muslimisch-katholisch

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 12.08.2010

Zweimal die gleiche Ausgangskonstellation, zwei unterschiedliche Entscheidungen.

Die Kindesmutter ist Katholikin, der Kindesvater Muslim. Trennung, das Kind lebt bei der Mutter.

Fall 1

Sie beantragt gemäß §§ 1628, 1697 a BGB, ihr die Alleinentscheidungsbefugnis über eine katholische Taufe des Kindes zu übertragen.

Abgelehnt: Da die Eltern aus verschiedenen Kulturkreisen stammen, sei es geboten, das Kind nicht bereits jetzt in eine Religionsgemeinschaft zu integrieren. Den katholischen Religionsunterricht könne es auch ohne Taufe besuchen, gleichfalls seinen Freundeskreis aus dem kirchlichen Umfeld pflegen.

OLG Düsseldorf v. 07.12.2009 – 4 UF 221/09

 

Fall 2

Die Kindesmutter hat das Kind ohne Zustimmung des Vaters katholisch taufen lassen. Er beantragt, ihm die alleinige Entscheidungsbefugnis über einen Kirchenaustritt  zu übertragen.

Abgelehnt: Dem weltanschaulich neutralen Staat stehe es nicht zu, über die religiöse Kindererziehung zu entscheiden, auch nicht durch Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis. Im Übrigen werde durch einen Kirchenaustritt die Integration des Kindes in seiner sozialen Umwelt nicht erleichtert.

OLG Oldenburg v. 09.02.2010 – 13 UF 8/10

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12 Kommentare

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Ist denn die Taufe/der Kirchenbeitritt gültig, wenn sie/er einer gemeinsamen Entscheidung der Eltern bedarf und es daran fehlt?

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Wenn die Taufe theologisch und rechtlich korrekt durchgeführt wurde, kann sie nicht mehr zurückgenommen werden, man kann höchstens aus der Kirche austreten, bleibt aber getauft.

Bei der Taufe von Kindern unter 14 ist es im Evangelischen so, dass die Eltern und die PatInnen das Glaubensbekenntnis stellvertretend für das Kind sprechen. Wenn jetzt ein Elternteil das Bekenntnis nicht mitspricht, weil es nicht in der Kirche ist, ist die Taufe trotzdem gültig, sofern die Zustimmung des nichtgläubigen Elternteils vorliegt (nach de Wall/Muckel, Kirchenrecht, München 2009). Dieses ist laut der verschiedenen Kirchenordnungen zwingend erforderlich und auch theologisch richtig, da die Taufe ein Sakrament liebender Zusage ist und ihren Sinn verliert, wenn sie auf dem Rücken von jemandem ausgetragen wird. Für die Kirchenmitgliedschaft gilt vergleichbares.

Was das aber "rückwärts" bedeutet, also wenn es bereits zu spät ist, weil das Kind bereits getauft wurde, weiß ich nicht. Ganz praktisch würde ich vermuten, dass die Taufe trotzdem anerkannt werden kann, wenn das Kind mit 14 Jahren, bei der Konfirmation, das Bekenntnis selbst sprechen will, sodass man dieses Thema ruhen lässt und kirchen/rechtlich nur über die Kirchenmitgliedschaft des Kindes entscheidet.

(Nach Post verreist.)

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Aber hier liegt die Zustimmung des nichtgläubigen Elternteils ja offensichtlich nicht vor. In beiden Fällen bliebe das Kind daher formal konfessionslos. Das OLG Oldenburg hat den Antrag nur mit der falschen Begründung abgewiesen. Richtigerweise hätte der Antrag wohl wegen mangelden Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen werden müssen, denn wenn der Kirchenbeitritt ungültig war, braucht/kann mangels Mitgliedschaft kein Austritt erklärt zu werden. Seltsam, das sogar ein OLG so etwas banales übersehen hat. Dem Vater wäre zu raten, die Kirche und die Mutter auf die Ungültigkeit der Taufe/des Kirchenbeitritts aufmerksam zu machen, was dann wahrscheinlich zu Fall 1 führt.

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@ rasmus.

Ich  glaube, nach  katholischer Kirchenrechtsauffassung ist die Taufe gültig, denn in dem Oldenburger Urteil heißt es:

Er [Der Antragsteller]akzeptiere, dass die Taufe aus kirchlicher Sicht nicht rückgängig zu machen sei, könne aber verlangen, dass gegenüber dem Standesamt der Austritt J… aus der katholischen Kirche erklärt werde. Nur so könne nämlich erreicht werden, dass sich das Kind in religiöser Hinsicht frei entwickeln und später, wenn es alt genug dafür sei, sich selbst entscheiden könne, zu welcher Religionsgemeinschaft es gehören wolle. Bliebe es hingegen Mitglied der katholischen Kirche, würde die Antragsgegnerin den Empfang der weiteren Sakramente (Erstkommunion, Beichte und Firmung) ebenfalls veranlassen, ohne dass das Kind eine Wahl habe.

Okay, aber wenn nach staatlichem Recht die Zustimmung erforderlich ist, es nach kirchlichem Recht aber auch ohne geht, stellt sich die m. E. spannende Frage, welches Recht vorgeht und ob ein staatliches Gericht es nicht ermöglichen müsste, einen nach staatlichem Recht widerrechtlich zustande gekommenen Zustand rückgängig zu machen. Das wäre dann keine weltanschaulich oder religiös geprägte Entscheidung, so dass ein entscheidendes Argument des OLG Oldenburg entfiele. Aber vielleicht hat sich der Vater auch "bluffen" lassen. Denn die Frage, ob sich eine Taufe rückgängigig machen lässt, hat wenig mit der Frage zu tun, ob eine Taufe überhaupt rechtswirksam durchgeführt wurde (vgl. den Beitrag #4 von Pressepfarrerin). Das OLG Oldenburg hätte daher vorrangig prüfen müssen, ob die Taufe nach Kirchenrecht wirksam war und das Kind überhaupt Mitglied der öffentlichen Körperschaft der katholischen Kirche geworden ist.

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Die katholische Taufe war schon deshalb unwirksam, weil sie dem Kindewohl widerspricht. Die an sich kindewohlneutrale Bestimmung über das religiöse Bekenntnis ist in diesem Fall mit dem Nachteil des späteren Kirchensteuereinzugs oder eines gebührenpflichtigen Austritts beladen.

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@ Kant: Im Prinzip haben Sie Recht...

Die Taufe wurde gemäß dem katholischen Kirchenrecht erlaubt und gültig gespendet(vgl CIC 1983 Can. 868 — § 1). M.E. wäre die Taufe sogar dann gültig gewesen, wenn sie nach dem Kirchenrecht unerlaubt gespendet wurde.

In Deutschland herrscht Trennung von Kirche und Staat, daher darf die staatliche Rechtssprechung nicht in religiösen Fragen entscheiden. In beiden Fällen haben die Gerichte hier völlg logische und nachvollziehbare Urteile gefällt.

Eine Prüfung hinsichtlich der Einhaltung kirchenrechtlicher Vorschriften obiegt dem OLG nicht und es steht auch nicht in seiner Entscheidungsmacht, eine religiöse Handlung rückgängig zu machen.

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