Kammergericht zu Poliscan Speed: Standardisiertes Messverfahren!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 01.03.2010

Nun hat also das nächste OLG sich mit PoliScan speed beschäftigt. Das Kammergericht, Beschl. v. 26.2.2010 - 3 Ws (B) 94/10  -  2 Ss 349/09 hat sich - wie schon das OLG Düsseldorf dazu entschieden, das System als standardisiertes Messverfahren einzustufen. Aus den Gründen:

Die zulässig erhobene Verfahrensrüge, die Tatrichterin habe den Antrag des Betroffenen auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Behauptung, die im Bußgeldbescheid vorgeworfene Geschwindigkeit sei nicht mittels eines zuverlässigen automatisierten Vorgangs ermittelt worden, zu Unrecht abgelehnt, ist, wie auch die in diesem Zusammenhang erhobene Aufklärungsrüge, unbegründet. Denn bei dem hier verwendeten Messgerät PoliScan Speed der Firma Vitronic handelt es sich um ein amtlich anerkanntes, standardisiertes Messverfahren , so dass der konkrete Messvorgang einer sachverständigen Begutachtung nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlmessung unterzogen werden muss. Standardisiert ist ein Messverfahren stets, wenn die Ermittlung der Geschwindigkeit nach einem durch Normen vereinheitlichten (technischen) Verfahren erfolgt, bei dem die Voraussetzungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so präzise festgelegt sind, dass unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse erwartet werden können . Die amtliche Zulassung erhalten derartige Geräte, nachdem die Physikalisch-Technische Bundesanstalt die Ermittlung des Messwertes auf der Grundlage der in der Gebrauchsanweisung festgelegten Vorgehensweise einer sachverständigen Prüfung unterzogen und die Messergebnisse als innerhalb einer zulässigen Toleranz liegend eingestuft hat. Letzteres bewirkt, dass die Ermittlungsbehörden und Gerichte im Regelfall von einer sachverständigen Prüfung freigestellt sind, es sei denn der konkrete Einzelfall gibt dazu Veranlassung . Diesen Anforderungen entspricht das vorliegend eingesetzte Messgerät PoliScan Speed. Es ist von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt geprüft und amtlich zugelassen, war geeicht und von den die Messung durchführenden Polizeiangestellten entsprechend einer Checkliste aufgebaut und eingesetzt worden. Abweichungen von dem normierten Verfahren oder der Gebrauchsanweisung des Gerätes sind weder ersichtlich noch vorgetragen, und es haben sich auch keine Anhaltspunkte für Fehlerquellen ergeben, die außerhalb der durch den Toleranzabzug berücksichtigten Grenzen liegen. Angesichts dessen hat die Tatrichterin die beantragte Beweiserhebung zu Recht als zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich angesehen. Das von der Rechtsbeschwerde gerügte Fehlen von Informationen zur Funktionsweise des Gerätes steht dem nicht entgegen. Ihre Kenntnis ist durch die amtliche Zulassung des Gerätes zumindest in den Fällen entbehrlich geworden, in denen das Gerät vorschriftsgemäß eingesetzt worden ist. Ohne – hier fehlende – konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung war die Tatrichterin auch nicht gehalten, die Ermittlung der Geschwindigkeit näher aufzuklären.

 

Einen ganz herzlichen Dank an dieser Stelle an an den Richter am Kammergericht Klemens Schaaf, der mir die Entscheidung zugemailt hat! 

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5 Kommentare

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Ein weiteres, sehr detailliertes Gutachten zur Technik, Zuverlässigkeit und möglichen Fehlern von  PSS finden Sie in DAR 2/2010, Gutachter Priester und Weyde.

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Die Frage, die sich mir stellt ist folgende: Für die Aufnahme des Beweisfotos wird nach Eingriffsnorm der StPO ein Anfangsverdacht verlangt. Dieser kann nach Lage der Dinge nicht durch einen Polizeibeamten festgestellt werden. Also "entscheidet" das Messgerät über den Anfangsverdacht. Um die Berechtigung dieses Anfangsverdachts für die Frage der Verwertung des Beweisfotos prüfen zu können, muss ich doch nachvollziehen, wie die Messung zustande gekommen ist und ob sie frei von Messfehlern erfolgt ist. Wenn ich beides nicht überprüfen kann, kann ich auch nicht feststellen, dass ein berechtigter Anfangsverdacht vorlag, welcher Voraussetzung für die Verwertbarkeit des Fotos wäre.

Um Ihr Frage zu beantworten: Das Messgerät stellt sich nicht alleine auf und tut auch gar nichts, was ihm nicht vom Messbeamten vorgegeben wird. Insbesondere gewinnt der Messbeamte über den von ihm gewählten Grenzwert, was das Messgerät prüfen soll und bestimmt damit, wann ein Beweisfoto gefertigt werden soll. Also zuerst wird geprüft, Anfangsverdacht begründet, dann Beweisfoto gefertigt.

Anders ausgedrückt, Ihr Auto (manche Toy.... ausgenommen) entscheidet auch nicht, wie schnell Sie fahren wollen und was Ihnen der Tacho anzeigt. Das steuern Sie über das Gaspedal und die Gangwahl oder den Tempomat. 

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"Also zuerst wird geprüft, Anfangsverdacht begründet, dann Beweisfoto gefertigt." Das ist ja das Problem. Woher können Sie sicher davon ausgehen, dass geprüft wird, wenn der Messvorgang für den Sachverständigen nicht nachvollziehbar ist. 

Ganz einfach. Wenn nicht geprüft wird, würde die Anlage ja wahllos fotografieren, also jede Menge Bilder unter Grenzwert. Das darf man der PTB-Prüfung wohl zutrauen, diesen Ablauf im Zulassungsverfahren zu checken.

Oder halten Sie die Leute dort nicht für Sachverständige? Kennen Sie einen Messwert, der nachgewiesen falsch ermittelt wurde, oder woraus resultiert Ihre Skepsis? Mir wurde noch kein einziger Fall vorgestellt, welcher z. B. durch eine paralelle Vergleichsmessung mit einem anderen Gerät, den Verdacht einer Falschmessung begründete.

Also ich verstehe Ihr Problem nicht. Kompetente Sachverständige sind inzwischen auf dem Erkenntnisstand, dass allenfalls im geringen Geschwindigkeitsbereich theoretisch mögliche Fehlzuordnungen des Messwertes vorkommen könnten. Das ist aber ein Problem der Verwertungsrichtlinien und nicht das von Ihnen angesprochene Rechtsproblem bezüglich der Grundlage für die Datenerhebung.

 

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