Anwälte in wirtschaftlichen Schwierigkeiten neigen zur Feststellungsklage

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 11.08.2010
Rechtsgebiete: FeststellungsklageFamilienrecht4|3766 Aufrufe

Einen etwas unkonventionellen Weg, eine Feststellungsklage für unzulässig zu halten, hat das OLG Celle aufgezeigt. Eine viel zu wenig beachtete Entscheidung, die weit über das Baurecht hinaus Bedeutung hat.

d) Die angesprochene Problematik zusätzlicher Verfahren ist bisher lediglich deshalb nicht in das allgemeine Bewusstsein gedrungen, weil glücklicherweise Bauprozesse nicht als Feststellungsklage geführt werden und es in den letzten acht Jahren (länger ist noch kein Richter in diesem Senat) nicht einen einzigen Fall gegeben hat, in dem ein Bauprozess nicht im Wege der Leistungsklage ausgetragen worden ist. Dabei darf man indessen die langfristig zu befürchtenden Auswirkungen nicht außer Betracht lassen, wenn derartige Verfahren als Feststellungsprozess zulässig sein sollten.

Es gibt in Deutschland mehr als 110000 Anwälte, jährlich kommen 6000 hinzu und viele leben in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Deshalb ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass bei einer zu weitgehenden Zulassung der Feststellungsklage der gebührenrechtliche Aspekt einen zu hohen Stellenwert erhalten könnte, mag das auch in diesem Fall keine Rolle spielen. Unter Abwägung sämtlicher Interessen der Parteien - und zwar auch der wohlverstandenen Interessen des Bauherren -, hält der Senat deshalb im Bauprozess mit dem LG jedenfalls in der Regel die Erhebung einer Feststellungsklage für unzulässig.

OLG Celle NJW-RR 2007, 676, gefunden bei jurabilis

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4 Kommentare

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Ich kenne nicht die ganze Entscheidung. Aber mir leuchtet bei diesem kurzen Auszug aus den Entscheidungsgründen nicht der Zusammenhang zwischen anwaltlichen Gebühren und Feststellungsklage ein. Im übrigen entscheidet doch letztlich der Mandant, ob und in welchem Umfang Klage erhoben wird. Da in Bausachen in der Regel keine Rechtsschutzversicherung greift, muß man den Mandanten eingehend über Kosten und Risiken einer Klage aufklären, was in den meisten Fällen dazu führt, daß der Mandant - klugerweise - von einer Klage absieht und sich von vornherein auf einen Vergleich einrichtet, der bei maximal 50% seiner Forderung abzüglich der von ihm zu tragenden Anwalts- und Gerichtskosten liegt.

 

Die Argumentation des OLG greift m.E. zu kurz. Mittlerweile gibt es mehr als 150.000 Anwälte, ohne daß eine große Hungersnot in unserem Berufsstand ausgebrochen ist. Man darf sich von der Zahl nicht beeindrucken lassen. Von den zugelassenen Anwälten ist nur ein verhältnismäßig geringer Teil ausschließlich anwaltlich tätig. Es gibt viele Seniorpartner, die schon lange nicht mehr arbeiten und sich dank veralteter Partnerschaftsverträge von den Jungen "durchfüttern" lassen, es gibt viele Junganwälte, die nur über eine Zulassung und eine Wohnzimmerkanzlei verfügen, in Wirklichkeit aber etwas ganz anderes machen. Es gibt in Großkanzleien viele zugelassene Anwälte, die aber eigentlich nur normale Bürotätigkeiten ausüben, Insolvenzverfahren bearbeiten, usw., und noch nie einen Mandanten aus der Nähe gesehen haben.

 

Obgleich die Zahl der (zugelassenen) Anwälte in den letzten 20 Jahren geradezu explodiert ist, trifft man vor Gericht doch immer nur die gleichen Kollegen. Man fragt sich, wo sich der Rest herumtreibt. Viele größere Kanzleien mußten zwar in den letzten Jahren empfindliche Umsatzeinbußen hinnehmen und nehmen sogar wieder BerH- und PKH-Mandate an (von wegen: "Unter 10.000,- Euro Streitwert müssen Sie bei uns gar nicht ankommen").  Insgesamt sehe ich die Lage aber nicht dramatisch. Konkurrenz belebt das Geschäft.

 

 

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Mara schrieb:

... Da in Bausachen in der Regel keine Rechtsschutzversicherung greift, muß man den Mandanten eingehend über Kosten und Risiken einer Klage aufklären, was in den meisten Fällen dazu führt, daß der Mandant - klugerweise - von einer Klage absieht und sich von vornherein auf einen Vergleich einrichtet, der bei maximal 50% seiner Forderung abzüglich der von ihm zu tragenden Anwalts- und Gerichtskosten liegt.

 

...

 

Sollte man die eingehende Aufklärung über Kosten und Risiken einer Klage nicht in allen Fällen machen, und nicht nur dann, wenn eine Rechtsschutzversicherung greift.

 

Da habe ich es endlich "schwarz auf weiß", dass die Mandanten gelegentlich von dem einen oder Anderen zu einer Klage gedrängt oder aufgefordert werden, auch wenn die Aussichten nicht ganz so gut sind.

 

 

 

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Der Mandant wird immer über die Erfolgsaussichten einer Klage aufgeklärt. Ebenso wie natürlich die Rechtsschutzversicherung zutreffend über den Sachverhalt und die Rechtslage zu informieren ist. Die Rechtsschutzversicherungen verfügen aber über ein Heer von eigenen Juristen. Wenn eine Rechtsschutzversicherung Deckungszusage erteilt, ist das damit verbundene finanzielle Risiko nicht mehr das Problem von Anwalt und Mandant. Ich bin schließlich nicht der Anwalt der Rechtsschutzversicherung. Natürlich sind Mandanten eher bereit zu klagen, wenn sie das finanzielle Risiko nicht tragen müssen. Was mich als Anwalt betrifft, so rate ich Mandanten nicht nur deshalb zu einer Klage, weil sie rechtsschutzversichert sind. Abgesehen von einem finanziellen Interesse an einem Fall möchte ich auch in Zukunft von Richtern noch ernst genommen werden. Wenn man jeden Schwachsinn vertritt, nur weil der Mandant rechtsschutzversichert ist, trägt das mit Sicherheit nicht zum guten Ruf des Anwalts bei. Ich rate daher auch dann von zweifelhaften Klagen ab, wenn der Mandant rechtsschutzversichert ist.

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An Michael (#2): Bleiben Sie bitte sachlich. Wo lesen Sie im Beitrag von mara "´schwarz auf weiß´, dass die Mandanten gelegentlich von dem einen oder Anderen zu einer Klage gedrängt oder aufgefordert werden"?

Dies gilt im übrigen unabhängig von der Erfolgsaussichten der Klage.

MfG

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