Netzneutralität in der aktuellen Diskussion

von Dr. Thomas Lapp, veröffentlicht am 07.02.2010

Netzneutralität war hier im Block bereits Thema (vgl. auch Beitrag des Kollegen Dr. Spies). Ein aktueller Bericht in der Zeit greift das Thema erneut auf. Netzneutralität bedeutet, dass alle Daten im Netz gleichberechtigt weitergeleitet werden und keine Kontrollen stattfinden. Netzneutralität wird als wichtiges Element des freien Internet angesehen.

Netzneutralität ist aus unterschiedlicher Richtung gefährdet. »Die Provider überlegen zunehmend, wie sie von den Einflussmöglichkeiten, die sie auf das Netz haben, profitieren können«, erklärt Jeanette Hofmann (London School of Economics) gegenüber der Zeit in dem oben zitierten aktuellen Beitrag. Für die Provider steht dabei die wirtschaftliche Seite Vordergrund. Die Provider müssen seit Jahren mit sinkenden Margen kämpfen, während die Anbieter von Inhalten die Infrastruktur kostenlos mit immer größeren Datenmengen nutzen und damit zunehmend Gewinne machen. Provider träumen daher davon, die Anbieter der Inhalte an den Kosten der Infrastruktur zu beteiligen. Bei der Modernisierung der Netze sind zunehmend Möglichkeiten geschaffen worden, den Datenverkehr im Netz zu steuern und zu filtern. Dies könnte genutzt werden, um beispielsweise kostenpflichtige Premiumdienste bevorzugt und damit schneller zu bedienen.

Andere Angriffe richten sich direkt auf die Inhalte. Vorgetragen werden dabei meist hehre Ziele, wie etwa Jugendschutz. Ein Beispiel, wozu dies führen kann, ist das Album Virgin Killer von den Scorpions. Die Zeit erinnert in ihrem Artikel daran, dass verschiedene Provider den Zugang zu einem Artikel über dieses Album in der Wikipedia mit einem Softwarefilter gesperrt haben, um ihren Kunden den Anblick des als obszön empfundenen Cover-Fotos zu ersparen. Ein weiteres Beispiel ist der Entwurf zur Überarbeitung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages, bei dem missverständliche Formulierungen zur Diskussion über die Netzneutralität Anlass gaben.

Es zeigt sich jedoch, dass die Diskussion über jugendgefährdende Inhalte meist nur der Einstieg in die Zensur auch für andere Zwecke ist. Die Zeit weist darauf hin, dass auch in China und Iran die Filterung des Internet zunächst mit der Bekämpfung von Pornographie begründet wurde.

Leider gibt es keine gesetzliche Regelung zum Schutz der Netzneutralität.

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1 Kommentar

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Wird es auch so schnell nicht geben. Denn dann könnte ja keiner mehr nachverfolgen WER urheberrechtliche geschützte Werke runterlädt bzw. hochlädt. Und dann würde ein wichtiges Einnahmemodell der Rechteverwertungsindustrie, insbesondere der Unterabteilung "Abmahnung", wegbrechen. Das verbietet sich natürlich in Deutschland.

Ironischerweise ist in diesem Bereich das Internet in China deutlich freier. Da kann jeder runter- und hochladen, was er will, solange er unter dem Radar der Partei bleibt.

Aber auch da gibt es ja gute Nachrichten. EMI geht pleite. Hoffentlich sterben die übrigen Geier auch bald ab.

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