LAG Berlin-Brandenburg: Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Leiharbeit (CGZP) nicht tariffähig

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 07.12.2009

Die Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) ist nicht tariffähig. Das hat das LAG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 7.12.2009 (23 TaBV 1016/09) entschieden und damit insoweit den Beschluss des ArbG Berlin vom 1.4.2009 (35 BV 17008/08, dazu BeckBlog vom 13.4.2009) bestätigt. Nach Überzeugung des LAG haben die Mitgliedsgewerkschaften der CGZP, das sind die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), die Gewerkschaft öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD), die Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) und der Deutsche Handels- und Industrieangestelltenverband (DHV) eine Regelungskompetenz für Zeitarbeitnehmer nur innerhalb ihrer jeweiligen Branchenzuständigkeit, so dass keine Tariffähigkeit für die Zeitarbeitsbranche insgesamt gegeben sei.

Der Beschluss könnte, wenn er letztinstanzlich bestätigt werden sollte, weitreichende Folgen haben: "Tarifverträge", die eine nicht tariffähige Partei abgeschlossen hat, sind keine Tarifverträge im Rechtssinne. Sie partizipieren dementsprechend nicht an den Privilegierungen, die das Gesetz tariflichen Regelungen einräumt. Für die Leiharbeit bedeutet dies: § 9 Abs. 2 AÜG statuiert das sog. "equal-pay"-Gebot, also die Verpflichtung des Zeitarbeitunternehmens, dem Leiharbeitnehmer für die Dauer seiner Überlassung an den Entleiher dieselben Arbeitsbedingungen, insbesondere dasselbe Arbeitsentgelt zu gewähren, wie es für vergleichbare Stammarbeitnehmer im Betrieb des Entleihers üblich ist. Hiervon kann durch Tarifvertrag (und durch einzelvertragliche Bezugnahme auf ihn) abgewichen werden. Die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge machen hiervon Gebrauch und sehen eine - teilweise wesentlich - geringere Vergütung für Leiharbeitnehmer als für die Stammbelegschaft im Betrieb des Entleihers vor. Sind diese Tarifverträge mangels Tariffähigkeit einer Vertragspartei unwirksam, gilt - rückwirkend - wieder das "equal-pay"-Gebot. Auf die Zeitarbeitsunternehmen könnten erhebliche Nachzahlungsansprüche der Arbeitnehmer und der Sozialversicherungsträger zurollen, die einige von ihnen sogar in ihrer Existenz gefährden könnten.

Anders als das ArbG Berlin geht das LAG in seinem Beschluss aber von einer Tarifzuständigkeit der Gewerkschaft ver.di für die Zeitarbeitsbranche aus.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

3 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Gerade weil die Tariffähigkeit ein so hohes Gut ist, musste eingegriffen werden. Das Urteil ist nur denklogisch und wird hoffentlich auch bestätigt. Schon 2002 hat Rot-Grün bei der Arbeitnehmerüberlassung das Tor für Billiglöhne geöffnet. Die CGZP gründete sich dann sogar noch bevor das Leiharbeitsgesetz 2003 in Kraft trat. Es ist ein exorbitantes Armutszeugnis, dass ausgerechnet im Namen Gottes derart Menschen ausgebeutet werden sollen. Noch schlechter als die Flächentarifverträge sind deren Haustarifverträge. Die Liste weiterer Methoden zur Verbilligung von Leiharbeit ist dabei lang.

Das haben wohl auch einige der Gewerkschaften gemerkt und sind ausgetreten. Die CGZP umfasst wohl statt der sechs Gründungsgewerkschaften nur noch drei Gewerkschaften, s. Selbstauskunft der "Tarifgemeinschaft" http://www.cgb.info/cgzp/cgzp.php .

In der TAZ wird im lesenswerten Artikel "Lohndrücker im Namen Gottes" http://www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/lohndruecker-im-namen-g... zitiert " auch Professor Dr. Peter Schüren zitiert: "Seit 2008 beschäftigen sich Gerichte mit der Frage, ob die CGZP Arbeitnehmerinteressen verfolgt. Für Peter Schüren, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Münster, ist klar: "Die CGZP versorgt Arbeitgeber mit Wunschtarifverträgen." Dank der CGZP seien extreme Lohnsenkungen möglich."

Es ist jedoch auch ein Armutszeugnis, dass kein anderes Bundesland oder der Bundesarbeitsminister schon früher das Verfahren anschob, sondern erst der Berliner Senat.

Die ersten Ansprüche auf Nachzahlung von Beiträgen durch die Verleiher sind bereits verjährt, die Sozialversicherungsträger müssen sich endlich auch ihrer Verantwortung bewusst werden, schnell reagieren und die Geltendmachung der Ansprüche vorbereiten.

0

"Es ist ein exorbitantes Armutszeugnis, dass ausgerechnet im Namen Gottes derart Menschen ausgebeutet werden sollen."

Es wurden doch auch schon Kreuzzüge im Namen der Kirche durchgeführt!

0

Den Fortgang des "göttlichen" Verfahrens habe ich in den letzten Monaten leider nicht verfolgt.

Bereits kurz nach Beschluss des ArbG Berlin vom 1.4.2009 versuchte ich von der Einsatzfirma (seit 01.02.2003 ununterbrochen) Informationen einzuholen, um nach Eaqual-Pay meine Forderungen vorsorglich bei meinem Arbeitgeber anzumelden. Leider wurden mir diese Informationen verwehrt, da "noch kein verbindliches Urteil" besteht. Inwieweit nun meine Forderungen seit 02/2003 erfüllt werden können, steht sicher in Frage. Einerseits könnte die Liquidität meiner Zeitarbeitsfirma, sicher auch unter Einbeziehung der Verantwortlichkeiten der Entleiher, sehr gefährdet sein. Da es sich bei der Zeitarbeitsfirma um eine GmbH handelt, sind Rechtsansprüche ohnehinh nur in begrenztem Umfange durchzusetzen.  Wenn schon zwei Mitarbeiter der Firma diese Nachforderungen stellen, so könnte die "Pleite" eigentlich schon vorprogrammiert sein, so meine Einschätzung.

Wie schon im Kommentar vom 07. Dezember 2009 bemerkt, ist es für die Arbeitsmarktpolitik in unserem Staat eine Schande, dass erst "Die Linke" im berliner Arbeitsministerium aktiv werden musste. Es ist nicht Landessache, sondern eigentlich von höchster  Bundes-Priorität, dass der Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit"  umgesetzt wird. Alles Andere entspricht keinem Gleichbehandlungsgrundsatz, eher ist hier eine Diffamierung oder gar Diskriminierung der Arbeitnehmer zu verzeichnen, die nicht "das Glück" hatten, in eine Festanstellung einzutreten.

Bestimmte Prioritäten in meinem Einsatzbetrieb, bei dem ich zwei Jahre befristet angestellt war, ließen es nicht zu, mich mit einer Festanstellung weiterzubeschäftigen, sondern zu einer "Zeitarbeitsfirma" bzuschieben.

Der Arbeitsplatz, den ich ausfülle, hat sich grundsätzlich seit Februar 2001 nicht verändert. Im Jahre 2005 hatte ich sogar die Wahl, arbeitslos zu werden, oder eine Gehaltskürzung in Kauf zu nehmen. Grund: da der Entleiher wollte das Gehalt, angelehnt aus der vorherigen Befristung nicht weiterzahlen. (Ein großer Konzern mit schwarzen Zahlen)

 Zu dem Zeitpunkt war ich kurz vor dem 50. Lebensjahr. Man hatte mich in der Hand - ich war also erpressbar, ohne wenn und aber.

Nun hoffe ich, dass sich doch noch "alles zum Guten" entscheiden wird, wenn in Erfurt -wann auch immer das sein wird- ein bundeseinheitlich anzuwendender Beschluss verfasst wird.

Die Regreßpflicht der "Entleiher" sollte dabei mit erwähnt werden. Es sind nicht die Zeitarbeitsfirmen, die bestimmen,was der Entleiher zu zahlen hat. Vielmehr besteht eine Selektion zur billigten Variante, um an kompetentes Personal zu kommen.

Entleiher, die  so versuchen Personalkosten in hgroßem Umfange zu sparen, um in börsennotierten Werten, besser und größer zu erscheinen als die Mitbewerber auf dem Markt, gehören "abgestraft". Die Vorstände bedienen sich jährlich in Millionenhöhe, aber befähigten Mitarbeitern bieten sie nur in begrenztem Umfange Chancen zu einer vernünftigen Lebensplanung.

Vielen Dank an diejenigen Leser, die die Geduld aufbrachten, um meinen Artikel vollständig zu lesen. Ist eben nicht füe Alle gleichermaßen interessant und nachvollziehbar.

0

Kommentar hinzufügen