Führerscheintourismus: Zum Umgang mit tschechischer Fahrerlaubnis mit eingetragenem deutschen Wohnsitz

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 05.01.2010

Führerschein gepflegt in Tschechien gekauft - Wohnsitzangabe im Führerschein dummerweise richtig: Deutschland. "Also: Das reicht!", so denkt sicher mancher Leser. Das VG Karlsruhe, Beschluss vom 29.10.2009 - 5 K 1853/09 hat hierzu im Rahmen eines Verfahrens im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes aber entschieden, dass in solch einem Fall kein überwiegendes öffentliches Interesse daran besteht, den Inhaber der mitgliedstaatlichen Fahrerlaubnis vorläufig zu hindern, im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge zu führen. Der Antrag des Führerscheininhabers nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die sofort vollziehbare Feststellung, "dass die dem Antragsteller am 19.10.2005 erteilte tschechische Fahrerlaubnis der Klasse B ihn nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtige" hatte somit Erfolg (gekürzt aus den Gründen):

"...In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist bislang nicht geklärt, ob § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung vom 07.01.2009 (BGBl. I S. 29) seinem Wortlaut entsprechend in allen Fällen gilt, in denen der Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hatte oder ob die Vorschrift richtlinienkonform dahin anzuwenden ist, dass die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland mit einer EU-Fahrerlaubnis nur für die Fälle eingeschränkt wird, in denen vor der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden war (vgl. § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV). Es entspricht verbreiteter Auffassung, dass das maßgebliche Gemeinschaftsrecht (Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG dazu EuGH, Urteil vom 26.06.2008 - C-334/06) eine Ausnahme vom Grundsatz der Anerkennung mitgliedstaatlicher Fahrerlaubnisse nur zulässt, wenn der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis eine innerstaatliche Einschränkung, Aussetzung, ein Entzug oder eine Aufhebung der Fahrerlaubnis vorausgegangen war (Hessischer VGH, Beschluss vom 18.06.2009 - 2 B 255/09 ....; a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.01.2009 - 10 B 11145/08). Der Bayerische VGH beurteilt die Frage als offen (Bayerischer VGH, Beschluss vom 26.02.2009 - 11 C 09.296 ...). Eine abschließende Klärung dieser schwierigen Rechtsfrage muss einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Sind die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren für den Antragsteller jedoch zumindest offen, besteht kein überwiegendes öffentliches Interesse daran, den Antragsteller allein wegen des Umstands, dass er die Fahrerlaubnis in Tschechien und nicht an seinem Wohnsitz bzw. sonst in Deutschland erworben hat, vorerst daran zu hindern, im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge zu führen. Ein solches überwiegendes öffentliches Interesse ist zwar regelmäßig anzunehmen, wenn eine EU-Fahrerlaubnis im Anschluss an eine Entziehung der Fahrerlaubnis in Deutschland erworben wurde..."

 

 

 

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1 Kommentar

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Im übrigen wird diese Rechtsprechung auch in Hessen und zum Teil auch in Bayern mit getragen.
Das ist nun mal das Ergebnis der korrekten Umsetzung der Urteile/Beschlüsse des EugH´s (Wiedemann und Wierer).
Die unbestreitbaren Informationen müssen im Zusammenhang einer Maßnahme eines Entzuges stehen.

VGH Kassel:
"Einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ist es nicht erlaubt, die Fahrberechtigung, die sich aus einem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergibt, allein deshalb nicht anzuerkennen, weil auf der Grundlage von Angaben in diesem Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass sein Inhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte, ohne dass zuvor im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaates eine Maßnahme der Einschränkung, der Aussetzung, des Entzugs oder der Aufhebung einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist"

Hessischer Verwaltungsgerichthof 2 B 255/09 vom 18.6.09

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