen den Schutz von Gesetz und Richter. Wenn gerade ihnen dieser Schutz verwehrt wird, können wir auch die Gerichte insgesamt abschaffen.

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Ihr Kommentar, Herr Raden, liegt - wie eigentlich immer - neben der Sache. Auch Rechtspfleger sind Juristen (Dipl. Jurist FH). Der Richter entscheidet im Regelfall über einen VKH-Antrag nicht in der Verhandlung, sondern allein im stillen Amtskämmerlein.

Ich habe, wie auch schon der Referendar vor mir und letztlich sie selbst auch, lediglich auf ein bekanntes Sprichwort hingewiesen.

Judex bezeichnet, meines Wissens, auch nicht den Juristen im allgemeinen, sondern den Richter, was ein Rechtspfleger nicht zwingend ist.

Ansonsten ist meine Interpretation der Gründe für diese Änderung natürlich genauso spekulativ wie Ihre Suggestivfrage.

 

 

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Quote:
Ab einem verbleibenden Einkommen von 450 € ist ein Nachweis beizubringen, dass ein Kredit für die Verfahrenskosten nicht aufgenommen werden kann 
da bin ich mal gespannt, wie solch ein Nachweis aussehen soll: offizielle Bescheinigung mit Firmenstempel von mindestens 5 Kreditinstituten im Umkreis von 20km, beuogen auf den Gerichtsstand? Durchgestrichener Kreditantrag? Oder noch besser, zerrissener? Schufa-Selbstauskunft?

Erinnert mich irgendwie an den Versuch, die Nichtexistenz weißer Raben durch das Zahlen schwarzer Raben zu beweisen...

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