Horst Köhler - mietrechtlich kein Problem

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 02.06.2010
Rechtsgebiete: Horst KöhlerMietzahlungMiet- und WEG-Recht7|4490 Aufrufe

Die Süddeutsche beschrieb unseren (ehemaligen) Bundespräsidenten heute als tragischen Pflichtmenschen. Es ist auch nicht zu ermitteln, welchen Beitrag der Artikel im aktuellen Heft des SPIEGEL zum Rücktritt von Horst Köhler geleistet hat. Soweit die Diskussion gegoogelt werden kann, ist nicht ersichtlich, dass die (wesentlichen) mietrechtlichen Probleme diskutiert werden.

Also:

Zunächst wäre die Frage zu klären, ob Horst Köhler ein Entgelt für die Nutzung von Schloss Bellevue zu entrichten hat. Ansonsten wären die §§ 535 ff BGB schon mangels Entgelt nicht anwendbar. Google erteilt darüber keine Auskunft. Nach der Lebenserfahrung – und allem was man hört –, gibt es im Schloss Bellevue auch Privaträume. Deren Nutzung muss sich der Bundespräsident zumindest steuerrechtlich als geldwerten Vorteil anrechnen lassen, so dass jedenfalls insoweit von einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung auszugehen ist.

Doch selbst wenn unser Staatsoberhaupt in den Räumen von Schloss Bellevue wohnen würde, könnten die Vorschriften der §§ 549 ff. BGB nicht angewendet werden. Denn die Nutzung erfolgt (-e) sowohl in Ausübung des Berufs (gewerblich) als auch privat (wohnungsmietrechtlich), so dass ein Mischmietverhältnis vorliegt. Darin bildet die gewerbliche Nutzung eindeutig den Schwerpunkt. Denn ohne das Amt des Bundespräsidenten, wäre es zur Schlossnutzung nicht gekommen (vgl. insoweit BGH v. 16.7.2008 – VIII ZR 282/07, NZM 2008, 804). Mithin beurteilt sich das entgeltliche Nutzungsverhältnis von Herrn Köhler an den Amtsräumen im Schloss Bellevue insgesamt nach Gewerberaummietrecht. Mithin ist z.B. § 576b BGB nicht anwendbar (welche Rechtsfolge daraus auch immer herzuleiten wäre).

Mit Rücksicht darauf könnte sein „plötzlicher Abgang“ mietrechtliche Ansprüche der Bundesrepublik Deutschland (BRD) auslösen. Der Abgang als solcher wäre rechtswidrig, wenn z.B. eine Betriebspflicht bestehen würde. Unabhängig davon würde ein Mietzahlungsanspruch bestehen, wenn die sofortige Beendigung dieses entgeltlichen Nutzungsverhältnisses möglich war. Immerhin war der Bundespräsident auf fünf Jahre gewählt, § 542 Abs. 2 BGB.

Eine Betriebspflicht kann zwar auch stillschweigend vereinbart werden, so dass sie unabhängig von dem (öffentlich- rechtlichen) Vertrag zwischen der BRD und Horst Köhler bestehen könnte. Insoweit sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Immerhin muss aus den Umständen zunächst erkennbar gewesen sein, dass der Vermieter auf das kontinuierliche Betreiben des Geschäfts in den Mieträumen besonderen Wert gelegt hat und der Mieter dies erkannt hat und damit einverstanden war (vgl. Jendrek, NZM 2000, 526, 527). Davon dürfte ohne weiteres jedenfalls hinsichtlich der Staatsbesuche auszugehen sein. Ob der Bundespräsident die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika besucht, ist mietrechtlich dagegen ohne Belang. Das Gleiche gilt für die Frage der Wohnraumnutzung innerhalb von Schloss Bellevue.

Allerdings ist derzeit nicht ersichtlich, dass die Schriftform (§ 550 BGB) eingehalten ist. Damit ist von einer Beendigung des Mietvertrages innerhalb der Frist des § 580a BGB auszugehen, weil eine evtl. Befristung eines Mietvertrages nicht wirksam vereinbart wurde und die mündliche Rücktrittserklärung als Kündigung umzudeuten ist, die auch mündlich erfolgen kann, weil $ 568 BGB nicht für die Gewerberaummiete gilt.

Diese Kündigung wirkt gemäß § 580a BGB frühestens zum 31.12.2010. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Bundesversammlung spätestens am 30.06.2010 einen neuen Bundespräsidenten wählt, so dass Horst Köhler gemäß § 537 BGB von einer weiteren Mietzahlungspflicht befreit ist, sobald der neue Bundespräsident die Räume in Schloss Bellevue für sich in Besitz nimmt. Unabhängig davon, wann der neue Bundespräsident sein Amt antritt und die Amtsräume in Besitz nimmt, ist jedenfalls ein Anspruch der BRD für den Monat Juli gegeben. Dieser Anspruch besteht hinsichtlich der Privaträume solange, wie der neue (provisorische) Bundespräsident im Schloss Bellevue, also Herr Böhrnsen, nicht von Schloss Bellevue Besitz genommen hat, § 537 BGB.

Man kann es drehen, wie man will: bei allem, was wir wissen, kann Horst Köhler aus seiner mietrechtlichen Verpflichtung nicht entlassen werden. Er muss zumindest die „Miete“ bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (§ 580a BGB) zahlen, soweit § 537 BGB die Frist nicht verkürzt. Denn wenn sein Dienstverhältnis sich auf die Amtsräume bezieht, ist wegen der Typenmischung davon auszugehen, dass für due entgeltliche Gebrauchsüberlassung Mietrecht gilt.

Hoffentlich hat Herr Köhler das Bedacht und Frau Merkel Vorsorge getroffen.

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7 Kommentare

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Man kann es drehen, wie man will: bei allem, was wir wissen, kann Horst Köhler aus seiner mietrechtlichen Verpflichtung nicht entlassen werden. Er muss zumindest die „Miete“ bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (§ 580a BGB) zahlen, soweit § 537 BGB die Frist nicht verkürzt.

Es steht allerdings zu vermuten, dass zum 30.06 ein/e Nachmieter/in gefunden werden kann (möglicherweise wird dabei eine nicht unerhebliche Anzahl an Kinderzimmern benötigt werden).

Es ist wohl eher davon auszugehen, dass kein Mietvertrag zustande gekommen ist. Insofern bliebe höchsten die Versteuerung eines geldwerten Vorteils.

 

 

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Schloss Belvue hat seit der letzten Renovierung 2004 keine Privaträume mehr, der Bereich wurde in einen Bürotrakt für den Ehepartner des Pärsidenten umgebaut.

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Marc B. schrieb:

Schloss Belvue hat seit der letzten Renovierung 2004 keine Privaträume mehr, der Bereich wurde in einen Bürotrakt für den Ehepartner des Pärsidenten umgebaut.

 

die sollen ja auch arbeiten und sich nicht nen lenz machen!!

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Soweit ich weiß, ist die Auskunft von Marc B. richtig. Ist also nur Büroraum. Der Sachverhalt daher falsch, Problem gibt es nicht und es ist fast so, als wenn man diskutieren würde, ob ein sonstiger Staatsdiener Miete für seinen Arbeitsplatz zahlen sollte. Man könnte diskutieren, ob die Bürotrackt  für die Ehefrau irgendein geldwerter Vorteil ist, aber vermutlich nutzt die die Büroräume auch nur für Deutschland....

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Horst Köhler wohnte offenbar in einer Dienstvilla in Berlin-Dahlem. Womit sich das Problem, wenn man es denn als solches betrachten will, nicht ändert.

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