Ein Sommermärchen

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 14.09.2010

Der Eine oder Andere erinnert sich sicherlich, dass dieser Sommer verheißungsvoll begonnen hatte. Ab Mitte Juni kletterten die Temperaturen bis zum 30.06. kontinuierlich auf 34°C. Für den Mietrechtler öffnet sich in dieser Situation das Fenster der Gewährleistung wegen Überhitzung von Büroräumen, durch die die von der Hitze in nicht klimatisierten Räumen geplagten Mandanten strömen. Im Hinblick auf den Streitwert (vgl. § 41 GKG) kein Gedanke, der unbedingt Abkühlung verschafft.

Insoweit vertritt die h.M. nach wie vor die Auffassung, dass – mangels anderer Vereinbarung – der Vermieter bei der Vermietung von Büroräumen einen (vertragsgemäßen) Zustand schuldet, der die Arbeits- und Aufenthaltsbedingungen nicht in unzuträglicher Weise beeinträchtigt (vgl. OLG Hamm v. 28.7.2007 – 30 U 131/06, OLGR 2007, 541 m.w.N.). Dazu werden die arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen herangezogen, insbesondere § 3 Abs. 1 S. 1 ArbStättV, in dessen Anhang 3.3 bestimmt ist, dass die Temperatur an einem Arbeitsplatz 26°C nicht überschreiten soll (vgl. auch DIN 1946).

Das OLG Karlsruhe (v. 17.12.2009 – 9 U 42/09, GE 2010, 542) hat zurecht darauf hingewiesen, dass allein die Überschreitung dieser Werte noch keinen Mangel der Mietsache begründet. Es handelt sich bei der arbeitschutzrechtlichen Bestimmung nämlich nur um eine Richtlinie, deren Überschreitung nicht mehr als eine Indizwirkung beizumessen ist. Der Mieter muss also Tagebuch führen, um die Erheblichkeit der Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs darzustellen. Dazu reicht es nicht aus, den Spitzenwert des Tages zu notieren. Vielmehr ist (täglich) in regelmäßigen Abständen der gemessene Wert zu notieren, damit einem Gericht ggfs. dargelegt werden kann, über welchen Zeitraum täglich welche Temperaturüberschreitungen stattgefunden haben. Diese Notwendigkeit beschränkt sich nicht nur auf einen Raum, sondern gilt für die gesamte Mietsache. Immerhin soll das Gericht ja eine angemessene Minderung der Gesamtmiete ermitteln. Wurden in einem Raum aber keine Temperaturen gemessen, spricht eine Vermutung dafür, dass hier keine unzumutbaren Verhältnisse herrschten.

Der Fall spielt übrigens im Jahre 2006. Wir erinnern uns …

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2 Kommentare

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... naja, klingt zunächst nach hohen Anforderungen; ähnlich einer Unterlassungsklage gegen lärmende Nachbarn, soll hier nun penibel Buch geführt werden. Wenn es wirklich um was geht, dürfte es für den Arbeitgeber - der wohl in Personalunion gleichzeitig der Mieter ist - nicht allzu schwer sein seine geplagten Mitarbeiter anzuweisen kurz mal auf ein Thermometer zu schauen und die Temperatur zu notieren. Ob dies noch von seinem Weisungsrecht gedeckt ist, kann meines Erachtens in der Praxis dahingestellt bleiben, weil wohl recht wenige Arbeitnehmer in einem Raum arbeiten, in dem Temperaturen jenseits des Erträglichen herrschen - wenn man nicht gerade am Strand liegt und Cocktails schlürfen darf ...

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Kant schrieb:

kann meines Erachtens in der Praxis dahingestellt bleiben, weil wohl recht wenige Arbeitnehmer in einem Raum arbeiten, in dem Temperaturen jenseits des Erträglichen herrschen - wenn man nicht gerade am Strand liegt und Cocktails schlürfen darf ...

genau das ist der Grund, warum Juristen (und Politiker, deren größten Anteil sie stellen) ein derart schlechtes Image haben: weil sie sich Urteile anmaßen über Sachverhalte, die sie nie in der Praxis kennengelernt haben so wie offensichtlich Hr. "Kant"

Ich kann ihm zur Charakterbildung nur dringend empfehlen, für längere Zeit eine -- vorzugsweise gering qualifizierte -- abhängige Beschäftigung anzunehmen und "abhängig" auch wörtlich zu nehmen. Also nicht von Papas Überweisungen zu leben, sondern sein eigenes Geld zu verdienen und darauf angewisen zu sein. Er wird sich wundern, welche Arbeitsverhältnisse Menschen erdulden (müssen), wenn sie ihren Job behalten wollen.

Kellnern, Küchenhilfe oder Callcenter-Agent wären z.B. geeignete Tätigkeiten, um etwas über das wahre Leben jenseits (eigentlich: diesseits) der roten Aktendeckel erfahren. Dann wird ihm ein Vergleich des Arbeitslebens mit Cocktails schlürfen am Strand sicher nie mehr in den Sinn kommen...

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