Mieter für verspätete Zahlung des Jobcenters nicht verantwortlich

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 27.10.2009
Rechtsgebiete: MieteKündigungSozialamtMiet- und WEG-Recht3|5041 Aufrufe

Der BGH hat die Räumungsklage eines Vermieters abgewiesen, der dem Mieter wegen unpünktlicher Mietzahlung nach Abmahnung nach § 543 Abs. 1 BGB fristlos gekündigt hatte (BGH v. 21.10.2009 - VIII ZR 64/09). Das Jobcenter (oder die Arbeitsgemeinschaft) sei nicht Erfüllungsgehilfe nach § 278 BGB, sondern erfülle eigene hoheitliche Aufgaben. Mit Rücksicht darauf wird in der nach § 543 Abs. 1 BGB erforderlichen Interessenabwägung allein auf das Verhältnis Vermieter/Mieter abgestellt. Hier stand im Vordergrund, dass die Zahlungen relativ kurz nach Fälligkeit eintrafen (zwischen drei und fünf Tagen) und das Jobcenter sich trotz derAbmahnungen des Vermieters weigerte, die Zahlungen früher zu leisten.

Die Entscheidung sollte nicht verallgemeinert werden. Hier mag ein geringes Verschulden der Mieter selbst vorhanden gewesen sein und insbesondere der Umstand der nur kurzen Überschreitung des Zahlungsziels der Annahme der Unzumutbarkeit entgegengestanden haben. Es waren aber auch nur vier Monate bzw. Mietzahlungen zu bewerten. Über einen längeren Zeitraum wird der Vermieter Vertragsverstöße nicht hinnehmen müssen und insbesondere ordentlich kündigen können (§ 573 Abs. 2 Nr.1 BGB).

Erst recht sollte die Entscheidung nicht bei § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Kündigung wegen Zahlungsverzuges) herangezogen werden. Denn hier eist keine Interessenabwägung durchzuführen, sondern nur festzustellen, dass Mieten fehlen und der Mieter insoweit schuldhaft handelt. Da er sich nicht auf fehlende Mittel berufen kann (weil z.B. das Jobcenter nicht zahlt), wird in der Regel die Kündigung durchgehen.

 

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3 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Kollege,

ihren Optimismus in allen Ehren, in rechtlicher Hinsicht teile ich Ihre Auffassung nicht. Wie schon anderenorts gesagt:

Kein Verzug ohne Verschulden ( § 286 Abs. IV BGB). Muss sich nun der Mieter das Verschulden der ARGE (bzw. des Jobcenters) nicht zurechnen lassen, trifft ihn selbst kein Verschulden. Ohne Verzug des Mieters (mangels Verschulden) keine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs gemäß §§ 543, 569 BGB. 

Oder sehe ich da etwas falsch? 
 

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Den Mieter trifft kein Verschulden daran, dass die Behörde nicht zahlt. Dem hier diskutierten Urteil zufolge kann man auch vertreten, dass er sich das Verschulden der Behörde nicht zurechnen lassen muss.

Sehr wohl handelt er aber selbst vertragswidrig, indem er die Miete nicht selbst zahlt. Vielleicht ist diese Vertragspflichtverletzung in den ersten Monaten des Sozialleistungsbezugs noch nicht schuldhaft, wenn der Mieter darauf vertrauen darf, dass die Behörde das für ihn ordnungsgemäß übernimmt (wovon er nicht mehr ohne weiteres ausgehen darf, seit dieses Urteil die Unzuverlässigkeit der Behörde allgemein bekannt gemacht hat); sicher aber handelt er vorsätzlich, sobald er positive Kenntnis davon hat, dass die Behörde nicht rechtzeitig für ihn zahlt.

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Hinzuweisen ist m.E. auch auf die Regelung des § 22 Abs. 6 S. 1 SGB II, nach der im Fall der klageweisen Durchsetzung eines Räumungsanspruchs infolge der Kündigung aufgrund eines Zahlungsverzugs eine Mitteilungspflicht des angerufenen Gerichts gegenüber der Behörde besteht, die für die Leistungserbringung nach dem SGB II zuständig ist. Dies stützt die Argumentation des BGH, dass es sich insoweit um eine eigene Pflicht der Behörde handelt mit der Folge, dass § 278 BGB nicht anzuwenden ist.

 

Im Übrigen finde ich die Frage auch interessant, ob die Behörde nicht ihrerseits haftrechtlich verantwortlich gegenüber dem Mieter bzw. Leistungempfänger ist, wenn sie die Leistungen in Hinblick auf die Regelungen des Mietvertrages "zu spät" erbringt.

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