SPD und Linke wollen Kündigungen wegen Bagatelldelikten verbieten

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 22.02.2010
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtKündigungEmmelyBagatelldiebstahl13|4100 Aufrufe

SPD und Die Linke haben - zeitgleich, aber getrennt voneinander - Gesetzesentwürfe zur Änderung des Kündigungsschutzrechts in den Deutschen Bundestag eingebracht. Beide wollen Kündigungen wegen eines (erstmaligen) Bagatelldelikts untersagen, die SPD freilich nur "in der Regel". Die Linke will zusätzlich Verdachtskündigungen generell, also auch in Nicht-Bagatellfällen, für unzulässig erklären. Erstaunlicherweise halten beide Entwürfe an der ungeliebten "Kündigung mit Namensliste" (§ 1 Abs. 5 KSchG) fest.

Der Entwurf der SPD (BT-Drucks. 17/648) sieht vor, dass § 1 KSchG um einen neuen Absatz 3 mit folgendem Inhalt ergänzt wird:

„(3) Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers ist in der Regel sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht mindestens einmal wegen einer vergleichbaren schuldhaften Pflichtverletzung darauf hingewiesen worden ist, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist (Abmahnung). Das gilt auch bei einer gegen das Eigentum oder Vermögen des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin gerichteten Handlung, wenn der wirtschaftliche Schaden nicht ins Gewicht fällt; auf die Strafbarkeit der Handlung kommt es nicht an."

In § 626 BGB und § 22 BBiG soll hierauf verwiesen werden.

Nach dem Entwurf der Linken (BT-Drucks. 17/649) sollen sowohl § 1 KSchG als auch § 626 BGB neue Absätze 3 und 4 mit folgendem Inhalt erhalten:

„(3) Eine Kündigung ist ohne vorherige Abmahnung nicht durch Gründe in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers bedingt, soweit der Arbeitnehmer Eigentums- oder Vermögensdelikte begangen hat und diese sich auf geringwertige Gegenstände bezogen haben.

(4) Eine Kündigung ist rechtsunwirksam, wenn die Gründe in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers auf einem Verdacht beruhen."

Die ungeliebte Kündigung mit Namensliste (§ 1 Abs. 5 KSchG) bleibt nach beiden Entwürfen erhalten, erhält nur in § 1 Abs. 6 (SPD) bzw. Abs. 7 (Linke) einen neuen Standort.

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13 Kommentare

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An sich muss ich sagen, ist das ja mal eine sinnvolle Überlegung. Weil, einmal 5 Minuten länger Pause machen oder einmal vom Buffet naschen ist kein Kündigungsgrund. Es sollte höchstens eine Einladung zur Abmahnung sein. Aber da stellt sich mir nur wieder die Frage "Was ist eine Bagatelle und ab wann ist es eine ernsthafte Sache?"

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Eine sinnvolle Überlegung. Der Gesetzgeber ist gefragt, wenn wirtschaftliche Macht missbraucht wird, wie dies in Fällen der Bagatellkündigung regelmäßig der Fall ist. Ein Klima der Angst am Arbeitsplatz unter Außerachtlassung jeder Verhältnismäßigkeitsgrundsaetze richtig die Moral im Land zu Grunde!

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Genau so führt aber auch das naschen von buffet zum Moralverlust im Lande. Wenn einem etwas nicht gehört, hat man auch nichts damit zu schaffen.

Es kann ja auch nicht angehen, dass links das Handy geladen wird und rechts private Vergünstigungen in Anspruch genommen werden.

Für die Moral ist schon jeder selbst verantwortlich. Anstand schadet in keiner der beiden Gruppen, seien es Arbeitnehmer oder Arbeitgeber.

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Im ersten Moment ganz vernünftig, im zweiten absolut überflüssig. Dieses Gesetz wäre der Freifahrtsschein um einmal etwas zu stehlen als Arbeitnehmer und das im guten Gewissen keine wirkungsvolle Sanktion fürchten zu müssen.Da kann man gleich jedem raten: "Klau soviel du kannst, aufhören sollteste erst, wenn du das erste mal erwischt wirst". Da ist es besser, es bleibt so wie es ist, dass der Arbeitgeber (um dessen Vermögen es ja letzlich geht) entscheidet, was mit dem Delinquenten geschieht.

Wie "ta" schon sagte bleibt auch die Frage danach, was noch unters Gesetz fällt und was nicht.

 

Außerdem ist diese "Angst um den Arbeitsplatz" nur simuliert, denn die Regeln sind klar, der Arbeitnehmer DARF NICHT. Wers trotzdem macht, selbst Schuld. Kein Grund Rechtsunsicherheit unter die Arbeitgeber zu streuen.

 

lg

 

 

@ stud. iur Michael Gladow

Lesen kann manchmal von Vorteil sein! Beide Entwürfe beziehen sich nur auf geringwertige Gegenstände und betonen, dass nichts von wirtschaftlichem Gewicht entwendet werden darf. Ein Freifahrtschein, bis zum Erwischtwerden zu stehlen, was möglich ist, ist mit den Vorschlägen also gerade nicht verbunden.

@ alle

Zu der Moralfrage ist zu sagen: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip, welches die Entwürfe im Kündigungsrecht verankern wollen, bringt die Moral im Land sicher nicht runter - im Gegenteil. Um die Moral ist es schlecht bestellt, wenn Menschen (nur) aufgrund ihrer Angst vor dem Existenzverlust infolge der Kündigung anständig handeln. So werden Menschen zu Funktionseinheiten degradiert, die nur einem äußeren Druck nachgeben.

Das vorgeschlagene Verhältnismäßigkeitsprinzip nimmt die Menschen wieder selbst in die Verantwortung. Menschen werden wieder als Menschen behandelt und damit aufgefordert, eigene moralische Maßstäbe zu entwickeln, sich Fragen zu stellen: 'Ist es wirklich in Ordnung vom Buffet zu "naschen"? Was wäre, wenn dies alle täten?' usw.

Wir brauchen keine Gesellschaft der puren Angst, sondern eine solche, in der Menschen autonom Verhaltensmaßstäbe entwickeln. Insofern handelt es sich um gute Gesetzesvorschläge.

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@andrew13

Das die Norm es nicht beabsichtigt Diebe zu fördern dürfte klar sein. Praktisch bedeutet es dies aber. Immerhin müsste mein Arbeitgeber mich erst erwischen und mir daraufhin eine Abmahnug erteilen, bevor er mich ein zweites Mal erwischen muss um mich herauszuschmeißen. Was bringt es da einen so unbestimmten Begriff wie "geringwertige Gegenstände" oder "wenn der wirtschaftliche Schaden nicht ins Gewicht fällt" aufzustellen. Fällt der Wert eines Druckers bei einem Konzern wie Metro ins Gewicht? Eher nein, aber bei einem selbstständigen Unternehmer wohl schon. Oder wieviele Brötchen darf man mitnehmen, bevor sie nicht mehr geringwertig sind? Bis 25€? Dann aber ist die halbe Ladentheke leer. So oder So, aber der Gesetzesentwurf bleibt polemische Wichtigtuerei abgeschlagener Sozis.

 

Und zur Moral: Niemand muss Angst um seinen Arbeitsplatz haben, wenn er nicht vom Buffee nascht oder sich sonst am Bestand des Unternehmens bereichert. Wer die Unterschlagung geringwertiger Sachen bis zum ersten erwischt werden legalisiert, gibt dem Moralverfall guten Aufschwung.

Nicht auf die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit abzustellen habe ich immer als einen guten Grundsatz empfunden und bin weiterhin dieser Meinung.

Nur weil einer "mehr hat", und kleines "nicht ins Gewicht fällt" finde ich es nicht in Orndung und nicht mit meinem (subjektiven) Rechtsempfinden vereinbar dass das dann in Ordnung gehen soll bzw. "nur" zur Abmahnung gereicht.

Das Klima der Angst habe ich selbst noch nicht erlebt, möchte es auch nicht unbedingt. Leider gibt es vor allem in unserem Metier oft Extreme, seien wir froh dass das hoffentlich, auch mit gehäuften Einzelfällen, nicht die Regel im Berufsleben ist.

Ich würde mich über eine Gesellschaft freuen, die auch Vergeben kann, allerdings müsste diese Gesellschaft dann auch weniger egoistisch und mit mehr (große Anführungszeichen) "Anstand" handeln. Zu Fragen, ob das Gut nun mitgenommen werden darf, kann nicht zu viel verlangt sein.

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@ stud. iur. Michael Gladow

Stellen Sie sich vor: Es soll vorkommen, dass jemand einen sehr langen Arbeitstag hinter sich und der Magen knurrt, weil er oder sie für die Verköstigung der Gäste einer Abendveranstaltung Überstunden geschoben hat. Die Person hatte seit der Mittagspause nur noch auf den Beinen gestanden. Sie kennt die Grundregel: Kein Essen vom Buffet, auch wenn die Gäste längst fertig sind, und das ganze nur noch an die "Tafeln" geht.

Dennoch überkommt diese Person plötzlich das Gefühl, eine am Rand einer Platte liegende Minifrikadelle in den Mund schieben zu müssen. Die Gedanken dieser Person sind zugegebenermaßen etwas verworren, da sie arg unterzuckert und körperlich und geistig "platt" ist. Einmal in der richtigen Ess-Stimmung schiebt sie gleich noch zwei Weintrauben nach, die die Köstlichkeiten der Platte zierten und trinkt 2 Becher Orangensaft, um dem Verlangen nachzugeben, den Flüssigkeitshaushalt wieder aufzufüllen.

Leider wird die Person von einem Kollegen beobachtet und "verpetzt". Dem Arbeitgeber gegenüber, der sie zum Rapport bestellt, räumt sie ohne Umschweife den Verstoß ein, und bittet inständig, ihr den Schwächemoment nachzusehen. Die Person führt glaubwürdig aus, dass sie ausgelaugt war und im Moment der Erschöpfung wenig Respekt für die Regel hatte. Sie versichert aber glaubwürdig, sich künftig an die Regel halten und sich besser im Griff haben zu wollen. Der Arbeitgeber ist aber unnachgiebig und schiebt eine Predigt über Grundsätze nach, von denen man eben nicht abweichen dürfe. Der Person wird gekündigt. Dahinter steckt allerdings ein besonderes Kalkül: Die Person war in der letzten Zeit in schlechter gesundheitlicher Verfassung und hatte überdurchschnittlich hohe Fehlzeiten aufzuweisen. Darüber hatte der Arbeitgeber penibel Buch geführt. Seit Prinzip "Die Kranken fliegen raus" möchte er umsetzen, auch und gerade um an seine übrigen MitarbeiterInnen immer mal wieder einen motivierenden Warnschuss abzugeben. Die Person ist also das Opfer eines Rechtsmissbrauchs; dem Arbeitgeber sind die Minifrikadelle, die Weintrauben und die Gläser lauwarmer O-Saft völlig egal, er zweifelt nicht an der Redlichkeit seines Mitarbeiters bzw. seiner Mitarbeiterin - aber eben an seinem oder ihrem Gesundheitszustand!

Diesen Rechtsmissbrauch kann unsere "Person" nicht nachweisen. Vor Gericht zählt nur die Vertragsverletzung, die der Arbeitgeber durch Zeugen nachweisen kann, und die auch von dem Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmerin nicht bestritten wird. Die Klage gegen die außerordentliche Kündigung bleibt daher erfolglos, da unser Richter in Bayern wohl eine Frikadelle noch verziehen hätte, in der Summe von Minifrikadelle, den Weintrauben und den 2 Gläsern lauwarmen Oranagensaft aber eher ein maßloses Freßgelage erblickt.  

Kurzum: Wir brauchen die Neuregelung vor allem, um Rechtsmissbrauch auszuschließen, der sich sonst nicht nachweisen ließe (denn wer will einem Arbeitgeber schon nachweisen, dass sein Weltbild und sein Vertrauen in die Menschen um ihn herum NICHT an einer Minifrikadelle hängt und mithin das Vertrauensverhältnis wegen der Verspeisung derselben zerrütet ist?).  

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@andrew13:

Ihre Auffassung vom "Rechtsmissbrauch" teile ich nicht. Richtig ist: Vielfach werden Verstöße, die man leistungsstarken Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ohne weiteres "durchgehen" lassen würde, bei leistungsschwächeren zum Anlass für eine Kündigung genommen. Gelegentlich wird sogar gezielt nach Kündigungsgründen "gesucht", etwa die Spesenabrechnungen auf Unregelmäßigkeiten überprüft (dazu ausführlich Diller, NZA 2006, 569 ff.). Das ist aber kein Rechtsmissbrauch, sondern ein Gebrauch von Rechten. Wäre es ein Rechtsmissbrauch, wäre die Kündigung ja wegen Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam. Das ist sie aber gerade nicht.

Soll die Verdachtskündigung nach dem Vorschlag der Linken tatsächlich abgeschafft werden? in der Kombination mit Diebstahl geringwertiger Sachen vielleicht denkbar (so die Auffassung eines Dozenten), aber generell? Wann bitte kann man eine Straftat wirklich sicher nachweisen? Es ist ja auch nicht so, dass irgendein - unbegründeter - Verdacht für eine Kündigung ausreicht. Ein solcher Vorschlag ist m.E. in keiner Weise fortgedacht.

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@ Prof. Dr. Rolfs

Ich teile Ihre Auffassung nicht.

Die ganz h.M. geht tatsächlich davon aus, dass der Richter nur objektiv zu untersuchen habe, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegt; es ist also danach zu fragen, ob ein vernünftiger Dritter ("reasonable person") in der Rolle des Arbeitgebers das Verhalten des Arbeitnehmers zum Anlass nehmen darf, die Kündigung auszusprechen. Dass der konkrete Arbeitgeber für sich persönlich den jeweiligen Umstand gar nicht für wesentlich erachtet, maW: er sich aus ganz anderen Gründen zum Ausspruch der Kündigung hat motivieren lassen, bleibt außer Acht.

In den Worten des BAG: "Die Durchschlagskraft eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen fristlosen Kündigung seitens des Dienstherrn wird nicht dadurch gemindert, daß ihm jeder Grund recht gewesen wäre, um das Vertragsverhältnis mit dem Dienstnehmer zu beenden (BAGE 9, 263)."

Diese Auffassung, dass nur auf einen objektiven Kündigungsgrund abzustellen ist, ist nicht richtig; sie ist cotra legem. Denn § 626 I BGB setzt voraus, dass "Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann."

Dabei geht es nicht um eine objektive Zumutbarkeit, sondern um eine subjektive. Die arbeitsrechtliche Kommentarliteratur erkennt dies im Ansatz auch, zieht aber keine konsequenten Schlüsse. Beispiel: "[...] das Gesetz verlangt Abwägung der Interessen beider Vertragspartner, so dass auch subjektive Umständen aus den Verhältnissen der Beteiligten berücksichtigt werden können. Hingegen ist die rechtliche Würdigung dieser Umstände im Rahmen der Interessenabwägung, insbesondere bei der Beurteilung ihrer Schutzwürdigkeit und bei ihrer Gewichtung im Verhältnis zu anderen Abwägungsfaktoren, von der Warte eines objektiven Betrachters aus vorzunehmen. Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes kommt dem konkreten Motiv des Kündigenden bei Ausspruch der Kündigung demgemäß auch grundsätzlich keine Bedeutung zu." (Stoffels, in: Beck'scher Online-Kommentar, Hrsg: Rolfs/ Giesen/ Kreikebohm/ Udsching, § 626 BGB Rn. 50).

Schon sprachlich sind Kommentare wie der zitierte ungenau. Denn: Was bitte sind "subjektive Umstände"? Was der Autor meint, sind sicher keine "subjektiven Umstände", also Erkenntnisse und Empfindungen des Subjekts, sondern (objektive) "Umstände des Einzelfalls".

Von dieser sprachlichen Fehlleistung abgesehen: Wichtig für § 626 BGB ist, welche Schlüsse das erkennende Subjekt (der Kündigungswillige) für sich aus den konkreten Umständen zieht. Das Gesetz verlangt gerade die Abwägung der Interessen konkreter Menschen. Es geht nicht darum, ob für eine "reasonable person" die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar wäre, sondern ob sie für den konkreten Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist. Dabei aber kommt es auf einen Vertrauensverlust an, der nur ein subjektiver sein kann, weshalb "subjektiv" hier bedeuten muss, dass im Prozess die Bewertung äußerer Umstände durch das erkennende und fühlende Subjekt festgestellt werden muss.

Richtig ist allein, dass der Richter sich bei der Feststellung dieses Dafürhaltens auf äußere Umstände angewiesen ist.

Die familienrechtliche Literatur zu § 1565 BGB ("Scheitern der Ehe") bringt dies trefflich auf den Punkt - im Gegensatz zu der m.E. stark interessengeleiteten arbeitsrechtlichen Literatur:

"Die Prognose, ob mit der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch zu rechnen ist, ist vom Richter, also einem außenstehenden Beurteiler, zu treffen. Der Richter muß aus dem vorgetragenen und bewiesenen Tatsachenmaterial den Schluß auf das Scheitern der Ehe ziehen können. Sein Maßstab kann damit als „objektiver“ bezeichnet werden. Zu beurteilen hat er allerdings einen psychologischen Tatbestand, der in den Ehegatten liegt und nur Indizien nach außen trägt. Was von den Ehegatten zu erwarten ist, hängt wesentlich von ihrem subjektiven Empfinden ab. Das offenkundige Dilemma, daß ein subjektives Empfinden objektiv festgestellt werden muß, läßt Raum für Positionen, die mit der Feststellung der Zerrüttung wenig, mit dem Verständnis zur Ehe jedoch viel gemein haben." (MüKoBGB/Wolf, § 1565, Rn. 45).

Daraus aber folgt, dass uns § 1565 BGB wie auch § 626 BGB zwingen, das subjektive Empfinden konkreter Menschen zu erforschen. Damit sind vorgeschobene Motive des Arbeitgebers bei der Kündigung selbstverständlich gegen diesen unter Verneinung eines Kündigungsgrundes zu berücksichtigen. Daraus aber folgt, dass das Vorliegen eines Umstands, der das Vertrauen des konkreten Arbeitgebers in den Arbeitnehmer nicht erschüttert hat, den Voraussetzungen gem. § 626 BGB nicht genügt.

Ihnen, Herr Prof. Dr. Rolf, muss ich aus diesen Gründen widersprechen.

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Ob der Gesetzesentwurf sinnvoll ist oder nicht, ist die eine Sache.

Skandalös ist jedoch, wie handwerklich schlecht vor allem der Gesetzesentwurf der SPD ist. Wenn der Entwurf tatsächlich bei angemessener Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Referenten entstanden ist, dann gute Nacht. Dann sollte man es vielleicht wirklich Anwaltskanzleien überlassen, Gesetzestexte zu schreiben. Die sprachlichen (!) Fehler in dem Gesetzesentwurf (!) sind jedenfalls unerträglich:

 

"Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers ist in der Regel sozial ungerechtfertigt (...)". Der Referent ist offenbar noch nicht einmal in der Lage dazu, das Gesetz abzuschreiben ("Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die (...) im Verhalten des Arbeitnehmers liegen (...) gerechtfertigt ist." Beim ersten Durchlesen des Entwurfs muss das doch auffallen.

 

Auch spricht der Entwurf mal von "Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin", mal von "Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer". Außerdem wird der Begriff "Arbeitgeberin" in das Gesetz eingefügt. Das hat zur Folge, dass in § 1 Abs. 3 KSchG (neu) zwischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin bzw. zwischen Arbeitgeber und Arbeitgeberin unterschieden wird, in den sonstigen Vorschriften des KSchG jedoch nicht. Abwegig.

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