Informantenschutz beim Jugendamt

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 24.01.2010
Rechtsgebiete: JugendamtInformantenschutzFamilienrecht|4031 Aufrufe

An das Jugendamt gerichtete Hinweise eines Informanten auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung stellen einschließlich der Informationen über seine Person anvertraute Daten i.S.d. § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII dar. Sie dürfen unabhängig davon, ob der Hinweis wider besseres Wissen und in Schädigungsabsicht erfolgte, nur in den gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 5 SGB VIII genannten Fällen weitergegeben werden.

VG Oldenburg, Urteil vom 13.12.2009 13 A 1158/08

Die Kläger sind Eltern der … bzw. … geborenen Kinder … und …. Am 27. März 2007 ging beim Sozialen Dienst des Jugendamtes des Beklagten ein Hinweis auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung ein. Über dieses Gespräch wurde ein Vermerk vom gleichen Tage aufgenommen, der auch die Daten des Informanten enthält. Anlässlich dieses Hinweises führte der Sozialdienst des Beklagten am 4. April 2007 bei den Klägern einen unangemeldeten Hausbesuch durch, bei dem keine Beanstandungen festgestellt wurden. Am 18. Dezember 2007 fand ein weiterer, nunmehr angemeldeter Hausbesuch statt, bei dem sich herausstellte, dass die erhobenen Vorwürfe nicht zutrafen und jugendhilferechtliche Maßnahmen nicht zu veranlassen waren.

Die Kläger beantragten mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 und 25. Januar 2008 Einsicht in den Verwaltungsvorgang. Mit Bescheid vom 12. März 2008 gewährte der Beklagte den Klägern Akteneinsicht, jedoch ohne Preisgabe der Angaben über den Informanten. Diese Daten seien wegen des berechtigten Interesses des Informanten, anonym zu bleiben, geheim zu halten. Außerdem könnte das Jugendamt seiner Aufgabe, Kinder vor eventuellen Gefährdungen zu schützen, nicht ohne Hinweise aus der Bevölkerung nachkommen. Der Informant habe auch nicht wider besseres Wissen oder in Schädigungsabsicht gehandelt.

Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Sozialdaten im Jugendhilferecht dürfen nur in den gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 5 SGB VIII genannten Fällen weitergegeben werden, d.h. wenn der Datengeber einwilligt, wenn eine entsprechende gerichtliche Anordnung vorliegt, wenn dies zur Sicherung des Kindeswohls bei einem Sachbearbeiterwechsel im Amt oder gegenüber Fachkräften nach § 8a SGB VIII erforderlich ist, oder dann, wenn die in § 203 StGB genannten Personen dazu befugt wären. Keine dieser Voraussetzungen ist hier gegeben. Insbesondere § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII ist nicht einschlägig. Ob der Informant um Vertraulichkeit hinsichtlich des von ihm gegebenen Hinweises gebeten hat, was von den Klägern bestritten wird, ist nicht maßgeblich, da der besondere Vertrauensschutz des § 65 Abs. 1 SGB VIII ein solches Verlangen nicht voraussetzt, sondern, die Weitergabe der Daten bereits dann ausscheidet, wenn der Informant keine ausdrückliche Einwilligung hierzu abgeben hat. Eine solche Einwilligung liegt nicht vor. Das ergibt sich nicht nur aus dem Vermerk des Beklagten vom 5. Februar 2008 (Bl. 10 des Verwaltungsvorgangs), sondern auch aus der Überlegung, dass der Beklagte dem Akteneinsichtsgesuch aller Voraussicht nach vorbehaltlos entsprochen hätte, wenn der Informant eine solche Einwilligung abgegeben hätte.

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