Festnetz-Mobilteil ist kein Handy ... so jedenfalls OLG Köln

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 05.11.2009

Rechtsanwalt Melchior hat gestern Abend hier auf die Entscheidung OLG Köln vom 22.10.2009 - 82 Ss-OWi 93/09 aufmerksam gemacht. Dieses hat eine Verurteilung nach § 23 Abs. 1a StVO, § 49 StVO, § 24 StVG des AG Bonn  "kassiert". Hier die entsprechende Meldung aus Beck-Aktuell auszugsweise:
 

 

 

"...Ein Bonner Autofahrer war etwa drei Kilometer von seinem Haus entfernt, als in seiner Tasche das Mobilteil seines Festnetz-Telefons piepte. Er nahm es heraus, schaute es an und hielt es an sein Ohr. Normalerweise ist ab 200 Meter Entfernung vom Haus keine Kommunikation mit der Basisstation mehr möglich. Das Bonner Amtsgericht hielt auch das Mobilteil einer Festnetzanlage für ein Mobiltelefon im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO.

Dieser Auslegung hat sich der Erste Strafsenat des OLG nicht angeschlossen. Schnurlostelefone beziehungsweise deren Mobilteile oder Handgeräte könnten nach dem allgemeinen Sprachverständnis nicht als Mobiltelefone im Sinne des Handyverbots angesehen werden. Für den Einsatz während der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr seien sie aufgrund ihres geringen räumlichen Einsatzbereichs praktisch auch gar nicht geeignet. Der Verordnungsgeber habe bei Schaffung der Verbotsvorschrift nur an die gemeinhin als «Handy» bezeichneten Geräte für den Mobilfunkverkehr gedacht und deren Gebrauch während des Fahrens beschränken wollen.

Der Senat sah auch keinen Anlass, den Anwendungsbereich des Handyverbots zu erweitern. Eine Ablenkung des Fahrers durch Gespräche mit dem Schnurlostelefon könne nicht als ernsthafte Gefahr angesehen werden, weil sie wegen der allseits bekannten Sinnlosigkeit des Vorgangs schon kurz nach Fahrtantritt in der Praxis nicht in nennenswertem Umfang vorkomme. Der Vorgang sei dabei so ungewöhnlich, dass kein Regelungsbedarf bestehe...."

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3 Kommentare

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Schnurlostelefone beziehungsweise deren Mobilteile oder Handgeräte könnten nach dem allgemeinen Sprachverständnis nicht als Mobiltelefone im Sinne des Handyverbots angesehen werden.

 

Zunächst würde ich -nach meinem Sprachverständnis- ein Schnurlostelefon als Mobiltelefon ansehen. Mobile (lat.) heißt schließlich  "beweglich". Ein Schnurlostelefon ist in der Reichweite eben nicht fix an ein Kabel gebunden, sondern a) aus der Natur der Sache heraus beweglicher als ein kabelgebundenes Fon und b) beweglich und benutzbar, bis eben der Empfang zu gering ist. Insofern ist also kein Unterschied zum "Handy" zu erkennen, außer, dass ein Schnurlostelefon schneller keinen Empfang mehr hat.

 

Für den Einsatz während der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr seien sie aufgrund ihres geringen räumlichen Einsatzbereichs praktisch auch gar nicht geeignet.

Sicher sind die Fälle gering, in denen jemand zum Einen ein Schnurlostelefon während der Autofahrt mit sich führt und dann auch noch benutzt. Aber ist die Tatsache, dass etwas "nicht oft" vorkommt, ein taugliches Argument gegen eine Subsumtion unter einen Tatbestand?

 

Eine Ablenkung des Fahrers durch Gespräche mit dem Schnurlostelefon könne nicht als ernsthafte Gefahr angesehen werden, weil sie wegen der allseits bekannten Sinnlosigkeit des Vorgangs schon kurz nach Fahrtantritt in der Praxis nicht in nennenswertem Umfang vorkomme.

Zunächst einmal dürfte doch Einigkeit darüber bestehen, dass das Ablenkungspotential eines Schnurlostelefon-Gesprächs von gleicher Qualität ist wie das Handy-Gespräch. Wird nun also wieder die räumlich begrenzte Anwendbarkeit bemüht, um eine Tatbestandsmäßigkeit zu verneinen?

 

Als ich die Überschrift gelesen hatte, war mein erster Gedanke: "Hier hätte doch eine teleologische Extension Sinn gemacht." Nach dem Lesen des SV revidiere ich den Gedanken; es hätte m.E. überhaupt keine Extension gebraucht, um unter den § 23 Ia StVO zu subsumieren.

Anders herum gedacht: Legt man dieses Urteil seinen Überlegungen zugrunde, kann ich in der Nähe meines Wohnhauses problemlos während der Autofahrt telefonieren, nicht jedoch das Diktiergerät in meinem Handy benutzen? Das beißt sich mit meinem Rechtsgefühl...

Mag man nun wieder dagegen Argumentieren, dass ja die Reichweite so begrenzt ist: Man kann auch 10km von der Basisstation entfernt das Schnurlosteil während der Fahrt aufnehmen und eine Nummer aus dem Telefonbuch oder der Wiederwahlliste heraussuchen. Und das wäre genauso ablenkend wie mit einem "echten" Handy...

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