Mountainbike ohne Beleuchtung: 30%-Mithaftung bei Zusammenstoß

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 17.04.2010

Ein Blogleser hat mich auf eine schon gut 3 Monate alte Entscheidung des OLG Frankfurt, Beschl. v. 07.01.2010 - 22 U 153/09 aufmerksam gemacht, in der es um einen Mauntainbiker geht, der offenbar nachts von einem abbiegenden Busfahrer übersehen wurde. Das Mountainbike hatte - wie so oft - keine Beleuchtungseinrichtung und keine Reflektoren. Es ging um die Frage, ob PKH für ein Berufungsverfahren des Radfahrers zu bewilligen ist, der beim LG nur 70% seiner Schäden als ersatzfähig zugestanden bekam. Das OLG Frankfurt hat die PKH für eine Berufung mit dem Ziel "100%-Schadensersatz" abgelehnt:

"...Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger nach Eintritt der Dunkelheit mit einem Fahrrad gefahren ist, das weder vorschriftsmäßig beleuchtet war noch entsprechende Beleuchtungseinrichtungen vorsah. § 67 StVZO beschreibt detailliert, mit welcher Beleuchtungseinrichtung ein Fahrrad ausgestattet sein muss. Neben dem Scheinwerfer ist vorne auch ein weißer Reflektor erforderlich, außerdem sind in den Speichen gelbe Reflektoren anzubringen. Die Beleuchtung eines Fahrrades dient nur sekundär dazu, die vor dem Radfahrer liegende Straße sehen zu können, primär dient sie, wie auch die vorgeschriebenen Reflektoren zeigen, dazu, dass der Radfahrer durch andere Verkehrsteilnehmer auf verschiedene Weise in der Dunkelheit erkannt werden kann. Die Benutzung eines Fahrrades in der Dunkelheit ohne jegliche Beleuchtungs- oder Reflexionseinrichtung stellt deshalb eine extrem hohe Eigengefährdung dar, die ein sorgfältiger Radfahrer unter keinen Umständen eingehen würde und die deshalb ein so erhebliches Verschulden gegen sich selbst im Sinne des § 254 BGB darstellt, dass der vom Landgericht angenommene Mithaftungsanteil von 30 % als noch an der unteren Grenze angesiedelt anzusehen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Straße ausreichend ausgeleuchtet ist oder aus sonstigen Gründen der Radfahrer gut zu sehen ist. Die Vorschrift des § 17 StVO verlangt die Benutzung der vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen unabhängig davon, wie stark die Dunkelheit oder die sonstigen Sichtverhältnisse sind.Das Gutachten des Sachverständigen und die von ihm angefertigten Fotografien zeigen auch deutlich, dass der Radfahrer zwar bei besonders sorgfältiger Fahrweise durch den Busfahrer hätte erkannt werden können, dennoch bei eingeschalteter Beleuchtung eine deutlich bessere Wahrnehmungsmöglichkeit und auch ein entsprechender Wahrnehmungsimpuls für den Busfahrer vorhanden gewesen wäre. Ebenso wie der 24. Senat in seiner Entscheidung vom 3. 12. 2004 - 24 U 201/03 geht auch der erkennende Senat davon aus, dass es zu den ganz typischen Folgen der Nichtbenutzung notwendiger Beleuchtungseinrichtungen gehört, dass ein Verkehrsteilnehmer zu spät gesehen wird. Deshalb kann auch der Beweis des ersten Anscheins für eine Mitursächlichkeit der Nichtbenutzung der Beleuchtungseinrichtung angenommen werden.Auch hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes und der Schmerzensgeldrente ist das Urteil des Landgerichts nicht zu beanstanden. Es hält sich im Rahmen der vom Kläger selbst für angemessen erachteten Beträge. Soweit der Kläger erstinstanzlich eine Erweiterung des Schmerzensgeldes verlangt hat, hat er dies jedenfalls in der Berufungsbegründung nicht fortgeführt. Auch unter Berücksichtigung aller Umstände, des Krankheitsverlaufs und der dauerhaften Beeinträchtigungen des Klägers erscheinen die vom Landgericht angenommen und unter Berücksichtigung der Mitverursachungsquote herabgesetzten Beträge als angemessen.Insbesondere ist auch keine Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerlicher Regulierung durch die Beklagten anzunehmen. Dass die Haftpflichtversicherung, der die hiesige Beklagte gleichzustellen ist, erst nach Einholung des Sachverständigengutachtens in die Regulierung eingetreten ist, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Vorliegend war die Haftungslage auch nicht so klar, dass eine Zahlungsverpflichtung in größerem Umfang und auch in bestimmter Höhe zu erwarten war. Es war durchaus nicht unwahrscheinlich, dass der Sachverständige zu dem Ergebnis kommen konnte, dass unter den gegebenen Umständen der Kläger von dem Busfahrer nicht ausreichend gesehen werden konnte oder dass dem Kläger deshalb ein noch höherer Verursachungsanteil anzurechnen war, weil er ohne weiteres auf das Einbiegen des Busses hätte reagieren und den Unfall dadurch vermeiden können. Dieser Umstand ist ohnehin bisher für den Senat nicht ausreichend aufgeklärt.Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, wieso der Kläger nicht so aufmerksam gefahren ist, dass er den Abbiegevorgang des Busses rechtzeitig wahrnehmen und sein Fahrrad zum Stehen bringen konnte. Gerade weil er ohne Beleuchtungseinrichtung fuhr, musste er damit rechnen, dass andere Verkehrsteilnehmer ihn nicht sehen würden. Es liegen deshalb insgesamt keine Umstände vor, die die Regulierung als unvertretbar hinausgezögert erscheinen lassen (vgl. zu den Voraussetzungen OLG Hamm, NZV 2003, 192; OLG Frankfurt, NJW 1999, 2447; offen gelassen von BGH, NJW 2006, 1271)...."

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1 Kommentar

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Hier hat das Gericht versäumt zu bestimmen, was unter einem "Mauntainbiker" zu verstehen ist und ob dieser am Verkehr, welchewr Art auch immer, teilnehmen darf. ;-)

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