Der falsche Familienrichter der neuen Generation

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 09.09.2010
Rechtsgebiete: Eheaufhebungargistige TäuschungFamilienrecht3|3571 Aufrufe

Aus einem Urteil des AG Krefeld vom 14.01.1987 - 62 F 60/86 (FamRZ 1987, 815)

Die am 07. Oktober 1958 geborene Klägerin ist von Beruf Arztsekretärin und arbeitet in einem Düsseldorfer Krankenhaus. Der am 07. Mai 1953 in Essen geborene Beklagte ist von Beruf kaufmännischer Angestellter und arbeitet bei der Firma S. in Krefeld. Im Juni 1985 gab die Klägerin eine Anzeige in der R. Post auf, in der die Klägerin Kontakt zu einem Partner suchte. Mit Schreiben vom 15.06.1985 antwortete der Beklagte der Klägerin und führte u.a. aus:

"Beruflich engagiere ich mich als Richter am Familiengericht und ordne mich der neuen Richtergeneration zu. Das besagt, daß ich kein sturer Paragraphenhengst bin, sondern die Rechtsprechung mit jedem einzelnen Fall neu auszulegen und anzuwenden versuche."

Auch dann, als sich die Parteien näher kennen lernten, stellte sich der Beklagte der Klägerin immer wieder als Familienrichter vor. Tatsächlich aber hatte der Beklagte ohne Examina Jura studiert. Ob sich der Beklagte auch im Bekanntenkreis der Klägerin als Familienrichter vorgestellt hat, ist zwischen den Parteien streitig.

Am 07.05.1986 heirateten die Parteien. Zu diesem Zeitpunkt ging die Klägerin immer noch davon aus, daß der Beklagte als Familienrichter tätig sei, zumal er der Klägerin, wenn er das Haus verließ, immer wieder sagte, daß er zum Gericht ging. Diesen Irrtum hielt der Beklagte bis zum 14.08.1986 aufrecht. Durch dritte Personen erfuhr die Klägerin schließlich, daß der Beklagte kaufmännischer Angestellter ist und kein Richter. Zu diesem Zeitpunkt verließ die Klägerin die eheliche Wohnung.

Auf Antrag der Ehefrau hob das Amtsgereicht die Ehe wegen arglistiger Täuschung durch den Ehemann auf

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3 Kommentare

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Eine beachtliche Täuschung soll darin liegen, daß der Ehemann nicht den Beruf ausübt, den er vorgegeben hat?   Ob das Gericht das auch so gesehen hätte, wenn er statt Familienrichter "Geschäftsführer" als Beruf angeben und sich später herausgestellt hätte, daß er "nur" kaufmännischer Angestellter ist? Wo liegt denn da die (eherechtlich beachtliche) Kausalität zwischen Täuschung, Irrtum und Eheschließung?

 

Darf der Mann die Ehe eigentlich auch anfechten, wenn sich nach der Eheschließung herausstellt, daß die Frau einen Wonderbra trägt und die Brüste in Wahrheit enttäuschend klein sind? Wenn sie sich schwängern läßt, obwohl sie vorgegeben hat, zu verhüten und keine Kinder zu wünschen?

 

Da die Ehe in vielerlei Hinsicht eine einzige Enttäuschung ist, sollte man mit Anfechtungsgründen sparsam umgehen... :-)

 

 

 

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Hopper schrieb:

 sondern die Rechtsprechung mit jedem einzelnen Fall neu auszulegen und anzuwenden versuche."

Das scheint er wirklich "versucht" zu haben, auch wenn es gründlich daneben ging ;-)

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Darf der Mann die Ehe eigentlich auch anfechten, wenn sich nach der Eheschließung herausstellt, daß die Frau einen Wonderbra trägt und die Brüste in Wahrheit enttäuschend klein sind?

Nach heutigen Moralvorstellungen ist vor dem Kauf der Katze ein Blick in den Sack durchaus gestattet

Wenn sie sich schwängern läßt, obwohl sie vorgegeben hat, zu verhüten und keine Kinder zu wünschen?

Umgekehrt würde in diesem Zusammenhang ein Fall draus: Sie spieglt eine Schwangerschaft vor, um geheiratet zu werden.

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