LAG Schleswig-Holstein: Kündigung auch nach 40 Jahren Betriebszugehörigkeit zulässig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 09.11.2009

Auch 40 Jahre Betriebszugehörigkeit verleihen einem Arbeitnehmer nicht automatisch den Status der Unkündbarkeit. Diese Erfahrung mußte ein 55-jähriger Mann machen, der seit 1969 in einer kleinen Autowerkstatt arbeitete. Er hatte keinen Ausbildungsberuf erlernt, hat keinen Führerschein und kann wegen einer Lese- und Rechtsschreibschwäche auch keinen PC bedienen. Im Betrieb arbeiteten außer ihm noch zwei ausgebildete Kfz-Mechaniker, davon einer als Werkstattleiter. Im November 2008 kündigte ihm der Inhaber der Werkstatt unter Berufung auf wirtschaftliche Gründe, die eine Personalreduzierung erforderlich machten, fristgemäß. Obwohl das Kündigungsschutzgesetz wegen der zu geringen Beschäftigtenzahl keine Anwendung fand, griff der entlassene Arbeitnehmer die Kündigung gerichtlich an. Seine Klage hatte allerdings weder vor dem ArbG Lübeck noch vor dem LAG Schleswig-Holstein Erfolg. Das LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 9.9.2009 - 3 Sa 153/09) hob hervor, die Kündigung verstoße nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts scheide aus, wenn - wie hier - ein irgendwie einleuchtender Grund für die Kündigung vorliege. Eine lange Betriebszugehörigkeit, ein hohes Lebensalter sowie sonstige Tatsachen, die eine Person als sozial schwachen Arbeitnehmer ansehen lassen, seien nicht bereits an sich geeignet, eine Kündigung als unwirksam einzuordnen. Anderenfalls würde allein durch Zeitablauf ein Arbeitnehmer über die Vorschrift des § 242 BGB in die Unkündbarkeit hineinwachsen. Ein Auswahlfehler des Arbeitgebers sei schließlich auch nicht ersichtlich. Es fehle schon an der Verlgeichbarkeit des Klägers mit den verbliebenen weiteren zwei in der Werkstatt eingesetzten Arbeitnehmern.

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