Abschlepp-Mafia?!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 27.03.2010

Erstaunlich, was so auf deutschen Parkplätzen passiert. Der ADAC warnt vor eher zweifelhaften Abschleppunternehmern - interessant hierzu ein Bericht der BILD, auf den mich einmal wieder Herr Matthias Böse (Danke!) aufmerksam gemacht hat. Wenn der Bericht stimmt, stellt sich sicher die Frage, wer hier falsch gehandelt hat - der Falschparker oder der Abschleppunternehmer. Herr Böse fragt ganz richtig, ob hier nicht schon die Grenze zur Nötigung durch den Unternehmer überschritten ist - was meinen Sie zu der ganzen Sache?

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15 Kommentare

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Nötigung ist das wohl eher nicht.

Das Abschleppunternehmen hat ein Anspruch auf ihre Fahrtkosten. Die Richtigkeit vom Abschleppen von unrechtmäßig auf Privatgelände parkenden Fahrzeugen wurde ja erst kürzlich vom BGH festgestellt. Die Voraussetzungen für Nötigung sehe ich hier nicht.

Lediglich die Kosten dürften viel zu hoch sein.

Stellt sich aber noch die Frage, ob Bild die Wahrheit nicht wieder mal etwas gebogen hat, um den populistischen Ansprüchen seiner Leserschaft gerecht zu werden.

 

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Auch diese Meldung macht schon ein bisschen stutzig (die BILD wäre mir als Quelle auch zu unseriös): Der Abschlepper "krallte" sich ein Feuerwehrauto im Einsatz (Quelle: Merkur-Online).

Über zwei weitere Fälle berichtet Jens Ferner in seinem Blog: In dem einen saß der Fahrer noch bei laufendem Motor im Auto, als die Abschlepper ihn "krallten" - nach wenigen Sekunden auf dem Parkplatz. Im anderen hatte der Fahrer vorher gefragt und es war ihm gestattet worden, dort kurz zu parken, von denselben Parkraumüberwachern (!), die ihn dann gleichwohl "krallten". In beiden Fällen mussten die verlangten 100 Euro zurückgezahlt werden. Aber erst musste dazu die Justiz bemüht werden. Beides sind Entscheidungen des AG Augsburg.

Allerdings: Hier im Blog wurde auch vertreten, dass das Geschäftsmodell grundsätzlich  in Ordnung sei (Quelle, insbesondere Kommentare lesen!) , obwohl ich denke - wie auch einige AG und LG - dass die verlangten "Preise" überzogen sind und möglicherweise sogar das Strafrecht einschlägig ist (Quelle: Augsburger Allgemeine).

Herr Tourix: Wenn (vorsätzlich)  zu hohe Kosten verlangt werden, bevor die Parkkralle entfernt wird bzw. der Standort des Fahrzeugs verraten wird, dann liegt möglicherweise Erpressung vor. In der Regel fallen etwa 80 bis 100 Euro reine Abschleppkosten an, das Überwachungsunternehmen, das idR nicht selbst abschleppt, verlangt aber oft das Dreifache, angeblich weil sie so hohe Betriebskosten haben.

Für Erpressung müsste aber erst einmal ein Gericht feststellen, dass die Kosten deutlich überteuert sind (geringfügig überteuert dürfte wohl nicht reichen).

Man müsste also erst mal sein Geld einklagen und kann dann erst wegen Erpressung Anzeige erstatten.

 

Die Parkplatzwächter werden offenbar zu gierig.

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@Tourix:

Strafrechtliche Entscheidungen sind keineswegs abhängig von vorherigen zivilrechtlichen. Insbesondere besteht keinerlei Pflicht vor einer Strafanzeige zivilrechtlich sein Geld zu fordern. Abgesehen davon ist Erpressung ein Offizialdelikt, d.h., wenn die Staatsanwaltschaft (Polizei) davon Kenntnis erhält, muss sie selbständig ermitteln, unabhängig von einem Strafantrag. In den meisten bekannten Fällen, haben die betroffenen Parksünder, nachdem ihnen die Geldforderungen weit überzogen erschienen, umgehend die Polizei gerufen (häufig haben sie erfolgreich auch später einen Teil des bezahlten Geldes zurückgefordert). Das Problem ist meist der Vorsatz, denn man muss den Parkplatzwächtern nachweisen, dass sie wussten, dass der eingeforderte Betrag zu hoch ist, dass sie sich (oder ihren Chef) also bewusst zu Unrecht bereichern wollten. Jedoch: Je mehr Entscheidungen bekannt werden, in denen die Beträge als weit überhöht eingestuft werden, desto eher ist auch von Vorsatz auszugehen. Der (oben verlinkte) Augsburger Parkplatzwächter Sch. sitzt immerhin seit Monaten in Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Erpressung in bis zu 90 Fällen.

Hallo,

laut Aussage der ADAC - Juristin sei es auch sinnlos die Polizei in einem solchen Fall zu verständigen. Da Frage ich mich jedoch: Warum? Wenn in einem solchen Fall eine Nötigung gem. § 240 oder eine Erpressung nach § 253 StGB vorliegt, dann ist meiner Meinung nach die Polizei hierfür zuständig. Sie wäre sogar (in Niedersachsen) präventiv zuständig, weil ein Einschreiten der Verwaltungsbehörden nicht mehr rechtzeitig zu erwarten wäre, vgl. § 1 Abs. 2 + 3 Nds. SOG.
Aus zivilrechtlicher Sicht ist es natürlich viel interessanter, ob bei einem Betrag von 250 € für das reine (!) Anbringen der Kralle nicht die Schwelle der Erforderlichkeit gem. §§ 683 S. 1 i.V.m. 670 BGB überschritten ist. Für den Ausnahmetatbestand des § 138 Abs. 2 BGB wäre somit keine Verwendung notwendig.

Ob sich der Sachverhalt wie von der BILD - Zeitung berichtet wirklich so dargestellt hat, wage ich mal zu bezweifeln. Und ob der junge Mann wirklich 'ne Bratwrust gegessen hat und nicht doch das Sonnenstudio besucht hat auch :-P

 

Beste Grüße,

 

Kant.

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Ich stimme Kant zu.

Wie war das denn nochmal mit dem Zurückbehaltungsrecht des Abschleppunternehmers in dem Aufsatz von Lorenz / dem darauf basierenden BGH-Urteil (liegt mir gerade nicht vor). Dass das natürlich nur soweit geht, wie tatsächlich ein Anspruch besteht (und eben nicht 250 EUR für eine Leerfahrt), ist selbstverständlich,

Aber was ist denn der Unterschied zwischen dem Fall, dass der Abschlepper das Auto erst vom Hof gibt, wenn bezahlt wurde und der Verweigerung der Entfernun der Parkkralle, bevor bezahlt wird?

Sollte kein ZBR bestehen (insbesondere wohl für die deutlich überhöhte Forderung), dann wäre das hier wohl eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit (ne, sogar schon eine STÖRUNG) und die Pozilei wäre sehr wohl der richtige Ansprechpartner, oder unterliege ich hier einem Denkfehler?

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Ich muss meine Aussage oben zur GoA korrigieren. Habe nochmal recherchiert und die GoA wird überwiegend wegen entgegenstehendem (mutmaßlichen) Willen und wegen nicht erfülltem § 679 BGB abgelehnt. Daneben bestehen aber noch Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. berechtigtem Besitz und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 858 BGB. Auf § 670 BGB und § 138 BGB kommt es daher gar nicht an.

Hinsichtlich der 250 € könnte jedoch ein Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit des § 254 Abs. 2 BGB vorliegen. Diskutiert wird dies auch in folgendem JuS - Aufsatz: http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=JUS&b=2009&s=711

Bezüglich des Zurückbehaltungsrechts: Wenn kein Zurückbehaltungsrecht besteht, so ist gem. § 985 BGB gegen den Fremdbesitzer ein Vindikationsanspruch geltend zu machen. Das Zurückbehaltungsrecht / oder gar Recht zum Besitz i.S.v. § 986 BGB ist dann Tatfrage, die den Aufhänger des Prozesses sein wird.

 

Das Urteil des BGH des BGH wird übrigens hier besprochen: http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache%3ALXJLEpdWk3UJ%3Aww...

In der Besprechung wird auch auf die GoA eingegangen, die im Urteil des BGH keine Erwähnung findet.

 

Bete Grüße,

Kant.

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Nehmen wir an, der Anspruch des Parkplatzeigentümers besteht - aber nicht in der Höhe von 250,- EUR sondern nur in Höhe von 100,- EUR. Der Abschleppunternehmer wurde aber in Höhe von 250,- EUR bezahlt, da dieser ansonsten das Fahrzeug nicht freigegeben hätte.

Bei wem kann sich der Zahler die Differenz in Höhe von 150,- EUR wiederholen? Beim Parkplatzeigentümer oder beim Abschleppunternehmer?

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Wie immer gilt auch hier: Es kommt darauf an. In der Praxis ist es oftmals so, dass der Parkplatzeigentümer seinen Anspruch an das Abschleppunternehmen gem. § 398 BGB abtritt. Hat man dann an das Abschleppunternhmen bereits 250 € bezahlt, obwohl nur 100 € rechtmäßig gewesen wären, so kann das zu viel gezahlte Geld gem. § 812 Abs. 1 S.1 Var. 1 BGB (condictio indebiti) mittels Leistungskondiktion herausverlangt werden. Ist es jedoch so, dass der Parkplatzeigentümer das Abschleppunternehmen im Voraus entlohnt hat und Sie diesen dann entschädigt haben und sie im Nachhinein wiederum herausstellt, dass Sie zu viel an diesen gezahlt haben, so ist das zu viel Gezahlte von diesem nach o.g. Vorschrift zu kondizieren. Wie sich der Parkplatzeigentümer nun mit dem Abschleppunternehmen einigt ist dann seine Sache. Grundsätzlich kann er nicht geltend machen die Abschleppkosten seien zu hoch, da er sie mit dem Unternehmer vereinbart hat. Dies gilt jedoch nur in den Grenzen des § 138 BGB.

 

Beste Grüße,

Kant

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@ Prof. Dr. Henning Ernst Müller

Vielen Dank für ihre Erklärung. Die Unterschiede zwischen Strafrecht (Antrags- und Officialdelikte) und Zivilrecht sind mir durchaus geläufig.

Aber ich gehe eher von der praktischen Seite aus.

Wenn ein Staatsanwalt eine Anzeige wegen Erpressung in obigen Zusammenhang bekommt, dann wird er erst einmal überlegen, wie er nachweisen kann ob die verlangte Summe tatsächlich deutllich zu hoch ist. Das dürfte eigentlich nur einwandfrei über eine Markterhebung möglich sein. Insofern ein riesiger Aufwand mit ungewissen Ausgang. Ich vermute daher, dass in einem solchen Fall der Staatsanwalt den Aufwand für den Schaden für viel zu hoch hält und deswegen das Verfahren einstellt.

Aber wenn eine Anzeige mit einem Urteil einhergeht, in dem die deutliche Überhöhung des geforderten Geldbetrags festgestellt wurde, ist die Arbeit für den Staatsanwalt wesentlich geringer und die Chance ist hoch, dass etwas daraus wird.

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Hallo! ich habe jetzt zwar nicht alles gelesen aber ich habe dringend eine Frage! Ich habe heute in Augsburg einen Zettel auf meinem Auto, ich soll mein Auto sofort entfernen da dies ein privater Parkplatz wäre! Als ich den Brief umgedreht habe ist dort eine Rechnung über 65,- Strafe von diesem Abschleppdienst! Mein Auto wurde nicht abgeschleppt aber ich soll 65,- Euro zahlen. Muss ich das zahlen???

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Laut Veröffentlichung der Fa. Parkräume KG bzw. dessen Inhaber Gehrke kam das AG Tiergarten in zwei Fällen, in denen es um ca. 220 bzw. 260 Euro ging und die Herausgabe nur Zug um Zug gegen Zahlung erfolgte, nach Anklage wegen Nötigung zu einem Freispruch (siehe unter http://www.parkraeume.de/news.php unter 5.5.2010 mit Link auf die Urteilsbegründung). Dort sind auch noch weitere Entscheidungen wiedergegeben; überwiegend Einstellungen nach § 170 II StPO im Hinblick auf Erpressung/Nötigung.

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Ich verstehe die Aufregung nicht. Mit einem kriminellen Abschleppdienst muß man adäquat verfahren: vier harte Jungs besorgen, den Wagen herausholen. Sache erledigt. Keine Abschleppkosten, keine Gerichtskosten, Justitz entlastet und der Gerechtigkeit Genüge getan.

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Abschleppabzocke in Bremen in der Steinhäuser Str. Ich bin am 26.5.2010 von Hannover kommend vom Breitenweg in die Doventorsstr. eingebogen die mit einem eingeschränkten Halteverbosschild für eine Zone und zusätzlichen Schildern für Anwohnerparkplätze bzw. Parkscheinautomaten ausgeschildert ist. Vom Doventorsteinweg aus sind diese Schilder ebenfalls für die Vietorstr. und die Doventorstr. angebracht. Die in diesem Bereich liegende Steinhäuser Str. ist gänzlich unbeschildert und ein Parkbereich teilweise auf dem Gehweg liegend eingezeichnet. Ich stellte mein Fahrzeug in der Steinhäuser Str. ab und fand am Abend mein Auto nicht wieder. Es wurde abgeschleppt und es entstanden Kosten von 180,00 € (125,00 € Abschleppkosten und 55,00 € Verwaltungskosten Stadtamt). Nach Aussage der Polizei sind sie nicht für die Abschleppaktion zuständig, weil in Bremen eine andere Regelung besteht. Ich musste die 180,00 € ebenfalls gleich bezahlen. An diesem Tag wurden diverse Autos aus der Steinhäuser Str. abgeschleppt. Aufgrund fehlender Beschilderung wird den Autofahrern suggeriert, man dürfe dort parken. Ich stelle mir allerdings die Frage, ob nicht eventuell MitarbeiterInnen des Stadtamtes an diesen Abschleppaktionen mitverdienen. Es steht in keinem Verhältnis, Fahrzeuge, die niemanden behindern, außer vielleicht die Anwohner stören, sofort abschleppen zu lassen. Mit dem Abschleppunternehmen besteht ein Vertrag seitens der Stadt. Diese Abschleppaktionen finden wahrscheinlich täglich in dieser Str. statt. Ich bin nicht bereit diese Abschleppaktion zu tolerieren, weil die eingeschränkte Halteverbotszone nicht eindeutig definiert wurde. es fehlt der Hinweis -für das gesamte Wohngebiet-.

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Unzählige aktuelle Entscheidungen des AG München gegen Parkräume KG (nur reine Abschleppkosten von ca. 85-120 EUR sind zulässig), sowie des LG München I gefunden unter :http://parkraeume.blogspot.com/.

Der Geschäftsführer der Parkräume KG, Herr. Joachim K. Gehrke ist sogar schon aufgrund dieses Geschäftsmodells in zweiter Instanz von dem Landgericht Augsburg wegen mehrfacher Nötigung verurteilt worden. LG Augsburg 5. Strafkammer Az: 5 Ns 601 Js 141118/07. Revison wurde eingelegt, der Staatsanwalt will Verurteilung wegen Erpressung erreichen.

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