Emser Depesche

von Dr. Thomas Lapp, veröffentlicht am 13.07.2010
Rechtsgebiete: Online-KommunikationKommunikationMediation1|4935 Aufrufe

Die Emser Depesche war der Bericht vom 13. Juli 1870 über ein Gespräch zwischen dem preußischen König und dem französischen Gesandten, welches in Bad Ems stattgefunden hatte. Hintergrund war eine Auseinandersetzung zwischen Preußen und Frankreich über die Frage, ob ein Angehöriger des Hauses Hohenzollern die spanische Thronfolge antreten dürfe. In dem Gespräch stellte der französische Gesandte eine bislang noch nicht diskutierte, neue Forderung an den König. Dieser neue Forderung wurde von König zurückgewiesen, der danach auch nicht mehr mit dem Gesandten sprechen wollte.
Bismarck veröffentlichte einen gekürzten und veränderten Bericht. Deeskalation oder Interessenausgleich waren nicht die Intention Bismarcks. Vielmehr hatte er den Bericht, ohne ihn dadurch falsch zu machen, inhaltlich zugespitzt, um dadurch die Stimmung insbesondere in Frankreich anzuheizen.

Diesen Bericht allein als Ursache des nachfolgenden Krieges anzusehen, ist sicher übertrieben. Die Wirkungen der Veröffentlichung zeigen aber, wie es möglich ist, mit wenigen Änderungen einem Text eine deutlich stärkere Wirkung zu geben. Nicht immer sind die damit erreichbaren Wirkungen beabsichtigt.

Gerade in einer angespannten Situation ist es daher in besonderer Weise erforderlich, die Wirkung der eigenen (möglicherweise nicht böse gemeinten) Worte zu prüfen. Besonders gilt dies bei Kommunikation per E-Mail. Gefühlt ähneln E-Mail oder SMS sehr der schnellen mündlichen Kommunikation. Tatsächlich ist die E-Mail insofern der schriftlichen Kommunikation näher, als man den Text beliebig oft und beliebige Zeit später erneut lesen kann. Anders als ein Gespräch ist die E-Mail nicht flüchtig. Außerdem kann man den Text nicht mit Gestik, Mimik oder Tonfall ergänzen und gegebenenfalls abmildern. Lediglich Emoticons können in diese Richtung wirken. Die scheinbare Leichtigkeit der E-Mail sollte daher nicht zu leichtfertigem Umgang führen.

 

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