Entschärfung der Betriebskostenspiegel

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 02.09.2010

Der Deutsche Mieterbund (www.dmb.de), aber auch örtliche Mietervereine haben der Praxis in den letzten Jahren einen Betriebskostenspiegel zur Verfügung gestellt. Die Veröffentlichungen suggerieren dabei eine differenzierte Betrachtungsweise, weil nicht nur nach Bundesländern, sondern oftmals sogar nach örtlichen Gegebenheiten unterschieden wird und für die einzelnen Positionen eine Spanne ausgewiesen wird.

Diese Orientierungshilfen veranlassten einen großen Teil der Rechtsprechung, die Darlegungs- und Beweislast im Prozess für den Vermieter zu verschärfen. Insoweit ist klar, dass der Vermieter die Voraussetzungen seines Anspruchs auf Zahlung der Betriebskosten dem Grunde und der Höhe nach darzulegen und zu beweisen hat (BGH v. 20.2.2008 – VIII ZR 27/07, WuM 2008, 284). Sobald jedoch eine (angebliche) Abweichung vom Betriebskostenspiegel zu Lasten des Mieters vorliegen sollte, sollten erhöhte Anforderungen an diese Darlegungs- und Beweislast gestellt werden können (Langenberg, Betriebskostenrecht, 4. Aufl., K 23; Schmidt/Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., § 560 Rz 126; AG Bonn v. 10.12.2004 - 5 C 156/04; LG Magdeburg v. 25.5.2007 - 1 S 60/07 – jew. zitiert nach juris; AG Köln v. 28.7.2009 - 201 C 111/09, ZMR 2009, 933; AG Aachen v. 14.8.2009 – 116 C 23/09, WuM 2010, 425).

Diese, im Wesentlichen durch die Veröffentlichung falscher Entscheidungen begründete herrschende Meinung hat der BGH nun – fast unbemerkt – verworfen (BGH v. 11.8.2010 – VIII ZR 45/10). Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, wann ein Vorwegabzug bei gemischter Nutzung notwendig ist. Insoweit besteht eine Darlegungslast des Mieters, die er notfalls durch einen Auskunftsanspruch gegen den Vermieter realisieren kann (BGH v. 25.10.2006 - VIII ZR 251/05, NJW 2007, 211). Dieser Darlegungslast kann der Mieter – so der BGH – sich nicht durch den Hinweis auf einen Mietspiegel entledigen. Vielmehr muss er die konkreten Verhältnisse ermitteln und vortragen.

Dies ist nicht nur richtig, sondern auch wichtig. Die bisher hM war durch nicht zu rechtfertigen. Niemand kontrolliert, wie die Betriebskostenspiegel entstehen und ob sie wirklich repräsentativ sind. Deshalb erschöpft sich ihr Zweck in dem was sie sind: eine Orientierung für den Mieter, ob die von seinem Vermieter berechneten Kosten im vernünftigen Rahmen liegen. Weichen die Ansätze in der Abrechnung von den Werten des Betriebskostenspiegels ab, hat der Mieter Anlass zu weiteren Recherchen, nicht aber der Vermieter die Pflicht, eine Abweichung zu erläutern, die er selbst nicht erklärten kann, weil er nicht weiß, wie die Werte eines Betriebskostenspiegels zustande kommen.

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3 Kommentare

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Es ist nicht richtig, wenn Sie ausführen, niemand wisse, wie die Betriebskostenspiegel im einzelnen zustandekämen. Sie entstehen aus den Beratungen der Mietervereine. Dort werden „echte“ Betriebskostenabrechnungen gesammelt und statistisch ausgewertet. In der Praxis der Mietervereine werden bis zu 80% der Beratungen zu Betriebskostenabrechungen abgehalten, daraus ist ersichtlich, daß die Anzahl der Abrechnungen, die in die Stichprobe einfließen, in jedem Fall groß genug ist, um aussagekräftig zu sein. Gerade weil die Erfassung so differenziert erfolgt, wie Sie schreiben, bekommt man auf diese Weise einen recht guten Überblick, in welchen Spannen sich die Betriebskosten von Wohnungen in einem bestimmten örtlichen Bereich üblicherweise bewegen. Grundlage sind jedenfalls konkrete Zahlen. Das unterscheidet die Betriebskostenspiegel des DMB insbesondere von den sogenannten Beaujolais-Mietspiegeln.

Wenn der Vermieter Kosten erstattet verlangt, die nach Lage der Dinge schlicht nicht plausibel sind, wird er diese selbstverständlich auch weiterhin erläutern müssen. Hierfür bietet der Betriebskostenspiegel auch weiterhin ein Indiz in der Praxis. Von einer „Entschärfung“ der Aussagekraft von Betriebskostenspiegeln zu sprechen, wäre deshalb abwegig.

Mir fällt schon länger auf, daß die Beiträge von Herrn Lützenkirchen eine kräftige Schlagseite zugunsten der Vermieterseite aufweisen, was ich sehr bedaure, weil es den Nutzen des Blogs erheblich mindert.

 

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Betriebskostenspiegeln sind weder wissenschaftlich noch unabhängig erstellt. Die Auswahl der Daten obliegt ausschließlich dem Deutschen Mieterbund bzw. den Mietervereinen. Damit sind Sie ein „Parteiisches Instrument“ das keinesfalls eine neutrale Aussage treffen kann.

Der Deutschen Mieterbund bzw. die Mietervereine sind Interessenvertretungen, sind Lobbyisten !
 

Wäre es um eine faire Ermittlung gegangen, so wären die Betriebskostenspiegel mit öffentlichen Daten wie z.B. denen des Statistischen Bundesamtes (DeStatis) erstellt worden.

Dies wird schon durch die Kostenansätze in den Betriebskostenspiegeln für die städtischen Abgaben dokumentiert. Die Kosten für Grundsteuer, Straßenreinigung, Abwasser, Müllbeseitigung die von der Stadt Köln in Rechnung gestellt werden sind teilweise mehr als 100 % höher als die ausgewiesenen Kosten in den so beliebten Betriebskostenspiegeln !

So fehlt es bei den „angeblichen“ Versicherungskosten schon an der Vergleichbarkeit der Objekte hinsichtlich der zu versichernden Werte, die ja auch nicht eigenmächtig festgesetzt werden, sondern u.a. durch die finanzierende Bank, die Ihre Grundbuchmäßig abgesicherten Darlehn für das Gebäude entsprechend besichert wissen wollen, festgesetzt wird. Abgesehen von der Beschaffenheit des Baukorpus, der verwendeten Materialien, dem Alter einer Immobilien ist eine Wohngebäudeversicherung hinsichtlich der Prämien sehr different und nicht derart pauschal zu fixieren.

Als Beispiel hier die Werte der Grundsteuer für Köln, Quelle Betriebskostenspiegel des Mietervereines Köln für die Jahre:

 

KÖLN 2005 (Daten 2004) – Es wurde kein Betreibskostenspiegel erstellt.

KÖLN 2006 (Daten 2005) – 0,23 € (Keine eigenes Datenmaterial !)

KÖLN 2007 (Daten 2006) – 0,20 €

KÖLN 2008 (Daten 2007) – 0,19 €

 

Haben Sie es auch bemerkt ? Jedes Jahr wird die Grundsteuer geringer ! Ich kann aus meiner Praxis berichten, dass der Grundsteuerbetrag den die Stadt Köln erhebt seit Jahren konstant ist.

Ein Schelm wer sich dabei nicht etwas denkt … Was nicht passt, wird halt passend gemacht ?… Wer das Kreuz hat segnet sich halt selber zuerst ?

Ich möchte darauf verweisen, dass eine so breite Kostenreduzierung wohl nicht real stattgefunden hat sondern auf der „Auslese“ der verwendeten Daten beruht, nachdem der Deutsche Mieterbund und die Mietervereine wohl erkannt haben, dass Ihre Vorjahresstatistik wohl nicht Ihrer Zielsetzung entsprochen hat.

Zudem ist die Stadt Köln wohl kaum der „billige Jakob“ so wie hier der Anschein erweckt werden soll – zumindest hätten Sie als Mieterverein bei der Stadt Köln doch energischer intervenieren müssen, damit sich die Stadt Köln mit Ihren Kosten und Gebühren an „Ihren“ Betriebskostenspiegel hält !
 

Der Betriebskostenspiegel ist insofern verzerrt, da überwiegend größere Wohneinheiten erfaßt sind. Gerade bezüglich der Gartenpflege macht es wohl ein erheblichen Unterschied, ob ein freistehendes 6-Familienhaus in guter Wohnlage mit einer relativ großen zu pflegenden und bepflanzten Freifläche (ca. 300 qm) unterhalten werden muß oder ob es sich um ein 10- oder noch mehr Parteienhaus mit nur geringer kleiner Freifläche hinter dem Haus handelt. In unserem Fall wollten die Mieter die Arbeiten selbst ausführen, über 2-3 Jahre wurde - wenn überhaupt - nur der Rasen gemäht und alle anderen Pflegearbeiten äußerst schlampig und nur auf direkten Hinweis des Vermieters ausgeführt. Als dann eine Fachfirma beauftragt werden mußte, fielen Kosten durch erhöhten Pflegeaufwand in Höhe von 1785,00 Euro brutto an, die an die Mieter weitergegeben werden mussten. Glauben Sie aber nicht, daß die Mieter hierdurch veranlaßt waren, selbst wieder Hand anzulegen. Nein, der Vermieter solls bezahlen und bitte nach Möglichkeit noch einen Grillplatz einrichten, einen kleinen Spielplatz oder was auch immer. Das ist Realität, alles andere zu glauben, ist Augenwischerei.

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