LenkzeitOWi: Viele Fahrten des Fahrers = eine OWi des Halters

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.09.2010

Das OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.07.2010 - 2 Ss-OWi 276/10 (hier bei Hessenrecht) hat sich mit der Frage der Konkurrenzen bei Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeiten befasst - genauer mit der Frage, wie mehrer Verstöße des Fahrers sich auf den Halter auswirken:

"...Nach dem festgestellten Sachverhalt ist das Amtsgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betroffene vorsätzlich gegen das Gebot, als Unternehmer für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten zu sorgen, verstoßen hat.

b) Das Amtsgericht hat dabei das Unterlassen des Betroffenen rechtsfehlerfrei als einen einheitlichen Verstoß gegen § 8a Abs. 1 Nr. 2 FPersG gewertet und nur eine einzige Geldbuße festgesetzt. Der Senat hält fest an seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach die von dem Unternehmer zu treffenden Maßnahmen (z.B. regelmäßige Belehrungen und wöchentliche Kontrollen des Fahrers) nur Ausfluss einer einheitlichen Aufsichtspflicht, die eine ständige Überwachung des Fahrpersonals gebietet, sind. Ein Anlass, von dieser bereits bzgl. des §§ 7 a Abs. 1 Nr. 3 lit. b, 7 b Abs. 1 Nr. 3 lit. B FPersG a.F. und bzgl. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 lit. b FPersG a.F. obergerichtlich vertretenen Rechtsauffassung (OLG Düsseldorf NJW 2008, 930-932; OLG Koblenz, VRS 102, 291-296; BayObLG VRS 92, 238-240) abzuweichen, besteht nicht. Denn auch bzgl. der seit dem 14. Juli 2007 geltenden Vorschrift des § 8 a FPersG kann ein dem Unternehmer vorzuwerfendes Unterlassen der regelmäßigen Belehrungen und Kontrollen nicht in einzelne rechtliche selbständige Unterlassungen zergliedert werden.
Dass im Unterschied zu dem Fahrer für den Unternehmer nicht die einzelnen Fahrverstöße maßgebend sein sollen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 8a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 FPersG. Während nämlich ordnungswidrig im Sinne der genannten Vorschrift handelt, wer nicht dafür sorgt, dass die in der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 genannten Lenkzeiten, die genannte Fahrtunterbrechung und die genannten Ruhezeiten vom Fahrer eingehalten werden, handelt der Fahrer ordnungswidrig im Sinne der genannten Vorschrift, wenn er die genannte Lenkzeit, die genannte Fahrtunterbrechung oder die genannte Ruhezeit nicht einhält. Diese Differenzierung innerhalb der Vorschrift des § 8a FPersG legt nahe, dass es sich bei dem Unternehmer um eine einheitliche, umfassende Aufsichts- und Überwachungspflicht handelt, während der Fahrer mit jedem einzelnen Verstoß gegen die Bestimmungen der EU-Vorschrift ordnungswidrig handelt...."

Für Verteidiger interessant sicher auch die Ausführungen des OLG zu der Verfahrensrüge, die der Betroffene in dreierlei hinsicht erhoben hat:

"....Mit den in Form von Aufklärungsrügen erhobenen Verfahrensrügen dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch. Die Rügen sind bereits nicht ordnungsgemäß ausgeführt im Sinne von § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und daher unzulässig.

a) Soweit die Aufklärungsrüge wegen fehlender Heranziehung der Dispositionspläne für den Tatzeitraum erhoben wird, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht, weshalb das Gericht sich hätte gedrängt sehen müssen, einen entsprechenden Beweis zu erheben. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Gericht nach dem Verlauf der Beweisaufnahme bereits nicht mehr von einem Dispositionsverstoß des Betroffenen ausgegangen ist, wie sich aus den Urteilsgründen (S. 21 UA) ergibt, und die dem Betroffenen zur Last gelegte Verletzung seiner Aufsichts- und Überwachungspflichten unabhängig von einem etwaigen Dispositionsverstoß zu sehen ist.
 
b) Auch bzgl. der Aufklärungsrüge wegen unterlassener Einholung einer Auskunft des Regierungspräsidiums über die dort verzeichnete Führung der Kraftverkehrsgeschäfte der … zum Nachweis der Tatsache, dass Herr X die zur Führung der Kraftverkehrsgeschäfte der … bestellte Person war, fehlt es an der erforderlichen Darlegung, warum sich das Gericht zur Erhebung dieses Beweises hätte gedrängt sehen müssen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass allein die Feststellung der Eintragung zur Führung der Kraftverkehrsgeschäfte keinen Aufschluss über den tatsächlichen Umfang der Befugnisse und Pflichten der eingetragenen Person bzgl. der Kontrolle der angestellten Fahrer gibt.

c) Schließlich greift auch die Rüge, das Landgericht hätte den Zeugen X zur Klärung der Beweisfrage der Übertragung der Dispositions- und Kontrollpflichten vernehmen müssen, nicht durch. Denn bereits aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich, dass die Frage der Vernehmung des Zeugen X Gegenstand der Erörterung in der Hauptverhandlung gewesen ist und das Gericht im Hinblick auf den Umstand, dass der Betroffene dennoch einen entsprechenden Beweisantrag bewusst nicht gestellt hat, sich gerade nicht zur Vernehmung des Zeugen gedrängt sehen musste. Im Übrigen trägt der Revisionsführer selbst vor, dass von dem Zeugen X eine Bestätigung des Beweisthemas nicht zu erwarten gewesen sei...."

 

Zur Verfahrensrüge im OWi-Verfahren: Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 2. Aufl. 2010, § 19.

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