Überwachungspflichten bei Ressortaufteilung zwischen Vorstandsmitgliedern

von Dr. Ulrike Unger, veröffentlicht am 17.09.2009

Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, sind nach dem Gesetz grundsätzlich sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AktG). In der Praxis werden aber meist den einzelnen Mitgliedern bestimmte Ressorts zugewiesen (zum Beispiel Finanzen, Personal, Vertrieb). Eine solche Zuweisung von bestimmten Aufgaben ist auch im Hinblick auf das persönliche Haftungsrisiko der Vorstandsmitglieder zu empfehlen. Es verhält sich zwar nicht so, dass das einzelne Vorstandsmitglied dann ausschließlich für sein Ressort verantwortlich ist. Aber der Inhalt der Verpflichtungen hinsichtlich der übrigen Ressorts  ändert sich: Die Pflicht zur unmittelbaren geschäftsführenden Tätigkeit besteht nur noch für den zugewiesenen Aufgabenbereich. Bezüglich der den anderen Vorstands­mitgliedern zugewiesenen Aufgaben unterliegt das einzelne Vorstandsmitglied lediglich einer allgemeinen Überwachungspflicht (vgl. MünchKommAktG/Spindler, § 93 Rn. 132).

  Welchen Inhalt hat nun aber diese Überwachungspflicht gegenüber den anderen Vorstandsmitgliedern? Eine generelle Überwachungspflicht im Sinne einer laufenden Überwachung der Tätigkeit der anderen Vorstandsmitglieder besteht nicht. Gibt es aber Anhaltspunkte, dass ein Vorstandsmitglied die ihm zugewiesenen Aufgaben nicht ordnungsgemäß führt, besteht eine Pflicht zum Einschreiten der übrigen Vorstandsmitglieder. Während einer Krisensituation des Unternehmens oder bei Wahrnehmung der dem Gesamtorgan zugewiesenen Aufgaben sind an die Überwachungspflicht erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Überwachungspflicht steht die Informationspflicht der Vorstandsmitglieder gegenüber. Jedes Vorstandsmitglied hat die übrigen Vorstandsmitglieder über wichtige Entwicklungen und Ereignisse im eigenen Ressort zu informieren.   Welche Maßnahmen zu treffen sind, hängt vom Grad des Verdachts und der Gefährdung der Gesellschaft ab (Aussprache mit dem betreffenden Vorstandsmitglied, Behandlung im Gesamtvorstand oder weitergehende Maßnahmen).   Wesentlich für das Erreichen der Haftungsbeschränkung der Vorstandsmitglieder durch Aufgabenverteilung ist, dass die Aufgabenverteilung unter den Vorstandsmitgliedern eindeutig, klar und überschneidungsfrei festgelegt wurde. Dies erfolgt häufig in einer Geschäftsordnung für den Vorstand.
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