Arbeitgeber haftet auch bei Rufbereitschaft nicht für Unfallschäden auf dem Weg zum Betrieb

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 01.02.2010

Die Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte gehört grundsätzlich zum privaten Betätigungsbereich des Arbeitnehmers. Sachschäden, die er auf diesem Weg erleidet, muss der Arbeitgeber nicht analog § 670 BGB ersetzen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer Rufbereitschaft hatte und telefonisch aufgefordert worden war, unverzüglich seine Arbeitsstätte aufzusuchen. Das hat das LAG München mit Urteil vom 15.12.2009 (6 Sa 637/09) entschieden.

Der Kläger war als Oberarzt in einem Krankenhaus beschäftigt. Am 6. Januar 2008 (in Bayern gesetzlicher Feiertag) hatte er Rufbereitschaft. Gegen 9.00 Uhr wurde er zur Patientenaufnahme ins Klinikum gerufen. Auf dem Weg dorthin kam er bei winterlichen Straßenverhältnissen von der Fahrbahn ab. Sein Fahrzeug rutschte in den Straßengraben, es entstand Sachschaden in Höhe von rund 5.700 Euro. Dessen Ersatz verlangte er vom Träger des Krankenhauses. Nach seiner Überzeugung befand er sich mit dem telefonischen Abruf seiner Arbeit im Dienst, so dass der Schaden im Betätigungsbereich der Arbeitgeberin entstanden sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Wegezeiten nach § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD zu vergüten seien.

Dieser Argumentation ist das LAG München nicht gefolgt und hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des ArbG Regensburg zurückgewiesen. Der Arbeitnehmer könne im Falle der Rufbereitschaft seinen Aufenthaltsort grundsätzlich frei wählen und müsse lediglich sicherstellen, innerhalb der vereinbarten Zeit seine Arbeitsstelle erreichen zu können. Schon wegen dieser Ortsungebundenheit und der daraus resultierenden Freiheit, auf welche Weise der Arbeitnehmer zur Arbeitsstelle gelange, lasse sich eine erforderlich werdende Fahrt zur Arbeitsstelle nach einem erfolgten Abruf nicht mehr dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zurechnen. Daran ändere auch die Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD nichts, wonach im Falle des Arbeitsabrufes während der Rufbereitschaft zur Berechnung der Vergütung die Dauer der Arbeitszeit einschließlich der erforderlichen Wegezeiten auf ein volle Stunde aufzurunden und zu vergüten sind. Damit werde die Wegezeit nicht als Arbeitszeit statuiert; vielmehr handele es sich allein um eine Bonus- oder Vergütungsregelung für den Mehraufwand der (zusätzlichen) Fahrt zur Arbeit. Sie ordne aber nicht an, dass die Wegezeiten als Arbeitszeit zu gelten hätten.

 

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