EuGH: Keine Pflicht zur Aufnahme von Absolventen ausländischer Universitäten in den deutschen Referendardienst

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 22.12.2009

Juristinnen und Juristen, die ihren Abschluss an einer ausländischen Universität gemacht haben, haben nicht ohne weiteres Anspruch auf Aufnahme in den deutschen Referendardienst. Das hat der EuGH mit Urteil vom 10.12.2009 (Rs. C-345/08) in der Rechtssache Pesla entschieden.

Im Ausgangsverfahren hatte sich Herr Pesla, ein polnischer Staatsangehöriger, gegen die Entscheidung des Justizministeriums von Mecklenburg-Vorpommern gewandt, ihn nicht in den juristischen Vorbereitungsdienst aufzunehmen. Vor seinem Zulassungsantrag hatte Herr Pesla an der Fakultät für Rechtswissenschaften der Universität Poznan (Polen) den Magistertitel sowie im Rahmen einer deutsch-polnischen Juristenausbildung an der Universität Frankfurt/Oder die akademischen Titel "Master of German and Polish Law" und "Bachelor of German and Polish Law" erworben. Nach Auffassung des Justizministeriums können Kenntnisse in ausländischem Recht, wie etwa dem polnischen, wegen der bestehenden Unterschiede zum deutschen Recht nicht als gleichwertig anerkannt werden. Zudem bescheinige der "Master of German and Polish Law" nicht das geforderte Niveau an Kenntnissen des deutschen Rechts.

Nach Ansicht des Gerichtshofs sind bei der Beurteilung, ob ein Bewerber unmittelbar, d. h. ohne eine zusätzliche Eingangsprüfung abzulegen, in den Vorbereitungsdienst für die juristischen Berufe aufgenommen werden kann, die Kenntnisse als Maßstab heranzuziehen, die durch die Qualifikation bescheinigt werden, die in dem betreffenden Mitgliedstaat verlangt wird. Dieser könne daher entgegen der von Herrn Pesla vertretenen Auffassung nicht dazu verpflichtet werden, die Bewertung der Gleichwertigkeit von Qualifikationen auf einen Vergleich des intellektuellen Niveaus und des (zeitlichen) Aufwands der Ausbildungen zu beschränken. Zudem gebiete es das Gemeinschaftsrecht nicht, im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung niedrigere Anforderungen an die Kenntnisse im innerstaatlichen Recht zu stellen als sie mit der Qualifikation bescheinigt werden, die in diesem Mitgliedstaat verlangt wird, wie etwa dem Ersten Staatsexamen in Deutschland.

Damit müssen Juristinnen und Juristen, die ihren Studienabschluss im Ausland erworben haben, vor der Zulassung zum Vorbereitungsdienst auch weiterhin eine Eingangsprüfung ablegen, mit der sie nachweisen, über Kenntnisse des deutschen Rechts in dem im Ersten Examen verlangten Umfang zu verfügen.

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