Urteil: Aufforderung eines ausländischen Arbeitnehmers zur Teilnahme an Deutschkurs stellt keine Diskriminierung dar

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 18.01.2010Die Instanzgerichte urteilen in AGG-Sachen durchaus mit Augenmaß. Das zeigt u.a. folgender Fall:  Die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Klägerin, deren Muttersprache Kroatisch ist, arbeitete seit Jahren bei dem beklagten Arbeitgeber als Reinigungskraft und vertretungsweise als Kassiererin in einem Schwimmbad. Mitte 2006 hatte sie ihr Arbeitgeber zweimal erfolglos aufgefordert, an einem Deutschkurs teilzunehmen, da es in der Verständigung mit Kollegen, Vorgesetzten und Kunden immer wieder zu Problemen komme. Nach einer weiteren Aufforderung im Januar 2008 machte die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von EURO 15.000,00 wegen Diskriminierung geltend. Das LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 23.12.2009 - Az.: 6 Sa 158/09) wies die Klage ab und führte zur Begründung aus: Die Aufforderung, einen Deutschkurs zu besuchen, stelle keine den Entschädigungsanspruch auslösende Belästigung gemäß § 3 Absatz 3 AGG dar. Die von der Klägerin als unerwünscht empfundene Aufforderung sei erkennbar nicht aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft erfolgt. Für die Beklagte habe weder die Herkunft der Klägerin noch deren kroatische Muttersprache eine Rolle gespielt, vielmehr habe diese die Klägerin zum Besuch eines Sprachkurses aufgefordert, weil sie deren Deutschkenntnisse für unzureichend gehalten habe. Auslöser für die Aufforderung sei nicht die jugoslawische Herkunft der Klägerin gewesen, sondern deren mangelnde Sprachkompetenz. Auch eine mittelbare Diskriminierung liege nicht vor. Denn nicht jede als unerwünscht empfundene Verhaltensweise sei eine Belästigung im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG. Hinzukommen müsse, dass hierdurch ein feindliches Umfeld durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen geschaffen werde. Hiervon könne auch bei einer mit Nachdruck geforderten Aufforderung zum Besuch eines Deutschkurses nicht ausgegangen werden. Durch die Kritik wegen der mangelnden Sprachkompetenz werde einem ausländischen Arbeitnehmer nicht dessen Würde abgesprochen. Die Revision wurde zugelassen.

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

4 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

nun ja -- es wird zwar nicht auf einen bestimmten ethnischen Hintergrund abgestellt, aber die Stelle ist nur für Frauen ausgeschrieben, also durchaus ein Merkmal nach § 1 AGG.

0

Kommentar hinzufügen