BAG entscheidet Anfang September über § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 30.06.2010

Nachdem es dem Gesetzgeber bislang nicht gelungen ist, die notwendigen Folgerungen aus dem "Kücükdeveci"-Urteil des EuGH (vom 19.01.2010 - C-555/07, NZA 2010, 85) zu ziehen, ist nun das Bundesarbeitsgericht an der Reihe. In einem für den 01.09.2010 terminierten Revisionsverfahren (5 AZR 700/09) streiten die Parteien über die Wirksamkeit von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB und dabei über eine etwaige Vergütung wegen Annahmeverzugs.

Der am 09.11.1972 geborene Kläger war seit dem 01.08.1995 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 22.04.2008 zum 31.07.2008.

Mit seiner am 11.11.2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger Vergütung wegen Annahmeverzugs der Beklagten für die Monate August und September 2008. Nach § 622 Abs. 2 BGB richtet sich die Länge der Kündigungsfrist nach der zurückgelegten Beschäftigungszeit. Dabei sind nach § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegende Beschäftigungszeiten unberücksichtigt zu lassen. Der Kläger vertritt die Auffassung, § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB sei wegen der altersdiskriminierenden Wirkung dieser Bestimmung aus europarechtlichen Gründen unangewendet zu lassen. Er stützt sich dabei auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Deshalb sei die Kündigungsfrist erst am 30.09.2008 abgelaufen. An die Klagefrist des § 4 KSchG sei er nicht gebunden. Die Beklagte vertritt die Auffassung, § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB sei jedenfalls so lange noch anzuwenden, bis diese Vorschrift vom nationalen Gesetzgeber geändert werde. In jedem Fall genieße sie Vertrauensschutz. Im Übrigen müsse ein Arbeitsangebot des Arbeitnehmers erwartet werden, wenn dieser meint, ihm sei mit einer zu kurzen Kündigungsfrist gekündigt worden.

In der Berufungsinstanz hat das LAG Mecklenburg-Vorpommern der Klage stattgegeben (Urt. vom 19.10.2009 - 2 Sa 132/09).

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