Öffentlichkeitsarbeit der Ermittlungsbehörden: VG Wiesbaden untersagt Äußerungen der Staatsanwaltschaft München I und des BKA

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 06.05.2010

Via Internet-Law (Blog von RA Thomas Stadler) bin ich auf eine Entscheidung des VG Wiesbaden (Pressemitteilung) von Anfang der Woche aufmerksam geworden. Hintergrund ist die Durchführung von insgesamt 21 Durchsuchungen bei Sportverbänden, Sportlern und in Arztpraxen in Folge der vom internationalen Sportgerichtshof CAS bestätigten Sperre einer bekannten Eisschnellläuferin. Die Staatsanwaltschaft München I und das  BKA hatten in einer (auch im Internet publizierten) Presserklärung zur Begründung der Ermittlungsmaßnahmen Bezug auf das CAS-Urteil genommen: In der Urteilsbegründung werde der Athletin Blutdoping vorgeworfen, welches nach gerichtlicher Einschätzung so nur in einem professionellen ärztlichen Umfeld möglich sei. Dies habe die Durchsuchungen veranlasst.
Das VG Wiesbaden  hat die Äußerung in der Presseerklärung als persönlichkeitsverletzend angesehen. Der Behauptung läge eine falsche Tatsachenbehauptung zugrunde. Der CAS habe im konkreten Fall Blutdoping nicht als nachgewiesen angesehen, sondern lediglich trotz Fehlens eines positiven Befunds eine solche Blutmanipulation nicht als ausgeschlossen angesehen. Die Ehrverletzung der Betroffenen sei umso schwerer einzustufen, als dies durch ein Organ der öffentlichen Gewalt geschehen sei.
Die Entscheidung des VG ist im einstweiligen Rechtsschutz ergangen und es bleibt natürlich abzuwarten, ob diese Entscheidung in der Hauptsache bestätigt wird. Der Fall ist auch etwas anders gelagert als in den auch hier im Blog schon diskutierten früheren Fällen von fragwürdiger Öffentlichkeitsarbeit von Ermittlungsbehörden - Fall No Angels - Fall Kassandra - Fall Tauss.
Aber man wird durchaus auf einen positiven Effekt im Hinblick auf die Sorgfalt von Pressemitteilungen der Strafverfolgungsbehörden in laufenden Ermittlungsverfahren hoffen können.

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4 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Kompa,

Ihren verlinkten Artikel nehme ich mal zum Anlass der Feststellung, dass die Berichterstattung der Presse dann (und erst Recht)  in Ordnung ist, wenn sie sich auf eine Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft stützen kann. Umso mehr ist zu beachten, dass die Behörde - als oftmals entscheidender Filter  der Presseberichterstattung - bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit in laufenden Verfahren zurückhaltend  agiert, meines Erachtens sollte über laufende Ermittlungsverfahren von Polizei/Staatsanwaltschaft idealerweise gar nichts an die Öffentlichkeit gegeben werden.

Besten Gruß

Kompliment an den Kollegen Schertz! Ich halte das für einen sehr guten Anfang. Besser aber wäre die, und vor allem die für die Betroffenen erträglichere, Lösung, wenn der Gesetzgeber endlich vernünftige Regelungen zur Öffentlichkeitsarbeit von Staatsanwaltschaften erlassen würde...

Vgl. meinen Beitrag dazu: http://www.moenikes.de/ITC/2010/03/25/turk-tauss-benaissa-und-jetzt-kachelmann-dringend-gesucht-grenzen-fur-die-offentlichkeitsarbeit-von-staatsanwaltschaften/

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Gibt es wirklich keine bindene Regelung, was Strafverfolgungsbehörden der Öffentlichkeit vortragen können/müssen? Ich kann mir dies einfach nicht vorstellen.

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