Winnenden - Hauptverhandlung gegen den Vater allein wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 16.09.2010

Ab heute findet vor dem LG Stuttgart die Hauptverhandlung gegen den Vater des Schülers statt, der vor anderthalb Jahren ausgehend von seiner Schule in Winnenden insgesamt 15 Menschen und sich selbst tötete. Dabei benutzte er eine Waffe, die sein Vater - wie dieser eingeräumt hat - unverschlossen aufbewahrte.

Von der umfassenderen Anklage, die auch fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung einschloss, ist momentan nur der Vorwurf des Verstoßes gegen das Waffengesetz übrig geblieben (update in Kommentar #3). Allerdings wäre zur Aufklärung dieses Vorwurfs kaum eine Hauptverhandlung mit 27 Terminen nötig, insbesondere ist der Angeklagte insoweit ja auch geständig. Wie zutreffend berichtet wird, ist auch eine Erweiterung des Vorwurfs im Verlauf der Hauptverhandlung denkbar (§ 264 Abs. 2 StPO)

Es geht also - trotz der beschränkten Anklage - faktisch schon jetzt um mehr. Es geht auch darum, den verletzten Opfern und den Angehörigen der Getöteten durch die Hauptverhandlung eine Möglichkeit zu geben, Winnenden zu verarbeiten. Ob dies (aus psychologischer Sicht) gelingen kann durch ein Strafverfahren gegen den Vater, der selbst durch Tat und Tod seines Sohnes schwer betroffen ist, erscheint mir allerdings fraglich.

Zu den Rechtsfragen (vgl. auch schon früher hier im Blog und hier:

Wer seine Waffe (und Munition) offen liegen lässt und damit einem anderen die Möglichkeit gibt eine Strafat zu begehen, bei dem stellt sich die Frage der objektiven Zurechnung.

Diese ist, bei fahrlässiger Veranlassung der vorsätzlichen Tat eines anderen deshalb fraglich, weil dieser andere ja grundsätzlich eigenverantwortlich handelt und deshalb die entscheidende Erfolgsursache setzt. Allerdings lässt sich die Zurechnung im vorliegenden Fall nicht einfach durch den Bezug auf die Eigenverantwortlichkeit des jungen Täters verneinen:

a) Beim Veranlasser handelt es sich um den Vater, beim "anderen" um dessen minderjährigen Sohn. Sowohl der Jugend-Status des Täters als auch die Rolle des Vaters als Erziehungsberechtigter sprechen gegen eine völlige Eigenverantwortung.

b) Selbst bei erwachsenen eigenverantwortlich handelnden Dritten kann dann eine strafbare fahrlässige Mitwirkung gegeben sein, wenn es sich beim Dritten um einen "erkennbar Tatgeneigten" handelt (Beispeil: fahrlässiger Weitergabe eines Messers an einen an einer Schlägerei Beteiligten). Dies könnte hier vorliegen, wenn sich bestätigt, dass es gewisse Anzeichen für eine Gewalttat gab, die der Vater hätte erkennen müssen.

c) Das Waffengesetz dient mit seinen Aufbewahrungsvorschriften gerade dazu, Missbräuche mit Schusswaffen durch Unberechtigte zu verhindern. Insofern vermindert nach einigen Ansichten der Schutzbereich der Norm den Einwand der Eigenverantwortlichkeit

Nach den Presseinformationen ist allerdings die Anklage wegen fahrlässiger Tötung deshalb verneint worden, weil die Tat möglicherweise auch bei ordnungsgemäßem Einschluss der Waffe begangen worden wäre. In der strafrechtlichen Terminologie ist dies der Einwand des mangelnden Pflichtwidrigkeitszusammenhangs: Eine Zurechnung des Erfolgs entfällt, wenn derselbe Erfolg auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Der jugendliche Täter habe die Zahlenkombination des Waffenschranks gekannt und er habe (höchstwahrscheinlcih) auch an dem betreffenden Morgen Zugang dazu gehabt, da die große Menge Munition wahrscheinlich aus diesem Waffenschrank stammte (Quelle). Also: Hat er sich die Munition aus dem Schrank besorgt, dann hätte er dort ohne Weiteres auch die dort verschlossene Waffe entnehmen können. Allerdings ist dann noch zu fragen, ob der Vater nicht wusste oder hätte erkennen müssen, dass sein Sohn die Kombination kannte.

Ohnehin wäre als weitere Hürde die subjektive Fahrlässigkeit zu prüfen: Hat der Vater (die obj. "Erkennbarkeit" der Tatneigung einmal unterstellt) diese denn tatsächlich konkret erkennen können, war er über die psychischen Probleme soweit informiert, dass er mit einem solchen Verhalten rechnen konnte oder gar musste? Dies ist schon deshalb fraglich, weil eine solche Tat (glücklicherweise) bisher eine seltene Ausnahme ist.  

 

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12 Kommentare

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Ob der Vater wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz allein oder auch wegen fahrlässiger Tötung zu bestrafen ist, ist dogmatisch eine spannende Frage. Ebenfalls höchst bemerkenswert ist die Frage, nicht weswegen, sondern wer zur Verantwortung bezogen wird. Denn die "Schuldzuweisung" differiert in diesem Fall erheblich bei

- Politik und Medien einerseits und

- Staatswaltschaft andererseits.

Während Politik und viele Medien sog. "Killerspiele" verantwortlich machten, fragt die Justiz, ob der Vater als Eigentümer der Tatwaffe sich strafbar gemacht hat. Eine Anklage gegen die Hersteller von Computerspielen ist hier - bei realistischer Betrachtung - noch unwahrscheinlicher als eine gegen den Waffenhersteller.

Vielleicht wären Politik und Medien gut beraten, die Vorwürfe und Kausalitätsvermutungen auf das zu beschränken, was nach Ansicht der "Profis" relevant war. Politische Forderungen wie die (expressis verbis) nach einer stärkeren Strafverfolgung im Internet offenbaren die Unkenntnis der Beteiligten über die Zusammenhänge. Eine Strafverfolgung "im Internet" kann es ebenso wenig geben wie eine "über das Telefon" oder "in Büchern". Auch erfolgten hier keine Straftaten unter Einbeziehung des Internets - wäre der Täter bei den "Killerspielen" geblieben, hätte er virtuelle "Opfer" erschossen, keine realen.

Die Justiz wäre m. E. berufen, hier im Rahmen ihrer Aufgabenzuweisung zu einer Versachlichung der Diskussion beizutragen. So dürfte durchaus relevant sein, ob der Vater angesichts des Spielverhaltens seines Sohnes besondere Vorsicht bezüglich der Aufbewahrung seiner Waffe(n) hätte walten lassen müssen. Denn wer "virtuell" gerne mit Waffen spielt, mag dies auch "in der Realität" probieren wollen. Auch ohne dabei an einen Amoklauf zu denken, wären Selbst- oder Fremverletzungen bei unsachgemäßer Handhabe bspw. bei einem Probeschießen denkbar gewesen. Hier mag das Thema "Killerspiele" - wenn auch unter einem sachlichen Namen - angebracht sein.

So wie man nicht Publikationen über die Feuerwehr verbietet, um Brandstiftungen entgegenzuwirken, ist auch ein Verbot von Computerspielen nicht sachgerecht. Wer jedoch einen vielleicht nicht immer verantwortungsvollen Sohn mit einem Zimmer voll Feuerwehrparaphernalia und Bildern von Großbränden hat, sollte Feuerzeug und Benzinkanister nicht unnötig herumstehen lassen.

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Also fahrlässige Tötung wäre schon eine Ohrfeige für das deutsche Rechtssystem. Wenn jemand seine Pistole im Schrank versteckt der Sohn Egoshooter zockt und die Pistole dann bei einer Suche findet...als Richter käme ich doch nichtmal auf die Idee, dies dem Vater anzukreiden (jedenfalls nicht als den jetzigen Tatbestand).

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Laut Spiegel-Online wird das Gericht auch eine fahrlässige Tötung in Betracht ziehen.

@leser #1, zwischen strafrechtlicher Verantwortung und politischer/moralischer besteht ein Unterschied, und das Strafrecht ersetzt keine allg. (psychologische/soziologische) Ursachenforschung. Das sind einfach verschiedene Dinge. Weder Hersteller von Computerspielen noch Waffenhersteller können wegen eienr solchen Tat rechtlich angeklagt werden, eine moralische oder politische "Klage" kann dennoch berechtigt sein, weil solche Taten durch die (zu) freie Verfügbarkeit von Waffen oder Computerspielen theoretisch mitverursacht sein könnten.

@Gebäudereinigung Frankfurt #2,

ich halte es nicht für so fernliegend, denjenigen, der eine Waffe hat, auch mitverantwortlich zu machen, wenn er sie nicht richtig aufbewahrt und dann damit eine Tat begangen wird. Ob es im konkreten Fall berechtigt ist, wird (hoffentlich) die Hauptverhandlung zeigen.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Mit Recht weisen Sie auf die Seltenheit  ja beinahe Singularität eines solchen Amoklaufes hin und stellen auch die Frage der subjektiven Vorhersehbarkeit im den Raum. Das wären im konkreten Fall aber m.E. auch Argumente mit denen man ein Vorliegen eines die objektive zurechenbarkeit ausschließenden atypischen Kausalverlaufs zumindest zur Diskussion stellen könnte. Denn dass die Aufbewahrung einer Waffe im Schlafzimmer die Ursache zu einem durch den Sohn verübten Amoklauf setzt, ist m.E. beinahe ähnlich fern eines nach der allgemeinen Lebenserfahrungen zu erwartenden Kausalverlaufs wie der Lehrbuchfall des  vom Blitz getroffenen ohnmaechtigen Prügelopfers. Nein, sollte hier die Anklage tats. auf 222 erweitert werden, haette ich dafür kein Verständnis. Zum Nachdenken: Wann wurde eigentlich schon mal einem Justizvollzbeamten wegen fahrlässiger Ermöglichung der Flucht eines Gewalttäters und anschließender Mordbegehung durch diesen (soll schon vorgekommen sein) der Tatvorwurf der fahrlässiger Tötung gemacht? Da ist bloß noch keine StA drauf gekommen... Fre

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Hallo zusammen!

Es wäre mir eine Freude, wenn ihr eure Meinung zu meinem Prüfungsschema abgebt. Danach könnte die Strafbarkeit des Vaters an der objektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts, der objektive Zurechnung und im Rahmen der Schuld an der subjektiven Vorhersehbarkeit scheitern.p { margin-bottom: 0.21cm; }p { margin-bottom: 0.21cm; }

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Die Prüfung des § 222 StGB am Beispiel des Vater des Schülers, der ausgehend von seiner Schule in Winnenden insgesamt 15 Menschen und sich selbst tötete. Dabei benutzte er eine Waffe, die sein Vater - wie dieser eingeräumt hat - unverschlossen aufbewahrte.

I. Tatbestand

1. Erfolg

→ (+), Tod von insgesamt 15 Menschen

2. Handlung

→ (+), Vater hat Waffe und Munition offen liegen gelassen

3. Kausalität i.S.d. Äquivalenztheorie

→ (+), hätte der Vater die Waffe nicht offen liegen gelassen, wäre der tatbestandliche Erfolg nicht eingetreten

→ man könnte die Auffassung vertreten, dass der jugendliche Täter ohne Weiteres die im Waffenschrank verschlossene Waffe hätte entnehmen können (er kannte die Zahlenkombination); der Tod der 15 Menschen also auch ohne das Handeln des Vater eingetreten wäre

→ eine solche Sichtweise berücksichtigt die Grundsätze der Äquivalenztheorie nicht ausreichend: danach ist es verboten, alternative Kausalverläufe hinzuzudenken: demnach wäre die Entnahme der Waffen aus einem gesicherten Schrank ein alternativer, bloß hinzugedachter Kausalverlauf

4. Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt

a) Objektive Sorgfaltspflichtverletzung

→ (+), Verstoß gegen § 53 I Nr. 19 WaffG ist objektiv sorgfaltswidrig

b) Objektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts

der eingetretene Erfolg und der wesentliche Kausalverlauf müssen objektiv aus Sicht eines beobachtenden Dritten (und nicht aus Sicht des Täters) vorhersehbar gewesen sein

das ist der Fall, wenn der eingetretene Erfolg und der Kausalverlauf nicht außerhalb der Lebenserfahrung liegen und man mit dem Erfolgseintritt rechnen musste

(+)/(-), entscheidend ist, was der Vater vom Krankheitsbild seines Sohnes wusste

c) objektive Vermeidbarkeit des Erfolgseintritts

→ objektive Vermeidbarkeit liegt vor, wenn jeder objektive Dritte den Erfolg hätte vermeiden können

→ (+), Vater hätte sorgfaltsgemäß handeln können, indem er den Waffenschrank verschließt

d) Objektive Zurechnung

aa) Rechtlich relevante Gefahr

→ Schutzzweck des WaffG: Waffengesetz dient mit seinen Aufbewahrungsvorschriften gerade dazu, Missbräuche mit Schusswaffen durch Unberechtigte zu verhindern, also rechtlich relevante Gefahr (+)

bb) Realisierung im konkreten Erfolg

(1) Dritter verursacht den tatbestandlichen Erfolg eigenverantwortlich

(+)/(-): Realisierung im konkreten Erfolg fraglich, da der Sohn den tatbestandlichen Erfolg eigenverantwortlich verursacht

für eine Realisierung im konkreten Erfolg spricht : Jugend-Status des Täters als auch die Rolle des Vaters als Erziehungsberechtigter sprechen gegen eine völlige Eigenverantwortung

Realisierung im konkreten Erfolg auch dann, wenn Sohn erkennbar tatgeneigt

(2) Pflichtgemäßes Alternativverhalten

hat der Täter objektiv fahrlässig gehandelt, wäre aber der tatbestandsmäßige Erfolg auch bei fehlerfreiem Verhalten (sog. pflichtgemäßem Alternativverhalten) eingetreten, dann war der Erfolg unvermeidbar; es kommt dann nicht mehr auf die tatsächlich gegebene Pflichtverletzung an

mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit der Erfolg auch bei sorgfaltsgemäßem Handeln hätte

eingetreten sein müssen, ist streitig (Rspr., Vermeidbarkeitslehre , Risikoerhöhungslehre)

Pflichtwidrigkeitszusammenhang jedenfalls (-), wenn der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre

dafür spricht, dass der Sohn die Zahlenkombination kannte

II. Rechtswidrigkeit

(+), es liegen keine Rechtfertigungsgründe vor

III. Schuld

1. Schuldfähigkeit (+)

2. Persönliche Vorwerfbarkeit der Handlung

a) Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung

für die Schuld des Täters ist erforderlich, dass der Täter subjektiv nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage und fähig war, sorgfaltsgemäß zu handeln

(+), Vater war in der Lage, sorgfaltsgemäß zu handeln

b) Subjektive Vorhersehbarkeit

→ der Täter muss in der Lage gewesen sein, vorherzusehen, dass er den Erfolg verursachen würde

→ musste der Vater mit einem solchen Verhalten seines Sohnes rechnen?

→ (-), die Tat ist äußerst selten

→ (+), wenn Vater die psychischen Probleme seines Sohnes kannte

3. Zumutbarkeit

schließlich muss es dem Täter zumutbar gewesen sein, die Sorgfaltspflicht zu erfüllen; dabei kommt es auf eine objektive und nicht auf eine subjektive Sicht des Täters an

(+), es war dem Vater zumutbar, die Waffe sicher zu verwahren

IV. Ergebnis

(+)/(-)

 

 

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@ 3

Natürlich geht es bei den politischen Forderungen um neue Verbote (de lege ferenda), für die strafrechtlichen Praktiker um bestehende Verbote (de lege lata).

Trotzdem zeigt die strafrechtliche Aufarbeitung genau diesen Kontrast auf. Würde auf andere Unglücksfälle reagiert werden wie auf die Amokläufe, wären Kraftfahrzeuge (PKWs, LKWs, Züge, Flugzeuge, Motorschiffe und -boote), alkoholische Getränke, Zigaretten, Leitern u. v. a. m. verboten. Hat schon jemand von einer Forderung von Autorennspielen, Formel-1-Übertragungen oder Spielzeugautos gehört, um die Zahl der Verkehrsunfälle wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen und anderen gefährlichen Verhaltens zu senken?

Juristisch wird der Amoklauf im Prinzip nach Schema F durch Staatsanwaltschaft und Gericht verfolgt - ein dramatischer Fall, aber einer wie viele andere dramatische Ereignisse auch, die täglich vor deutschen Gerichten behandelt werden. Dort wird Alltagsgeschäft "de lege lata" abgearbeitet, ohne dass gleich Generalverbote gefordert oder von "Killerautos" gesprochen würde.Die überzogene Reaktion einiger Politiker und Medienunternehmen zeigt m. E. hingegen, dass dort irrational mit dem Thema umgegangen wird, was einer sachgerechten, tatsächlich wirksamen Lösung kaum zuträglich sein wird.

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Vor dem Hintergrund des WLAN-Urteils des BGH (I/ZR 121/08) interessiert auch die Frage, mit welcher Zahlenkombination der Tresor gesichert war bzw. warum der Sohn den Tresor öfnen konnte. Lässt sich daraus, dass er es konnte, nicht auch eine Fahläsigkeit des Vaters begründen (ähnlich wie das Mitteilen oder Notieren der PIN einer Bankkarte)?

Zeugen berichteten, der 17-Jährige habe sich damit gebrüstet, die achtstellige Zahlenkombination aus dem Geburtstag seines Vaters und dem Geburtsmonat der Mutter zu wissen - sein Vater bestritt dies gegenüber den Ermittlern vehement. Allerdings soll der Code mit dem für die Alarmanlage des Hauses übereingestimmt haben, und den könnte Tim zweifelsohne gekannt haben. http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,717297,00.html

Zeugen berichteten, der 17-Jährige habe sich damit gebrüstet, die achtstellige Zahlenkombination aus dem Geburtstag seines Vaters und dem Geburtsmonat der Mutter zu wissen - sein Vater bestritt dies gegenüber den Ermittlern vehement. Allerdings soll der Code mit dem für die Alarmanlage des Hauses übereingestimmt haben, und den könnte Tim zweifelsohne gekannt haben.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,717297,00.html

Fahrlässige Handlung in diesem Fall also nicht nur durch Herumliegenlassen ("Verstecken") der Waffe, sondern auch durch Benutzen einer bekannten bzw. für den Mörder leicht ermittelbaren Kombination des Tresors?

@#5 und Threaderöffner:

zu I4b und III2b: "Die Polizei bestätigte zudem abermals, dass Tim K. Mitte Dezember 2008 in Vorbereitung seiner Musterung in einem Schreiben das Kreiswehrersatzamt auf seine Depressionen hingewiesen habe."  http://www.faz.net/s/RubCD175863466D41BB9A6A93D460B81174/Doc~EC49F761A3E4D42A0A53CF7239194DE55~ATpl~Ecommon~Scontent.html und  http://org.polizei-bwl.de/PDWaiblingen/Presse/PM/SonderPM-Amok%2016.03.2009.pdf

" Als behandelnden Arzt habe er einen Arzt des Klinikums am Weissenhof benannt. Nach Angaben des ärztlichen Direktors der Klinik wurde der Jugendliche dort mehreren Tests unterzogen und ihm eine weiterführende Behandlung an der Klinik in Winnenden empfohlen." (http://www.focus.de/panorama/vermischtes/amoklauf-winnenden-fahrlaessige-toetung-ermittlungsverfahren-gegen-vater-von-tim-k-eingeleitet_aid_381032.html

es kann davon ausgegangen werden, dass Tims Vater als Unternehmer (120 Beschäftigte) die ganze Familie privat krankenversichert hat und die Tests nicht kostenlos waren (evtl. wurden sie auch bereits im Hinblick auf die Musterung gemacht?). Da die Leistungen direkt mit dem Versicherten abgerechnet werden, muss die Rechnung über den Tisch des Vaters gegangen sein. Wenn die Eltern erklären lassen, dass ihr Sohn „nie in psychotherapeutischer Behandlung gewesen und deswegen auch nie in einer entsprechenden Klinik behandelt worden“ sei", kann das wahr sein, aber im Hinblick auf die Kenntnis über die psychische Situation keine Entlastung darstellen (das eine schließt das andere nicht aus). Man kann von den Eltern vermuten, dass sie Bescheid wussten - wenn sie schon ein Schulgeld von 195 Euro pro Monat hinlegen und ihnen ihr Sohn nicht egal war: "Interesse brachten die Eltern für die schulische Karriere ihres Zöglings auf. "Sie waren beim Elternabend und kamen auch zum Elterngespräch", erinnert sich die junge Lehrerin." http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/neuro-psychiatrische_krankheiten/?sid=537655

weiterhin: "hatten die Therapeuten der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Weinsberg, bei denen Tim K. ab Frühjahr 2008 zur Behandlung war, den Eltern geraten, "das Spielen am PC beziehungsweise das Filmeschauen zu reduzieren". In einem Abschlussgespräch hätten die Ärzte erklärt, dass sich Tim viel mit Filmen beschäftige, die nicht für seine emotionale Reife geeignet seien und sehr viel Gewalt beinhalteten." http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,648555,00.html 

dennoch: "Das Spiel "Far Cry 2" hatte Tim K. Weihnachten 2008 von seiner Mutter geschenkt bekommen. Das Spiel ist in Deutschland nicht für Jugendliche unter 18 Jahren freigegeben, Tim K. hätte es also nicht besitzen dürfen." 


im Januar dann: "die Munition offenbar sieben Wochen zuvor gemeinsam mit seinem Vater kaufte - nachdem er als Minderjähriger zuvor in einem Geschäft abgewiesen worden war. ... Den polizeilichen Ermittlungsakten zufolge hatte der Minderjährige zunächst versucht, alleine 9-mm-Patronen zu erwerben - und sei in dem Geschäft abgewiesen worden. Daraufhin hätten Vater und Sohn gemeinsam 1000 Schuss erstanden"

im Februar: http://content.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/1973390_0_2157_passives-mitglied-amoklaeufer-trainierte-nur-zweimal-im-schuetzenverein.html  "Drei Wochen vor dem Amoklauf durfte Tim K. allerdings nochmals mit einer Pistole schießen - ohne Protokoll. ... War der erfahrene Pistolenschütze Jörg K. am fraglichen Tag im Februar 2009 nur ein Schütze unter vielen - oder fungierte er als Aufsichtsperson am Schießstand?" 

wie sieht es vor dem Hintergrund dieser Information aus? Sollte dies alles beweisbar sein, ist doch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung durchaus möglich?

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Beweisaufnahme abgeschlossen, Staatsanwaltschaft fordert 2 Jahre auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung:

http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/2772967_0_9223_-amokprozess-anklage-will-haft-auf-bewaehrung.html

"Was außer Frage steht, ist, dass neben hohen Anwaltskosten auch horrende Schadenersatzforderungen auf den Angeklagten zukommen. Deswegen verzichte man auf eine Geldstrafe, so Oberstaatsanwalt Rieleder. Allerdings hat der ehemalige Chef eines mittelständischen Unternehmens bereits vorgesorgt: seine Firma soll Jörg K., der am Mittwoch in völliger Anonymität seinen 52. Geburtstag feiert, längst auf seine Ehefrau überschrieben haben.

Anderthalb Stunden dauerten die Ausführungen der zwei Staatsanwälte. Sie gehen davon aus, dass Tims Eltern zumindest ahnten, dass ihr Sohn "ein Sonderling" war. Den Code des Tresors, in dem Jörg K. viele weitere Pistolen und Gewehre verwahrte, habe er den Zeugenaussagen und Indizien zufolge dagegen nicht gekannt. Mit anderen Worten: Tim K. hätte sich nicht auf anderem Wege Waffen beschaffen können, der Amoklauf wurde erst durch die Pistole im Schlafzimmer möglich."

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