Einer muss raus

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 01.09.2010
Rechtsgebiete: WohnungszuweisungFamilienrecht5|3500 Aufrufe

Es herrschte Rosenkrieg zwischen den Beteiligten:

Am 24. August 2008 waren sämtliche Sicherungen im Außenbereich deaktiviert und an der Gartenpumpe manipuliert; jeder der Parteien hat ohne Einverständnis und gegen den Willen des anderen verschiedene Gegenstände vor dem anderen „in Sicherheit gebracht“; am 31. August gab es Sachschäden im Außenbereich des Hauses, war die gesamte Elektrik des Hauses außer Betrieb gesetzt und eine Tür im Wohnbereich der Antragstellerin widerrechtlich geöffnet; um den 6. Oktober 2009 herum war in der oberen Etage im Schlafzimmer/Büro die Telefonanlage komplett in der Steckdose zerstört und die gesamte Anlage demontiert, darüber hinaus Elektrogeräte, Schmuck, persönliche Unterlagen der Antragstellerin und ein Service von Villeroy & Boch entfernt worden; am 10. November 2009 war die Tür zum Schlafzimmer der Antragstellerin eingetreten, ohne dass ein gewaltsames Eindringen in das Haus festgestellt werden konnte. Während die Antragstellerin diese Ereignisse sämtlich dem Antragsgegner zuschreibt, verdächtigt dieser die Antragstellerin, diese Schadensereignisse manipuliert zu haben, um ihn sodann - falsch - bezichtigen zu können. Darüber hinaus werfen sich die Parteien wechselseitig der Unterschlagung von Post des jeweils anderen vor. Allein in der (Tat-)Zeit vom 20. März bis zum 31. August 2009 kam es laut Aktenvermerk des Regionalkommissariats H… vom 4. September 2009 (Bl. 9 der Ermittlungsakten zum Az. 382 Js 32097/09) zu „sieben wechselseitig erstatteten Strafanzeigen (der Parteien), welche alle im Zusammenhang mit der Trennung stehen“ und die dort im Einzelnen aufgelistet sind.

Das Amtsgericht hatte gleichwohl eine Zuweisung der Ehewohnung (§ 1361 b BGB) an die Ehefrau abgelehnt, denn es sei der Antragstellerin nicht gelungen, das von ihr behaupteten Fehlverhalten des Antragsgegners glaubhaft zu machen.

Dem tritt das OLG entgegen: Es sei gar nicht erforderlich, dass das Fehlverhalten ausschließlich vom anderen Ehepartner ausgeht. Die Zuweisung an einen Ehepartner ist tatsächlich selbst dann möglich, wenn die Auseinandersetzungen nicht überwiegend auf das Verhalten des anderen zurückzuführen sind. Die Eingriffsschwelle ist nur höher anzusetzen, wenn auch von dem die Zuweisung begehrenden Ehepartner Provokationen ausgegangen sind. Haben beide Ehepartner gleichermaßen dazu beigetragen, dass die Wohnsituation „unerträglich“ wurde, kommt es darauf an, welchen Ehepartner der Verlust der Wohnung persönlich oder beruflich härter trifft und welcher Ehepartner wirtschaftlich eher in der Lage ist, eine angemessene Ersatzwohnung zu finden.

Eine Zuweisung der Wohnung sei auch aus Gründen des Wohls des gemeinsamen Kindes notwendig.

Ist ein erträgliches Zusammenleben oder auch nur Nebeneinander der in Trennung lebenden Eltern unter einem Dach nicht mehr möglich, hat das Interesse des Kindes an einer geordneten, ruhigen und entspannten Familiensituation Vorrang. In diesem Sinne besteht dringender Handlungsbedarf für das Wohl C…s, die ihre Eltern als sich einander ebenso misstrauend wie belauernd beobachtend erlebt, wie sich etwa daran zeigt, dass offensichtlich jedes der Elternteile bei Zutritt zum Grundstück und darüber hinaus dafür Sorge trägt, dass jeder Schritt möglichst von vermeintlich unabhängigen Dritten wahrgenommen und bestätigt werden kann. Darüber hinaus musste das Kind erleben, dass es seit der Trennung wiederholt zu mit „normalen“ Einbruchsdiebstahlsvorfällen nicht überzeugend zu erklärenden Vandalismus- und Einbruchsschäden gekommen ist. Die heute 10-jährige C… muss diese Ereignisse der jüngeren Vergangenheit als besondere Bedrohung wahrnehmen, unabhängig davon, dass sie - wie jedes Kind - unter der Trennung ihrer Eltern ohnehin leidet. Zum Wohle des Kindes war daher die von Misstrauen, gegenseitigen Schuldvorwürfen und Ablehnung geprägte häusliche Atmosphäre durch die hier erfolgte Wohnungszuweisung aufzulösen, die dem Kind, das unstreitig im Haushalt der Antragstellerin bleiben wird, ungeachtet der inzwischen eingeleiteten, aber im Ergebnis völlig offenen Bemühungen um den Verkauf des Hausgrundstücks zumindest vorläufig die vertraute Umgebung mit den entsprechenden Sozialkontakten als Anker und dringend benötigter Ruhepunkt erhalten kann.

OLG Brandenburg v. 10.06.2010 - 9 UF 142/09

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5 Kommentare

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Das sind die Sorte von Mandanten, mit denen der Anwalt (insbesondere Strafverteidiger :-) ) stets eine Vergütungsvereinbarung auf Zeitbasis vereinbaren sollte. Ich bedauere die Richter (ehrlich!) , die sich mit solchen Sachen beschäftigen müssen.

Bedauern Sie nicht die Richter. Die werden dafür bezahlt, dass sie sich mit solchen Sachen auseinadersetzen müssen.

Bedauern Sie das Kind, das schutzlos diesem Wahnsinn ausgesetzt ist.

Auch hier liefert das OLG wieder, wie üblich, sehr anschaulich die Begründung, warum es sich für eine Frau immer lohnt, so viel Streit wie möglich zu provozieren und so brutal wie möglich zuzuschlagen um ihre Wünsche und Forderungen durchzusetzen.

Es gibt keinen leichteren und Erfolg versprechenderen Weg in Deutschland, den ungeliebten Ex-Mann mit Hilfe der allzeit hilfsbereiten Justiz, aus seinem Leben und dem seiner Kinder zu verbannen und ihn seelisch und materiell zu ruinieren als diesen oder den berüchtigten Gewaltschutzparagraphen, der entgegen allen rechtsstaatlichen Prinzipien, alleine auf Grund einer unbewiesenen Behauptung Männer ins Gefängnis bringen kann. Der Fall Kachelmann ist da ja auch leider keine Ausnahme sondern traurige Regel.

Man fühlt sich an finsterste Zeiten aus Mittelalter und Altertum erinnert, wo z.B. Marius und Sulla bereits ihre Macht auf die Verleumdung ihrer Gegner gestützt haben.

Die naheligende Frage "Cui Bono?" stellt sich das OLG naturgemäss nicht, da die Antwort dem vorgegebenen Ziel des OLG entgegen steht.

Leute, die einer Straftat verdächtig sind, geniessen ja den Schutz, des "In dubio pro rheo" und es wird von den Ermittlungsbehörden auch mal das Motiv hinterfragt, weswegen der Beklagte, dieses Vergehen denn begangen haben soll, aber diesen Luxus genießen Väter in Deutschland nicht. Sie werden grundsätzlich verurteilt, wenn ein Familienrichter, die Chance dazu bekommt.

Die <10% an Ausnahmen oder der eine Fall einer einzelnen "Doreen" bestätigen nur diesen Grundsatz.

Oder können Sie selbst mehr als 10% ihrer Fälle vorweisen, in denen nicht die Mutter, sondern der Vater Kinder und Geld erhalten hat, Herr Burschel?

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Mein Eindruck ist, daß wenigstens 60% aller Fälle vor dem Familiengericht von Parteien ausgetragen werden, denen man eigentlich am liebsten den Schutz des Art. 6 GG aberkennen und einen Betreuer zuerkennen würde.  Den bedauernswerten Kindern dieser - nennen wir das Kind beim Namen: Bekloppten -, die meine Kanzlei schon anläßlich des ersten Mandantengesprächs in Schutt und Asche legen und bei deren Anblick ich mich mit aller Macht dagegen wehren muß  zu fragen, was eigentlich gegen eine kräftige Ohrfeige spräche, wird dann ADHS attestiert.  

 

 

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