Die Konsequenz

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 30.11.2009

Dr. Mayer hatte die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 18.11.2009 - 2 WF 215/09 zwar bereits in der Rubrik Vergütungs- und Kostenrecht vorgestellt, sie ist es jedoch wert, hier im Familienrecht noch einmal erwähnt zu werden.

Mit dem FamFG sind die einstweiligen Anordnungen selbständige Verfahren geworden.

Vorliegend hatte die Antragstellerin am 01.09.2009 (sic!) in der Hauptsache und im Verfahren der einstweiligen Anordnung den Erlass gerichtlicher Maßnahmen nach § 1 GewSchG gegen den Antragsgegner beantragt. Ob dies (ab diesem Tage) fälschlich in einem Schriftsatz oder in getrennten Schriftsäzen geschah, lässt sich nicht erkennen.

Das Amtsgericht erlies die einstweilige Anordnung noch am gleichen Tag.

Den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren hat es abgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

Das OLG zieht die Konsequenzen aus der Neuregelung des Rechts der einstweilgen Anordnung und führt aus:

Wer - wie die Antragstellerin - Bedrohungen und Misshandlungen durch eine andere Person bereits erfahren und weiter zu befürchten hat, kann effektiven Rechtsschutz durch Anordnung gerichtlicher Maßnahmen, insbesondere Kontakt- und Näherungsverbote im Sinne des § 1 GewSchG, nur im Wege einer einstweiligen Anordnung erlangen. Das Hauptsacheverfahren wird hierfür regelmäßig zu langwierig und schwerfällig sein; Entscheidungen in der Hauptsache werden regelmäßig zu spät kommen.

Dem trägt auch § 214 Abs. 1 Satz 2 FamFG Rechnung, wonach in der Regel ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden durch einstweilige Anordnung vorliegt, wenn bereits Verletzungshandlungen im Sinne des § 1 GewSchG erfolgt sind.

Eine verständige nicht hilfsbedürftige Partei in der Situation der Antragstellerin würde ihre Rechte daher im - zudem kostengünstigeren - Verfahren der einstweiligen Anordnung verfolgen. Dies hat die Antragstellerin auch getan.

Von der gleichzeitigen Einleitung eines Hauptsacheverfahrens, das auf die Anordnung inhaltlich gleicher gerichtlicher Maßnahmen gerichtet ist, würde eine verständige nicht hilfsbedürftige Partei in der Situation der Antragstellerin dagegen zunächst absehen.

In Verfahren zum Schutz vor Nachstellungen und körperlichen Beeinträchtigungen nach dem Gewaltschutzgesetz dürften im einstweiligen Anordnungsverfahren gemäß § 1 GewSchG ausgesprochene Handlungs-, Kontakt- und Näherungsverbote ganz überwiegend zu einer nicht nur vorübergehenden Entspannung und Befriedung der Beteiligten führen und daher ein Hauptsacheverfahren in der Regel entbehrlich machen. Ein kostenbewusster Beteiligter würde ein Hauptsacheverfahren daher nicht bereits mit dem Verfahren der einstweiligen Anordnung einleiten, sondern erst dann, wenn sich diese Prognose als unzutreffend erweist.

Davon kann bislang nicht ausgegangen werden.

Mit einstweiliger Anordnung vom 1. September 2009 wurden gegenüber dem Antragsgegner Kontakt- und Nährungsverbote in Bezug auf die Antragstellerin ausgesprochen. An diese Verbote hat sich der Antragsgegner offensichtlich bis heute gehalten; Gegenteiliges hat die Antragstellerin jedenfalls nicht dargetan. Es ist daher zu erwarten, dass der Antragsgegner die Trennung von der Antragstellerin, die Anlass für die Notwendigkeit gerichtlichen Einschreitens gewesen ist, zwischenzeitlich akzeptiert und sich von der Antragstellerin auch künftig fernhalten wird.

Auch außerhalb des Rechts der Verfahrenskostenhilfe (beinahe hätte ich Prozesskostenhilfe geschrieben) hat diese Entscheidung Bedeutung. Mit gleicher Begründung lässt sich m.E. nämlich allgemein an dem Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag in der Hauptsache zweifeln.

Die Rechtsbeschwerde zum BGH hat das OLG Zweibrücken zugelassen.

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